Herzlichen Dank an Rainer Kuhlen für den folgenden Gastbeitrag!
Open Access - mehr als ein Publikationsprinzip
Open Access ist für mich eine Selbstverständlichkeit geworden, als ich an dem 1995 erschienenen Informationsmarkt-Buch arbeitete und schon sehr früh in Deutschland Erfahrungen mit dem World Wide Web machte. Dort wurde mir klar, dass durch das Internet - damals eher noch das Privileg der Wissenschaft und des Militär - sehr bald für jedermann die Vorinvestitionen beliebig billig zu Verfügung stehen werden, die für das Publikmachen von Wissen erforderlich sind und die bis dahin das Privileg und die Legitimation der Informationsverlage als "Vorlegen" des Kapitals gewesen sind.
Seitdem, und nicht erst durch Web 2.0, haben die proprietären kommerziellen Verwertungsmärkte Konkurrenz (mit Substitutionstendenz)durch die freien Austauschmärkte bekommen. Dass im elektronischen Umfeld Information als die mediale Repräsentation von Wissen frei sein will, frei sein muss, ist dann durch Open Access auf den Begriff gebracht worden.
Man kann es auch anders ausdrücken: Es wird der Öffentlichkeit zunehmend bewusst, dass nicht nur materielle Gemeingüter wie die Luft, das Wasser oder der öffentliche Raum niemals privates Eigentum werden können, so wird es, wenn auch noch zögerlich, zum Gemeingut, dass auch Wissen ein Commons ist. Auch Wissen gehört allen.
Man kann sich höchstens begrenzt private Nutzungsrechte am Commons Wissen sichern. Das ist ja auch in den letzten 20 Jahren auf unerhörte Weise mit den vielfältigen Formen der Verknappung auch im Schutz des sogenannten Urheberrechts geschehen, ohne dass der Öffentlichkeit eine angemessene Kompensation geleistet wurde. Im Gegenteil: Sie bezahlt den gesamten Prozess des Entstehens von Wissen und muss dann sogar die fertigen infomationsprodukte zurückkaufen. Und das alles mit der Unterstützung der staatlichen und interstaatlichen Regulierung.
Trotz des deutlich gewordenen Marktversagens, vor allem der internationalen Verlagswirtschaft - es muss und soll vielleicht nicht geschehen, dass die Informationswirtschaft sich aus den Märkten der wissenschaftlichen Kommunikation und des Handels mit Kulturgütern allgemein verabschieden muss. Aber sie kann nur eine Zukunft haben, wenn im Rahmen einer "commons-based economy" nur noch Geschäftsmodelle möglich sein werden, die das Paradigma von Open Access anerkennen. Ob man das Freeconomics nennen wird, sei dahin gestellt, aber ohne die freie Nutzung von Wissen und Information werden kaum noch Geschäfte gemacht werden können. Das klingt paradox, ist aber dennoch richtig.
Nur wird man es nicht alleine dem Marktgeschehen überlassen können, dass sich Open Access durchsetzt. Auch wird man nicht darauf vertrauen können, dass sich die Mehrheit der Wissenschaftler von der objektiven Überlegenheit des Öffentlichmachens von Wissen und Information überzeugen lassen wird (Senkung der Transaktionskosten, höhere Sichtbarkeit und Zitierung wissenschaftlicher Arbeiten, erleichterte Innovationen in der Wirtschaft, Durchbrechen von Wissensbarrieren in globaler Perspektive,...).
Hier, so seltsam das auch angesichts der Erfahrungen der letzten Jahren eines wissenschaftsverlagsfreundlichen Urheberrechts auch klingen mag, wird auch das Urheberrecht seinen Beitrag leisten können (wenn denn die Idee von Wissen als Commons auch politisches Allgemeingut wird):
Wird man im Urhebervertragsrecht verankern können, dass in Zukunft nur noch einfache Nutzungsrechte an die Informationswirtschaft (und nicht nur in der Wissenschaft) vergeben werden können?
Wird man durch ein verändertes Verständnis von Wissenschaftsfreiheit - Wissen ist auch kein privates, beliebig verfügbares Eigentum der Wissenschaftler oder der Kulturschaffenden, sondern bleibt der Allgemeinheit als Eigentum verpflichtet - Regeln entwerfen können, die die freie Zugänglichkeit zum Wissen - über welche Informationsprodukte auch immer - zum Default-Wert machen?
Open Access ist mehr als "Autoren zahlen", damit die Nutzer freien Zugriff haben. Open Access ist die Grundlage eines neuen Verständnisses von Markt und Wirtschaft, bei dem nicht mehr die bedingungslose private Profitmaximierung im Vordergrund steht, sondern die Mehrung von Wissen als Entwicklungsbedingung für jedermann und für jedes soziale System. Auf dem Weg dahin ist jede persönliche und institutionelle Unterstützung von Open Access im eigenen Umfeld dringend nötig.
Rainer Kuhlen
Professor für Informationswissenschaft an der Universität Konstanz
UNESCO Chair for Communication
Sprecher des Aktionsbündnisses Urheberrecht für Bildung und Wissenschaft
Open Access - mehr als ein Publikationsprinzip
Open Access ist für mich eine Selbstverständlichkeit geworden, als ich an dem 1995 erschienenen Informationsmarkt-Buch arbeitete und schon sehr früh in Deutschland Erfahrungen mit dem World Wide Web machte. Dort wurde mir klar, dass durch das Internet - damals eher noch das Privileg der Wissenschaft und des Militär - sehr bald für jedermann die Vorinvestitionen beliebig billig zu Verfügung stehen werden, die für das Publikmachen von Wissen erforderlich sind und die bis dahin das Privileg und die Legitimation der Informationsverlage als "Vorlegen" des Kapitals gewesen sind.
Seitdem, und nicht erst durch Web 2.0, haben die proprietären kommerziellen Verwertungsmärkte Konkurrenz (mit Substitutionstendenz)durch die freien Austauschmärkte bekommen. Dass im elektronischen Umfeld Information als die mediale Repräsentation von Wissen frei sein will, frei sein muss, ist dann durch Open Access auf den Begriff gebracht worden.
Man kann es auch anders ausdrücken: Es wird der Öffentlichkeit zunehmend bewusst, dass nicht nur materielle Gemeingüter wie die Luft, das Wasser oder der öffentliche Raum niemals privates Eigentum werden können, so wird es, wenn auch noch zögerlich, zum Gemeingut, dass auch Wissen ein Commons ist. Auch Wissen gehört allen.
Man kann sich höchstens begrenzt private Nutzungsrechte am Commons Wissen sichern. Das ist ja auch in den letzten 20 Jahren auf unerhörte Weise mit den vielfältigen Formen der Verknappung auch im Schutz des sogenannten Urheberrechts geschehen, ohne dass der Öffentlichkeit eine angemessene Kompensation geleistet wurde. Im Gegenteil: Sie bezahlt den gesamten Prozess des Entstehens von Wissen und muss dann sogar die fertigen infomationsprodukte zurückkaufen. Und das alles mit der Unterstützung der staatlichen und interstaatlichen Regulierung.
Trotz des deutlich gewordenen Marktversagens, vor allem der internationalen Verlagswirtschaft - es muss und soll vielleicht nicht geschehen, dass die Informationswirtschaft sich aus den Märkten der wissenschaftlichen Kommunikation und des Handels mit Kulturgütern allgemein verabschieden muss. Aber sie kann nur eine Zukunft haben, wenn im Rahmen einer "commons-based economy" nur noch Geschäftsmodelle möglich sein werden, die das Paradigma von Open Access anerkennen. Ob man das Freeconomics nennen wird, sei dahin gestellt, aber ohne die freie Nutzung von Wissen und Information werden kaum noch Geschäfte gemacht werden können. Das klingt paradox, ist aber dennoch richtig.
Nur wird man es nicht alleine dem Marktgeschehen überlassen können, dass sich Open Access durchsetzt. Auch wird man nicht darauf vertrauen können, dass sich die Mehrheit der Wissenschaftler von der objektiven Überlegenheit des Öffentlichmachens von Wissen und Information überzeugen lassen wird (Senkung der Transaktionskosten, höhere Sichtbarkeit und Zitierung wissenschaftlicher Arbeiten, erleichterte Innovationen in der Wirtschaft, Durchbrechen von Wissensbarrieren in globaler Perspektive,...).
Hier, so seltsam das auch angesichts der Erfahrungen der letzten Jahren eines wissenschaftsverlagsfreundlichen Urheberrechts auch klingen mag, wird auch das Urheberrecht seinen Beitrag leisten können (wenn denn die Idee von Wissen als Commons auch politisches Allgemeingut wird):
Wird man im Urhebervertragsrecht verankern können, dass in Zukunft nur noch einfache Nutzungsrechte an die Informationswirtschaft (und nicht nur in der Wissenschaft) vergeben werden können?
Wird man durch ein verändertes Verständnis von Wissenschaftsfreiheit - Wissen ist auch kein privates, beliebig verfügbares Eigentum der Wissenschaftler oder der Kulturschaffenden, sondern bleibt der Allgemeinheit als Eigentum verpflichtet - Regeln entwerfen können, die die freie Zugänglichkeit zum Wissen - über welche Informationsprodukte auch immer - zum Default-Wert machen?
Open Access ist mehr als "Autoren zahlen", damit die Nutzer freien Zugriff haben. Open Access ist die Grundlage eines neuen Verständnisses von Markt und Wirtschaft, bei dem nicht mehr die bedingungslose private Profitmaximierung im Vordergrund steht, sondern die Mehrung von Wissen als Entwicklungsbedingung für jedermann und für jedes soziale System. Auf dem Weg dahin ist jede persönliche und institutionelle Unterstützung von Open Access im eigenen Umfeld dringend nötig.
Rainer Kuhlen
Professor für Informationswissenschaft an der Universität Konstanz
UNESCO Chair for Communication
Sprecher des Aktionsbündnisses Urheberrecht für Bildung und Wissenschaft
KlausGraf - am Dienstag, 14. Oktober 2008, 03:51 - Rubrik: Open Access