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Zu Beginn der Open Access Week hat der britische Wellcome Trust die Verlage zu mehr Transparenz bei den Kosten für das Open Access Publizieren aufgefordert, vgl.

Wellcome Trust calls for greater transparency from journals on open access publishing costs, UK PubMed Central Blog, 19 Oct 2009,
http://ukpmc.blogspot.com/2009/10/wellcome-trust-calls-for-greater.html
"We would like to see a commitment from publishers to show the uptake of their open access option and to adjust their subscription rates to reflect increases in income from open access fees,"
so Sir Mark Walport, Direktor des Wellcome Trusts, welcher im nächsten Jahr 2 Mio. Britische Pfund zur Finanzierung von OA-Publikationsgebühren zur Verfügung stellen will. Einige Verlage, z.B. Oxford University Press, machten dies bereits, und sie würden es begrüßen, wenn andere Verlage sich ebenso verhielten.

Und das Nature Blog "The Great Beyond" kommentierte unter dem Titel
Open access: are publishers ‘double dipping’?
So how big a problem is this ‘double dipping’? Is it even a problem?

No one actually knows. Robert Kiley, head of digital services at the Wellcome, says there is hardly any information in the public domain and it is hard to even work out how many paper are being published under an ‘author pays’ route.
Dass es in der Tat ein Problem ist, konnten wir bei einer Untersuchung des hybriden Zeitschriftenprogramms der Nature Publishing Group belegen [2]:

Als die von der EU mit über 100 Mio. EUR aus Steuermitteln subventionierte European Molecular Biology Organization (EMBO) das EMBO Journal Ende 2003 von Oxford University Press zur Nature Publishing Group transferierte, explodierten erst einmal die Preise auf das Doppelte. Damit nicht genug, wurden Bibliotheken auch noch zwangsweise mit den EMBO Reports beglückt (es gibt beide Publikationen seither nur noch im Doppelpack), was die Preise (und natürlich den Profit) weiter erhöhte. Zur Begründung wurde angeführt, die Anzahl der seit dem Start im Jahre 2000 verkauften Abonnements sei "absolut enttäuschend" gewesen.

Ende 2006 kündigte EMBO an, dass sie beide Zeitschriften künftig nach dem hybriden Modell publizieren würden. Autoren bekamen die Möglichkeit, ihre Artikel gegen die Zahlung einer Publikationsgebühr von 2000 EUR (jetzt 2200 EUR) sofort Open Access unter einer CC-Lizenz frei zugänglich zu machen. Bibliotheken wurde versprochen, die Zeitschrift werde künftig unter dem Modell einer Mischfinanzierung aus Publikationsgebühren und traditionellen Subskriptionsgebühren vertrieben. Während Printpreise nicht tangiert würden, sollten Preise für e-only Campuslizenzen entsprechend dem Umfang der noch unter dem traditionellen Subskriptionsmodell publizierten Inhalte jährlich angepasst werden. Das entspricht übrigens genau dem Preismodell des hybriden Springer Open Choice Programms.

Und was ist tatsächlich passiert? Im ersten Jahr (2007) hatte das EMBO Editorial Office begonnen, Änderungen im Begutachtungsprozess für das EMBO Journal vorzunehmen. Während die Zahl der Einreichungen konstant blieb, ging die Zahl der nach Vorprüfung und Selektion durch das Editorial Board schon vor dem Peer Review ausgesiebten Artikel hoch, die Zahl der erst nach aufwendigem Peer Review abgelehnten Aufsätze sank entsprechend, womit die Effizienz und Publikationsgeschwindigkeit erhöht, die Kosten dagegen reduziert wurden. Der Publikationsoutput sank dabei um etwa 1/3. Doch anstatt einen Teil dieser substantiellen Einsparungen an die Bibliotheken weiterzugeben, blieben die Preise auf dem hohen Level und wurden weiter jährlich um 5% angehoben.

Dazu stieg der Anteil der von Autoren über Publikationsgebühren finanzierten wiss. Originalbeiträge von 4% im ersten Jahr auf über 15% seither. Nachdem das GASCO-Konsortium energisch eine Preiskorrektur gefordert hatte, soll diese nun endlich vorgenommen werden. Von einer Anpassung entsprechend dem zusätzlich seit 2006 gesunkenen Umfang der jährlich publizierten Inhalte (Reduktion um 1/3) will man aber aus durchsichtigen Gründen jetzt nichts mehr wissen. Stattdessen reduziert man den Preis nun auf der Basis der Zahlen von 2008 - "inflationsbereinigt" (Inflation?! welche Inflation?) - um ganze 9%, "to reflect the recent growth in the amount of Open Access content in both journals and the corresponding partial coverage of publication costs by author charges", wobei man die im letzten Jahr "vergessene" Korrektur für 2007 (4%) der Einfachheit halber unberücksichtigt lässt.

Autoren zahlen im übrigen auch doppelt, nämlich einmal "page charges" und "colour charges", die trotz der starken Preiserhöhung auch nach dem Wechsel von einem not-for-profit zu einem kommerziellen Verlag beibehalten wurden, und darüber hinaus ggf. noch die EMBO Open Publikationsgebühren. Nicht genug damit, die NPG hat schon angekündigt, dass man die Höhe der Publikationsgebühren für EMBO nun wohl überdenken und nach oben korrigieren müsse.

Es ist sowieso ein Anachronismus, dass sich die EMBO noch den Luxus einer für persönliche Abonnenten und EMBO-Mitglieder auf Kosten von Bibliotheken stark subventionierten Printausgabe leistet, deren größte Attraktion die jährlichen "Cover Contests" zu sein scheinen. (Nur wenige Bibliotheken mit besonderen Sammelverpflichtungen können sich noch den Luxus leisten, neben einer Campuslizenz noch ein Printabonnement für zusätzliche 3000 EUR zu halten (auch hier muß man zwangsweise das Kombiabo nehmen), die BSB verzichtet umgekehrt auf die Online-Lizenz.) Es wäre an der Zeit, dass Print aufgegeben wird, um wirkliche Einsparungen zu erzielen, die an Autoren und Bibliotheken weitergeben werden könnten.

Dass Springer seine Ankündigung von Preisanpassungen im Springer Open Choice Programm jemals wahrgemacht hätte, ist auch unbekannt.

Bei Oxford University Press sieht es zwar besser aus und die Entwicklung des Oxford Open Programms ist mustergültig dokumentiert [1], aber dass im hybriden Modell die Preise nicht genauso aus dem Ruder laufen wie im traditionellen Subskriptionsmodell auch, ist damit noch längst nicht ausgemacht. Nicht genug damit, dass Oxford University Press seine e-only Preise zwar als Geste guten Willens symbolisch einfriert, aber zugleich Print- und Kombipreise um 10% bzw. 14% erhöht und dafür die längst überfällige Anpassung seiner Listenpreis-Konversionsraten (1,5 EUR/GBP, 2 USD/GBP) an den seit über 18 Monaten stark gesunkenen realen Wechselkurs des Pfunds weiterhin ausfallen lässt - nein, für alle Institutionen, deren Bibliothek noch ein reguläres Online-Abo der jeweiligen Zeitschrift hält, werden die Oxford Open Publikationsgebühren zum Jahresende 2009 für alle Titel um 40% angehoben! (Seit Einführung von Oxford Open for 5 Jahren ist die Publikationsgebühr damit schon um 60% gestiegen, während die Subskriptionspreise nur für 8 Titel um Beträge größer als 15% (bis max. 28%) relativ zur "normalen Preisentwicklung" abgesenkt wurden.

Wie mir Dr. Fournier bestätigte, wird sich die von der DFG [3] angekündigte neue Förderlinie für die Unterstützung des Open-Access-Publizierens, die für Universitäten Anreize zur Entwicklung verlässlicher und dauerhafter Finanzierungsstrukturen für die Publikation in Open-Access-Zeitschriften schaffen soll, auf "originäre Open-Access-Zeitschriften" beschränken und damit wie schon der "Compact for Open Access Publishing Equity" führender amerikanischer Universitäten hybride Modelle wg. ihrer mangelnden Preistransparenz von der Förderung ausschließen. (Über Anträge in der Einzelförderung eingeworbene Mittel aus der sog. "Publikationspauschale" dürfen aber weiterhin auch für Publikationsgebühren von hybriden Open Access- Zeitschriften verwendet werden.)

Bernd-Christoph Kämper, UB Stuttgart und GASCO Nature Konsortium

[1] Hybrid journal pricing (I): Impending Oxford Open price increases / Bernd-Christoph Kämper, ursprünglich gepostet auf liblicense-l und lis-e-resources, 20.10.2009
revidierte Version und Daten unter
http://www.ub.uni-stuttgart.de/ejournals/Hybrid_journal_pricing_OUP_rev.doc
http://www.ub.uni-stuttgart.de/ejournals/OUP_2010_online-only_price_adjustments.xls

[2] Hybrid Journal pricing (II): when and by how much will we see EMBO prices decrease? / Bernd-Christoph Kämper, ursprünglich gepostet auf liblicense-l und lis-e-resources, 20.10.2009,
revidierte Version und Daten unter
http://www.ub.uni-stuttgart.de/ejournals/Hybrid_journal_pricing_EMBO.doc
http://www.ub.uni-stuttgart.de/ejournals/EMBO_Tables_2006-2009.xls

[3] Rückenwind für freien Zugang zu Forschungsergebnissen:
Universitäten können Mittel für Publikationen ihrer Wissenschaftler in Open-Access-Zeitschriften beantragen. DFG-Pressemitteilung Nr. 57, 13. Oktober 2009
http://www.dfg.de/aktuelles_presse/pressemitteilungen/2009/presse_2009_57.html

Update:

PRESS RELEASE FROM NATURE PUBLISHING GROUP
12 November 2009
Open Access uptake prompts 9% price reduction for The EMBO Journal and EMBO reports
http://www.nature.com/press_releases/emboopen.html

Mein Kommentar dazu im SPARC Open Access Forum (13.11.):
https://mx2.arl.org/Lists/SPARC-OAForum/Message/5247.html

Gavin Baker schreibt in Peter Subers Open Access News vom 13.11.:
Lower subscription costs at two hybrid OA Nature Publishing Group journals "will not be enough to keep libraries and funders like the Wellcome Trust from asking NPG for more transparency", argues Bernd-Christoph Kaemper. "If we had data to actually calculate revenue per article, we would see that it has risen sharply [since 2006]."

Update 27.11.2009

Der renommierte britische Wissenschaftsjournalist und kritische Chronist der Open Access Bewegung Richard Poynder hat aus Anlaß der Veröffentlichung des Guides "Who pays for Open Access?" der Scholarly Publishing & Academic Resources Coalition (SPARC) in seinem Blog "Open And Shut?" einen Essay

Open Access: Who pays? How much?
http://poynder.blogspot.com/2009/11/open-access-who-pays-how-much.html

veröffentlicht. Es enthält ein Interview mit SPARC Executive Director Heather Joseph und eine umfassende und kluge Analyse von Poynder, in die auch E-Mail-Interviews mit Kirsty Luff von Oxford University Press und mit mir eingeflossen sind (vgl. S. 7-9 und 12). Vgl. a. http://archiv.twoday.net/stories/6066656/

Sein Fazit: "All in all, the main question raised by SPARC's new guide is not "Who pays for Open Access?", but "How much should Open Access cost?"
BCK meinte am 2009/11/05 08:51:
Update zur Preispolitik der NPG
In der Pressemitteilung Expanded green and gold routes to open access at Nature Publishing Group der NPG vom Januar 2009, in der sie für die Campuslizenzen solch hybrider OA-Titel ggf. Preisanpassungen (nach unten, hoffentlich) ankündigen ("will be adjusted in line with the amount of subscription-content [nicht open access] published annually"), heißt es in Bezug auf die Druckausgaben:
“Print subscription prices for these journals will not be affected“
Eine glatte Lüge. Ganz im Gegenteil. Anscheinend versucht sich der Verlag gegen mögliche Risiken seines Modells (?) abzusichern, indem er erstmal mit einem großzügigen Preisanstieg von 20% für Print in 2010 als flankierende Maßnahme startet. Dies betrifft allein 8 der 12 Titel, die neu im hybriden Programm sind [2], während die Preissteigerung für Print bei den NPG Academic & Society Journals für 2010 ansonsten im Schnitt bei 4% liegt.

Getoppt wird das nur noch von den Preissteigerungen für die Nature branded journals (Nature und die Nature Research und Review Journals), die sich auch in der gedruckten Ausgabe (muss ggf. extra bezahlt werden, nicht im Preis einer Campuslizenz enthalten) seit 2003 im Preis verdreifacht haben (15%...17% pro Jahr). 
 

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