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Wer nicht will, dass sein Vertragspartner seine Werke auf Arten nutzt, die zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses noch gar nicht bekannt waren, muss die „Nutzungsrechte für unbekannte Nutzungsarten“ bis zum 31.12.2008 zurückrufen. Das ergibt sich aus dem neuen § 137l des Urheberrechtsgesetzes, der seit Anfang 2008 in Kraft ist.

Bis Anfang 2008 waren Urheberrechtsverträge, mit denen Rechte auf „unbekannte Nutzungsarten“ eingeräumt wurden, schlicht verboten. Mit der Folge, dass die Verlage die Rechte zur Verbreitung z.B. von Büchern, Filmen, Musik, Hörspielen oder Illustrationen auf CD, DVD oder im Internet erst einmal erwerben mussten. Um ihnen dieses in ihren Augen viel zu mühselige Geschäft nicht noch einmal zuzumuten, wurde das Verbot der Einräumung von Rechten auf unbekannte Nutzungsarten mit der letzten Novelle des UrhG kurzerhand gestrichen. Und schlimmer noch: Mit der in § 137l fixierten Übergangsregelung erhalten die Verwerter diese Rechte automatisch rückwirkend für alle Verträge, die seit dem 1.1.1966 geschlossen wurden und „alle wesentlichen Nutzungsrechte ausschließlich sowie räumlich und zeitlich unbegrenzt“ einräumten (was z.B. bei Buchverträgen üblich ist). Einzige Chance, dem zu entkommen: Man muss noch im Jahre 2008 der Nutzung auf „unbekannte Nutzungsarten“ widersprechen.

Das ist allen zu empfehlen, die in der Vergangenheit Nutzungsverträge über etwas langlebigere Werke abgeschlossen haben. Hat man mit einem Verlag mehrere Verträge abgeschlossen, so genügt es, mit einem Brief formlos zu erklären: „Ich widerspreche hiermit der Nutzung aller meiner in Ihrem Verlag erschienenen Werke auf zum Zeitpunkt des jeweiligen Vertragsabschlusses unbekannte Nutzungarten“. Dann muss der Verlag vorher fragen.

Geht ein solcher Brief jedoch nicht mehr im alten Jahr beim Vertragspartner ein, so kann dieser jederzeit z.B. eine Hörbuch-CD eines bereits Ende der sechziger Jahre erschienenen Buches auflegen. Er muss den Autor nicht einmal davon informieren – es sei denn, die neue Nutzungsart wird erst nach dem 1.1.2008 bekannt – wie etwa ein mögliches Handy-Fernsehen. Aber auch dann muss der Verwerter den Autor lediglich “unter der ihm zuletzt bekannten Anschrift“ über das Vorhaben unterrichten. Die angemessene Vergütung, die dann fällig wird, kann nur über die Verwertungsgesellschaften geltend gemacht werden. Ein Verfahren hierzu gibt es freilich noch nicht.


Dieser Beitrag von
http://www.mediafon.net/meldung_volltext.php3?id=494e37a05335f&akt=news_recht
stellt korrekt und allgemeinverständlich die Sachlage dar.

Zum juristischen Hintergrund siehe die Materialien unter
http://archiv.twoday.net/stories/5408482/

Die Widerspruchsregelung ist eine Chance für Open Access, die es zu nutzen gilt, denn schlimmstenfalls können ab 1.1.2009 die Verlage eine Open-Access-Veröffentlichung aufgrund des ihnen zugewachsenen ausschließlichen Nutzungsrechts verhindern.

Im folgenden gibt es Antworten auf die wichtigsten Fragen.

Eine ältere Fragensammlung auf Open-Access.net beantwortet speziellere Fragen:

http://open-access.net/de/allgemeines/rechtsfragen/urheberrechtsreform/aktuelle_fragen_zur_rechteuebertragung_in_bezug_auf_137l/

In welcher Form kann ich bis zum 31.12.2008 rechtswirksam widersprechen?

Für ein Einschreiben kann es knapp werden, denn der Widerspruch muss dem Verlag bis 31.12.2008 zugehen. Empfehlenswert ist ein Fax an den Verlag, wobei man die Absendung durch Sendeprotokoll oder Zeugen dokumentieren sollte.

Gibt es einen Musterwiderspruch?

Nicht nur einen. Siehe schon

http://archiv.twoday.net/stories/4637947/

Empfehlung des Urheberrechtsbündnisses:
http://www.urheberrechtsbuendnis.de/newsletter/docs/137.pdf

Gut gefällt mir das Göttinger Muster:

http://www.sub.uni-goettingen.de/ebene_2/2_aeltere_pub.html.de#anc_veroeffentl

Von mir abgewandelt:

[Betreff]: Widerspruch gegen die Übertragung der Online-Nutzungsrechte nach §137 l Urheberrechtsgesetz

[Text]: "Hiermit widerspreche ich der Übertragung ausschließlicher Nutzungsrechte zur Onlinebereitstellung meiner Publikationen

[Falls eine Rechteeinräumung an einen Schriftenserver erfolgte:

Der ... habe ich ein einfaches Nutzungsrecht zur Onlinebereitstellung eingeräumt. ]

Sind Sie daran interessiert, meine Publikationen online zu verbreiten oder über andere Dienste (z.B. Google Booksearch) anzubieten, so bitte ich um Information und bin gerne bereit, Ihnen ebenfalls ein einfaches Nutzungsrecht zu übertragen.


Alternativ könnte man formulieren:

"Hiermit widerspreche ich gemäß § 137 l der Übertragung der Online-Nutzungsrechte für alle meine Publikationen in Ihrem Verlag, soweit mich die Übertragungsfiktion nach dem 1.1.2009 daran hindert, selbst einfache Nutzungsrechte an den Publikationen zu vergeben. Sie erhalten also lediglich ein einfaches Online-Nutzungsrecht."

In diesem Fall hätte der Verlag ein ausschließliches Nutzungsrecht, aus dem das Online-Nutzungsrecht ausgeschnitten ist. Der Verlag hätte ein einfaches Nutzungsrecht, der Urheber könnte aber einem oder mehreren Repositorien Nutzungsrechte erteilen (die Möglichkeit, mehrere Male Nutzungsrechte an Repositorien vergeben zu dürfen kann in Betracht kommen, wenn ein Repositorium "dichtmacht" oder den Beitrag löscht).

Muss ich auch bei Aufsätzen widersprechen?

Das ist mit Blick auf § 38 UrhG in der Regel entbehrlich und nur dann nötig, wenn ein schriftlicher Verlagsvertrag geschlossen wurde, der dem Verlag die ausschließlichen Nutzungsrechte unbefristet übertrug. Bei Zeitschriftenaufsätzen und unvergüteten Festschriften- und Sammelbandbeiträgen kann kein ausschließliches Nutzungsrecht des verlags zum 1.1.2009 entstehen. (Teile des juristischen Schrifttums gehen davon aus, dass die Verlage einfache Nutzungsrechte für die Online-Veröffentlichung auch für die § 38-Fälle erhalten, was mir nicht einleuchtet.)

Auf jeden Fall widersprechen sollte man bei Büchern.

Ich bin Mitautor - müssen die anderen Autoren auch alle widersprechen?

Das ist umstritten. Steinhauer sagt: nein

http://bibliotheksrecht.blog.de/2007/12/04/s_137_l_urhg_und_mehrere_autoren~3394433

Wandtke/Bullinger 2007 § 137 l Rn. 78 sagen: ja. "Als Teil des
Urheberrechts unterliegt auch das Widerspruchsrecht der
gesamthänderischen Bindung (dazu § 8 Rn. 22 ff.) und die Ausübung des Widerspruchsrechts bedarf daher bereits gem. § 8 der Einwilligung aller Urheber."

Falls man die anderen Autoren nicht mehr kontaktieren kann, sollte man den Widerruf für sich allein absenden - wenn man Glück hat, akzeptiert der Verlag ihn.

Ich hab nix gewusst oder es nicht geschafft und wir haben 2009 - sind damit alle Chancen verpasst?

Nein, es besteht ja die Möglichkeit, dass die Verfassungsbeschwerde gegen § 137 l Erfolg hat oder die Gerichte bei der Auslegung zum Schluss kommen, dass die Verlage durch die Übertragungsfiktion nur ein einfaches Nutzungsrecht erhalten. Eine "Open Access"-Veröffentlichung wäre dann möglich.

Außerdem kann man, falls der Verlag nicht an ein Online-Angebot denkt, das betreffende Nutzungsrecht gemäß § 41 UrhG zurückrufen. Näheres unter

http://archiv.twoday.net/stories/4069056/

Alle Wissenschaftler sollten sicherheitshalber sich durch den fristgerechten Widerspruch zum 31.12.2008 die Möglichkeit sichern, ihre Fachbeträge (v.a. Bücher) ohne Zustimmung des Verlags "Open Access" zugänglich machen zu dürfen.
 

twoday.net AGB

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