Hatten wir schon http://archiv.twoday.net/stories/51315259/, ist aber wichtig genug, dass man den Fall nicht mit einem Einzeiler und einigen Links in den Kommentaren abtut.
die Wissenschaftler Jost Dülffer (Köln), Klaus-Dietmar Henke (Dresden), Wolfgang Krieger (Marburg) und Rolf-Dieter Müller (Potsdam) haben herausgefunden, dass der BND 2007 die Personalakten von etwa 250 hauptamtlichen Mitarbeitern vernichtet hat. Der Dienst bestätigt das.
Unter den entsorgten Unterlagen befinden sich nach Angaben der Kommission auch die Papiere von Personen, die während der NS-Zeit "in signifikanten geheimdienstlichen Positionen, in der SS, dem SD oder der Gestapo tätig gewesen sind"; gegen einige sei sogar nach 1945 wegen NS-Verbrechen ermittelt worden. Er sei über den Vorgang "einigermaßen fassungslos", erklärte Kommissionssprecher Henke gegenüber SPIEGEL ONLINE.
http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,800655,00.html
http://www.welt.de/politik/deutschland/article13742169/BND-vernichtete-Personalakten-frueherer-SS-Leute.html
http://www.sueddeutsche.de/politik/nazi-vergangenheit-des-bnd-bnd-vernichtete-historische-akten-1.1222126
http://tagesschau.de/inland/bnd150.html
Die Rechtslage ist eindeutig: Nach dem Bundesarchivgesetz entscheidet das Bundesarchiv und nicht die Behörde, was archivwürdig ist. Auch wenn das Politische Archivs des Auswärtigen Amts das anders sieht: Behördenarchive sieht das Bundesarchivgesetz nicht vor.
Daher geht Schmalenstrtöers Vorwurf an die Archivare fehl:
Der Vorfall wirft aber auch Schatten auf die Rolle der Archivare. Es gibt keinen, der sich im eigenen Archiv so gut auskennt wie der zuständige Archivar. Und es liegt in der Natur eines Archives, dass nicht alle eingehenden Akten aufbewahrt werden können. Die Sortierung und Bewertung dieser Kassation liegt in den Händen der Archivare. Diese kontrollieren so das, was die spätere Forschung in die Hände bekommt und womit diese überhaupt arbeiten kann. Der Beruf des Archivares ist somit extrem verantwortungsvoll – denn was einmal vernichtet wurde, ist unwiederbringlich verloren. Die Archivare des BNDs haben entweder bei der Kassation gezeigt, dass sie diese Verantwortung nicht tragen können oder haben absichtlich vernichtet – und dann sollten sie die Verantwortung erst recht nicht tragen.
http://schmalenstroer.net/blog/2011/11/der-bnd-vernichtete-historisch-wertvolle-akten-ber-nazis-in-den-eigenen-reihen/
Ebensowenig wie es ein BND-Archiv geben kann, kann es BND-Archivare geben. Es wäre ein dicker Hund, wenn das Bundesarchiv der Vernichtung zugestimmt hätte.
Der Bundesnachrichtendienstbestand im Bundesarchiv trägt die Bestandskennzeichnung B 206:
http://www.bundesarchiv.de/oeffentlichkeitsarbeit/bilder_dokumente/00691/index.html.de
Wer in ARGUS etwas finden möchte, sollte vorher allerdings erst einen Kurs machen.
Findbuch mit Einleitung (2006)
http://startext.net-build.de:8080/barch/MidosaSEARCH/B206-28950/index.htm
Dass es unter den BND-Archivalien einen Punkt "Archiv" mit Archivberichten gibt, heißt nicht, dass diese Registratur tatsächlich ein Archiv im Sinne des Bundesarchivgesetzes darstellt.
Im Findbuch heißt es in der Einleitung: Die weitgehende Bevorzugung der Bearbeiterablage führte in der Organisation Gehlen und nachfolgend auch im Bundesnachrichtendienst zu überwiegend ungeordneten Unterlagen. Auch die Einführung des Aktenplans im Jahr 1969 konnte keine wesentliche Verbesserung erreichen. Eine sachgerechte Aktenführung findet nicht statt. Die Zuordnung gemäß Aktenplan erfolgt in zahlreichen Fällen erst im "Archivwesen" des BND.
Wenn es in der WELT heißt: "Die Kommission habe den BND nun aufgefordert, keine Unterlagen mehr ohne Rücksprache mit dem Historikergremium zu vernichten.", dann stellt das die Sachlage auf den Kopf. Der BND darf auch mit Zustimmung der Kommission nichts vernichten. Allein das Bundesarchiv entscheidet über die Archivwürdigkeit.
Wie schon bei den Bundeslöschtagen zeigt sich auch hier die Ohnmacht der gesetzlich vorgesehenen Archivare gegenüber mächtigen Behörden, die nach Gutdünken wild kassieren.
Und es bewahrheitet sich einmal mehr, dass weder die Historikerkommission noch die Presse in der Lage ist, die archivrechtlichen Gegebenheiten korrekt wiederzugeben. Ich wäre dankbar, wenn die LeserInnen von Archivalia den Medien ebenfalls entsprechende Hinweise geben könnten. Eine Anfrage beim Bundesarchiv wäre sinnvoll.
Nachtrag:
Zu den Bundeslöschtagen
http://archiv.twoday.net/search?q=bundesl%C3%B6schtage
Zum Thema Verwahrungsbruch
http://archiv.twoday.net/search?q=verwahrungsbruch
die Wissenschaftler Jost Dülffer (Köln), Klaus-Dietmar Henke (Dresden), Wolfgang Krieger (Marburg) und Rolf-Dieter Müller (Potsdam) haben herausgefunden, dass der BND 2007 die Personalakten von etwa 250 hauptamtlichen Mitarbeitern vernichtet hat. Der Dienst bestätigt das.
Unter den entsorgten Unterlagen befinden sich nach Angaben der Kommission auch die Papiere von Personen, die während der NS-Zeit "in signifikanten geheimdienstlichen Positionen, in der SS, dem SD oder der Gestapo tätig gewesen sind"; gegen einige sei sogar nach 1945 wegen NS-Verbrechen ermittelt worden. Er sei über den Vorgang "einigermaßen fassungslos", erklärte Kommissionssprecher Henke gegenüber SPIEGEL ONLINE.
http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,800655,00.html
http://www.welt.de/politik/deutschland/article13742169/BND-vernichtete-Personalakten-frueherer-SS-Leute.html
http://www.sueddeutsche.de/politik/nazi-vergangenheit-des-bnd-bnd-vernichtete-historische-akten-1.1222126
http://tagesschau.de/inland/bnd150.html
Die Rechtslage ist eindeutig: Nach dem Bundesarchivgesetz entscheidet das Bundesarchiv und nicht die Behörde, was archivwürdig ist. Auch wenn das Politische Archivs des Auswärtigen Amts das anders sieht: Behördenarchive sieht das Bundesarchivgesetz nicht vor.
Daher geht Schmalenstrtöers Vorwurf an die Archivare fehl:
Der Vorfall wirft aber auch Schatten auf die Rolle der Archivare. Es gibt keinen, der sich im eigenen Archiv so gut auskennt wie der zuständige Archivar. Und es liegt in der Natur eines Archives, dass nicht alle eingehenden Akten aufbewahrt werden können. Die Sortierung und Bewertung dieser Kassation liegt in den Händen der Archivare. Diese kontrollieren so das, was die spätere Forschung in die Hände bekommt und womit diese überhaupt arbeiten kann. Der Beruf des Archivares ist somit extrem verantwortungsvoll – denn was einmal vernichtet wurde, ist unwiederbringlich verloren. Die Archivare des BNDs haben entweder bei der Kassation gezeigt, dass sie diese Verantwortung nicht tragen können oder haben absichtlich vernichtet – und dann sollten sie die Verantwortung erst recht nicht tragen.
http://schmalenstroer.net/blog/2011/11/der-bnd-vernichtete-historisch-wertvolle-akten-ber-nazis-in-den-eigenen-reihen/
Ebensowenig wie es ein BND-Archiv geben kann, kann es BND-Archivare geben. Es wäre ein dicker Hund, wenn das Bundesarchiv der Vernichtung zugestimmt hätte.
Der Bundesnachrichtendienstbestand im Bundesarchiv trägt die Bestandskennzeichnung B 206:
http://www.bundesarchiv.de/oeffentlichkeitsarbeit/bilder_dokumente/00691/index.html.de
Wer in ARGUS etwas finden möchte, sollte vorher allerdings erst einen Kurs machen.
Findbuch mit Einleitung (2006)
http://startext.net-build.de:8080/barch/MidosaSEARCH/B206-28950/index.htm
Dass es unter den BND-Archivalien einen Punkt "Archiv" mit Archivberichten gibt, heißt nicht, dass diese Registratur tatsächlich ein Archiv im Sinne des Bundesarchivgesetzes darstellt.
Im Findbuch heißt es in der Einleitung: Die weitgehende Bevorzugung der Bearbeiterablage führte in der Organisation Gehlen und nachfolgend auch im Bundesnachrichtendienst zu überwiegend ungeordneten Unterlagen. Auch die Einführung des Aktenplans im Jahr 1969 konnte keine wesentliche Verbesserung erreichen. Eine sachgerechte Aktenführung findet nicht statt. Die Zuordnung gemäß Aktenplan erfolgt in zahlreichen Fällen erst im "Archivwesen" des BND.
Wenn es in der WELT heißt: "Die Kommission habe den BND nun aufgefordert, keine Unterlagen mehr ohne Rücksprache mit dem Historikergremium zu vernichten.", dann stellt das die Sachlage auf den Kopf. Der BND darf auch mit Zustimmung der Kommission nichts vernichten. Allein das Bundesarchiv entscheidet über die Archivwürdigkeit.
Wie schon bei den Bundeslöschtagen zeigt sich auch hier die Ohnmacht der gesetzlich vorgesehenen Archivare gegenüber mächtigen Behörden, die nach Gutdünken wild kassieren.
Und es bewahrheitet sich einmal mehr, dass weder die Historikerkommission noch die Presse in der Lage ist, die archivrechtlichen Gegebenheiten korrekt wiederzugeben. Ich wäre dankbar, wenn die LeserInnen von Archivalia den Medien ebenfalls entsprechende Hinweise geben könnten. Eine Anfrage beim Bundesarchiv wäre sinnvoll.
Nachtrag:
Zu den Bundeslöschtagen
http://archiv.twoday.net/search?q=bundesl%C3%B6schtage
Zum Thema Verwahrungsbruch
http://archiv.twoday.net/search?q=verwahrungsbruch
gast (Gast) meinte am 2011/12/01 07:52:
Der BND über sein "BND-Archiv"
http://www.bnd.bund.de/cln_101/nn_2042514/DE/WirUeberUns/Geschichte/Archivwesen/Archivwesen__node.html?__nnn=true
Wolf Thomas (Gast) meinte am 2011/12/01 09:35:
"Historiker Klaus-Dietmar Henke glaubt nicht an politische Motive bei Geheimdienst-Panne"
s. http://www.dradio.de/dkultur/sendungen/fazit/1617424/