Es gibt viele Gründe, wieso die aktuelle riesige Abmahnwelle der Kanzlei U+C wegen angeblichen Porno-Streamings auf der Plattform Redtube unwirksam sein könnte. Auf meine Berichterstattung hier und auf G+ wird verwiesen.
http://archiv.twoday.net/search?q=streaming
Immer wieder wurde in Foren auf ein Urteil verwiesen, wonach Pornos ohnehin nicht urheberrechtlich geschützt seien.
Eine genaue Prüfung der Rechtslage ergibt, dass die Nichtbeachtung der fremdenrechtlichen Voraussetzungen in den jetzigen Gestattungsbeschlüssen des Landgerichts Köln rechtsfehlerhaft war und insoweit einen urheberrechtlichen Skandal fortsetzt, der schon früher sogar zu rechtswidriger Strafverfolgung geführt hat.
Angesichts der Tragweite des mit § 101 UrhG verbundenen Grundrechtseingriffs hätte sorgfältig geprüft werden müssen, ob - bei Nichtvorliegen eines Filmwerks - der Schweizer Laufbildhersteller die Formalitäten des § 121 Abs. 1 UrhG eingehalten hat, woran es zum jetzigen Zeitpunkt erhebliche Zweifel gibt.
Dass noch viel wichtigere Punkte von den offensichtlich unfähigen Kölner Richtern sorgfältig hätten geprüft werden müssen, schließt nicht aus, dass bereits die Nichtbeachtung der fremdenrechtlichen Problematik die entsprechenden Beschlüsse als rechtswidrig erscheinen lässt. Und das selbst dann, wenn man doch zum Schluss kommt, dass ein Laufbilderschutz in Deutschland besteht. Dies ergibt sich daraus, dass an die Offensichtlichkeit der Rechtsverletzung strenge Anforderungen zu stellen sind. Es reicht nicht aus, wenn die Rechtsverletzung wahrscheinlich erscheint (Wimmers in Schricker/Loewenheim, UrhR, 4. Aufl. 2010, § 101 Rz. 67). Es hätte also bewiesen werden müssen, dass die Laufbilder erstmals in Deutschland oder bei Erscheinen im Ausland innerhalb eines Monats erschienen sind.
Hat eine Schweizer Firma als Inhaberin des Laufbilderschutzes nach § 95 UrhG die Pornofilme auf einen US-Server in der Art von Redtube hochgeladen, ohne sie in Deutschland innerhalb der Monatsfrist auch in Form von Vervielfältigungsstücken in den Handel zu bringen, so scheidet nach herrschender Meinung ein Laufbild-Schutz und damit ein Schutz in Deutschland aus. Auf dieser Basis darf niemand abgemahnt werden.
Bei dem Landgericht Köln hätten angesichts der Kombination Porno und Schweizer Firma die Alarmglocken schrillen müssen, da Pornos der Urheberrechtsschutz abgesprochen wird und ein Schutz als Laufbilder bei einem Nicht-EU-Rechteinhaber formale Voraussetzungen hat, die vom Antragsteller hätten dargelegt werden müssen.
Zunächst einmal ist zu belegen, dass die These zutrifft:
Die herrschende urheberrechtliche Meinung schließt Pornos und Sexfilme vom Urheberrechtsschutz als "Filmwerke" nach § 2 UrhG aus und gewährt ihnen nur den Schutz als Laufbilder nach § 95 UrhG.
Wie recht häufig äußerte sich Udo Vetter in seinem Lawblog fahrlässig ungenau, als er ohne irgendwelche Belege und natürlich wie üblich ohne einen Link zur Entscheidung behauptete, dass bei Pornofilmen, deren Handlung nur im Geschlechtsverkehr besteht, "fast alle Gerichte" die Schöpfungshöhe bejahten. Das ist ersichtlich aus der Luft gegriffen, denn Rechtsprechung und Schrifttum sehen das einhellig anders.
Das Landgericht München hat sich in seiner Entscheidung gegen die Firma Malibu, die - so ein Zufall! - von den jetzt abmahnenden Urmann und Collegen vertreten wurde, an eine bestehende Rechtsprechung angeschlossen.
http://www.wbs-law.de/wp-content/uploads/2013/06/LG-M%C3%BCnchen-7-O-22293-12.pdf
Auf Anwaltsseiten und in Blawgs wurde soweit ich sehe, keine Kritik an dem Beschluss geübt, auch wenn man die Konsequenzen relativiert hat. Von einer "Porno-Ente" zu sprechen, wie es Weitzmann und Kreutzer getan haben
http://irights.info/nicht-kreativ-genug-eine-porno-ente-erobert-die-schlagzeilen
geht aber zu weit.
Katzenberger nennt im umfangreichsten Urheberrechtskommentar (Schricker/Loewenheim § 95 Rz. 12) als Beispiele für bloße Laufbilder "Sex und Pornofilme", ohne irgendwelche abweichenden Meinungen zu vermerken. Stattdessen nennt er Gerichtsentscheidungen, die das ebenso sehen:
OLG Düsseldorf, GRUR 1979, 53 - Laufbilder
OLG Hamburg, UFITA 87 (1980), 322/4 - Tiffany [3 U 140/79]
OLG Hamburg, GRUR 1984, 663 - Video Intim
Das LG Köln stellte 2010 fest:
"Bei den Erotikfilmen handelt es sich mangels "Werkqualität" um Laufbilder (OLG Hamburg, GRUR 1984, 663 - Video Intim), die Laufbildschutz nach §§ 95 i.V.m. 94 UrhG genießen."
http://openjur.de/u/536931.html
Der Kommentar von Dreyer et al. 2009 hält kurz und knackig fest: "An der notwendigen schöpferischen Gestaltungshöhe fehlt es idR Pornofilmen (OLG Hamburg GRUR 1984, 663 - Video intim)."
https://www.google.de/search?tbm=bks&q=%22Video+Intim%22+olg+hamburg
1992 führte Thomas Hoeren in GRUR die Sexfilme unter den Filmen "zweiter Klasse", die nur Laufbilder seien, auf:
http://www.uni-muenster.de/Jura.itm/hoeren/veroeffentlichungen/043.pdf
Die Belege ließen sich wohl unschwer vermehren.
Jedenfalls bei kürzeren Filmen (im Münchner Fall war der längere Film 19 Minuten lang), bei denen es an einer Handlung abgesehen vom "Gerammel" fehlt, darf ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass ein Schutz als Filmwerk nicht gegeben ist.
Paul Katzenberger hat den Justiz-Skandal in Sachen Laufbilder wenn man so will "aufgedeckt" (Schricker/Loewenheim § 95 Rz. 12). Ich selbst schrieb in meiner Urheberrechtsfibel 2009 zu § 128
"Ein in den USA erstellter kurzer Pornoclip zählt nach deutschem Recht nicht zu den Filmwerken, sondern zu den Laufbildern (§ 95). Er ist in Deutschland nicht nach dem Urheberrechtsgesetz geschützt. (Geschützt sind aber die Filmeinzelbilder nach § 72 als einfache Lichtbilder.) Die Vorschrift orientiert sich an § 126. Da einschlägige Staatsverträge fehlen, sind ausländische Filmhersteller außerhalb der EU/EWRStaaten kaum geschützt. Es geht wohlgemerkt nicht um den urheberrechtlichen Schutz, der den Urhebern von Filmwerken selbstverständlich zukommt, sondern um das Leistungsschutzrecht des Filmherstellers. Besteht im Ausland (z. B. in den USA) kein solcher spezifischer Schutz, ist nach dem Schutzfristenvergleich auch in Deutschland kein Schutz möglich. Im Fall des Pornoclips gibt es keine Film-Urheber, da kein Filmwerk vorliegt, und die Darsteller sind auch, da sie einfach Sex haben und nicht ein Werk zum Vortrage bringen, keine ausübenden Künstler.
Mit der fremdenrechtlichen Vorschrift des § 128 waren einige deutsche Gerichte offensichtlich überfordert. Sie haben sie schlicht und einfach übersehen oder ignoriert.
Der Schutz des Filmherstellers ist zu streichen und daher muss auch
§ 128 weg!"
http://ebooks.contumax.de/02-urheberrechtsfibel.pdf
Wie das mit den Filmeinzelbildern ist, kann dahingestellt bleiben. Rechteinhaber haben sich meines Wissens bei einem Film noch nie auf den Schutz der Filmeinzelbilder berufen, aber man weiß ja nie (Graf's Law von 2006: Alles was abgemahnt werden kann, wird irgendwann einmal abgemahnt werden
https://de.wikipedia.org/wiki/Benutzer:Historiograf/GNU_FDL_Highway_to_Hell_-_FAQ#Definitionen ).
Bei meinen Ausführungen 2009 stützte ich mich auf Katzenberger, der vor allem anhand der Videospiele, die überwiegend auch nur als Laufbilder gelten, kritisiert hat, dass die Gerichte die fremdenrechtliche Rechtslage bei Spielen aus den USA und Japan verkannt und falsche Entscheidungen getroffen haben. "Bedauerlicherweise", schreibt er (zitiert nach der 4. Auflage, die 2009 natürlich noch nicht vorlag), "sind offensichtlich auch zahlreiche strafrechtliche Verfolgungsmaßnahmen, auch solche gegen Jugendliche, auf jene nicht existente gesetzliche Grundlage gestützt worden".
Das ist aus meiner Sicht durchaus ein Justizskandal. Wenn man verlangt, dass man sich an die Regeln des UrhG hält, dann kann man nicht einfach Regeln weglassen, weil das den Rechteinhabern besser passt.
Es gibt keinen internationalen Schutz für Laufbilder. Katzenberger bezieht sich auf eine richtige Entscheidung des österreichischen OGH "Game Boy", die ein japanisches Videospiel betraf und online ist:
http://ww.ris.bka.gv.at/Dokument.wxe?Abfrage=Justiz&Dokumentnummer=JJT_19911217_OGH0002_0040OB00003_9200000_000
Da es bei den vorliegenden Streaming-Abmahnungen um Pornos ging, hätte zunächst einmal die Eigenschaft als Filmwerk erwiesen werden müssen, da die gefestigte deutsche Rechtsprechung Pornos eben nicht als Filmwerke, sondern als Laufbilder sieht.
Im Antrag des RA Sebastian an das LG Köln ist ausdrücklich von der Übertragung der "verfahrensgegenständlichen Rechte" hinsichtlich des durch eine spanische Firma hergestellten Films "Amanda's Secret" an die Schweizer Antragstellerin "The Archive AG" die Rede.
http://www.abmahnhelfer.de/wp-content/uploads/2013/12/Antrag.pdf
Da die Rechte des Filmherstellers übertragbar sind (§ 94 UrhG), ist als Rechteinhaber des Laufbildschutzes eine Firma außerhalb von EU und EWR anzusehen, denn die Schweiz gehört dazu nicht! Wären die Rechte noch bei der spanischen Firma (EU) oder an eine deutsche Firma übertragen worden, so wäre der Laufbildschutz automatisch gegeben und ein Einwand aussichtslos.
Was auch immer sich die Abmahner von dem Schweizer Standort von "The Archive" versprochen haben mögen, die Rechteübertragung bereitet ihnen, folgt man meiner Argumentation, erhebliche fremdenrechtliche Probleme mit dem Laufbildschutz.
Im Lawblog-Forum wurde hinreichend Beweismaterial zusammengetragen, dass die Filme, um die es in der Abmahnung geht, obskure Machwerke sind, über die man sonst nichts findet, also auch kein DVD-Angebot. Damit aber stellen sich ähnliche Beweisprobleme wie bei dem Münchner Fall, bei dem die Rechteinhaber das Erscheinen in Deutschland bzw. bei Erscheinen im Ausland spätestens einen Monat später in Deutschland (Voraussetzung des fremdenrechtlichen Schutzes nach § 121 Abs. 1 UrhG) nicht darlegen konnten. Nach Katzenberger (§ 6 Rz. 56) reicht ein Upload auf einen Server in oder außerhalb Deutschlands nicht aus, um den Urheberrechtsschutz nach § 121 Abs. 1 zu begründen! Durch eine reine Internetveröffentlichung kann also z.B. Amanda's Secret nach dieser autoritativen Meinung keinen deutschen Laufbildschutz erlangt haben.
Ohne Laufbildschutz keine Urheberrechtsverletzung und a) keine Gerichtsauskunft hinsichtlich der Anschrift und b) auch keine wirksame Abmahnung!
http://archiv.twoday.net/search?q=streaming
Immer wieder wurde in Foren auf ein Urteil verwiesen, wonach Pornos ohnehin nicht urheberrechtlich geschützt seien.
Eine genaue Prüfung der Rechtslage ergibt, dass die Nichtbeachtung der fremdenrechtlichen Voraussetzungen in den jetzigen Gestattungsbeschlüssen des Landgerichts Köln rechtsfehlerhaft war und insoweit einen urheberrechtlichen Skandal fortsetzt, der schon früher sogar zu rechtswidriger Strafverfolgung geführt hat.
Angesichts der Tragweite des mit § 101 UrhG verbundenen Grundrechtseingriffs hätte sorgfältig geprüft werden müssen, ob - bei Nichtvorliegen eines Filmwerks - der Schweizer Laufbildhersteller die Formalitäten des § 121 Abs. 1 UrhG eingehalten hat, woran es zum jetzigen Zeitpunkt erhebliche Zweifel gibt.
Dass noch viel wichtigere Punkte von den offensichtlich unfähigen Kölner Richtern sorgfältig hätten geprüft werden müssen, schließt nicht aus, dass bereits die Nichtbeachtung der fremdenrechtlichen Problematik die entsprechenden Beschlüsse als rechtswidrig erscheinen lässt. Und das selbst dann, wenn man doch zum Schluss kommt, dass ein Laufbilderschutz in Deutschland besteht. Dies ergibt sich daraus, dass an die Offensichtlichkeit der Rechtsverletzung strenge Anforderungen zu stellen sind. Es reicht nicht aus, wenn die Rechtsverletzung wahrscheinlich erscheint (Wimmers in Schricker/Loewenheim, UrhR, 4. Aufl. 2010, § 101 Rz. 67). Es hätte also bewiesen werden müssen, dass die Laufbilder erstmals in Deutschland oder bei Erscheinen im Ausland innerhalb eines Monats erschienen sind.
Hat eine Schweizer Firma als Inhaberin des Laufbilderschutzes nach § 95 UrhG die Pornofilme auf einen US-Server in der Art von Redtube hochgeladen, ohne sie in Deutschland innerhalb der Monatsfrist auch in Form von Vervielfältigungsstücken in den Handel zu bringen, so scheidet nach herrschender Meinung ein Laufbild-Schutz und damit ein Schutz in Deutschland aus. Auf dieser Basis darf niemand abgemahnt werden.
Bei dem Landgericht Köln hätten angesichts der Kombination Porno und Schweizer Firma die Alarmglocken schrillen müssen, da Pornos der Urheberrechtsschutz abgesprochen wird und ein Schutz als Laufbilder bei einem Nicht-EU-Rechteinhaber formale Voraussetzungen hat, die vom Antragsteller hätten dargelegt werden müssen.
Zunächst einmal ist zu belegen, dass die These zutrifft:
Die herrschende urheberrechtliche Meinung schließt Pornos und Sexfilme vom Urheberrechtsschutz als "Filmwerke" nach § 2 UrhG aus und gewährt ihnen nur den Schutz als Laufbilder nach § 95 UrhG.
Wie recht häufig äußerte sich Udo Vetter in seinem Lawblog fahrlässig ungenau, als er ohne irgendwelche Belege und natürlich wie üblich ohne einen Link zur Entscheidung behauptete, dass bei Pornofilmen, deren Handlung nur im Geschlechtsverkehr besteht, "fast alle Gerichte" die Schöpfungshöhe bejahten. Das ist ersichtlich aus der Luft gegriffen, denn Rechtsprechung und Schrifttum sehen das einhellig anders.
Das Landgericht München hat sich in seiner Entscheidung gegen die Firma Malibu, die - so ein Zufall! - von den jetzt abmahnenden Urmann und Collegen vertreten wurde, an eine bestehende Rechtsprechung angeschlossen.
http://www.wbs-law.de/wp-content/uploads/2013/06/LG-M%C3%BCnchen-7-O-22293-12.pdf
Auf Anwaltsseiten und in Blawgs wurde soweit ich sehe, keine Kritik an dem Beschluss geübt, auch wenn man die Konsequenzen relativiert hat. Von einer "Porno-Ente" zu sprechen, wie es Weitzmann und Kreutzer getan haben
http://irights.info/nicht-kreativ-genug-eine-porno-ente-erobert-die-schlagzeilen
geht aber zu weit.
Katzenberger nennt im umfangreichsten Urheberrechtskommentar (Schricker/Loewenheim § 95 Rz. 12) als Beispiele für bloße Laufbilder "Sex und Pornofilme", ohne irgendwelche abweichenden Meinungen zu vermerken. Stattdessen nennt er Gerichtsentscheidungen, die das ebenso sehen:
OLG Düsseldorf, GRUR 1979, 53 - Laufbilder
OLG Hamburg, UFITA 87 (1980), 322/4 - Tiffany [3 U 140/79]
OLG Hamburg, GRUR 1984, 663 - Video Intim
Das LG Köln stellte 2010 fest:
"Bei den Erotikfilmen handelt es sich mangels "Werkqualität" um Laufbilder (OLG Hamburg, GRUR 1984, 663 - Video Intim), die Laufbildschutz nach §§ 95 i.V.m. 94 UrhG genießen."
http://openjur.de/u/536931.html
Der Kommentar von Dreyer et al. 2009 hält kurz und knackig fest: "An der notwendigen schöpferischen Gestaltungshöhe fehlt es idR Pornofilmen (OLG Hamburg GRUR 1984, 663 - Video intim)."
https://www.google.de/search?tbm=bks&q=%22Video+Intim%22+olg+hamburg
1992 führte Thomas Hoeren in GRUR die Sexfilme unter den Filmen "zweiter Klasse", die nur Laufbilder seien, auf:
http://www.uni-muenster.de/Jura.itm/hoeren/veroeffentlichungen/043.pdf
Die Belege ließen sich wohl unschwer vermehren.
Jedenfalls bei kürzeren Filmen (im Münchner Fall war der längere Film 19 Minuten lang), bei denen es an einer Handlung abgesehen vom "Gerammel" fehlt, darf ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass ein Schutz als Filmwerk nicht gegeben ist.
Paul Katzenberger hat den Justiz-Skandal in Sachen Laufbilder wenn man so will "aufgedeckt" (Schricker/Loewenheim § 95 Rz. 12). Ich selbst schrieb in meiner Urheberrechtsfibel 2009 zu § 128
"Ein in den USA erstellter kurzer Pornoclip zählt nach deutschem Recht nicht zu den Filmwerken, sondern zu den Laufbildern (§ 95). Er ist in Deutschland nicht nach dem Urheberrechtsgesetz geschützt. (Geschützt sind aber die Filmeinzelbilder nach § 72 als einfache Lichtbilder.) Die Vorschrift orientiert sich an § 126. Da einschlägige Staatsverträge fehlen, sind ausländische Filmhersteller außerhalb der EU/EWRStaaten kaum geschützt. Es geht wohlgemerkt nicht um den urheberrechtlichen Schutz, der den Urhebern von Filmwerken selbstverständlich zukommt, sondern um das Leistungsschutzrecht des Filmherstellers. Besteht im Ausland (z. B. in den USA) kein solcher spezifischer Schutz, ist nach dem Schutzfristenvergleich auch in Deutschland kein Schutz möglich. Im Fall des Pornoclips gibt es keine Film-Urheber, da kein Filmwerk vorliegt, und die Darsteller sind auch, da sie einfach Sex haben und nicht ein Werk zum Vortrage bringen, keine ausübenden Künstler.
Mit der fremdenrechtlichen Vorschrift des § 128 waren einige deutsche Gerichte offensichtlich überfordert. Sie haben sie schlicht und einfach übersehen oder ignoriert.
Der Schutz des Filmherstellers ist zu streichen und daher muss auch
§ 128 weg!"
http://ebooks.contumax.de/02-urheberrechtsfibel.pdf
Wie das mit den Filmeinzelbildern ist, kann dahingestellt bleiben. Rechteinhaber haben sich meines Wissens bei einem Film noch nie auf den Schutz der Filmeinzelbilder berufen, aber man weiß ja nie (Graf's Law von 2006: Alles was abgemahnt werden kann, wird irgendwann einmal abgemahnt werden
https://de.wikipedia.org/wiki/Benutzer:Historiograf/GNU_FDL_Highway_to_Hell_-_FAQ#Definitionen ).
Bei meinen Ausführungen 2009 stützte ich mich auf Katzenberger, der vor allem anhand der Videospiele, die überwiegend auch nur als Laufbilder gelten, kritisiert hat, dass die Gerichte die fremdenrechtliche Rechtslage bei Spielen aus den USA und Japan verkannt und falsche Entscheidungen getroffen haben. "Bedauerlicherweise", schreibt er (zitiert nach der 4. Auflage, die 2009 natürlich noch nicht vorlag), "sind offensichtlich auch zahlreiche strafrechtliche Verfolgungsmaßnahmen, auch solche gegen Jugendliche, auf jene nicht existente gesetzliche Grundlage gestützt worden".
Das ist aus meiner Sicht durchaus ein Justizskandal. Wenn man verlangt, dass man sich an die Regeln des UrhG hält, dann kann man nicht einfach Regeln weglassen, weil das den Rechteinhabern besser passt.
Es gibt keinen internationalen Schutz für Laufbilder. Katzenberger bezieht sich auf eine richtige Entscheidung des österreichischen OGH "Game Boy", die ein japanisches Videospiel betraf und online ist:
http://ww.ris.bka.gv.at/Dokument.wxe?Abfrage=Justiz&Dokumentnummer=JJT_19911217_OGH0002_0040OB00003_9200000_000
Da es bei den vorliegenden Streaming-Abmahnungen um Pornos ging, hätte zunächst einmal die Eigenschaft als Filmwerk erwiesen werden müssen, da die gefestigte deutsche Rechtsprechung Pornos eben nicht als Filmwerke, sondern als Laufbilder sieht.
Im Antrag des RA Sebastian an das LG Köln ist ausdrücklich von der Übertragung der "verfahrensgegenständlichen Rechte" hinsichtlich des durch eine spanische Firma hergestellten Films "Amanda's Secret" an die Schweizer Antragstellerin "The Archive AG" die Rede.
http://www.abmahnhelfer.de/wp-content/uploads/2013/12/Antrag.pdf
Da die Rechte des Filmherstellers übertragbar sind (§ 94 UrhG), ist als Rechteinhaber des Laufbildschutzes eine Firma außerhalb von EU und EWR anzusehen, denn die Schweiz gehört dazu nicht! Wären die Rechte noch bei der spanischen Firma (EU) oder an eine deutsche Firma übertragen worden, so wäre der Laufbildschutz automatisch gegeben und ein Einwand aussichtslos.
Was auch immer sich die Abmahner von dem Schweizer Standort von "The Archive" versprochen haben mögen, die Rechteübertragung bereitet ihnen, folgt man meiner Argumentation, erhebliche fremdenrechtliche Probleme mit dem Laufbildschutz.
Im Lawblog-Forum wurde hinreichend Beweismaterial zusammengetragen, dass die Filme, um die es in der Abmahnung geht, obskure Machwerke sind, über die man sonst nichts findet, also auch kein DVD-Angebot. Damit aber stellen sich ähnliche Beweisprobleme wie bei dem Münchner Fall, bei dem die Rechteinhaber das Erscheinen in Deutschland bzw. bei Erscheinen im Ausland spätestens einen Monat später in Deutschland (Voraussetzung des fremdenrechtlichen Schutzes nach § 121 Abs. 1 UrhG) nicht darlegen konnten. Nach Katzenberger (§ 6 Rz. 56) reicht ein Upload auf einen Server in oder außerhalb Deutschlands nicht aus, um den Urheberrechtsschutz nach § 121 Abs. 1 zu begründen! Durch eine reine Internetveröffentlichung kann also z.B. Amanda's Secret nach dieser autoritativen Meinung keinen deutschen Laufbildschutz erlangt haben.
Ohne Laufbildschutz keine Urheberrechtsverletzung und a) keine Gerichtsauskunft hinsichtlich der Anschrift und b) auch keine wirksame Abmahnung!
KlausGraf - am Freitag, 13. Dezember 2013, 03:46 - Rubrik: Archivrecht
rtc (Gast) meinte am 2013/12/13 06:35:
Histo,
auch Du machst den Fehler, zu diskutieren, ob Streaming legal ist oder nicht. Das ist schade, denn es trägt zu dem allgemeinen, rufschädigenden Eindruck bei, die Betroffenen seien Pornogucker. Die viel wichtigere Frage ist aber, ob denn hier überhaupt willentlich gestreamt wurde!Es deutet alles daraufhin, dass die Betroffenen das Video gar nicht angeklickt haben.
Es ist auch schon komplett abwegig, dass plötzlich über 10.000 Leute einen völlig unbekannten Porno anklicken. Wenn es jetzt Gina Wild gewesen wäre... Aber so ist das doch komplett unglaubwürdig.
Alles spricht dafür, dass die Betroffenen per Skimmed Traffic auf das Video gelotst wurden, und es mitnichten anschauen wollten. Anders lassen sich auch die Abrufzahlen schwerlich erklären:
https://dl.dropboxusercontent.com/u/2512901/abmahnwelle-redtube-uc-sebastian.png
Im übrigen stimme ich Deiner Argumentation nicht zu. Das Urteil, das Pornos den Filmwerkcharakter abspricht, ist dubios. Analog der Frage Lichtbild vs. Lichtbildwerk wird man heute keine wesentliche Schöpfungshöhe mehr für Filmwerke verlangen dürfen.
Schmunzelkunst (Gast) meinte am 2013/12/13 19:43:
Öfter mal die Stellung wechslen
Bei einem Film, der aus einer Folge von Laufbildern (§ 95 UrhG) besteht, sind alle Einzelbilder entweder gar nicht oder nur als einfache Lichtbilder (§ 72) geschützt. Wenn auch nur ein einziges Bild der Folge als Lichtbildwerk (§ 2) geschützt ist, kann das gesamte "Machwerk" nicht bloß eine Folge von Laufbildern sein. Meines Erachtens müsste jeder Film, in dem auch nur ein einziges Bild ein Lichtbildwerk im Sinne des § 2 ist, ein im Sinne des § 2 geschütztes Werk sein. Um auf "Nummer" sicher zu gehen, sollte man auch hinter der Kamera öfter mal die (Ein)Stellung wechseln.Aber auch völlig unabhängig von diesen Überlegungen hat meines Erachtens die Rechte an den Einzelbildern, die vielleicht nur als Lichtbilder Im Sinne von § 72 geschützt sind, der Kameramann (gut das wurde ja hier angesprochen). Auch dessen Rechte sind zu beachten, auch wenn sich wegen des fehlenden körperlichen Bildträgers, der offenbar Voraussetzung für den Tatbestand des Erscheinens ist, keine Rechte an den Laufbildern nachweisen lassen. Der Lichtbildner kann seine Recht auch dann geltend machen mache, wenn ein Werk noch nicht erschienen ist, oder? Das hat er aber in dem angesprochen Fall offenbar nicht getan und, soweit ich weiß, hat sich am Ende auch der Laufbildhersteller nicht mehr gemeldet, weil er diesen Kommentar meinen Kommentar nicht kannte ;-).
MfG
Johannes
Jens (Gast) antwortete am 2013/12/17 20:01:
"da die gefestigte deutsche Rechtsprechung Pornos eben nicht als Filmwerke, sondern als Laufbilder sieht."a.A. Lars von Trier