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Freilich, Heinrich Heines ausgefeiltestes Gedicht ist es nicht, die west-östliche Sehnsuchtsphantasie des schneeumhüllten Fichtenbaums im Norden: "Er träumt von einer Palme, / Die, fern im Morgenland, / Einsam und schweigend trauert / Auf brennender Felsenwand." Als Student bereits hatte er die acht Zeilen voll forstbotanischen Unsinns ersonnen, die fünf Jahre später im "Lyrischen Intermezzo" des "Buchs der Lieder" (1827) ihren Niederschlag fanden. Doch erschien ihm gerade der heißkalte Baumtraum besonders geeignet, wenn es galt, sich in einem Stammbuch, einer Art hochkulturellem Poesiealbum, zu verewigen. Auch in das um 1840 entstandene, siebenundachtzig Kartonblätter umfassende Stamm- oder Gästebuch der Madame Beaumarié trug er das Gedicht ein.

Heine befand sich hier in illustrer Gesellschaft: Die Besitzerin des 2007 auf einer Münchener Auktion aufgetauchten Stammbuchs, über die erstaunlicherweise so gut wie nichts bekannt ist, scheint mit den bedeutendsten Künstlern des neunzehnten Jahrhunderts vertraut gewesen zu sein. Vierzig der Beiträge stammen von bildenden Künstlern, darunter der Maler Paul Delaroche oder der Bildhauer Bertel Thorwaldsen. Den bedeutendsten Part des Büchleins machen allerdings die neunundzwanzig Einträge - teils kleine Kompositionen - berühmter Musiker und Komponisten aus. Frédéric Chopin steuerte einundzwanzig Takte einer 1840 komponierten Etüde bei. Ähnliche Widmungen hinterließen Felix Mendelssohn Bartholdy, Hector Berlioz, Franz Liszt, Giacomo Meyerbeer und Cesar Franck, ebenso der Geiger Niccolò Paganini oder der Pianist Sigismund Thalberg. Der von Heine geschätzte Geiger Heinrich Wilhelm Ernst ("vielleicht der größte Violinspieler unserer Tage") ist gleich mit zwei Einträgen vertreten, was einige Fachleute vermuten lässt, er könnte der Vertraute von Madame Beaumarié gewesen sein.


Mehr in der FAZ 0.06.2009, Nr. 140 / Seite 33

 

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