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Solidarität mit dem Kölner Stadtarchiv? Ja, aber keine dumme! Von Frank Möller, hier: http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=13793

Kommentar:

Aus der Forderung, solange keine Nachlässe mehr an das Historische Archiv zu geben, bis sich an den Kölner Verhältnissen etwas ändert, spricht mehr Wut als Verstand. Auch die Engführung auf Korruption beim U-Bahn-Bau ist zu simpel. Ansonsten aber eine schöne "kurze Geschichte der Exkulpationen" mit lesenswerten Passagen.

Die Frage ist: Wer schreibt die Langfassung? Ob Schmidt-Czaia Tagebuch führt? Ob in den beiden Katastrophengremien ein Protokoll angelegt wurde?

Wie zu hören ist, wird nach jeder öffentlichen Veranstaltung zum Einsturz die Enttäuschung größer, wie nach der Ringvorlesung auch letzthin nach der Depositarveranstaltung. Schlimm sind vor allem die Unterlassungen. Die Frage ist nicht so sehr: Was passiert? sondern: Warum passiert nicht viel mehr? Dazu ein paar Bemerkungen.

Jeder merkt: Entscheidungen über Konzept, Standort und Zeitplan fallen in Köln zu langsam. Vor allem über die Interessenlagen und Diskussionsverläufe, die dahinter stehen, ist kaum etwas zu erfahren. Diskutiert wird nicht in der Öffentlichkeit, sondern hinter verschlossenen Türen. Dass öffentliche Diskussionen jetzt eher den Betrieb aufhalten würden, ist schneller behauptet als bewiesen, denn öffentliches Interesse kann genauso gut Entscheidungen beschleunigen wie verlangsamen, ganz, wie man es will. Aber fast ergeben muss man darauf warten, bis mal ein Infokrümel vom Verhandlungstisch fällt. Apropos Beschleunigung: Ein interimistischer Benutzersaal (mit den bekannten vier Komponenten Findbücher, Dienstbibliothek, Mikroverfilmtes, Digitalisiertes) könnte innerhalb von zwei Wochen stehen, mit anderen Worten: bereits längst in Betrieb sein.

Die Einzigen, die Dynamik in die Sache bringen könnten, wenn schon Stadtparlament und -verwaltung nur auf den Wahltag schauen und die Gerichte noch nicht tätig sind (Staatsgewalten Nr. 1 bis 3), wären Presse und Radio (Nr. 4). Aber von ihnen kommt nichts Investigatives. Die bittere Kehrseite des Lokaljournalismus: Man ist nah dran, will es sich aber nicht verderben. Die Kölner Medien sind Teil des Problems.

Mit dem Schelten von Stadt und Medien ist es nicht getan. Die archivarische Fachwelt hat sich seltsam verhalten: In Verbänden und an anderen Stellen war von Anfang an eine merkwürdige Distanz gegenüber dem Kölner Einsturz zu bemerken, und zwar noch bevor das Unvermögen der Stadt deutlich wurde, auf die Katastrophe angemessen zu reagieren. Die Zurückhaltung der Fachwelt war bis ins Kölner Erstversorgungszentrum zu bemerken. Der Anteil der Archivare an den dortigen Freiwilligen ist doch recht gering und hängt auch damit zusammen, dass die Koordination in den Bundesländern gerade in den ersten etwa zwei Wochen doch teilweise erstaunlich schlampig verlief.

Kann die Distanziertheit als Quittung für eine lange und ganz unangemessene Arroganz Kölner Archivare gegenüber der Außenwelt gelten, an der sich dem Vernehmen nach erst unter Schmitz-Czaia etwas zu ändern begann? Wenn das so war, wer trägt dafür die Verantwortung? Oder gibt es einen anderen Grund? Der Nachschein zeigt zwar, dass auch eine intensivere Unterstützung der Fachwelt die Effizienz der Kölner Stadtverwaltung nicht verbessert hätte. In eine „lange Geschichte der Kölner Exkulpationen“ gehört aber auch dieses Thema.
Wolf Thomas meinte am 2009/05/21 17:48:
Es lebe die Multikausalität!
Dem Kommentar ist sicher zuzustimmen. Selbst die Medienschelte - Die Einzigen, die Dynamik in die Sache bringen könnten, .....wären Presse und Radio (Nr. 4). Aber von ihnen kommt nichts Investigatives. Die bittere Kehrseite des Lokaljournalismus: Man ist nah dran, will es sich aber nicht verderben. Die Kölner Medien sind Teil des Problems. - kommt nicht zu kurz. Wirklich ? Mangelnde Recherchelust des Lokaljournalismus ist die eine Seite, generell mangelnde Wahrnehmung der Archive durch "die" Medien ist die andere. Davor ist auch die Neue Rheinische Zeitung nicht gefeit. Eine Online-Suche auf deren Homepage ergab 27 Treffer für den Begriff "Stadtarchiv" für den Zeitraum vom 27.12.2005 bis heute. Lediglich 8 Erwähnungen liegen vor dem 3. März. 
Dietmar Bartz antwortete am 2009/05/21 23:48:
Archive und Medien
Es ist eine Frage der Perspektive; die Interessen von Archiven und Medien decken sich nicht.

Hauptsächlich ist es die Aufgabe der Archive, sich in die Medien zu bringen, nicht Aufgabe der Medien. Die wägen ab, was interessant ist, und entscheiden sich manchmal zu Recht gegen das x-te Foto einer Urkunde mit Siegel oder einer historischen Postkarte. Medien mögen auch ein Verbreitungsmittel archivischer Öffentlichkeitsarbeit sein, von der Veranstaltungsankündigung bis zum Ausstellungsbericht. Das ist ja in der Regel kein Problem.

Aber ebenso in der Regel bieten Archive - genauso wie Museen und Bibliotheken - keine für Medien interessante Story an. Kein Wunder - wie sollen sie wissen, was das ist? Journalistische Themen liegen oft quer oder schräg zu den institutionellen Vorstellungen von "Öffentlichtkeitsarbeit".

Ein aktuelles Beispiel: Jedes, aber auch jedes Archiv hätte sich gleich im März nach dem Einsturz von Köln einen Fototermin mit der Feuerwehr machen können. Aber wenn schon Archivare nicht auf diese Idee kommen - Lokaljournalisten müssten das tun, nachfragen, wie es im Stadt- oder Kreisarchiv mit den Feuermeldern aussieht und den Bergungsmöglichkeiten, mit Archivkartons und Notfallplan, der ganze Kram halt. Und am nächsten Tag dasselbe für die Stadtbücherei, unter der Fragestellung, ob die Freiwillige Feuerwehr je schon mal das "warme" Ausräumen eines Magazingebäudes geübt hat usw. usf. So etwas wären große Themen in jedem kleinen Ort, zumindest einen Tag lang.

Dann muss sich ein Archivar übrigens auch fragen: Hätte er wirklich bereitwillig Rede und Antwort gestanden und vielleicht sogar ganz mutig die eine oder andere Sorge geäußert - oder gemauert und sich hinter seinem Kulturamtsleiter oder dem Städtischen Bauamt versteckt? Glasnost oder nicht? Auch durch solche Fragen entscheidet sich, wie interessant Journalisten Archivare finden...

Eine besorgte Begehung mit Brandmeister und Lokaljournalisten kann ein Archiv auch jetzt noch veranstalten. Ziel darf nur nicht die Feststellung sein, dass "natürlich im Rahmen des Machbaren alles in Ordnung ist." Aber, wie gesagt: Die große Vor-Ort-Recherche zum Thema "Wie sicher ist unser Archiv" muss von der Zeitung kommen.

(Autor war einige Jahre lang Lokaljournalist:). 
Wolf Thomas (Gast) antwortete am 2009/05/22 15:54:
Archive und Medien - 2 Königskinder? 3 Anmerkungen.
1) "Aber ebenso in der Regel bieten Archive - genauso wie Museen und Bibliotheken - keine für Medien interessante Story an. Kein Wunder - wie sollen sie wissen, was das ist? Journalistische Themen liegen oft quer oder schräg ...." Vielleicht wäre es gut Archiven ein entsprechendes Feedback zu geben, wenn die x-te "langweilige" Pressemitteilung ins Haus flattert. Andererseits wäre esinteressant zu wissen, was denn so schräg und quer ist, dass es ein Archiv nicht erfüllen könnte.
2) Die berechtigterweise geforderte "Offenheit" bzw. Ehrlichkeit ist m. E. das größere Problem, denn der Wunsch der Archivträger nach positiver Außendarstellung ist sehr stark.
3) Kann es sein, dass Archive als demokratische Kontrollinstanzen von den Medien unterschätzt werden ? Kann es sein, dass die generelle Wahrnehmung der Archive (s. unsere Rubrik auf Archivalia) die Bewertung archivischer Themen steuert ? 
Dietmar Bartz antwortete am 2009/05/22 17:50:
Öffentlichkeitsarbeit, Medien-Interesse, Marketing
zu 1: Es geht ja nicht um zeitgemäße Presseerklärungen, sondern darum, dass sich archivische Öffentlichkeitsarbeit und journalistische Themensuche nur in harmlosen Bereichen berühren. Natürlich können Archivare und Lokaljournalisten sich sogar gemeinsam schöne Serien ausdenken. Insofern sind übrigens Archive und Medien keine Königskinder.

Aber im Kern sind Archive für Medien "Info-Lieferanten", etwa um die Frage zu klären, ob Friedrich Merzens Opa ein Nazi war oder nicht. Ob die Benennung der XY-Straße in Z. eigentlich politisch korrekt ist. Wer damals im Rat gegen die Fußgängerzone stimmte und was er nach 30 Jahren dazu sagt. Fragestellungen für Journalisten, nicht für Archivare.

Persönlich sehe ich journalistische Themen mit archivischer Komponente wie Sand am Meer. Ein schnell herbei überlegtes Beispiel, weil mir der Hinweis auf den Archivführer für den Kreis Steinfurt (eine prima Idee übrigens) auffiel: Jetzt könnte ein Jungjournalist Archiv für Archiv auf seine Sicherheit überprüfen; es muss ja nicht einmal etwas Skandalöses dabei herauskommen. Aber gelesen werden würde das. Oder: Er könnte herauszufinden versuchen, ob es im Kreis Steinfurt noch unzugängliche Privatbestände an Archivalien gibt und wie sie gegen Vernichtung (oder, unserem Blog Host geschuldet: gegen Verkauf) gesichert sind. Dies muss am Tag der offiziellen Veröffentlichung des Archivführers im Blatt stehen, damit darüber geredet wird, und mit dem offiziellen Anlass und den Reaktionen auf den Eigenbericht hat man ein gutes Follow-up...

zu 2: d'accord.

zu 3: Also "Archive als demokratische Kontrollinstanzen"... ist zwar ein tolles Archivmarketing, aber inhaltlich, mit Verlaub, wird es nicht viele geben, die diese Ansicht teilen. Die allermeisten aktuell interessanten Bestände sind aus rechtlichen Gründen gesperrt, und Archive sind in die Behördenstruktur eingebaut, was völlig korrekt ist. Wen soll denn ein Archiv kontrollieren? Höchstens doch seine Benutzer, und das zu Recht. 
Wolf Thomas (Gast) antwortete am 2009/05/22 19:07:
Medien und Archie - kein leichter Weg ?
1) Den Eindruck, dass auch öffentliche Archive bloße Informations-Steinbrüche sind, habe ich auch. Den von Ihnen skizzierten Weg, die archivische Öffentklichkeitsarbeit kritisch zu hinterfragen bzw. für eigene unabhängige Recherchen zu nutzen, begrüße ich ausdrücklich - Archivführer gibt es genug.
2) Zumindestens die Archive verstehen sich als unabhängige Kontrollinstanzen. Sollte es am rechtlichen Rahmen liegen, so sollten alle, die eine schnellere Benutzbarkeit der Archive erreichen wollen, ihren Einfluß geltend machen. Übrigens in Europa wird dies schon eifrig diskutiert. In Großbritannien hat das Nationalarchiv eine Verkürzung der Schutzfristen von Sachakten von 30 auf 15 Jahre gutachterlich vorgeschlagen. Eine Informationsgesellschaft mit Infromationsfreihietsgesetzen stehen m. M. kürzere Schutzfristen gut zu Gesicht.
3) Wenn Sie ein investigatives Thema suchen, so wäre tatsächlich die Kontrolle archivischer Bewertungsentscheidungen bzw. die Partizipation gesellschaftlicher Gruppen an der archivischen Überlieferungsbildung - ein auch innerarchivisch kontrovers diskutiertes Thema. 
Dietmar Bartz antwortete am 2009/05/23 11:52:
Kontrollinstanz - zuerst für Papritz
zu 2: Tut mir leid, aber selbst wenn die Schutzfristen verkürzt würden, sehe ich in Archiven keine "demokratischen Kontrollinstanzen". Eine Hilfsfunktion dafür ja, indem die Archive der Gesellschaft bei Bedarf Material zur Verfügung stellen. Aber zur Kontrollinstanz gehört eben, dass sie kontrolliert, und das tun Archive ja nicht.

zu 3: Als erstes muss dann mal eine Monographie über Johannes Papritz geschrieben werden, besonders über seine Bewertungsentscheidungen im Osten, und die Partizipation von NS-nahen Archivaren an der archivischen Überlieferungsbildung in den besetzten Gebieten. Ein auch innerarchivisch immer noch peinlich umgangenes Thema, obwohl doch sogar schon auf Tagungen angesprochen. Zu einer ausführlichen Papritz-Biographie gehörte dann auch die Darstellung seiner Arbeit im Dritten Reich durch die Archivgeschichtsschreibung ... 
Wolf Thomas antwortete am 2009/05/23 12:17:
Kontrolle hin und her ....
1) Kontrolle meint doch aber auch Nachvollziehbarkeit des Handels der drei Gewalten in ihrer historischen Dimension (pathetisch für die nachfolgenden demokratischen Generationen), oder nicht ?

2) Die fehlende kritische Papritz-Biographie ist ein Forschungsdesiderat. Unterstellen Sie darüberhinaus der Archivgeschichtsschreibung mangelnde Beschäftigung mit dem Archivwesen in der NS-Zeit ? Eine Verständnisfrage nur.

3) Der gesellschaftliche Diskurs zur Überlieferungsbildung in demokratischen Gesellschaften hat m. M. bis jetzt noch nicht stattgefunden. In einer Demokratie bestimmen Archierende quasi absolutistisch - wir wollen ja nicht diktatorisch schreiben - das, was von der Demokratie "übrig bleibt". Ist dies nicht ein auch tagesaktuelles Thema für die Medien ? 
KlausGraf antwortete am 2009/05/23 13:25:
Bewertung interessiert kein Schwein
Das Forum Bewertung ist als Portal des Dialogs zwischen Archivaren und der Restwelt, aber auch innerhalb der Archivare eindeutig gescheitert. Eine der interessantesten Zusammenstellungen zum Thema Bewertung sind die überwiegend von mir gesammelten Beiträge:

http://archiv.twoday.net/topics/Bewertung/

Es sind vergleichbar wenige. Alle paar Jahre bzw. Jahrzehnte gibt es einen kleinen regionalen Bewertungsskandal, aber was in der Verwaltung interessiert (z.B. Bundeslöschtage) ist hundertmal interessanter.

Es wäre wichtig, das zu ändern, aber wenn man das will, dann ist es, denke ich, um einiges leichter, bei den Forschenden anzusetzen als bei der Presse. 
Dietmar Bartz antwortete am 2009/05/23 14:40:
Kontrolle und Bewertung
Idee: In einer Art Wochenbericht veröffentlicht ein Archiv, welche Akten es in den letzten Tagen vernichtet hat. Behördlich-rechtlich spricht doch nichts dagegen, oder? Dann aber hätten wir sofort eine prima Debatte - bei den Forschenden *und* in der Presse. Welches Archiv traut sich?

Zu Archiven im NS ... Habe Kretschmars "Das deutsches Archivwesen und der Nationalsozialismus" und Musials "Staatsarchive im Dritten Reich" auf meiner Leseliste. Generelle Aussagen kann ich also nicht machen. 
Wolf Thomas (Gast) antwortete am 2009/05/23 14:50:
Anregung bitte als eigenen Beitrag veröffentlichen
Die Anregung finde ich gut. Sie sollte als eigener Beitrag veröffentlicht werden. Evt. "belästigen" wir die übrige Archivöffentlichkeit (Marburger Liste, VdA-Forum) noch einmal. Sollte dies zum wahrscheinlichen Grafschen Ergebnis führen, wäre dies doch ein ein Artikel wert ? 
Dietmar Bartz antwortete am 2009/05/23 15:06:
Was heißt Grafsches Ergebnis - das Uni-Archiv AC fängt damit an? ;) 
Wolf Thomas (Gast) antwortete am 2009/05/23 16:10:
Nein.
Ich kann Kollegen Graf wohl kaum vorgreifen.
Ich meinte eher ein gewaltiges Desinteresse in der Fachwelt, das nur durch Verweise auf bereits Publiziertes (NRW-Archivierungsmodelle, Bewertungsprosa baden-württembergischer Provenienz, Arbeitsergebnisse des VdA-Arbeitskreises Bewertung oder des BKK-Unterausschusses Überlieferungsbildung) abgemildert werden könnte.
Allem Publizierten und auch die Zusammenarbeit dem Historikertag wohnt inne, dass sie eine Kooperation in Bewertungsfragen mit der Forschung belgen. Ob diese hinreichend ist vermag ich als Nur-Archivar nicht endgültig zu sagen.
Mir fehlt der gesamtgesellschaftliche Diskurs über die Bewertungsentscheidungen aus dem Bauch des Archivaren heraus. 
Dietmar Bartz (Gast) antwortete am 2009/05/25 14:02:
Kassationslisten online stellen ...
... diese Forderung muss schon ordentlich begründet sein, also aus dem Kontext der Fachdiskussion heraus, die ich nicht kenne. Nur zu sagen: die Gesellschaft hat ein Recht darauf zu erfahren, welche Teile der behördlichen Überlieferung Archivare nicht für aufbewahrungswürdig halten - das ist mir ein bisschen zu wolkig, obwohl ich das in der Sache richtig finde. Auch Biblioheken sollten eigentlich die Liste der Dubletten, die sie an Nichtbibliotheken abgeben wollen, online stellen. Gibt es sowas auch bei Museen? (Ich gebe zu: Ich habe 1980 sehr von einer Durchforstung der Dienstbibliothek des Staatsarchivs Münster auf Dubletten profitiert.)) 
Wolf Thomas antwortete am 2009/05/27 09:20:
Langweilige Listen liest niemand
Ich habe ja die aktuelle Fachdiskussion bereits erwähnt. Kommen wir also zu einem praktischen Beispiel innerhalb NRWs. Das Land NRW verfolgt langfristig das Ziel mittels Archivierungsmodellen für alle Bereiche der Landesverwaltung die Überlieferungsbildung zu steuern; dies hängt nicht nur mit einem Kabinettsbeschluss zusammen, der eine durchschnittliche jährliche Übernahmequote von ca. 2 km Archivgut vorschreibt. NAchvollziehbare Archivierung ist ja per se nicht von übel.
Für den Bereich "Finanzen" wurde ein solches Modell erarbeitet, in einer "Expertenrunde", der ich angehören durfte, diskutiert, verabscheidet und publiziert. In der Expertenrunde fand sich eine prägnante Karte, die die zur Überlieferung vorgesehenen Finanzämter zeigte. Interessant war die räumliche Verteilung der Ämter. So fehlte bspw. meiner Erinnerung nach vollständig das rheinische Braunkohlerevier. Übrigens habe ich diese Karte in der publizierten Fassung des Archivierungsmodells nicht gefunden.
Ein weiteres Beispiel:
Eine kommunalarchivische Gretchen-Frage wäre die Frage nach der Schulüberlieferung. Aufgrund der gleichförmigen "Masse" muss nicht jede Grundschule gleich dicht überliefert werden. Wie sehen die Entscheidungen vor Ort aus ? 
Dietmar Bartz (Gast) antwortete am 2009/05/28 00:21:
Y
Da gab's doch auch mal das Problem, dass bei Sozialamtsakten nur Buchstaben aufbewahrt werden sollten, die nicht auf türkische Antragsteller passten. Y wäre gut aufzubewahren, hieß es damals. Weiß gar nicht, was daraus geworden ist... 
Wolf Thomas (Gast) antwortete am 2009/05/28 08:11:
Einschlägige Dissertation hierzu:
Buchholz, MAtthias: Überlieferungsbildung bei massenhaft gleichförmigen Einzelfallakten im Spannungsverhältnis von Bewertungsdiskussion, Repräsentativität und Nutzungsperspektive. Ein Fallstudie am Beispiel von Sozialhilfeakten der oberbergischen Gemeinde Lindlar, Köln 2001. 
 

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