Die lange angekündigte Edition des “Liber revelationum” von Richalm von Schöntal durch den Freiburger Emeritus Paul Gerhard Schmidt ist vor wenigen Wochen erschienen:
Richalm von Schöntal, Liber revelationum. Hrsg. von Paul Gerhard Schmidt (MGH Quellen zur Geistesgeschichte des Mittelalters 24). Hannover: Hahnsche Buchhandlung 2009. LXXIV, 230 S.
http://www.mgh.de/home/aktuelles/newsdetails/richalm-von-schoental-liber-revelationum/47df5adc8b/
[Ausgabe jetzt online:
http://www.dmgh.de/de/fs1/object/display/bsb00066357_meta:titlePage.html?sortIndex=060:010:0024:010:00:00 ]
Nachdem der spannende Text bislang nur durch die schlechte und unvollständige Edition des Melker Benediktiners Bernhard Pez (1721) zugänglich war, sind nun die besten Voraussetzungen geschaffen, ihn erneut zu entdecken.
Richalms in Dialogform abgefasstes Buch gilt vor allem der Wahrnehmung von Dämonen durch den Schöntaler Zisterzienser: “Auditionen und Visionen bestimmten sein Leben. Er sah sich von Scharen von Teufeln umringt, die so zahlreich wie Schneeflocken in einem Wintersturm, wie Sandkörner am Meeresstrand und wie Wassertropfen bei einem Gewitterregen ihn überall umgaben, jeden seiner Schritte überwachten und ihn überallhin verfolgten (Kap. 46, 61)” (Schmidt S. XVI).
Aus der Sicht der mittellateinischen Philologie die Edition zu rühmen, will ich Berufeneren überlassen. Ich möchte mich auf drei Punkte konzentrieren, zu denen ich etwas ergänzen kann: auf die Lebenszeugnisse Richalms (I), die handschriftliche Überlieferung (II) und die Rezeption (III).
I. Zu den Lebenszeugnissen Richalms
Bis in die jüngste Zeit hält sich die auf den Abdruck von Pez zurückgehende Datierung des Werks auf 1270, obwohl schon im 19. Jahrhundert bekannt war, dass Richalms Abbatiat in die Zeit um 1219 gehört.
Zum in der Mitte des 12. Jahrhunderts gegründeten Kloster Schöntal siehe die Online-Fassung des Württembergischen Klosterbuchs:
http://maja.bsz-bw.de/kloester-bw/kloster1.php?nr=134
Nur eine einzige Urkunde vom 22. November 1219, ausgestellt von Bischof Otto von Würzburg, nennt Richalm als Abt (“ex insinuatione dilecti nostri domini Richalmi abbatis et fratrum de Schonental, Cisterciensis ordinis”). Sie wurde im dritten Band des “Wirtembergischen Urkundenbuchs” (WUB) 1871 als Nr. 622 abgedruckt:
http://www.wubonline.de/index.php?wubid=946
http://commons.wikimedia.org/wiki/File:De_Wirtembergisches_Urkundenbuch_3_089.jpg
In einer Urkunde vom 21. September 1214 (WUB 3, Nr. 561) erscheint Richalm noch als Prior:
http://www.wubonline.de/index.php?wubid=867
http://commons.wikimedia.org/wiki/File:De_Wirtembergisches_Urkundenbuch_3_010.jpg
Es gibt also genau zwei urkundliche Nennungen Richalms.
Am 16. Juli 1216 amtierte noch sein Vorgänger Albert (WUB 3, Nr. 592), in einer nicht näher datierten Urkunde aus dem Jahr 1220 erscheint ein Gottfried als Klostervorsteher: WUB 3, Nr. 633 (Schmidt S. XII Anm. 9 hat den Druckfehler 363 statt 633):
http://www.wubonline.de/index.php?wubid=963
http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/e/ea/De_Wirtembergisches_Urkundenbuch_3_105.jpg
Aus Richalms Werk geht hervor, dass er einmal als Prior zurückgetreten ist (Kap. 55, Schmidt S. 67). Man muss also mit der Möglichkeit rechnen, dass er nach wenigen Jahren als Abt - hierfür kommt maximal der Zeitraum von 1216 bis 1220 in Betracht - dieses Amt ebenfalls aufgegeben hat. Er könnte also durchaus länger als bis 1219 - so das in der Tradition überwiegend angegebene Todesjahr - gelebt haben.
Schmidt S. XI mit Anm. 4 ordnet Richalm aufgrund seines sehr seltenen Namens mit guten Gründen einer Ministerialenfamilie des Bischofs von Würzburg zu. Rätselhaft bleibt aber, wieso Schmidt das stärkste Indiz nicht anspricht, nämlich das Auftreten der Richalme mit Beinamen Hake in Schöntaler Urkunden! 1214 erscheint Richalmus Hacho als Zeuge bei einer Schenkung an Schöntal (WUB 3, Nr. 560), 1230 der miles Richalmus Hako gemeinsam mit Abt Gottfried (ebd. Nr. 777). 1233 treten die Brüder Richalm und Gottfried Haken als Salmänner bei einem Vermächtnis zugunsten von Schöntal auf (WUB 3, Nr. 831). Man wird in ihnen Verwandte von Abt Richalm sehen dürfen, auch wenn es sicher zu weit geht, Richalms Nachfolger Gottfried aufgrund seines Vornamens der gleichen Familie zuzuweisen.
Eine zusammenhängende kritische Auseinandersetzung mit der Schöntaler Tradition zu Richalm bietet Schmidt leider nicht. Man muss sich das Material aus verschiedenen Stellen seiner Einleitung zusammensuchen.
Vor dem 17. Jahrhundert scheint es keine Nachrichten zu Richalm zu geben, sieht man von der Translation von Richalm-Reliquien aus Mergenthal nach Schöntal unter Abt Konrad II. (1365-1371) ab, die Schmidt S. XXXVIII Anm. 30 leider ohne Quellenangabe erwähnt. S. XXXVII ist von Richalmreliquien in einer zu Schöntal gehörenden Kapelle in “Mergenthal” die Rede, was eher zutreffen dürfte als eine Translation von Mergenthal nach Schöntal. Ich zweifle nicht daran, dass es sich um die 1371 geweihte Kapelle des Schöntaler Stadthofes im heutigen Bad Mergentheim handelt, von der Schönhuths Chronik der Stadt Mergentheim meldet:
http://books.google.com/books?id=fXwAAAAAcAAJ&pg=PA25
Wenn man etwas weiterblättert, bestätigt sich diese Vermutung, da Schmidt S. LIV angibt, die Chronik von Angelus Hebenstreit (1664) kenne ebenfalls die Tradition, “wonach sich Reliquien im Altar der Schöntaler Kapelle zu Mergentheim befanden”.
Der Schöntaler Historiograph Bartholomäus Kremer (1589-661) schrieb eine große Klosterchronik, die als Handschrift in der Landesbibliothek Stuttgart liegt (Cod. hist. fol. 422), in der sich Kremer nach Schmidt S. XVIII Anm. 19 auf S. 175 über Richalm äußert. Entgegen den Angaben von Schmidt ist das aber nicht der Text, den Franz Josef Mone in seiner Quellensammlung der badischen Landesgeschichte Bd. 4,1, Karlsruhe 1867, S. 146 abdruckte und den Schmidt zitiert (es sei denn, der Text ist in den Handschriften absolut identisch). Mone gab eine vom Geistlichen Rat Grieshaber in Freiburg dem Karlsruher Generallandesarchiv mitgeteilte “Series abbatum” aus dem Jahr 1636 heraus, die er ebenfalls Kremer zuschrieb und die er als älteste Darstellung über Schöntal für wertvoller erachtete als die jüngere Chronik.
http://digilib.ub.uni-freiburg.de/document/258802596/
http://digilib.ub.uni-freiburg.de/document/258802596/images/Mone_Badische_Quellen_4.146.gif
Wenn die Angabe von Kremer in seiner Series zutreffen sollte, dass Richalms Vorgänger Albert auf dem Generalkapitel 1217 verstarb, hätte Richalm erst ab 1217 amtiert. Ansonsten referiert Kremer zu Richalm lediglich drei Urkunden aus seiner Abtszeit, von denen aber nur die erste von 1219 Richalm selbst nennt. Als Todesdatum wird angegeben: 1220 3. nonas Decembris (3. Dezember).
Schmidt zitiert Kremers Wiedergabe einer Urkunde von 1220 und merkt an (S. XVIII Anm. 19): “Die Namen der Zeugen in der zweiten Urkunde begegnen alle in Richalms Werk”. Das wäre ja nun ein durchaus bemerkenswerter Befund, den man nicht in einer Fußnote verstecken sollte. Nun schildert Richalm in Kap. 114 (S. 140) die Totenfeierlichkeiten für den Bruder Fridericus opilio. Wenn Richalm nach Schmidt wohl 1219 gestorben ist, wie konnte er den frühestens 1220 erfolgten Tod eines 1220 in einer Zeugenliste auftretenden Mönchs wiedergeben? Hat hier der Redaktor N., jener Schöntaler Mönch, der das Werk Richalms bearbeitete, seine Finger im Spiel gehabt und womöglich Richalm seine eigenen Erlebnisse untergeschoben? Des Rätsels Lösung ist weit banaler: Es gab gar keine solche Zeugenliste. Die von Kremer referierte Urkunde vom 12. April 1220 ist noch in der Ausfertigung erhalten und im WUB 3, Nr. 642 abgedruckt:
http://www.wubonline.de/index.php?wubid=970
http://commons.wikimedia.org/wiki/File:De_Wirtembergisches_Urkundenbuch_3_117.jpg
“Fratres Albero caementarius, Fridericus opilio, Herilinus, Adelhardus, Adelboldus caecus” sucht man in der Urkunde vergebens. Mone, der die Schöntaler Urkunden nicht kannte, hat mit seinem interpretierenden Zusatz “[testes]” in die Irre geführt. Kremer gab keine Zeugenliste, sondern, den kurzen Eintrag zu Richalm abschließend, die Namen einiger Mönche an, die in der Zeit des Abtes Richalm lebten und entnahm diese Namen Richalms Werk! Kremer konnte 1636 offenbar schon auf die 1634/36 in Stams erstellte Abschrift des Schöntaler Mönchs Reinhold zurückgreifen, da es keine Anhaltspunkte dafür gibt, dass damals in Schöntal noch eine Handschrift greifbar war. Albero cementarius wird in Kap. 113 (Schmidt S. 140) erwähnt, Fridericus opilio in Kap. 114 (S. 140), Adelhardus in Kap. 31 (S. 36), Adelholdus cecus in Kap. 37 (S. 45). In Kap. 115 (S. 142) hört Richalm beim Tod des Bruders “He.” eine Stimme: “Hic est Heinzelinus”. Schmidts Variantenapparat gibt Auskunft, dass nur die Innsbrucker (früher Stamser) Handschrift, Vorlage der Abschrift Reinholds, “Herilinus” hat, alle anderen lesen Heinzelinus (mit orthographischen Abweichungen).
Sehr viel ausführlicher als Kremer beschäftigte sich Pater Angelus Hebenstreit (1626-1669) in seiner Schöntaler Chronik von 1664 mit Richalm. Schmidt S. LIV-LVI wertet diese Quelle aus, ohne sie jedoch kritisch zu analysieren. Angeblich war Richalm schon vor 1194 Novize in Schöntal. Die Ämterlaufbahn (Pförtner, Hospitalaufseher, Novizenmeister, Prior) scheint aus dem Werk erschlossen zu sein (vgl. Schmidt S. XI). Nach längerem Abwägen entscheidet sich Hebenstreit für den 2. Dezember 1219 als Todestag Richalms. Da Hebenstreit auch das im Pfarrarchiv Schöntal aufbewahrte “Mortilogium” von 1660 redigierte, auf das sich Schmidt S. XII Anm. 8 nach Mitteilung von Frau Dr. Maria Magdalena Rückert (Germania-Sacra-Bearbeiterin Schöntals) beruft, wundert es nicht, dass dort das Jahr 1219 und als Todestag der 2. Dezember angegeben wird. Ein älteres Anniversarienregister erwähnt Mone a.a.O. S. 143 nach Erwähnungen in der Zeitschrift “Wirtembergisch Franken”, doch dürfte Richalm darin nicht erwähnt werden. Den 2. Dezember 1219 erhielt im 17. Jahrhundert Gabriel Bucelin aus Schöntal mitgeteilt (Schmidt S. XXXVIII Anm. 30 zitiert die von Robert Schindele besorgte postume Ausgabe des “Menologium”-Supplements 1763, S. 276). Von Bucelin gelangte das Datum in Stadlers Heiligenlexikon:
http://www.zeno.org/Heiligenlexikon-1858/A/Richalmus
Ein 1698 verfasster Abtskatalog von Prior Joseph Müller und Richard Stöcklein (Stuttgart, Cod. Donaueschingen 600, Bl. 32r) schreibt Richalm ein Wappen und einen Wahlspruch zu, weiß von einem Distichon auf Richalm, gibt das Jahr 1200 als Beginn seines Priorats an und datiert die Wahl zum Abt auf 1216 (Schmidt S. XVIIIf.). Da das Wappen sicher nicht authentisch ist, wird man auch die detaillierten Angaben nicht gebrauchen können; sie verdanken sich offensichtlich dem Wunsch, die bisher bekannten allzu mageren Daten zu ergänzen und dürften erfunden sein, da nicht ersichtlich ist, welche hochmittelalterliche Quelle ihnen hätte zugrundeliegen können.
Hinsichtlich des Todesdatums steht nun der 3. Dezember 1220 bei Kremer 1636 gegen die sich später durchsetzende Hebenstreit-Version: 2. Dezember 1219. Letztere ist ja das Produkt gelehrter Erörterungen, während bei ersterer hinsichtlich des Todesjahrs nicht ausgeschlossen werden kann, dass Kremer sich an der Erwähnung von Richalms Nachfolger 1220 orientiert hat. Solange keine älteren oder neuen Quellen auftauchen, sollte man dem ältesten überlieferten Tagesdatum Priorität einräumen: 3. Dezember (eventuell auch: 2. Dezember). Beim Todesjahr erscheint ein “möglicherweise 1219/20, unter Umständen auch später” angebracht.
Dem Hinweis von Hermann Knaus in den Mittelalterlichen Bibliothekskatalogen 4/2 (1979), S. 872 ( auf den ich Schmidt 1989 aufmerksam machte) auf Notizen des 18. Jahrhunderts über Richalm in einer Handschrift der UB Würzburg ist Schmidt entweder nicht nachgegangen oder er erwies sich nicht als ergiebig. Nachrichten zur Geschichte Schöntals aus dem 17./18. Jahrhundert enthält UB Würzburg M.ch.f.258:
http://www.manuscripta-mediaevalia.de/hs/katalogseiten/HSK0371_b083_JPG.htm
Im Schöntaler Bestand B 503 II des Staatsarchivs Ludwigsburg gibt es eine Reihe historiographischer Werke aus dem 17. und 18. Jahrhundert, die von Schmidt nicht erwähnt werden, in denen aber mehr oder minder ausführliche Angaben über Richalms Abtszeit nicht fehlen dürften:
https://www2.landesarchiv-bw.de/ofs21/olf/struktur.php?bestand=17307&klassi=001&anzeigeKlassi=001.001.001
II. Zur Überlieferung des “Liber revelationum” Richalms von Schöntal
Zuerst wurde ich selbst auf Richalm Mitte der 1980er Jahre aufmerksam, als ich Norman Cohns “Europe’s Inner Demons” (1975) las, eine eindrucksvolle Studie zu den Wurzeln der Hexenprozesse. Dann begegneten mir Mones Notizen in seiner Quellensammlung, und ich stieß auch auf das Heldensagenzeugnis zu Sibicho in Grimms Heldensage (vgl. Schmidt S. XXXIX):
http://commons.wikimedia.org/wiki/File:De_Die_deutsche_Heldensage_(Grimm_W.)_221.jpg
Besser dazu Müllenhoff in der ZfdA 12 (1865), S. 354f.
http://books.google.com/books?id=rPvgclbws1kC&pg=PA355
Nachdem ich erfahren hatte, dass Paul Gerhard Schmidt den Verfasserlexikon-Artikel zu Richalm übernommen hatte, wandte ich mich am 8. Januar 1989 an ihn. Schmidt sandte mir am 13. Februar sein Manuskript (“die Neuedition steht vor dem Abschluß”), worauf ich ihm einen Tag später meine gesammelten Notizen mitteilte. Der Hinweis auf die Kölner Handschrift GB 4̊ 214 erschien dann in Schmidts Richalm-Artikel in der Lieferung 1 von Bd. 8 des Verfasserlexikons 1990 (Sp. 42f.) mit meinem Namen, während er sich von der irreführenden Bezeichnung der Exzerpte (von ihm in der Edition jetzt brevis redactio genannt) als “Fragmente” nicht abbringen ließ. Clm 151, 245v-248r (aus Rebdorf, 1456), das unter den “Fragmenten” gelistet ist, hat mit Richalm nichts zu tun (siehe Carmen Cardelle de Hartmann, Lateinische Dialoge 1200-1400, Leiden 2007, S. 359 nach Autopsie). Es fehlten die Innsbrucker Handschrift, die zweite Kölner, die Pariser und die Hebenstreit-Chronik in Ludwigsburg. 1987 war Neuhausers Innsbrucker Handschriftenkatalog erschienen, in dem ich am 3. November 1989 die ehemals Stamser Handschrift fand. Noch am gleichen Tag teilte ich das Schmidt mit, was für ihn eine “freudige Überraschung” war.
Nachdem mir vor kurzem freundlicherweise ein Exemplar der Ausgabe als Geschenk zugegangen war, machte ich mich an die Internetrecherche, um herauszufinden, was im World Wide Web zu Richalm Neues zu finden war. Ermitteln konnte ich mit Hilfe von Google Book Search zwei Schmidt unbekannt gebliebene Handschriften der Kurzform in Luxemburg und Padua. Bei der Mitüberlieferung dieser Kurzform stellte sich Johannes von Dambachs ‘Consolatio theologiae’ als wichtig heraus (4 von 7 Hss.). In der Pariser Handschrift konnte ein bislang unbekannter Textzeuge eines Traktats des Dirk von Herxen als Mitüberlieferung identifiziert werden.
Ich gebe eine Übersicht über die gesamte Überlieferung, da in den meisten Fällen Handschrifternbeschreibungen verlinkbar sind, die es ermöglichen, sich sofort einen Eindruck vom Inhalt der Handschrift zu verschaffen.
a) Vollständige Handschriften
Die Reihenfolge orientiert sich an der Chronologie der Handschriften.
Universitätsbibliothek Innsbruck, Cod. 36, Bl. 166ra-195vb (I), Pergament
Nach Schmidt S. XLIX, der sich der sehr gründlichen Beschreibung von Walter Neuhauser 1987 anschließt, “zweite Hälfte des 14. Jahrhunderts, aus den Zisterzen Stams oder Kaisheim”. Die älteste und beste Handschrift: “I bietet den Text ausführlicher und präziser als die anderen Handschriften” (S. LXIII). Sie ist im Stamser Katalog von 1341 nicht nachweisbar, trägt aber einen gotischen Stamser Einband aus dem 14. Jahrhundert. Seit 1808 ist sie in Innsbruck. Die Alternative der Entstehung in Kaisheim bezieht sich auf Neuhausers Ermittlungen zur Überlieferung des anderen Textes der Handschrift (Pseudo-Johannes Chrysostomus), als dessen Vorlage Neuhauser Clm 7945 (14. Jahrhundert, aus Kaisheim) annimmt.
Stadtbibliothek Trier, Cod. 581/1519, Bl. 54r-123v (T), Pergament
“Anfang des 15. Jahrhunderts, aus der Trierer Kartause St. Alban” (S. LII). Die Beschreibung Keuffers 1900 ist online:
http://www.manuscripta-mediaevalia.de/hs/katalogseiten/HSK0731_b037_jpg.htm
Schmidt erwähnt nicht den von Keuffer nicht identifizierten, und nur mit einem ungenügenden Incipit “Fuit quedam” bezeichneten Text “De Magareta reclusa” Bl. 132-178. Er ist noch zu bestimmen.
Bayerische Staatsbibliothek München, Clm 7723, Bl. 1r-57r (M1)
Datiert Bl. 57r 1430, als Provenienz gibt Schmidt S. Lf. das Augustinerchorherrenstift Indersdorf an. Der einzige Textzeuge ohne Mitüberlieferung.
Der Katalog von Halm ist nichtssagend:
http://mdz10.bib-bvb.de/~db/bsb00008267/images/index.html?seite=195
Bayerische Staatsbibliothek München, Clm 18595, Bl. 109-164 (M3)
(Teg. 595) 4o. s. XV. 204 f.
Vincentii de Friburga expositio canonis missae. f. 109 Richalmi abbatis reuelationes. f. 165 (Udalrici episcopi Brixiensis summula mysteriorum missae) ’Manuale simplicium sacerdotum libros non habentium’. Beschreibung von Halm 1878:
http://mdz10.bib-bvb.de/~db/bsb00008254/images/index.html?seite=195
Schmidt S. LI nennt als Datierung ebenfalls nur das 15. Jahrhundert und als Provenienz die Benediktinerabtei Tegernsee, in deren Bibliothekskatalog 1483 von Ambrosius Schwerzenbeck (Mittelalterliche Bibliothekskataloge Deutschlands und der Schweiz IV, 2, München 1979, S. 838) der Codex verzeichnet werde. Dagegen nennt Hannes Obermair im Artikel über den Brixener Bischof Ulrich Putsch (gest. 1437) im Verfasserlexikon 2. Aufl. 7 (1989), Sp. 926 bei der Überlieferung des ‘Manuale simplicium’ von Putsch als Datierung “vor 1439" und als Herkunft das Kloster Stams. Nach freundlicher Mitteilung von Herrn Obermair wurde diese Angabe von der Redaktion des Verfasserlexikons eingefügt, es könne sich um einen Irrtum handeln.
Der Melker Stiftsbibliothekar Bernhard Pez entdeckte die Tegernseer Handschrift 1717 und legte eine schlechte Abschrift von Romanus Krinner der fehlerhaften Tegernseer Handschrift seiner 1721 erschienenen Edition zugrunde (Anecdotorum thesaurus novissimus, Tomus I, Pars II, Augsburg 1721, Sp. 373-472).
Im versehentlich durch Google online zugänglich gemachten Register des Buchs von Christine Glassner, Neuzeitliche Handschriften aus dem Nachlass der Brüder Bernhard und Hieronymus Pez in der Bibliothek des Benediktinerstiftes Melk, Wien 2008 finde ich: “Richalmus de Speciosa Valle OCist: Liber revelationum 28, Nr. 1, 14r–70v”. Es gibt daher eine Abschrift in Melk, vielleicht diejenige Krinners.
Bayerische Staatsbibliothek München, Clm 17796, Bl. 48r-80r (M2)
(S. Mang 66) 4o. a. 1445-1466. 233
F. 1 et 22 Expositio canonis missae. f. 35 Sententiae philosophorum. f. 37 Georgii filii Grissaphani militis de Ungaria uisiones de purgatorio et paradiso habitae a. 1353. f. 47 Reuelationes factae Hichalmo abbati (de daemonibus). f.79 Collationes pro religiosis. f. 159 Exhortatio ad amatores mundi. f. 165 Articuli quorundam hereticorum carceri mandatorum in Eichstet a. 1461. f. 167 Rudolfi episc. Lauatini nuncii apost. ad Heinricum ep. Ratisb. literae de haeresi noua in dioec. Rat. zum Hösslein prope Egram a. 1466. f. 169 Seneca de remediis fortuitorum. f. 175 Joh. Gerson de X praeceptis, de peccatis et confessione et directione cuiuslibet Christiani, f. 191 confessionale. f. 197 Regula Benedicti. f. 230 Confessionale pro religiosis. f. 232 Interrogationes in confessione a religiosis. Beschreibung von Halm 1878, S. 121f.:
http://mdz10.bib-bvb.de/~db/bsb00008254/images/index.html?seite=130
Nach Schmidt S. LI 1451 aus dem Augustinerchorherrenstift St. Mang in Regensburg. Schmidts Angabe der Blattzahl “85 Bl.” ist falsch. Laut Katalog sind es 233.
Visiones Georgii, hrsg. von Bernd Weitemeier, Berlin 2006, S. 125 (non vidi).
Weimar, Herzogin Anna Amalia Bibliothek, Cod. Q 49, Bl. 118a-163a (W)
Schmidt S. LIIf. Der Text wurde wohl am Ende des 15. oder Anfang des 16. Jahrhunderts niedergeschrieben. Am ausführlichsten beschrieb den Codex bislang Paul Mitzschke 1889, S. 115-129:
http://books.google.com/books?id=0x0PAAAAYAAJ&pg=PA123 (US-Proxy)
Die Zuschreibung an Johannes Minzenberg als Schreiber ist mit Badstübner-Kizik 1993, S. 9-13 (non vidi) abzulehnen, denn Mitzschkes Vermutung ist doch sehr vage. Die neue Beschreibung durch Matthias Eifler ist noch nicht online:
http://www.manuscripta-mediaevalia.de/hs/projekt_weimar.htm
b) Handschriften der Brevis Redactio
Historisches Archiv der Stadt Köln, GB 4̊ 214, Bl. 51r-54v (K1)
Schmidt S. LIII: um 1440-1455 aus dem Besitz der Kölner Kreuzherren. Bl. 37v-54v schrieb der auch sonst als Schreiber nachweisbare Conradus de Grunenberg.
Beschreibung online:
http://www.manuscripta-mediaevalia.de/hs/katalogseiten/HSK0442_b179_JPG.htm
Stadtbibliothek Trier, Cod. 735/286, Bl. 1r-3r (T2)
Schmidt S. LVIIf.: Der Richalm-Text wurde von dem in Büren bei Paderborn tätigen Pleban Johannes Pilter 1461 aus einem Exemplar in Böddeken abgeschrieben. Er schenkte die Handschrift dem Augustinerchorherrenstift Eberhardsklausen.
Beschreibung von Kentenich 1910:
http://www.manuscripta-mediaevalia.de/hs/katalogseiten/HSK0732_b068_jpg.htm
[Die Handschrift ist im Virtuellen Skriptorium von St. Matthias online.]
Pilter nutzte seine bemerkenswert ausführlichen Schreibervermerke zu einer kleinen Chronik der Zeitereignisse, sie sind überwiegend von Kentenich wiedergegeben. Beschrieben ist die Handschrift auch von Falk Eisermann, ‘Stimulus amoris’, Tübingen 2001, S. 183.
Paris, Bibliothèque Nationale de France, Cod. nouv. acq. lat. 727, Bl. 24v-29v (P), Pergament
Katalog: Nouvelles acquisitions du département des manuscrits de la Bibliothèque nationale pendant les années 1900-1902, in: BECh 64 (1903), S. 14:
http://www.persee.fr/web/revues/home/prescript/article/bec_0373-6237_1903_num_64_1_452310
Zuvor schon H. Omont
http://www.persee.fr/web/revues/home/prescript/article/bec_0373-6237_1901_num_62_1_448078
Schmidt S. LVI, dessen Angabe “aus Schöntal (?)” zu streichen ist, da er selbst darauf aufmerksam macht, dass J. Bequet, Révue Bénédictine 76 (1966), S. 148 den Codex unbegründet Schöntal zuschreibt.
Die Beschreibungen und Schmidt, setzen die Pergamenthandschrift ins 15. Jahrhundert. Am Ende des Bandes befindet sich die Unterschrift von Marguerite de Rohan, der Großmutter Franz I. (gest. 1497). Ob dies Schlüsse auf die Entstehung des Bandes zulässt, ist unklar.
Der von Schmidt nicht identifizierte Traktat ‘De vanitate rerum mundanarum’, der dem Richalm-Text vorausgeht, ist die ‘Epistola contra detractores monachorum’, die auch in einer Kölner Handschrift begegnet:
http://www.manuscripta-mediaevalia.de/hs/katalogseiten/HSK0038_b109_JPG.htm
Ebenso in einer verschollenen Berliner Handschrift:
http://dtm.bbaw.de/HSA/Berlin_Graupe_700287840000.html
Teilweise in einer Kölner Handschrift:
http://www.manuscripta-mediaevalia.de/hs/katalogseiten/HSK0442_b106_JPG.htm
Mit der Pariser Handschrift liegt daher ein weiterer Textzeuge für den auch als ‘De utilitate monachorum’ bekannten Traktat des Dirk von Herxen (1381-1457), Rektor des Fraterhauses zu Zwolle, vor, den Marcel Haverals 1992 nach drei Handschriften (einer Antwerpener - Museum Plantin-Moretus M 107 - und den beiden Kölnern) edierte:
http://books.google.com/books?id=U-P6G5t-ZHMC&pg=PA241
Drei weitere Handschriften ergänzte nach Van Engen
http://books.google.com/books?id=Pxr7zsnBhvgC&pg=PA365
Theo Klausmann, Consuetudo, 2003, S. 116-118. Die Auskunft QuestionPoint in München half weiter, denn sie sah bei Klausmann S. 116, Anm. 107 für mich nach: Dort nennt der Verfasser zusätzlich “die Codices Trier, Bistumsarchiv, 95, 117, Düsseldorf, UB, B 64, fol. 102r-122r und Berlin,SB, Cod. 437, fol. 59r-69v” (ein auch in Manuscripta Mediaevalia erfasster Mischband, dort als Hdschr. 437 bezeichnet).
Damit sind nun sieben erhaltene und eine verschollene Handschrift des Werks von Herxen nachgewiesen.
Stadtbibliothek Trier, Cod. 195/1214, Bl. 141vb-142vb (T1)
Von Schmidt S. LVII und Petrus Becker, Die Benediktinerabtei St. Eucharius-St. Matthias vor Trier, Berlin 1996, S. 189f.
http://books.google.com/books?id=6cE-4yYXtbQC&pg=PA189
nur allgemein ins 15. Jahrhundert gesetzt. Provenienz ist die Benediktinerabtei St. Eucharius/St. Matthias. Beschreibung Keuffers 1891:
http://www.manuscripta-mediaevalia.de/hs/katalogseiten/HSK0728_b113_jpg.htm
Biblioteca Antoniana Padua, Cod. Scaff. V Nr. 93
Nicht bei Schmidt. Der Text wird einem “Remigius” zugeschrieben, in dem Lebeuf, dem Handschriftenkatalog von 1842 folgend, Remigius von Auxerre sehen wollte:
http://books.google.com/books?id=aCQKAAAAIAAJ&pg=PA383
In dem Band L'école carolingienne d'Auxerre, Paris 1991, S. 498 (leider konnte ich nicht ermitteln, wer für diese Seite verantwortlich zeichnet, da Google sinnigerweise das Inhaltsverzeichnis nicht zugänglich macht)
http://books.google.com/books?id=YtQ8kcZcZ7wC&pg=PA498
wird der richtige Hinweis auf Richalm (und die Trierer Handschrift 195=T1) gegeben. Sowohl das Incipit “Horrendum est nos contra hostes” als auch die Mitüberlieferung (Johannes von Dambach) schließen jeden Zweifel aus, dass es sich um die Brevis Redactio handelt.
Beschreibungen:
Luigi M. D. Minciotti, Catalogo dei codici manoscritti esistenti nella Biblioteca di Sant'Antonio, Padua 1842, S. 40
http://books.google.com/books?id=oq6X3Sg7RnEC&pg=PA40
Antonio Maria Josa, I codici manoscritti della Biblioteca Antoniana di Padova, Padua 1886, S. 219
http://books.google.com/books?id=UqdSS73xBSAC&pg=PA219 nur mit US-Proxy
[ http://www.nuovabibliotecamanoscritta.it/Generale/ricerca/AnteprimaManoscritto.html?codiceMan=25039 ]
Bibliothèque nationale de Luxembourg, Cod. 57, Bl. 298-302
Nicht bei Schmidt. Von der Geschichte der Handschrift aus dem 15. Jahrhunderts ist nur bekannt, dass sie im 17. Jahrhundert den Luxemburger Jesuiten gehörte.
Beschreibung von Nicolas van Werveke, Catalogue descriptif des manuscrits de la Bibliothèque de Luxembourg, Luxembourg 1894, S. 131f.
http://www.luxemburgensia.bnl.lu/cgi/luxonline1_2.pl?action=fv&sid=bnl_manu&vol=01&page=132&zoom=3
Fol. 298: Visiones beati Richalmi abbatis. Horrendum est nobis contra hostes invisibiles pugnare et nichil vel parum de insidiis eorum congnoscere; unde non pingit (sic) me vel ad me ipsius vel ad aliorum utilitatem revelaciones factas beate memorie abbati Richalmo quas ex opere eius diversis vicibus scripsi, hic simul conscribere, ut aliqua caliditatis demoniace vestigia quasi palpando possimus deprehendere. Igitur ad narracionem accedamus.
Dixit abbas Richalmus: In missa ..... — Fol. 302 : et non magis vult hiis semper intendere.
Historisches Archiv der Stadt Köln, Cod. W 33, Bl. 235v-238r (K2)
Schmidt S. LIII: “um 1550-1560, aus der Kölner Kartause”. Der Text ist im Vergleich zu den Schmidt bekannten anderen Handschriften der Brevis Redactio unvollständig.
Beschreibung von Vennebusch 1986:
http://www.manuscripta-mediaevalia.de/hs/katalogseiten/HSK0089_b009_jpg.htm
c) Exzerpte aus dem 17. Jahrhundert
Württembergische Landesbibliothek Stuttgart, Cod. HB XV 68, Bl. 442r (S)
Beschreibung:
http://www.manuscripta-mediaevalia.de/hs/katalogseiten/HSK0073_b037_JPG.htm
Kollektaneen des Schöntaler Mönchs und Historiographen Bartholomäus Kremer, geschrieben zwischen ca. 1630 und 1651 (Schmidt S. LVII). Das Exzerpt (Cap. 130) steht I nahe. Vermutlich geht es auf die in Stams 1634/6 angefertigte Kopie aus I durch den Schöntaler Konventualen Edmund Reinhold zurück, die nicht erhalten ist.
Staatsarchiv Ludwigsburg, B 503 II Bü 10
Die Signatur von Schmidt (B 503 Nr. 10) wurde anhand des Online-Findbuchs korrigiert.
Schmidt S. LIII-LVI: Die Auszüge in Pater Angelus Hebenstreits ‘Chronicon abbatum monasterii Speciosae Vallis’ (1664) folgen der Handschrift aus Stams (I), auch wenn in einem Fall auch eine Lesart aus der verlorenen Exzerpthandschrift der Mainzer Kartause vermerkt wird.
d) Verlorene Handschriften
Augustinerchorherrenstift Böddeken
Carolus de Visch nennt in seinem ‘Auctarium’ 1665 die Handschrift (Schmidt S. LIX) und nennt sie vollständig im Gegensatz zu der Mainzer Handschrift. Eine Böddeker Handschrift war die Vorlage für Johannes Pilters Abschrift T2 (1461), doch wird man anders als Schmidt bezweifeln müssen, dass ein so kurzes Exzerpt wie die Brevis Redactio von Visch als vollständig bezeichnet worden wäre. Man hätte also mit zwei Codices in Böddeken zu rechnen, mit einer Vollhandschrift und einer Version der Brevis Redactio.
Kartause Erfurt
Schmidt S. LIXf.: Richalms Werk ist im Bibliothekskatalog der Erfurter Kartause vom Ende des 15. Jahrhunderts zu finden (Mittelalterliche Bibliothekskataloge Deutschlands und der Schweiz, Bd. 2, 1928, S. 433).
Kreuzherren Köln
Schmidt S. LX: Erwähnung in einem ausradierten Inhaltsverzeichnis Köln, Historisches Archiv, GB 8̊ 87, Bl. 30r einer im 15. Jahrhundert aufgelösten Handschrift, von der kleine Teile in dieser Handschrift (wohl Mitte 15. Jahrhundert) erhalten sind. An ihr war der Schreiber von K1, Grunenberg, beteiligt. Vennebusch 1993, S. 84:
http://www.manuscripta-mediaevalia.de/hs/katalogseiten/HSK0039_b084_JPG.htm
Im Kreuzherrenkloster gab es also zwei Handschriften.
Kartause Mainz
Diese Handschrift erwähnt nicht nur de Visch 1665 (Schmidt S. LIX Anm. 65: mutila), sondern auch Hebenstreit 1664 (zitiert bei Schmidt S. LV): “rursus in Carthusia Moguntina, sed incompletum et in epitomem redactum, per quendam religiosum Ordinis Praedicatorum, ut apparet, Conventus Mariaevallensis vel Wimpinensis, qui plura ad litteram, et inter ea favorem de osculatis a BeatissimaVirgine Richalmi pedibus, transcripsit ex authore Schöntalensis et in usum Concionatorum selegit”. Die Handschrift wurde vom Prior der Karthause damals an Schöntal zur Abschrift überlassen. Schmidt zitiert das Zeugnis zwar, verwertet es aber nicht. Da er nur die Überlieferung der Brevis Redactio auflistet, aber nicht ihren Textbestand und auch keine Varianten gibt, bleibt offen, ob wir im für Predigtzwecke angelegten Werk des Wimpfener Dominikaners womöglich die Brevis Redactio sehen dürfen. Dass Johannes von Dambach, mit dessen Consolatio die meisten Handschriften der Kurzform überliefert werden, ebenfalls Dominikaner war, soll angemerkt werden.
Regularkanoniker Tongern
Schmidt S. LIX: Nach de Vischs Zisterzienserbibliographie von 1656 besaßen sie einen Codex. Antoine Sanderus, Bibliotheca belgica manuscripta, Bd. 2, Lille 1641, S. 195 nannte das Werk in einer 1638 erstellten Bibliotheksliste. Es handelt sich um Windesheimer Augustinerchorherren.
Abschließende Bemerkungen zur Überlieferung
An der Überlieferungsgeschichte des Textes war Schmidt leider nur wenig interessiert. Man erfährt eigentlich gar nichts über die Brevis Redactio. Schmidt hat nur die vollständigen Handschriften kollationiert. Gern hätte man auch erfahren, wie K1 den Richalm-Text einleitet - es steht nicht bei Schmidt (und nur unvollständig bei Vennebusch), aber in einem Google-Schnipsel:
http://tinyurl.com/c2542u
Schmidt gibt keinen Hinweis darauf, dass auch die Trierer Handschrift T1 neben K2 die Consolatio theologiae des Johannes von Dambach überliefert. Auers Monographie von 1928 habe ich leider nicht zur Hand, ich muss mich auf das stützen, was die Kataloge dazu sagen.
Die Abfolge in T1 ist nach Petrus Becker:
Bl. 115v-136r Consolatio theologiae
Bl. 136r-141v Ps.-Petrus von Blois: De utilitate tribulationum
Bl. 141v-142v Richalm
Die gleiche Abfolge findet sich auch in der Luxemburger Handschrift:
Bl. 196v-277v Consolatio theologiae
Bl. 278r-297v Ps.-Petrus von Blois: De utilitate tribulationum
Bl. 298r-302r Richalm
Im Codex aus Padua folgt Richalm auf die Consolatio, während in K2 die Consolatio und Richalm durch einen Text aus Gregors Homiliae getrennt werden. In vier von den sieben Handschriften der Brevis Redactio wird also das Werk des weit verbreitete Dominikaners Johannes von Dambach mitüberliefert. Ohne zu wissen, was die Brevis Redactio aus Richalm exzerpiert hat, wären allerdings weitere Aussagen über die Verwandtschaft der Consolatio und der Brevis Redactio pure Spekulation.
Erwähnt sei auch noch die eigenartige Textzusammenstellung in P, das nur 32 Blatt umfasst. Nach dem Herxen-Text, der Devotio moderna zuzuweisen, folgen die Brevis Redactio und danach französische Rondeaux!
Schmidt verweist S. LXIV bei T und W auf die monastischen Reformbewegungen des 15. Jahrhunderts. In der Tat fällt auf, dass die Überlieferung des 15. Jahrhunderts, soweit die Handschriften zuzuordnen sind, auf Kartäuser, regulierte Chorherren und Benediktiner zurückzuführen ist.
Die Pergamenthandschrift T aus dem Anfang des 15. Jahrhunderts stammt aus der Trierer Kartause, K2 aus der Kölner; verlorene Handschriften sind für die Kartausen Mainz und Erfurt belegt. Über die Affinität der Kartäuser zur Visionsliteratur handelte Johannes Mangei, in: Bücher, Bibliotheken und Schriftkultur der Kartäuser, 2001:
http://books.google.com/books?id=Q7Y5Z1RuOIgC&pg=PA313
M1 stammt aus Indersdorf, dem wichtigsten oberdeutschen Reformzentrum der Kanonikerreform im 15. Jahrhundert. In Böddeken bei Paderborn gab es wohl zwei Handschriften des Werks. Auf die Devotio moderna verweisen nicht nur die Handschriften aus dem Kölner Kreuzherrenkloster, sondern auch der Nachweis einer Handschrift in Tongern und die Mitüberlieferung der vielleicht für eine weltliche Empfängerin bestimmten Pariser Handschrift.
M3 stammt aus dem Benediktinerkloster Tegernsee, ein Zentrum der Melker Reform in Bayern, W aus dem Bursfelder Kloster St. Peter in Erfurt, T1 aus St. Matthias in Trier.
Neben der Ordensreform erscheint mir aber auch jene Bewegung beachtenswert, die man den “Rückgriff des 15. Jahrhunderts auf die früh- und hochmittelalterliche Theologie und Spiritualität” nennen könnte. Dieser Rückgriff wurde wesentlich getragen von den Klosterreformen, ist aber auch auf das engste verbunden mit jenem “retrospektiven Syndrom”, das in den Klöstern des 15. Jahrhunderts als “monastischer Historismus” sichtbar wird. Näheres dazu in meiner Studie über St. Ulrich und Afra in Augsburg:
http://www.freidok.uni-freiburg.de/volltexte/5242/
Besonders bemerkenswert ist die Weimarer Handschrift W, die hagiographische Texte aus dem Umkreis der Hirsauer Reform enthält: die Vita Wilhelms von Hirsau (zur Überlieferung sehe man meinen eben zitierten Aufsatz S. 140f.), Sigebotos Vita der heiligen Paulina (von Paulinzella) und die Vita Erminolds von Prüfening. In der Kreuzbrüderhandschrift K1 begegnen Texte von Hildegard von Bingen und Elisabeth von Schönau.
III. Zur Rezeption von Richalms Werk
Schmidt S. XXXVI-XLIX handelt erfreulich ausführlich von “Rezeption und Forschungsstand”. Wer sich über die ganze Breite der Richalm-Rezeption ein Bild machen will, kann in Google Book Search nach richalm, richalmi oder richalmus suchen. Üblicherweise erscheint der Schöntaler Abt als “Gewährsmann für die kollektive Vorstellung von der Vielzahl der Teufel im Mittelallter” (S. XLIV). Beispielsweise bei Elias Canetti, William Gaddis, Carl Sagan oder Salman Rushdie.
Schmidt hat die wohl wichtigsten Werke ausgewählt. Besonders einflussreich erscheint die 1869 erschienene Geschichte des Teufels von dem protestantischen Theologen Roskoff, die auch die umfangreichsten deutschsprachigen Auszüge aus dem Text enthält (S. 335-343 der Originalausgabe) . Die Ausgabe ist einsehbar unter
http://www.archive.org/details/geschichtedesteu01roskuoft
http://books.google.com/books?id=kjYCAAAAQAAJ&pg=PA335 (mit US-Proxy)
Einen Hinweis verdient vielleicht auch Friedrich von Raumer, Geschichte der Hohenstaufen und ihrer Zeit, Bd. 6, 3. Aufl. 1858, S. 538f., der kürzere Auszüge auf Deutsch gab:
http://books.google.com/books?id=T8ZWAAAAMAAJ&pg=PA538
Was in den “Blättern für literarische Unterhaltung” 1838 S. 460 aus Richalms Werk auf Deutsch zu lesen war, stimmt damit überein und dürfte einer Vorauflage entnommen sein:
http://books.google.com/books?id=7-QaAAAAYAAJ&pg=PA460
Schmidts Edition wird erfreulicherweise in einigen Jahren auf http://www.dmgh.de kostenfrei zur Verfügung stehen (es sei denn, die MGH ändert ihren Sinn). Wünschenswert wäre eine deutsche Übersetzung, da der Text nicht nur für jene von Interesse ist, die über hinreichende Lateinkenntnisse verfügen. Dem Editor ist für seine jahrelange Mühe mit dem Text sehr zu danken, der MGH, dass sie ihn in ihr Editionsprogramm aufgenommen hat, denn dies sichert ihm die nötige Publizität.
How to quote this entry?
Graf, Klaus. Neues zu Richalm von Schöntal. Archivalia . 2009-05-03. URL:https://archiv.twoday.net/stories/5680268/. Accessed: 2009-05-03. (Archived by WebCite® at http://www.webcitation.org/5gVVWEu0f )
#forschung
Richalm von Schöntal, Liber revelationum. Hrsg. von Paul Gerhard Schmidt (MGH Quellen zur Geistesgeschichte des Mittelalters 24). Hannover: Hahnsche Buchhandlung 2009. LXXIV, 230 S.
http://www.mgh.de/home/aktuelles/newsdetails/richalm-von-schoental-liber-revelationum/47df5adc8b/
[Ausgabe jetzt online:
http://www.dmgh.de/de/fs1/object/display/bsb00066357_meta:titlePage.html?sortIndex=060:010:0024:010:00:00 ]
Nachdem der spannende Text bislang nur durch die schlechte und unvollständige Edition des Melker Benediktiners Bernhard Pez (1721) zugänglich war, sind nun die besten Voraussetzungen geschaffen, ihn erneut zu entdecken.
Richalms in Dialogform abgefasstes Buch gilt vor allem der Wahrnehmung von Dämonen durch den Schöntaler Zisterzienser: “Auditionen und Visionen bestimmten sein Leben. Er sah sich von Scharen von Teufeln umringt, die so zahlreich wie Schneeflocken in einem Wintersturm, wie Sandkörner am Meeresstrand und wie Wassertropfen bei einem Gewitterregen ihn überall umgaben, jeden seiner Schritte überwachten und ihn überallhin verfolgten (Kap. 46, 61)” (Schmidt S. XVI).
Aus der Sicht der mittellateinischen Philologie die Edition zu rühmen, will ich Berufeneren überlassen. Ich möchte mich auf drei Punkte konzentrieren, zu denen ich etwas ergänzen kann: auf die Lebenszeugnisse Richalms (I), die handschriftliche Überlieferung (II) und die Rezeption (III).
I. Zu den Lebenszeugnissen Richalms
Bis in die jüngste Zeit hält sich die auf den Abdruck von Pez zurückgehende Datierung des Werks auf 1270, obwohl schon im 19. Jahrhundert bekannt war, dass Richalms Abbatiat in die Zeit um 1219 gehört.
Zum in der Mitte des 12. Jahrhunderts gegründeten Kloster Schöntal siehe die Online-Fassung des Württembergischen Klosterbuchs:
http://maja.bsz-bw.de/kloester-bw/kloster1.php?nr=134
Nur eine einzige Urkunde vom 22. November 1219, ausgestellt von Bischof Otto von Würzburg, nennt Richalm als Abt (“ex insinuatione dilecti nostri domini Richalmi abbatis et fratrum de Schonental, Cisterciensis ordinis”). Sie wurde im dritten Band des “Wirtembergischen Urkundenbuchs” (WUB) 1871 als Nr. 622 abgedruckt:
http://www.wubonline.de/index.php?wubid=946
http://commons.wikimedia.org/wiki/File:De_Wirtembergisches_Urkundenbuch_3_089.jpg
In einer Urkunde vom 21. September 1214 (WUB 3, Nr. 561) erscheint Richalm noch als Prior:
http://www.wubonline.de/index.php?wubid=867
http://commons.wikimedia.org/wiki/File:De_Wirtembergisches_Urkundenbuch_3_010.jpg
Es gibt also genau zwei urkundliche Nennungen Richalms.
Am 16. Juli 1216 amtierte noch sein Vorgänger Albert (WUB 3, Nr. 592), in einer nicht näher datierten Urkunde aus dem Jahr 1220 erscheint ein Gottfried als Klostervorsteher: WUB 3, Nr. 633 (Schmidt S. XII Anm. 9 hat den Druckfehler 363 statt 633):
http://www.wubonline.de/index.php?wubid=963
http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/e/ea/De_Wirtembergisches_Urkundenbuch_3_105.jpg
Aus Richalms Werk geht hervor, dass er einmal als Prior zurückgetreten ist (Kap. 55, Schmidt S. 67). Man muss also mit der Möglichkeit rechnen, dass er nach wenigen Jahren als Abt - hierfür kommt maximal der Zeitraum von 1216 bis 1220 in Betracht - dieses Amt ebenfalls aufgegeben hat. Er könnte also durchaus länger als bis 1219 - so das in der Tradition überwiegend angegebene Todesjahr - gelebt haben.
Schmidt S. XI mit Anm. 4 ordnet Richalm aufgrund seines sehr seltenen Namens mit guten Gründen einer Ministerialenfamilie des Bischofs von Würzburg zu. Rätselhaft bleibt aber, wieso Schmidt das stärkste Indiz nicht anspricht, nämlich das Auftreten der Richalme mit Beinamen Hake in Schöntaler Urkunden! 1214 erscheint Richalmus Hacho als Zeuge bei einer Schenkung an Schöntal (WUB 3, Nr. 560), 1230 der miles Richalmus Hako gemeinsam mit Abt Gottfried (ebd. Nr. 777). 1233 treten die Brüder Richalm und Gottfried Haken als Salmänner bei einem Vermächtnis zugunsten von Schöntal auf (WUB 3, Nr. 831). Man wird in ihnen Verwandte von Abt Richalm sehen dürfen, auch wenn es sicher zu weit geht, Richalms Nachfolger Gottfried aufgrund seines Vornamens der gleichen Familie zuzuweisen.
Eine zusammenhängende kritische Auseinandersetzung mit der Schöntaler Tradition zu Richalm bietet Schmidt leider nicht. Man muss sich das Material aus verschiedenen Stellen seiner Einleitung zusammensuchen.
Vor dem 17. Jahrhundert scheint es keine Nachrichten zu Richalm zu geben, sieht man von der Translation von Richalm-Reliquien aus Mergenthal nach Schöntal unter Abt Konrad II. (1365-1371) ab, die Schmidt S. XXXVIII Anm. 30 leider ohne Quellenangabe erwähnt. S. XXXVII ist von Richalmreliquien in einer zu Schöntal gehörenden Kapelle in “Mergenthal” die Rede, was eher zutreffen dürfte als eine Translation von Mergenthal nach Schöntal. Ich zweifle nicht daran, dass es sich um die 1371 geweihte Kapelle des Schöntaler Stadthofes im heutigen Bad Mergentheim handelt, von der Schönhuths Chronik der Stadt Mergentheim meldet:
http://books.google.com/books?id=fXwAAAAAcAAJ&pg=PA25
Wenn man etwas weiterblättert, bestätigt sich diese Vermutung, da Schmidt S. LIV angibt, die Chronik von Angelus Hebenstreit (1664) kenne ebenfalls die Tradition, “wonach sich Reliquien im Altar der Schöntaler Kapelle zu Mergentheim befanden”.
Der Schöntaler Historiograph Bartholomäus Kremer (1589-661) schrieb eine große Klosterchronik, die als Handschrift in der Landesbibliothek Stuttgart liegt (Cod. hist. fol. 422), in der sich Kremer nach Schmidt S. XVIII Anm. 19 auf S. 175 über Richalm äußert. Entgegen den Angaben von Schmidt ist das aber nicht der Text, den Franz Josef Mone in seiner Quellensammlung der badischen Landesgeschichte Bd. 4,1, Karlsruhe 1867, S. 146 abdruckte und den Schmidt zitiert (es sei denn, der Text ist in den Handschriften absolut identisch). Mone gab eine vom Geistlichen Rat Grieshaber in Freiburg dem Karlsruher Generallandesarchiv mitgeteilte “Series abbatum” aus dem Jahr 1636 heraus, die er ebenfalls Kremer zuschrieb und die er als älteste Darstellung über Schöntal für wertvoller erachtete als die jüngere Chronik.
http://digilib.ub.uni-freiburg.de/document/258802596/
http://digilib.ub.uni-freiburg.de/document/258802596/images/Mone_Badische_Quellen_4.146.gif
Wenn die Angabe von Kremer in seiner Series zutreffen sollte, dass Richalms Vorgänger Albert auf dem Generalkapitel 1217 verstarb, hätte Richalm erst ab 1217 amtiert. Ansonsten referiert Kremer zu Richalm lediglich drei Urkunden aus seiner Abtszeit, von denen aber nur die erste von 1219 Richalm selbst nennt. Als Todesdatum wird angegeben: 1220 3. nonas Decembris (3. Dezember).
Schmidt zitiert Kremers Wiedergabe einer Urkunde von 1220 und merkt an (S. XVIII Anm. 19): “Die Namen der Zeugen in der zweiten Urkunde begegnen alle in Richalms Werk”. Das wäre ja nun ein durchaus bemerkenswerter Befund, den man nicht in einer Fußnote verstecken sollte. Nun schildert Richalm in Kap. 114 (S. 140) die Totenfeierlichkeiten für den Bruder Fridericus opilio. Wenn Richalm nach Schmidt wohl 1219 gestorben ist, wie konnte er den frühestens 1220 erfolgten Tod eines 1220 in einer Zeugenliste auftretenden Mönchs wiedergeben? Hat hier der Redaktor N., jener Schöntaler Mönch, der das Werk Richalms bearbeitete, seine Finger im Spiel gehabt und womöglich Richalm seine eigenen Erlebnisse untergeschoben? Des Rätsels Lösung ist weit banaler: Es gab gar keine solche Zeugenliste. Die von Kremer referierte Urkunde vom 12. April 1220 ist noch in der Ausfertigung erhalten und im WUB 3, Nr. 642 abgedruckt:
http://www.wubonline.de/index.php?wubid=970
http://commons.wikimedia.org/wiki/File:De_Wirtembergisches_Urkundenbuch_3_117.jpg
“Fratres Albero caementarius, Fridericus opilio, Herilinus, Adelhardus, Adelboldus caecus” sucht man in der Urkunde vergebens. Mone, der die Schöntaler Urkunden nicht kannte, hat mit seinem interpretierenden Zusatz “[testes]” in die Irre geführt. Kremer gab keine Zeugenliste, sondern, den kurzen Eintrag zu Richalm abschließend, die Namen einiger Mönche an, die in der Zeit des Abtes Richalm lebten und entnahm diese Namen Richalms Werk! Kremer konnte 1636 offenbar schon auf die 1634/36 in Stams erstellte Abschrift des Schöntaler Mönchs Reinhold zurückgreifen, da es keine Anhaltspunkte dafür gibt, dass damals in Schöntal noch eine Handschrift greifbar war. Albero cementarius wird in Kap. 113 (Schmidt S. 140) erwähnt, Fridericus opilio in Kap. 114 (S. 140), Adelhardus in Kap. 31 (S. 36), Adelholdus cecus in Kap. 37 (S. 45). In Kap. 115 (S. 142) hört Richalm beim Tod des Bruders “He.” eine Stimme: “Hic est Heinzelinus”. Schmidts Variantenapparat gibt Auskunft, dass nur die Innsbrucker (früher Stamser) Handschrift, Vorlage der Abschrift Reinholds, “Herilinus” hat, alle anderen lesen Heinzelinus (mit orthographischen Abweichungen).
Sehr viel ausführlicher als Kremer beschäftigte sich Pater Angelus Hebenstreit (1626-1669) in seiner Schöntaler Chronik von 1664 mit Richalm. Schmidt S. LIV-LVI wertet diese Quelle aus, ohne sie jedoch kritisch zu analysieren. Angeblich war Richalm schon vor 1194 Novize in Schöntal. Die Ämterlaufbahn (Pförtner, Hospitalaufseher, Novizenmeister, Prior) scheint aus dem Werk erschlossen zu sein (vgl. Schmidt S. XI). Nach längerem Abwägen entscheidet sich Hebenstreit für den 2. Dezember 1219 als Todestag Richalms. Da Hebenstreit auch das im Pfarrarchiv Schöntal aufbewahrte “Mortilogium” von 1660 redigierte, auf das sich Schmidt S. XII Anm. 8 nach Mitteilung von Frau Dr. Maria Magdalena Rückert (Germania-Sacra-Bearbeiterin Schöntals) beruft, wundert es nicht, dass dort das Jahr 1219 und als Todestag der 2. Dezember angegeben wird. Ein älteres Anniversarienregister erwähnt Mone a.a.O. S. 143 nach Erwähnungen in der Zeitschrift “Wirtembergisch Franken”, doch dürfte Richalm darin nicht erwähnt werden. Den 2. Dezember 1219 erhielt im 17. Jahrhundert Gabriel Bucelin aus Schöntal mitgeteilt (Schmidt S. XXXVIII Anm. 30 zitiert die von Robert Schindele besorgte postume Ausgabe des “Menologium”-Supplements 1763, S. 276). Von Bucelin gelangte das Datum in Stadlers Heiligenlexikon:
http://www.zeno.org/Heiligenlexikon-1858/A/Richalmus
Ein 1698 verfasster Abtskatalog von Prior Joseph Müller und Richard Stöcklein (Stuttgart, Cod. Donaueschingen 600, Bl. 32r) schreibt Richalm ein Wappen und einen Wahlspruch zu, weiß von einem Distichon auf Richalm, gibt das Jahr 1200 als Beginn seines Priorats an und datiert die Wahl zum Abt auf 1216 (Schmidt S. XVIIIf.). Da das Wappen sicher nicht authentisch ist, wird man auch die detaillierten Angaben nicht gebrauchen können; sie verdanken sich offensichtlich dem Wunsch, die bisher bekannten allzu mageren Daten zu ergänzen und dürften erfunden sein, da nicht ersichtlich ist, welche hochmittelalterliche Quelle ihnen hätte zugrundeliegen können.
Hinsichtlich des Todesdatums steht nun der 3. Dezember 1220 bei Kremer 1636 gegen die sich später durchsetzende Hebenstreit-Version: 2. Dezember 1219. Letztere ist ja das Produkt gelehrter Erörterungen, während bei ersterer hinsichtlich des Todesjahrs nicht ausgeschlossen werden kann, dass Kremer sich an der Erwähnung von Richalms Nachfolger 1220 orientiert hat. Solange keine älteren oder neuen Quellen auftauchen, sollte man dem ältesten überlieferten Tagesdatum Priorität einräumen: 3. Dezember (eventuell auch: 2. Dezember). Beim Todesjahr erscheint ein “möglicherweise 1219/20, unter Umständen auch später” angebracht.
Dem Hinweis von Hermann Knaus in den Mittelalterlichen Bibliothekskatalogen 4/2 (1979), S. 872 ( auf den ich Schmidt 1989 aufmerksam machte) auf Notizen des 18. Jahrhunderts über Richalm in einer Handschrift der UB Würzburg ist Schmidt entweder nicht nachgegangen oder er erwies sich nicht als ergiebig. Nachrichten zur Geschichte Schöntals aus dem 17./18. Jahrhundert enthält UB Würzburg M.ch.f.258:
http://www.manuscripta-mediaevalia.de/hs/katalogseiten/HSK0371_b083_JPG.htm
Im Schöntaler Bestand B 503 II des Staatsarchivs Ludwigsburg gibt es eine Reihe historiographischer Werke aus dem 17. und 18. Jahrhundert, die von Schmidt nicht erwähnt werden, in denen aber mehr oder minder ausführliche Angaben über Richalms Abtszeit nicht fehlen dürften:
https://www2.landesarchiv-bw.de/ofs21/olf/struktur.php?bestand=17307&klassi=001&anzeigeKlassi=001.001.001
II. Zur Überlieferung des “Liber revelationum” Richalms von Schöntal
Zuerst wurde ich selbst auf Richalm Mitte der 1980er Jahre aufmerksam, als ich Norman Cohns “Europe’s Inner Demons” (1975) las, eine eindrucksvolle Studie zu den Wurzeln der Hexenprozesse. Dann begegneten mir Mones Notizen in seiner Quellensammlung, und ich stieß auch auf das Heldensagenzeugnis zu Sibicho in Grimms Heldensage (vgl. Schmidt S. XXXIX):
http://commons.wikimedia.org/wiki/File:De_Die_deutsche_Heldensage_(Grimm_W.)_221.jpg
Besser dazu Müllenhoff in der ZfdA 12 (1865), S. 354f.
http://books.google.com/books?id=rPvgclbws1kC&pg=PA355
Nachdem ich erfahren hatte, dass Paul Gerhard Schmidt den Verfasserlexikon-Artikel zu Richalm übernommen hatte, wandte ich mich am 8. Januar 1989 an ihn. Schmidt sandte mir am 13. Februar sein Manuskript (“die Neuedition steht vor dem Abschluß”), worauf ich ihm einen Tag später meine gesammelten Notizen mitteilte. Der Hinweis auf die Kölner Handschrift GB 4̊ 214 erschien dann in Schmidts Richalm-Artikel in der Lieferung 1 von Bd. 8 des Verfasserlexikons 1990 (Sp. 42f.) mit meinem Namen, während er sich von der irreführenden Bezeichnung der Exzerpte (von ihm in der Edition jetzt brevis redactio genannt) als “Fragmente” nicht abbringen ließ. Clm 151, 245v-248r (aus Rebdorf, 1456), das unter den “Fragmenten” gelistet ist, hat mit Richalm nichts zu tun (siehe Carmen Cardelle de Hartmann, Lateinische Dialoge 1200-1400, Leiden 2007, S. 359 nach Autopsie). Es fehlten die Innsbrucker Handschrift, die zweite Kölner, die Pariser und die Hebenstreit-Chronik in Ludwigsburg. 1987 war Neuhausers Innsbrucker Handschriftenkatalog erschienen, in dem ich am 3. November 1989 die ehemals Stamser Handschrift fand. Noch am gleichen Tag teilte ich das Schmidt mit, was für ihn eine “freudige Überraschung” war.
Nachdem mir vor kurzem freundlicherweise ein Exemplar der Ausgabe als Geschenk zugegangen war, machte ich mich an die Internetrecherche, um herauszufinden, was im World Wide Web zu Richalm Neues zu finden war. Ermitteln konnte ich mit Hilfe von Google Book Search zwei Schmidt unbekannt gebliebene Handschriften der Kurzform in Luxemburg und Padua. Bei der Mitüberlieferung dieser Kurzform stellte sich Johannes von Dambachs ‘Consolatio theologiae’ als wichtig heraus (4 von 7 Hss.). In der Pariser Handschrift konnte ein bislang unbekannter Textzeuge eines Traktats des Dirk von Herxen als Mitüberlieferung identifiziert werden.
Ich gebe eine Übersicht über die gesamte Überlieferung, da in den meisten Fällen Handschrifternbeschreibungen verlinkbar sind, die es ermöglichen, sich sofort einen Eindruck vom Inhalt der Handschrift zu verschaffen.
a) Vollständige Handschriften
Die Reihenfolge orientiert sich an der Chronologie der Handschriften.
Universitätsbibliothek Innsbruck, Cod. 36, Bl. 166ra-195vb (I), Pergament
Nach Schmidt S. XLIX, der sich der sehr gründlichen Beschreibung von Walter Neuhauser 1987 anschließt, “zweite Hälfte des 14. Jahrhunderts, aus den Zisterzen Stams oder Kaisheim”. Die älteste und beste Handschrift: “I bietet den Text ausführlicher und präziser als die anderen Handschriften” (S. LXIII). Sie ist im Stamser Katalog von 1341 nicht nachweisbar, trägt aber einen gotischen Stamser Einband aus dem 14. Jahrhundert. Seit 1808 ist sie in Innsbruck. Die Alternative der Entstehung in Kaisheim bezieht sich auf Neuhausers Ermittlungen zur Überlieferung des anderen Textes der Handschrift (Pseudo-Johannes Chrysostomus), als dessen Vorlage Neuhauser Clm 7945 (14. Jahrhundert, aus Kaisheim) annimmt.
Stadtbibliothek Trier, Cod. 581/1519, Bl. 54r-123v (T), Pergament
“Anfang des 15. Jahrhunderts, aus der Trierer Kartause St. Alban” (S. LII). Die Beschreibung Keuffers 1900 ist online:
http://www.manuscripta-mediaevalia.de/hs/katalogseiten/HSK0731_b037_jpg.htm
Schmidt erwähnt nicht den von Keuffer nicht identifizierten, und nur mit einem ungenügenden Incipit “Fuit quedam” bezeichneten Text “De Magareta reclusa” Bl. 132-178. Er ist noch zu bestimmen.
Bayerische Staatsbibliothek München, Clm 7723, Bl. 1r-57r (M1)
Datiert Bl. 57r 1430, als Provenienz gibt Schmidt S. Lf. das Augustinerchorherrenstift Indersdorf an. Der einzige Textzeuge ohne Mitüberlieferung.
Der Katalog von Halm ist nichtssagend:
http://mdz10.bib-bvb.de/~db/bsb00008267/images/index.html?seite=195
Bayerische Staatsbibliothek München, Clm 18595, Bl. 109-164 (M3)
(Teg. 595) 4o. s. XV. 204 f.
Vincentii de Friburga expositio canonis missae. f. 109 Richalmi abbatis reuelationes. f. 165 (Udalrici episcopi Brixiensis summula mysteriorum missae) ’Manuale simplicium sacerdotum libros non habentium’. Beschreibung von Halm 1878:
http://mdz10.bib-bvb.de/~db/bsb00008254/images/index.html?seite=195
Schmidt S. LI nennt als Datierung ebenfalls nur das 15. Jahrhundert und als Provenienz die Benediktinerabtei Tegernsee, in deren Bibliothekskatalog 1483 von Ambrosius Schwerzenbeck (Mittelalterliche Bibliothekskataloge Deutschlands und der Schweiz IV, 2, München 1979, S. 838) der Codex verzeichnet werde. Dagegen nennt Hannes Obermair im Artikel über den Brixener Bischof Ulrich Putsch (gest. 1437) im Verfasserlexikon 2. Aufl. 7 (1989), Sp. 926 bei der Überlieferung des ‘Manuale simplicium’ von Putsch als Datierung “vor 1439" und als Herkunft das Kloster Stams. Nach freundlicher Mitteilung von Herrn Obermair wurde diese Angabe von der Redaktion des Verfasserlexikons eingefügt, es könne sich um einen Irrtum handeln.
Der Melker Stiftsbibliothekar Bernhard Pez entdeckte die Tegernseer Handschrift 1717 und legte eine schlechte Abschrift von Romanus Krinner der fehlerhaften Tegernseer Handschrift seiner 1721 erschienenen Edition zugrunde (Anecdotorum thesaurus novissimus, Tomus I, Pars II, Augsburg 1721, Sp. 373-472).
Im versehentlich durch Google online zugänglich gemachten Register des Buchs von Christine Glassner, Neuzeitliche Handschriften aus dem Nachlass der Brüder Bernhard und Hieronymus Pez in der Bibliothek des Benediktinerstiftes Melk, Wien 2008 finde ich: “Richalmus de Speciosa Valle OCist: Liber revelationum 28, Nr. 1, 14r–70v”. Es gibt daher eine Abschrift in Melk, vielleicht diejenige Krinners.
Bayerische Staatsbibliothek München, Clm 17796, Bl. 48r-80r (M2)
(S. Mang 66) 4o. a. 1445-1466. 233
F. 1 et 22 Expositio canonis missae. f. 35 Sententiae philosophorum. f. 37 Georgii filii Grissaphani militis de Ungaria uisiones de purgatorio et paradiso habitae a. 1353. f. 47 Reuelationes factae Hichalmo abbati (de daemonibus). f.79 Collationes pro religiosis. f. 159 Exhortatio ad amatores mundi. f. 165 Articuli quorundam hereticorum carceri mandatorum in Eichstet a. 1461. f. 167 Rudolfi episc. Lauatini nuncii apost. ad Heinricum ep. Ratisb. literae de haeresi noua in dioec. Rat. zum Hösslein prope Egram a. 1466. f. 169 Seneca de remediis fortuitorum. f. 175 Joh. Gerson de X praeceptis, de peccatis et confessione et directione cuiuslibet Christiani, f. 191 confessionale. f. 197 Regula Benedicti. f. 230 Confessionale pro religiosis. f. 232 Interrogationes in confessione a religiosis. Beschreibung von Halm 1878, S. 121f.:
http://mdz10.bib-bvb.de/~db/bsb00008254/images/index.html?seite=130
Nach Schmidt S. LI 1451 aus dem Augustinerchorherrenstift St. Mang in Regensburg. Schmidts Angabe der Blattzahl “85 Bl.” ist falsch. Laut Katalog sind es 233.
Visiones Georgii, hrsg. von Bernd Weitemeier, Berlin 2006, S. 125 (non vidi).
Weimar, Herzogin Anna Amalia Bibliothek, Cod. Q 49, Bl. 118a-163a (W)
Schmidt S. LIIf. Der Text wurde wohl am Ende des 15. oder Anfang des 16. Jahrhunderts niedergeschrieben. Am ausführlichsten beschrieb den Codex bislang Paul Mitzschke 1889, S. 115-129:
http://books.google.com/books?id=0x0PAAAAYAAJ&pg=PA123 (US-Proxy)
Die Zuschreibung an Johannes Minzenberg als Schreiber ist mit Badstübner-Kizik 1993, S. 9-13 (non vidi) abzulehnen, denn Mitzschkes Vermutung ist doch sehr vage. Die neue Beschreibung durch Matthias Eifler ist noch nicht online:
http://www.manuscripta-mediaevalia.de/hs/projekt_weimar.htm
b) Handschriften der Brevis Redactio
Historisches Archiv der Stadt Köln, GB 4̊ 214, Bl. 51r-54v (K1)
Schmidt S. LIII: um 1440-1455 aus dem Besitz der Kölner Kreuzherren. Bl. 37v-54v schrieb der auch sonst als Schreiber nachweisbare Conradus de Grunenberg.
Beschreibung online:
http://www.manuscripta-mediaevalia.de/hs/katalogseiten/HSK0442_b179_JPG.htm
Stadtbibliothek Trier, Cod. 735/286, Bl. 1r-3r (T2)
Schmidt S. LVIIf.: Der Richalm-Text wurde von dem in Büren bei Paderborn tätigen Pleban Johannes Pilter 1461 aus einem Exemplar in Böddeken abgeschrieben. Er schenkte die Handschrift dem Augustinerchorherrenstift Eberhardsklausen.
Beschreibung von Kentenich 1910:
http://www.manuscripta-mediaevalia.de/hs/katalogseiten/HSK0732_b068_jpg.htm
[Die Handschrift ist im Virtuellen Skriptorium von St. Matthias online.]
Pilter nutzte seine bemerkenswert ausführlichen Schreibervermerke zu einer kleinen Chronik der Zeitereignisse, sie sind überwiegend von Kentenich wiedergegeben. Beschrieben ist die Handschrift auch von Falk Eisermann, ‘Stimulus amoris’, Tübingen 2001, S. 183.
Paris, Bibliothèque Nationale de France, Cod. nouv. acq. lat. 727, Bl. 24v-29v (P), Pergament
Katalog: Nouvelles acquisitions du département des manuscrits de la Bibliothèque nationale pendant les années 1900-1902, in: BECh 64 (1903), S. 14:
http://www.persee.fr/web/revues/home/prescript/article/bec_0373-6237_1903_num_64_1_452310
Zuvor schon H. Omont
http://www.persee.fr/web/revues/home/prescript/article/bec_0373-6237_1901_num_62_1_448078
Schmidt S. LVI, dessen Angabe “aus Schöntal (?)” zu streichen ist, da er selbst darauf aufmerksam macht, dass J. Bequet, Révue Bénédictine 76 (1966), S. 148 den Codex unbegründet Schöntal zuschreibt.
Die Beschreibungen und Schmidt, setzen die Pergamenthandschrift ins 15. Jahrhundert. Am Ende des Bandes befindet sich die Unterschrift von Marguerite de Rohan, der Großmutter Franz I. (gest. 1497). Ob dies Schlüsse auf die Entstehung des Bandes zulässt, ist unklar.
Der von Schmidt nicht identifizierte Traktat ‘De vanitate rerum mundanarum’, der dem Richalm-Text vorausgeht, ist die ‘Epistola contra detractores monachorum’, die auch in einer Kölner Handschrift begegnet:
http://www.manuscripta-mediaevalia.de/hs/katalogseiten/HSK0038_b109_JPG.htm
Ebenso in einer verschollenen Berliner Handschrift:
http://dtm.bbaw.de/HSA/Berlin_Graupe_700287840000.html
Teilweise in einer Kölner Handschrift:
http://www.manuscripta-mediaevalia.de/hs/katalogseiten/HSK0442_b106_JPG.htm
Mit der Pariser Handschrift liegt daher ein weiterer Textzeuge für den auch als ‘De utilitate monachorum’ bekannten Traktat des Dirk von Herxen (1381-1457), Rektor des Fraterhauses zu Zwolle, vor, den Marcel Haverals 1992 nach drei Handschriften (einer Antwerpener - Museum Plantin-Moretus M 107 - und den beiden Kölnern) edierte:
http://books.google.com/books?id=U-P6G5t-ZHMC&pg=PA241
Drei weitere Handschriften ergänzte nach Van Engen
http://books.google.com/books?id=Pxr7zsnBhvgC&pg=PA365
Theo Klausmann, Consuetudo, 2003, S. 116-118. Die Auskunft QuestionPoint in München half weiter, denn sie sah bei Klausmann S. 116, Anm. 107 für mich nach: Dort nennt der Verfasser zusätzlich “die Codices Trier, Bistumsarchiv, 95, 117, Düsseldorf, UB, B 64, fol. 102r-122r und Berlin,SB, Cod. 437, fol. 59r-69v” (ein auch in Manuscripta Mediaevalia erfasster Mischband, dort als Hdschr. 437 bezeichnet).
Damit sind nun sieben erhaltene und eine verschollene Handschrift des Werks von Herxen nachgewiesen.
Stadtbibliothek Trier, Cod. 195/1214, Bl. 141vb-142vb (T1)
Von Schmidt S. LVII und Petrus Becker, Die Benediktinerabtei St. Eucharius-St. Matthias vor Trier, Berlin 1996, S. 189f.
http://books.google.com/books?id=6cE-4yYXtbQC&pg=PA189
nur allgemein ins 15. Jahrhundert gesetzt. Provenienz ist die Benediktinerabtei St. Eucharius/St. Matthias. Beschreibung Keuffers 1891:
http://www.manuscripta-mediaevalia.de/hs/katalogseiten/HSK0728_b113_jpg.htm
Biblioteca Antoniana Padua, Cod. Scaff. V Nr. 93
Nicht bei Schmidt. Der Text wird einem “Remigius” zugeschrieben, in dem Lebeuf, dem Handschriftenkatalog von 1842 folgend, Remigius von Auxerre sehen wollte:
http://books.google.com/books?id=aCQKAAAAIAAJ&pg=PA383
In dem Band L'école carolingienne d'Auxerre, Paris 1991, S. 498 (leider konnte ich nicht ermitteln, wer für diese Seite verantwortlich zeichnet, da Google sinnigerweise das Inhaltsverzeichnis nicht zugänglich macht)
http://books.google.com/books?id=YtQ8kcZcZ7wC&pg=PA498
wird der richtige Hinweis auf Richalm (und die Trierer Handschrift 195=T1) gegeben. Sowohl das Incipit “Horrendum est nos contra hostes” als auch die Mitüberlieferung (Johannes von Dambach) schließen jeden Zweifel aus, dass es sich um die Brevis Redactio handelt.
Beschreibungen:
Luigi M. D. Minciotti, Catalogo dei codici manoscritti esistenti nella Biblioteca di Sant'Antonio, Padua 1842, S. 40
http://books.google.com/books?id=oq6X3Sg7RnEC&pg=PA40
Antonio Maria Josa, I codici manoscritti della Biblioteca Antoniana di Padova, Padua 1886, S. 219
http://books.google.com/books?id=UqdSS73xBSAC&pg=PA219 nur mit US-Proxy
[ http://www.nuovabibliotecamanoscritta.it/Generale/ricerca/AnteprimaManoscritto.html?codiceMan=25039 ]
Bibliothèque nationale de Luxembourg, Cod. 57, Bl. 298-302
Nicht bei Schmidt. Von der Geschichte der Handschrift aus dem 15. Jahrhunderts ist nur bekannt, dass sie im 17. Jahrhundert den Luxemburger Jesuiten gehörte.
Beschreibung von Nicolas van Werveke, Catalogue descriptif des manuscrits de la Bibliothèque de Luxembourg, Luxembourg 1894, S. 131f.
http://www.luxemburgensia.bnl.lu/cgi/luxonline1_2.pl?action=fv&sid=bnl_manu&vol=01&page=132&zoom=3
Fol. 298: Visiones beati Richalmi abbatis. Horrendum est nobis contra hostes invisibiles pugnare et nichil vel parum de insidiis eorum congnoscere; unde non pingit (sic) me vel ad me ipsius vel ad aliorum utilitatem revelaciones factas beate memorie abbati Richalmo quas ex opere eius diversis vicibus scripsi, hic simul conscribere, ut aliqua caliditatis demoniace vestigia quasi palpando possimus deprehendere. Igitur ad narracionem accedamus.
Dixit abbas Richalmus: In missa ..... — Fol. 302 : et non magis vult hiis semper intendere.
Historisches Archiv der Stadt Köln, Cod. W 33, Bl. 235v-238r (K2)
Schmidt S. LIII: “um 1550-1560, aus der Kölner Kartause”. Der Text ist im Vergleich zu den Schmidt bekannten anderen Handschriften der Brevis Redactio unvollständig.
Beschreibung von Vennebusch 1986:
http://www.manuscripta-mediaevalia.de/hs/katalogseiten/HSK0089_b009_jpg.htm
c) Exzerpte aus dem 17. Jahrhundert
Württembergische Landesbibliothek Stuttgart, Cod. HB XV 68, Bl. 442r (S)
Beschreibung:
http://www.manuscripta-mediaevalia.de/hs/katalogseiten/HSK0073_b037_JPG.htm
Kollektaneen des Schöntaler Mönchs und Historiographen Bartholomäus Kremer, geschrieben zwischen ca. 1630 und 1651 (Schmidt S. LVII). Das Exzerpt (Cap. 130) steht I nahe. Vermutlich geht es auf die in Stams 1634/6 angefertigte Kopie aus I durch den Schöntaler Konventualen Edmund Reinhold zurück, die nicht erhalten ist.
Staatsarchiv Ludwigsburg, B 503 II Bü 10
Die Signatur von Schmidt (B 503 Nr. 10) wurde anhand des Online-Findbuchs korrigiert.
Schmidt S. LIII-LVI: Die Auszüge in Pater Angelus Hebenstreits ‘Chronicon abbatum monasterii Speciosae Vallis’ (1664) folgen der Handschrift aus Stams (I), auch wenn in einem Fall auch eine Lesart aus der verlorenen Exzerpthandschrift der Mainzer Kartause vermerkt wird.
d) Verlorene Handschriften
Augustinerchorherrenstift Böddeken
Carolus de Visch nennt in seinem ‘Auctarium’ 1665 die Handschrift (Schmidt S. LIX) und nennt sie vollständig im Gegensatz zu der Mainzer Handschrift. Eine Böddeker Handschrift war die Vorlage für Johannes Pilters Abschrift T2 (1461), doch wird man anders als Schmidt bezweifeln müssen, dass ein so kurzes Exzerpt wie die Brevis Redactio von Visch als vollständig bezeichnet worden wäre. Man hätte also mit zwei Codices in Böddeken zu rechnen, mit einer Vollhandschrift und einer Version der Brevis Redactio.
Kartause Erfurt
Schmidt S. LIXf.: Richalms Werk ist im Bibliothekskatalog der Erfurter Kartause vom Ende des 15. Jahrhunderts zu finden (Mittelalterliche Bibliothekskataloge Deutschlands und der Schweiz, Bd. 2, 1928, S. 433).
Kreuzherren Köln
Schmidt S. LX: Erwähnung in einem ausradierten Inhaltsverzeichnis Köln, Historisches Archiv, GB 8̊ 87, Bl. 30r einer im 15. Jahrhundert aufgelösten Handschrift, von der kleine Teile in dieser Handschrift (wohl Mitte 15. Jahrhundert) erhalten sind. An ihr war der Schreiber von K1, Grunenberg, beteiligt. Vennebusch 1993, S. 84:
http://www.manuscripta-mediaevalia.de/hs/katalogseiten/HSK0039_b084_JPG.htm
Im Kreuzherrenkloster gab es also zwei Handschriften.
Kartause Mainz
Diese Handschrift erwähnt nicht nur de Visch 1665 (Schmidt S. LIX Anm. 65: mutila), sondern auch Hebenstreit 1664 (zitiert bei Schmidt S. LV): “rursus in Carthusia Moguntina, sed incompletum et in epitomem redactum, per quendam religiosum Ordinis Praedicatorum, ut apparet, Conventus Mariaevallensis vel Wimpinensis, qui plura ad litteram, et inter ea favorem de osculatis a BeatissimaVirgine Richalmi pedibus, transcripsit ex authore Schöntalensis et in usum Concionatorum selegit”. Die Handschrift wurde vom Prior der Karthause damals an Schöntal zur Abschrift überlassen. Schmidt zitiert das Zeugnis zwar, verwertet es aber nicht. Da er nur die Überlieferung der Brevis Redactio auflistet, aber nicht ihren Textbestand und auch keine Varianten gibt, bleibt offen, ob wir im für Predigtzwecke angelegten Werk des Wimpfener Dominikaners womöglich die Brevis Redactio sehen dürfen. Dass Johannes von Dambach, mit dessen Consolatio die meisten Handschriften der Kurzform überliefert werden, ebenfalls Dominikaner war, soll angemerkt werden.
Regularkanoniker Tongern
Schmidt S. LIX: Nach de Vischs Zisterzienserbibliographie von 1656 besaßen sie einen Codex. Antoine Sanderus, Bibliotheca belgica manuscripta, Bd. 2, Lille 1641, S. 195 nannte das Werk in einer 1638 erstellten Bibliotheksliste. Es handelt sich um Windesheimer Augustinerchorherren.
Abschließende Bemerkungen zur Überlieferung
An der Überlieferungsgeschichte des Textes war Schmidt leider nur wenig interessiert. Man erfährt eigentlich gar nichts über die Brevis Redactio. Schmidt hat nur die vollständigen Handschriften kollationiert. Gern hätte man auch erfahren, wie K1 den Richalm-Text einleitet - es steht nicht bei Schmidt (und nur unvollständig bei Vennebusch), aber in einem Google-Schnipsel:
http://tinyurl.com/c2542u
Schmidt gibt keinen Hinweis darauf, dass auch die Trierer Handschrift T1 neben K2 die Consolatio theologiae des Johannes von Dambach überliefert. Auers Monographie von 1928 habe ich leider nicht zur Hand, ich muss mich auf das stützen, was die Kataloge dazu sagen.
Die Abfolge in T1 ist nach Petrus Becker:
Bl. 115v-136r Consolatio theologiae
Bl. 136r-141v Ps.-Petrus von Blois: De utilitate tribulationum
Bl. 141v-142v Richalm
Die gleiche Abfolge findet sich auch in der Luxemburger Handschrift:
Bl. 196v-277v Consolatio theologiae
Bl. 278r-297v Ps.-Petrus von Blois: De utilitate tribulationum
Bl. 298r-302r Richalm
Im Codex aus Padua folgt Richalm auf die Consolatio, während in K2 die Consolatio und Richalm durch einen Text aus Gregors Homiliae getrennt werden. In vier von den sieben Handschriften der Brevis Redactio wird also das Werk des weit verbreitete Dominikaners Johannes von Dambach mitüberliefert. Ohne zu wissen, was die Brevis Redactio aus Richalm exzerpiert hat, wären allerdings weitere Aussagen über die Verwandtschaft der Consolatio und der Brevis Redactio pure Spekulation.
Erwähnt sei auch noch die eigenartige Textzusammenstellung in P, das nur 32 Blatt umfasst. Nach dem Herxen-Text, der Devotio moderna zuzuweisen, folgen die Brevis Redactio und danach französische Rondeaux!
Schmidt verweist S. LXIV bei T und W auf die monastischen Reformbewegungen des 15. Jahrhunderts. In der Tat fällt auf, dass die Überlieferung des 15. Jahrhunderts, soweit die Handschriften zuzuordnen sind, auf Kartäuser, regulierte Chorherren und Benediktiner zurückzuführen ist.
Die Pergamenthandschrift T aus dem Anfang des 15. Jahrhunderts stammt aus der Trierer Kartause, K2 aus der Kölner; verlorene Handschriften sind für die Kartausen Mainz und Erfurt belegt. Über die Affinität der Kartäuser zur Visionsliteratur handelte Johannes Mangei, in: Bücher, Bibliotheken und Schriftkultur der Kartäuser, 2001:
http://books.google.com/books?id=Q7Y5Z1RuOIgC&pg=PA313
M1 stammt aus Indersdorf, dem wichtigsten oberdeutschen Reformzentrum der Kanonikerreform im 15. Jahrhundert. In Böddeken bei Paderborn gab es wohl zwei Handschriften des Werks. Auf die Devotio moderna verweisen nicht nur die Handschriften aus dem Kölner Kreuzherrenkloster, sondern auch der Nachweis einer Handschrift in Tongern und die Mitüberlieferung der vielleicht für eine weltliche Empfängerin bestimmten Pariser Handschrift.
M3 stammt aus dem Benediktinerkloster Tegernsee, ein Zentrum der Melker Reform in Bayern, W aus dem Bursfelder Kloster St. Peter in Erfurt, T1 aus St. Matthias in Trier.
Neben der Ordensreform erscheint mir aber auch jene Bewegung beachtenswert, die man den “Rückgriff des 15. Jahrhunderts auf die früh- und hochmittelalterliche Theologie und Spiritualität” nennen könnte. Dieser Rückgriff wurde wesentlich getragen von den Klosterreformen, ist aber auch auf das engste verbunden mit jenem “retrospektiven Syndrom”, das in den Klöstern des 15. Jahrhunderts als “monastischer Historismus” sichtbar wird. Näheres dazu in meiner Studie über St. Ulrich und Afra in Augsburg:
http://www.freidok.uni-freiburg.de/volltexte/5242/
Besonders bemerkenswert ist die Weimarer Handschrift W, die hagiographische Texte aus dem Umkreis der Hirsauer Reform enthält: die Vita Wilhelms von Hirsau (zur Überlieferung sehe man meinen eben zitierten Aufsatz S. 140f.), Sigebotos Vita der heiligen Paulina (von Paulinzella) und die Vita Erminolds von Prüfening. In der Kreuzbrüderhandschrift K1 begegnen Texte von Hildegard von Bingen und Elisabeth von Schönau.
III. Zur Rezeption von Richalms Werk
Schmidt S. XXXVI-XLIX handelt erfreulich ausführlich von “Rezeption und Forschungsstand”. Wer sich über die ganze Breite der Richalm-Rezeption ein Bild machen will, kann in Google Book Search nach richalm, richalmi oder richalmus suchen. Üblicherweise erscheint der Schöntaler Abt als “Gewährsmann für die kollektive Vorstellung von der Vielzahl der Teufel im Mittelallter” (S. XLIV). Beispielsweise bei Elias Canetti, William Gaddis, Carl Sagan oder Salman Rushdie.
Schmidt hat die wohl wichtigsten Werke ausgewählt. Besonders einflussreich erscheint die 1869 erschienene Geschichte des Teufels von dem protestantischen Theologen Roskoff, die auch die umfangreichsten deutschsprachigen Auszüge aus dem Text enthält (S. 335-343 der Originalausgabe) . Die Ausgabe ist einsehbar unter
http://www.archive.org/details/geschichtedesteu01roskuoft
http://books.google.com/books?id=kjYCAAAAQAAJ&pg=PA335 (mit US-Proxy)
Einen Hinweis verdient vielleicht auch Friedrich von Raumer, Geschichte der Hohenstaufen und ihrer Zeit, Bd. 6, 3. Aufl. 1858, S. 538f., der kürzere Auszüge auf Deutsch gab:
http://books.google.com/books?id=T8ZWAAAAMAAJ&pg=PA538
Was in den “Blättern für literarische Unterhaltung” 1838 S. 460 aus Richalms Werk auf Deutsch zu lesen war, stimmt damit überein und dürfte einer Vorauflage entnommen sein:
http://books.google.com/books?id=7-QaAAAAYAAJ&pg=PA460
Schmidts Edition wird erfreulicherweise in einigen Jahren auf http://www.dmgh.de kostenfrei zur Verfügung stehen (es sei denn, die MGH ändert ihren Sinn). Wünschenswert wäre eine deutsche Übersetzung, da der Text nicht nur für jene von Interesse ist, die über hinreichende Lateinkenntnisse verfügen. Dem Editor ist für seine jahrelange Mühe mit dem Text sehr zu danken, der MGH, dass sie ihn in ihr Editionsprogramm aufgenommen hat, denn dies sichert ihm die nötige Publizität.
How to quote this entry?
Graf, Klaus. Neues zu Richalm von Schöntal. Archivalia . 2009-05-03. URL:https://archiv.twoday.net/stories/5680268/. Accessed: 2009-05-03. (Archived by WebCite® at http://www.webcitation.org/5gVVWEu0f )
#forschung
KlausGraf - am Sonntag, 3. Mai 2009, 22:24 - Rubrik: Kodikologie
KlausGraf meinte am 2012/03/05 19:17:
Pez-Edition online
http://books.google.de/books?id=01hEAAAAcAAJ&pg=RA3-PA578http://books.google.de/books?id=5KM-AAAAcAAJ&pg=RA5-PA373
http://books.google.de/books?id=nTnjclMPjYQC&pg=RA4-PA571
KlausGraf meinte am 2013/05/29 13:06:
DLL 2011 ignoriert diesen Beitrag
http://books.google.de/books?id=L38-gpDWkw4C&pg=RA1-PA323Wie üblich miserable Qualität, Abklatsch des ²VL.