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Herzlichen Dank an Eberhard Hilf!

Fünfzehn Jahre digitaler Open Access wissenschaftlicher Ergebnisse

ein Beitrag zum Tag des Open Access 2008
Eberhard R. Hilf (hilf (at) isn-oldenburg.de)

Zeitlose Anforderungen

Wissenschaftler brauchen bei ihrer Arbeit Informationen und Erkenntnisse anderer Forscher, und sie erzeugen Informationen, die andere Forscher nutzen können. Der Forschungsprozess wird also am effektivsten unterstützt, wenn man möglichst weltweit alle relevanten wissenschaftlichen Informationen bequem findet, sowie lesen und verarbeiten kann.
Ausserdem wollen die Forscher, dass ihre Arbeiten möglichst von allen denkbar Interessierten gelesen werden können.
Dass Jedermann weltweit ohne Verzug seine wissenschaftlichen Dokumente verbreiten bzw. die anderer weltweit verteilter Autoren lesen kann, nennt man heute 'Open Access' OA.

Diese Anforderungen der Wissenschaft an das Management wissenschaftlicher Informationen ist unverändert und unabhängig von aktuellen technischen Realisierungsmöglichkeiten. Im Laufe der letzten hundertfünfzig Jahre hat sich international ein für das Papierzeitalter effektives System von wiss. referierten Zeitschriften herausgebildet, die gedruckt an die wiss. Bibliotheken vertrieben wurden. Das natürliche Geschäftsmodell war verdecktes Referieren vor der Veröffentlichung und 'toll-access', also das Subskriptionsmodell, die Bibliotheken bezahlen im Voraus und ohne dass sich bereits ein Leser gefunden hätte.
Dieses lässt sich kommerziell durch Verlage als Provider gut finanzieren, der Verlag hatte ja dank der Copyright-Vergabe durch den Autor an den Verlag das Monopol darüber, wer was lesen darf.

Als vor 15 Jahren das World Wide Web erfunden wurde, ergaben sich nun technisch ideale Möglichkeiten [1],
die zeitlosen Anforderungen der Wissenschaft [2]
viel effektiver zu realisieren. Mittels des WWW kann jeder ohne (auch finanziellen) Aufwand sein Dokument aller Welt zu lesen geben. Suchmaschinen mögen dem armen potentiellen Leser helfen, es zu finden,- und jedes so digital verbreitete Dokument auch zu lesen.

Technische Realisierungen von Open Access

Zwei Wege zur Organisation dieser weltweiten Bibliothek wissenschaftlicher Dokumente - unabhängig vom Stadium ihrer Begutachtung oder Publikation durch Verlage haben sich herausgebildet:
Zentrale Vernetzung der Autoren-Webserver: die Autorin legt eine digitale Kopie ihrer Dokumente auf den Webserver ihres Institutes oder ihrer Arbeitsgruppe, z.B. geordnet als Publikationsliste. Ein zentraler Dienst listet die Webadressen möglichst aller Autoren und bietet Zusatzdienste wie Suchmaschine, Ordnung nach Instituten oder Universitäten, geographische Koordinaten, usf.. Fachbezogene Beispiele hierfür sind PhysNet [3] und Math-Net [4].

Verteilte Repositorien und Dienste-Anbieter: die digitalen Kopien werden lokal an zentraler Stelle, z.B. der Bibliothek einer Universität, gesammelt und auf dem Web angeboten.
Dabei fügt dieser lokale Data-Provider Metadaten nach einheitlicher (OAI-MPH) internationaler Vereinbarung hinzu. Weltweit haben inzwischen fast alle Universitäten einen Data-Provider [5]. Dies ermöglicht anderen Institutionen, einen Service-Provider aufzusetzen und anzubieten, der nach eigenen Kriterien Dokumente (z.B. fachbezogen) auswählt und synoptisch mit Zusatzdiensten anbietet und dabei die OAI-Metadaten nutzt. Weltweit gibt es eine Fülle von Service-Providern [6]. Ihre Nutzung und ihre Füllung wird statistisch untersucht [18].

Schließlich gibt es eine Reihe von (meist fachbezogenen) Suchmaschinen mit Zitationsdiensten, die eine Vielzahl von (auch nicht OAI-kompatiblen) Dokumentensammlungen anbieten [7].

Wem nützt Open Access?

OA beschleunigt den Wissenschaftsprozess und ermöglicht effektiveres Arbeiten. Es fördert dadurch auch katalytisch die industrielle Entwicklung.

OA nützt den Universitäten. Die Universitäten können in einer OA-Welt sehr effektiv weltweit
Werbung machen für die Leistungsfähigkeit ihrer Wissenschaftler, wenn deren Dokumente auf einem eigenen IR-Server online OA zugänglich sind. Zugleich lassen sich Publikationslisten von Autoren generieren, ein
Universitätsprofil erstellen, sich mit anderen Universitäten wettbewerblich vergleichen etc. und auch Evaluationen sachgerechter durchführen. Es lässt sich die Nutzung und Verlinkung der Arbeiten automatisiert einfach messen, Zitationen online besser verbreiten. Schliesslich kann in der Open Access Welt die Universität eine Fülle von Zusatzdiensten anbieten, um die wissenschaftliche Arbeit weiter zu unterstützen [8].

Derzeit baut DINI Deutsche Initiative für NetzwerkInformation e.V.[9] einen synergetischen umfassenden Dienst auf, der die Vorteile der Open Access verfügbaren wissenschaftlichen Volltexte, die verteilt auf Universitäts-Repositories liegen, heben soll durch einheitliche Standards,
semantische Navigation, Nachweis der Nutzung, Verarbeitung der Zitationen sowie einer Fülle weiterer Leser- und Autorendiensten. DINI zertifiziert insbesondere OAI-Data-Provider,die ihre strengen Anforderungen an einen zuverlässigen und konformen Dienst erfüllen.
Eine Liste der in Deutschland betriebenen und der zertifizierten Provider ist in [10] gegeben.

Die Universitäten werden zunehmend ihre Autoren anhalten,
eine digitale Kopie jeden Forschungsartikels in das zentral betriebene Universitäts-Open Access Repository einzuspeisen.

Die OA-Repositorien der Universitäten decken bisher oft sehr viel weniger an Dokumenten ab, als was in den Publikationslisten der Autoren aufgelistet ist. Viele Autoren sind auch unwillig, oder zögern, eine digitale Kopie ihres Dokumentes auf den Universitäts-IR hochzuladen. Im Ausland [11,12] wurde durch Studien von A. Swan und A. Sale eruiert, dass nur wenn die Autoren verpflichtet werden, eine Kopie zu liefern, sie das auch
mehrheitlich tun. Sonst ist zumeist die sog. Abdeckung gering (10-30 %). Daher wird von den Universitäten zunehmend der Weg der Autorenverpflichtung beschritten (oder auch des finanziellen Anreizes).

Nutzen für die Autoren

Autoren haben von der weltweiten flächendeckenden Einführung große Vorteile: sie werden viel öfter gelesen [13], bei DINI-zertifizierten OAI-Data Providern wird ihnen die dauerhafte und langfristige Lesbarkeit, die Langzeitarchivierung garantiert, die Zitation wird in alle wesentlichen internationalen Informationsdienste (Suchmaschinen, Nachweisdienste) eingespeist und so die Auffindbarkeit weiter erleichtert. Sie sind bei ihrer Institution und deren evtl. Evaluationen automatisch optimal präsent.

Was muss ein Autor tun?

Autoren haben es nun leicht, sie müssen nur eine digitale Kopie ihres neuesten Werkes dem lokalen (oder einem seiner Wahl) OA-Data-Provider zugänglich machen und die Erlaubnis zur Web-Verbreitung geben. Dabei ist gerade nicht die äußere Form des Dokumentes, wie es der Verlag dann erstellen mag, wichtig, sondern der möglichst volle Inhalt,
also ein html oder latex oder word-file, aus dem sich dann z.B. ein pdf file ertellen lässt.

Die meisten Verlage der heute riesigen Zahl von wissenschaftlichen Zeitschriften[14] erlauben es den Autoren explizit, eine digitale Kopie dem lokalen OA-Repository anzubieten.

Neue Dienste durch kommerzielle Service-Provider?

Während die Vertreter-Organisationen der kommerziellen Verlage nach wie vor militant das Subskriptionsmodell verteidigen (sollen), stellen sich die Verlage allmählich auf Open Access um, einige bieten bereits OA-Zeitschriften, Springer hat jüngst BioMedCentral gekauft, einen OA-Verlag mit ca. 600 Mitarbeitern.

Eigentlich haben aber gerade kleine Verlage es leichter, auf ein neues Geschäftsmodell umzusteigen, das den Anforderungen der Wissenschaft besser gerecht wird,- sofern sie denn die technische Konzeption, Entwicklung und Installation neuer Dienste outsourcen an kompetente Firmen und Institute. (Zur generellen Diskussion siehe [14,15,16]).

Literatur-Hinweise

[1] M. Groetschel, J. Luegger, and W. Sperber;
Wissenschaftliches Publizieren und elektronische Information am Wendepunkt; 1993;

[2] Eberhard R. Hilf; Vortrag; Universität Halle; 1994;
http://www.isn-oldenburg.de/~hilf/vortraege/halle-ebs/halle-ebs.html

[3] PhysNet http://www.physnet.net ; siehe auch
E.R.Hilf, Report at the APS E-Print; Los Alamos, 1995; International Workshop of the American Physical Society on the future of scientific information.
http://publish.aps.org/EPRINT/ebs.html

[4] Math-Net http://www.math-net.org

[5] OAI-Registrierte Data Provider
http://www.openarchives.org/Register/BrowseSites
[6] OAI-registrierte Service Provider
http://www.openarchives.org/service/listproviders.html

[7] Citebase http://www.citebase.org

[8] Digitale Verlagsdienste in einer Open Access Welt
- Zusammenstellung möglicher add-on Dienste; Thomas Severiens und Eberhard R. Hilf;
http://www.isn-oldenburg.de/~hilf/kampffmeyer4.pdf

[9] http://www.dini.de

[10] Liste DINI-zertifizierter OA-Data-Provider an Universitäten
http://www.dini.de/no_cache/service/dini-zertifikat/zertifizierte-server/
Eine Liste aller aller OAI-Dataprovider in Deutschland findet sich auf dem DINI-Server.

[11] A. Sale http://eprints.utas.edu.au/view/authors/Sale,_AHJ.html

[12] Studie; A. Swan http://www.keyperspectives.co.uk/openaccessarchive/index.html

[13] Stevan Harnad and Tim Brody and François Vallières and Les Carr and Steve Hitchcock and Yves Gingras and Charles Oppenheim and Chawki Hajjem and Eberhard R. Hilf;
The green and the gold roads to Open Access;
2004 and updates; http://eprints.ecs.soton.ac.uk/9940/

[14] Ulrich's Liste aller Zeitschriften: http://www.ulrichsweb.com/ulrichsweb/
und die kleinen Anzahlen, die sich Universitäten heute noch leisten können
http://fisher.lib.virginia.edu/cgi-local/arlbin/arl.cgi?task=setupstats
(Statistische Erhebungsdaten der Association of Research Libraries)

[15] Publisher copyright policies & self-archiving Romeo-Liste
http://www.sherpa.ac.uk/romeo/

[16] Eberhard R. Hilf (2007), Digitaler Open Access zu wissenschaftlichen Informationen - Ein Umbruch zu neuen professionellen Diensten, in B. Lutterbeck, Matthias Biärwolff, R. A. Gehring (Hrsg.), 'Open Source Jahrbuch 2007 - Zwischen freier Software und Gesellschaftsmodell', Lehmanns Media, Berlin.
http://www.opensourcejahrbuch.de/portal/article_show?article=osjb2007-06-02-hilf.pdf
und
E.R.Hilf; Zehn Jahre Open Access - und nun die wirtschaftliche Nutzung? Medien Wirtschaft;
Vol.3,ISSN 1613-0669, S. 146-148; 2004
http://www.isn-oldenburg.de/~hilf/publications/medienwirtschaft/openaccess/

[17] The effect of open access and downloads ('hits') on citation impact: a bibliography of studies
http://opcit.eprints.org/oacitation-biblio.html

[18] Interoperable Repository Statistics
http://trac.eprints.org/projects/irstats


Der Autor ist Geschäftsführer des
Institute for Science Networking Oldenburg GmbH
, das neue Dienste für das Informationsmanagement wissenschaftlicher Dokumente im Auftrag entwickelt.

 

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