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Till Kreutzer: Das Modell des deutschen Urheberrechts und Regelungsalternativen. Konzeptionelle Überlegungen zu Werkbegriff, Zuordnung, Umfang und Dauer des Urheberrechts als Reaktion auf den urheberrechtlichen Funktionswandel (Hamburger Schriften zum Medien-, Urheber- und Telekommunikationsrecht 1), Baden-Baden: Nomos 2008. 528 S. 98 Euro.

Rechtsanwalt Kreutzer, bekannt als kritischer Kenner des Urheberrechts, hat mit seiner Dissertation einen umfangreichen akademischen Reformvorschlag zum Urheberrecht vorgelegt, der auf jeden Fall größte Beachtung verdient.

Teil 1 stellt breit den Status quo im Urheberrecht dar. Zunächst geht es um Begründungen und Rechtfertigungen des Urheberrechts, dann um die verfassungsrechtliche Dimension (Eigentumsgrundrecht, Allgemeines Persönlichkeitsrecht), schließlich um einen Vergleich von Copyright und Urheberrecht. Zwei Fallbeispiele stellen den Schwerpunkt von Teil 2, der dem Funktionswandel des Urheberrechts im digitalen Zeitalter gewidmet ist, dar: Schutz der Computerprogramme und Datenbankschutz. Teil 3 analysiert die Auswirkungen der tatsächlichen und rechtlichen Entwicklung auf die "neuralgischen Punkte" des Schutzes, z.B. Defizite bei Anwendung des Schöpferprinzips auf unpersönliche und im Arbeitsverhältnis geschaffene Werke. Teil 4 entwickelt Regelungsalternativen: "Konturen eines 'funktionsorientierten Dualismus' basierend auf der Zweiteilung von funktionalem Werkschutz und persönlichkeitsbezogenem Urheberschutz". Ausführliche prägnante Zusammenfassungen helfen dem Leser, der ein Sachregister schmerzlich vermisst.

Kreutzer legt den Finger auf offene Wunden des Urheberrechts, seine Analysen sind schlüssig, die Änderungsvorschläge diskutabel. Da ich selbst einen "Piraten-Kommentar" zum Urheberrecht geschrieben habe (siehe http://ebooks.contumax.de/nb ) bin ich befangen. Ich habe von Kreutzers Buch profitiert, denke aber, dass es nicht weit genug geht. Weder der Datenbankschutz noch der Schutz von Computerprogrammen gehört für mich ins Urheberrecht. Wenn es nicht um diese "moderne" Werkarten geht, bleibt Kreutzers Argumentation konventionell. Mit seinem stark auf Absicherung setzenden vorsichtigen Stil (typisch z.B. S. 370: "These [...] erscheint [...] nicht unbegründet") reißt er den Leser nicht mit.

S. 133 plappert Kreutzer unkritisch die amtliche Begründung zum Gesetz von 1965 nach, wonach die wenigsten Werke nach Ablauf der Schutzdauer noch von vermögensrechtlichem Interesse seien. Der Markt für gemeinfreie Fotos beweist das Gegenteil. S. 335 Anm. 1470 erwägt Kreutzer eine Vergütungspflicht für Zitate in der Presseberichterstattung - für mich ein Unding. S. 140 Anm. 599 distanziert er sich von Hoerens Ansicht, das Urheberrecht sei die rechtfertigungsbedürftige Ausnahme.

Eine vertiefte Auseinandersetzung mit dem Konzept der "Anreize", um derentwillen das Urheberrecht nach verbreiteter Ansicht gewährt wird, unterbleibt (einzelne Bemerkungen dazu S. 36, 47, 126, 462).

Während ich den Schutz der "kleinen Münze" ablehne, will Kreutzer die Anforderungen an die Schutzfähigkeit gering halten, um dann bei der Schutzumfangsbestimmung korrigierend einzugreifen. Damit wird aber das entscheidende Potential der Public Domain verkannt (zum "Freihaltebedürfnis" siehe S. 364).

Ganz und gar inakzeptabel ist es, dass Kreutzer gänzlich auf Anführung der breiten US-amerikanischen Literatur zur Copyright-Kritik (z.B. Larry Lessig) verzichtet. Dies mag zwar einer Unsitte der deutschen rechtswissenschaftlichen Literatur entsprechen, ist aber aus wissenschaftlicher Sicht nicht hinzunehmen. Wie krank muss eine Zunft sein, wenn das (womöglich zustimmende) Zitat ausländischer Arbeiten die eigene Argumentation entscheidend schwächt?

Dass Kreutzer Rainer Kuhlens beachtliches Buch zum Urheberrecht von 2008 nicht rezipiert hat, kann man ihm angesichts des Abschlusses der Arbeit 2007 nicht vorhalten. Wohl aber, dass er keine einzige der vielen Arbeiten des Konstanzer Informationswissenschaftlers zur Kenntnis genommen hat. Kreutzer pflegt wie seine Fachgenossen die "einseitige Diät" (Wittgenstein), die nicht-juristische Diskurse ausblendet.

Kreutzers Buch ist ein überaus wichtiger Diskussionsbeitrag, der, wie etwa das Erscheinen der ähnlich ausgerichteten Studie von Gerd Hansen "Warum Urheberrecht?" beweist, im Trend liegt. Es bleibt zu hoffen, dass die Reformvorschläge auch von der Politik rezipiert werden. Denn so wie bisher kann es nicht weitergehen!

Materialien im WWW:

Inhaltsverzeichnis des Buchs
http://d-nb.info/990952215/04 (PDF)

Informationen zum Autor und Liste aktueller Publikationen (viele frei im Netz):

http://www.hans-bredow-institut.de/de/mitarbeiter/dr-till-kreutzer

Interview mit dem Autor zum Buch
http://www.telemedicus.info/article/1134-Es-kann-nur-besser-werden-Alternativen-zum-Urheberrecht.html

Anzeige in irights.info mit weiteren Links zu Resonanz im Web
http://www.irights.info/index.php?id=730

Rezension von Armin Talke
http://www.jurpc.de/aufsatz/20090012.htm

Weitere Rezension
http://www.ip-notiz.de/iprezension-till-kreutzer-das-modell-des-deutschen-urheberrechts-und-regelungsalternativen/2008/12/15/

 

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