Allgemeines
Architekturarchive
Archivbau
Archivbibliotheken
Archive in der Zukunft
Archive von unten
Archivgeschichte
Archivpaedagogik
Archivrecht
Archivsoftware
Ausbildungsfragen
Bestandserhaltung
Bewertung
Bibliothekswesen
Bildquellen
Datenschutz
... weitere
Profil
Abmelden
Weblog abonnieren
null

 
Uwe Jochum. "Open Access". Zur Korrektur einiger populärer Annahmen. (Göttinger Sudelblätter). Göttingen: Wallstein-Verlag 2009. 61 S. 12 Euro (D).

12 Euro, die man sich sparen kann. Der Konstanzer Bibliothekar Uwe Jochum hat einen willfährigen Verleger gefunden, der die Anti-Open-Access-Suada und die längst widerlegten Berechnungen in Form eines Büchleins aufgelegt hat. Jochum sieht in dem, was unter dem Titel "Open Access" betrieben wird, einen Angriff auf die Menschenwürde, so der Schlusssatz S. 58. Er wendet sich vehement gegen die "falschen Internetapostel", die alles kostenlos haben wollen (S. 8). Neu gegenüber den früheren Veröffentlichungen ist vor allem eine Auseinandersetzung (S. 42-51: "Großbritannien verrechnet sich") mit der JISC-Studie von Houghton et al.

http://www.jisc.ac.uk/publications/documents/economicpublishingmodelsfinalreport.aspx

Ein zentrales Argument Jochums ist das "Ausbleiben des Skaleneffekts, so daß 'Open Access' linear um so teurer wird, je mehr Personen nach diesem Modell veröffentlicht werden und finanziert werden müssen" (S. 52).

Wer wie ich Peter Subers Blog bzw. Newsletter seit vielen Jahren verfolgt, weiß, dass die Gleichsetzung von Open Access mit dem "Author pays"-Modell so fahrlässig wie unausrottbar ist. Soeben trudelte per Mail ein Hinweis auf eine einfache Rechnung von Heather Morrison ein, die eine Einsparung von etwa Zweidritteln für die Bibliotheken bei vollkommenen Umstieg der gesamten Zeitschriftenproduktion der Welt auf Open Access schätzte:

http://poeticeconomics.blogspot.com/2009/10/research-brief-library-savings-from.html

Sicher ist es sinnvoll, das Autor-zahlt-Geschäftsmodell von Open Access kritisch zu hinterfragen, und auch weitere Experimente wie z.B. SCOAP3 bedürfen der unvoreingenommenen Analyse. Aber wer als Kritiker ernstgenommen werden will, sollte sich mit den Argumenten seiner Gegner auseinandersetzen.

Jochum tut das nicht. Er ist belehrungsresistent und zitiert keine der im Internet an seinen Positionen teilweise detailliert geäußerte Kritik im sehr schmalen Literaturverzeichnis seines Buches.

Dass es nicht angeht, eine STM-Zeitschriftengruppe (PLoS) und eine kleine geisteswissenschaftliche Zeitschrift ohne Artikelgebühren und ohne Peer-Review (DVjS) in einer Modellrechnung zu vergleichen, hat man ihm mehrfach vorgehalten:

http://philobar.blogspot.com/2009/04/anz-lauer-und-schon-wieder-jochum-uber.html

http://www.freitag.de/community/blogs/joachim-losehand/dichtung-und-wahrheit

http://archiv.twoday.net/stories/5707980/

http://archiv.twoday.net/stories/5646283/

Ich zitiere nur Joachim Losehand (freitag.de am 19. Juni 2009, wie eben):

Wenn wir hypothetisch, wie Uwe Jochum es am 22.3.9 („Was ‚Open Access’ kostet“ [2]) tat, die Kosten der Publikation eines PLoS-Artikels auf eine geisteswissenschaftliche Zeitschrift – hier die „Deutsche Vierteljahresschrift“ – umrechnen, dann kommen wir zu folgenden Ergebnissen: in 10 Jahren (!) sind in der DVJS 254 Beiträge erschienen, in etwa das Aufkommen, das ein PLoS-Journal in 10 Monaten (!) zu bewältigen hat. Pro Jahr wären damit bei rund 26 Beiträgen mit im Schnitt – Preissteigerungen nicht eingerechnet – rund 47’ooo € an APC lukriert worden. Was machen wir mit dem Geld?

Für 500 MB Webspace und monatl. 25 GB Traffic bezahlt man derzeit etwa 12 € Jahresmiete, bei ca. 700 kB pro Jahrgang (700 S., pdf-Dokument) muß der Speicherplatz also erst nach über 700 Jahren aufgestockt werden, was – rechnet man die Kosten hoch – pro einzelnem Artikel (26 kB) 0,05 € an prognostizierten Bereitstellungskosten für 700 Jahre ausmacht. Gehen wir großzügig von 5 Stunden Zeitaufwand für die Bearbeitung, Einrichtung und Einbettung in den Internet-Auftritt pro Artikel aus und veranschlagen wir 20 € pro Stunde (in Anlehnung an TV-L 13; = 100 €), erhalten wir insgesamt 100,05 € Gesamtkosten pro Artikel. Was machen wir mit den restlichen 1'705,95 €, die wir als geisteswissenschaftliches OA-Journal laut Uwe Jochum pro Artikel berechnen könnten? Shopping?


Auch Losehands wichtigen Hinweis auf die verbreitete Mitautorschaft im STM-Bereich hat Jochum nicht aufgenommen. Ein wissenschaftlich relevanter Beitrag, der ein Peer Review überstehen würde, ist Jochums Text meines Erachtens definitiv nicht.

Auf eine wirklich intelligente und scharfsinnige Open-Access-Kritik müssen wir wohl noch ein Weilchen warten. Dass sie von Jochum kommen wird, halte ich für ausgeschlossen.



http://www.wallstein-verlag.de/autorbiographie/9783835306189.html

Update:

Weitere Jochumiade in "Lettre" (Auszug)

http://www.lettre.de/aktuell/87-Jochum.html
Frank (Gast) meinte am 2009/12/15 14:47:
Lettre International
Ob OA-Befürworter oder Gegner, der Artikel in der Lettre International ist absolut lesenswert und wenn es nur darum geht, die andere Seite zu verstehen, deren Argumente nachzuvollziehen. Genau davon findet sich in den einschlägigen Blogs viel zu wenig.

Insofern danke an Herrn Jochum für den Beitrag in Lettre International! 
 

twoday.net AGB

xml version of this page

powered by Antville powered by Helma