"Anna, verlobt mit Konrad v. Ahelfingen, der 1420 das Verlöbnis brach", weiß die Stammtafel von Albrecht Freiherr von Wöllwarth-Lauterburg: Die Freiherren von Woellwarth. Fortdruck der 2. Aufl. 1979, S. 9 Nr. 15. Die nicht zustande gekommene Heirat führte zu einer Fehde zwischen dem vorgesehenen Bräutigam Konrad von Ahelfingen und dem Brautvater Jörg von Wöllwarth, die nicht nur mit kriegerischen Mitteln, sondern auch vor geistlichen Gerichten ausgetragen wurde.
Als Quellen zu dieser Auseinandersetzung sind bisher bekannt zwei Urkunden im Wöllwarth-Archiv und zwei lateinische Konsilien in einer Dillinger Handschrift.
Regesten der beiden Urkunden aus dem Jahr 1420 liegen seit 1991 gedruckt vor (Norbert Hofmann, Archiv der Freiherren von Woellwarth). Sie sind auch in den Online-Findmitteln des Landesarchivs Baden-Württemberg einzusehen.
Am 16. August 1420 erklärte Konrad von Ahelfingen die Beilegung des Streits mit Jörg von Wöllwarth wegen dessen Tochter.
http://www.landesarchiv-bw.de/plink/?f=2-1117181
Über das strittige Eheversprechen soll die Entscheidung des geistlichen Gerichts des Mainzer Kurfürsten verbindlich sein. Eine Appellation dagegen soll es nicht geben. Über die von Jörg gegen Konrad in Rom erwirkten Briefe, die diesem nicht bekannt seien, soll ein Schiedsgericht unter dem Vorsitz des Abts Siegfried von Ellwangen entscheiden. Auch für die Festsetzung des Jörg zugefügten Schadens soll dieses Schiedsgericht zuständig sein. Jörg soll sich bei dem zuständigen geistlichen Richter um die Aufhebung des gegen Konrad verhängten Kirchenbanns bemühen. dass es zu gewalttätigen Auseinandersetzjngen kam, sagt die letzte Bestimmung: "Über die von Conrad gegen Jörg verübte Brandstiftung (prand) sollen Erkinger von Sawnshein zu Kottenheim (Cottenhein) und Jörg Lanckwarter entscheiden. Beide Parteien verzichten auf ihre Ansprüche wegen Lösegelds (schatzung), Brandschatzung und nicht gegebenen Geldes; sie und ihre Helfer sollen miteinander versöhnt und gerichtet sein."
Etwa einen Monat früher war Konrad vor der Konstanzer Kurie mit Exkommunikation und Interdikt belegt worden, nachdem er dort nicht erschienen war. Dies wurde am 17. Juli 1420 beurkundet von "Johannes Schurpfer, Dekan der Konstanzer Kirche, päpstlich bestellter Exekutor des Gerichtsurteils, das durch Friedrich Deys, decretorum doctor, Kaplan des Papstes Martin V. und deputierter Auditor für den Eheprozeß zwischen Konrad Ahelfinger, Edelknecht (armiger), und Anna von Wellenwart, beide Augsburger Diözese, gegen Konrad und für Anna gefällt wurde".
http://www.landesarchiv-bw.de/plink/?f=2-1136818
Die Urkunde bezieht sich auf eine Bulle des Papstes Martin V. und die Urkunde des Bischofs Peter von Condom (episcopum Condomensen), der neben dem Konstanzer Dekan zum Exekutor bestellt worden war.
Dass es Unterlagen zu dem Streit im vatikanischen Archiv gibt, darf bezweifelt werden. Unter den Regesten von Eugen Schneider 1895 ist jedenfalls nichts zu finden:
http://www.archive.org/details/WuerttembergischesAusRoemischenArchiven
Erhalten geblieben sind zwei lateinische Rechtsgutachten zu dem Streit in der Handschrift XV 89 der Studienbibliothek Dillingen. Sie wurde 2006 von Elisabeth Wunderle in einem gedruckten Katalog beschrieben, siehe http://archiv.twoday.net/stories/6282725/
Allerdings ist im Katalog die Familie der Herren von Wöllwarth mit einer Ulmer Familie verwechselt, die beiden Urkunden von 1420 blieben Wunderle unbekannt.
http://daten.digitale-sammlungen.de/bsb00045613/image_225
Die Handschrift, 1479-1484 von dem Ulmer Stadtsyndikus und Notar Ulrich Lochner geschrieben, enthält lateinische Rechtsgutachten (Consilia). Die Texte des zweiten Teils stammen überwiegend von Heinrich Neithart (dem Älteren). Dieser wurde auch bei einem Eherechtsstreit als Gutachter tätig (Bl. 181v-184r), der vor dem geistlichen Gericht in Augsburg von Agnes, der Tochter des Johannes von Rinderbach gegen Michael Elchinger geführt wurde. Als Zeuge wird der Pfarrer Erhard von Essingen angeführt, ein Herr Erhart , Pfarrer zu Essingen erscheint in den genannten Wöllwarth-Regesten zu 1434:
http://www.landesarchiv-bw.de/plink/?f=2-1143829
Johann von Rinderbach dürfte dem Aalener Zweig der Gmünder Geschlechterfamilie von Rinderbach angehört haben. 1456 urkundet Agnes von Rinderbach, die Tochter des inzwischen verstorbenen Johann von Rinderbach, offenkundig in Aalen. Sie verkauft ein Anwesen in Essingen an den Sohn ihrer Muhme Jakob Hainczinger, Bürger zu Aalen.
http://www.landesarchiv-bw.de/plink/?f=2-1143835
Unter den Beteiligten und Zeugen des Augsburger Verfahrens tritt ein Thomas Hainziger auf. Dies dürfte die Zuweisung an Heinrich Neithart den Älteren und die erste Hälfte des 15. Jahrhunderts absichern.
Bl. 228r-232r der Handschrift enthalten das Consilum des Ludwig Neithart (er war unter anderem Kanoniker in Augsburg), Licentiat der Dekrete, in der Klage des Konrad von Ahelfingen gegen Anna von Wöllwarth. Neithart sprach sich für die Beklagte aus. Bl. 232r-235v überliefern das Gutachten des Johannes Adolffi (um 1420 bezeugt), Baccalaureus der Dekrete und Scholasticus am Stift Ansbach in der gleichen Angelegenheit. Als Zeugen werden genannt: Andreas Rugger de Hobach (Heubach, nicht Haubach bei Isny, wie Wunderle schreibt), Johannes Brum von Oberkochen, Konrad Durchdenbusch von Ahelfingen, Ulrich Diemer von Ahelfingen, Johannes Spiesser, Barbara Volckin de "Suephental" (es dürfte Snephental zu lesen und das auf den Hof Schnepfental bei Wasseralfingen zu beziehen sein) und Dorothea von Rammingen (eine spätere Trägerin dieses Namens war in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts Ehefrau eines von Rechberg, nach den Wöllwarth-Regesten).
Welchem geistlichen Gericht die Gutachten zuzuweisen sind, kann nicht sicher gesagt werden, aber nach der Urkunde vom August 1420 könnte man an das Mainzer Gericht denken. Falls jemand sich die Mühe einer rechtshistorischen Auswertung der Gutachten der Dillinger Handschrift zu Ehesachen machen sollte, wird er von der umfänglichen Behandlung der Eheprozesse durch Christian Schwab, Das Augsburger Offizialatsregister (1348-1352), 2001 profitieren können. Was der Klagegrund war, müsste man ebenfalls den Gutachten entnehmen.
Glaubt man Norbert Hofmann (im Register zum gedruckten Regestenwerk), war Jörg von Wöllwarth der 1442 gestorbene Stifter der Lauterburger Linie. In Hermann Bauers Aufstellung in der Oberamtsbeschreibung Aalen passt ein Konrad von Ahelfingen (1455 war er tot) am ehesten zum Kläger:
http://de.wikisource.org/wiki/Seite:Oberamt_Aalen_149.jpg
Obwohl der Streit hier nur oberflächlich, also ohne Einsichtnahme in die handschriftlichen Quellen angerissen werden konnte, kann festgestellt werden, dass er für die Parteien sehr wichtig (und kostspielig) war. Konrad von Ahelfingen scheint auf die Fehde, also auf Gewalt gesetzt zu haben, während Jörg von Wöllwarth die geistliche Gerichtsbarkeit in Anspruch nahm und den Papst bemühte. Dieses Vorgehen und die juristischen Gutachten dürften ihn eine erhebliche Summe gekostet haben. Für den Ahelfinger wäre eine Einheirat bei den Wöllwarth überaus lukrativ gewesen, denn die Wöllwarth scheinen sehr reich gewesen zu sein:
http://naxos.bsz-bw.de/rekla/show.php?mode=source&id=57
#forschung
Als Quellen zu dieser Auseinandersetzung sind bisher bekannt zwei Urkunden im Wöllwarth-Archiv und zwei lateinische Konsilien in einer Dillinger Handschrift.
Regesten der beiden Urkunden aus dem Jahr 1420 liegen seit 1991 gedruckt vor (Norbert Hofmann, Archiv der Freiherren von Woellwarth). Sie sind auch in den Online-Findmitteln des Landesarchivs Baden-Württemberg einzusehen.
Am 16. August 1420 erklärte Konrad von Ahelfingen die Beilegung des Streits mit Jörg von Wöllwarth wegen dessen Tochter.
http://www.landesarchiv-bw.de/plink/?f=2-1117181
Über das strittige Eheversprechen soll die Entscheidung des geistlichen Gerichts des Mainzer Kurfürsten verbindlich sein. Eine Appellation dagegen soll es nicht geben. Über die von Jörg gegen Konrad in Rom erwirkten Briefe, die diesem nicht bekannt seien, soll ein Schiedsgericht unter dem Vorsitz des Abts Siegfried von Ellwangen entscheiden. Auch für die Festsetzung des Jörg zugefügten Schadens soll dieses Schiedsgericht zuständig sein. Jörg soll sich bei dem zuständigen geistlichen Richter um die Aufhebung des gegen Konrad verhängten Kirchenbanns bemühen. dass es zu gewalttätigen Auseinandersetzjngen kam, sagt die letzte Bestimmung: "Über die von Conrad gegen Jörg verübte Brandstiftung (prand) sollen Erkinger von Sawnshein zu Kottenheim (Cottenhein) und Jörg Lanckwarter entscheiden. Beide Parteien verzichten auf ihre Ansprüche wegen Lösegelds (schatzung), Brandschatzung und nicht gegebenen Geldes; sie und ihre Helfer sollen miteinander versöhnt und gerichtet sein."
Etwa einen Monat früher war Konrad vor der Konstanzer Kurie mit Exkommunikation und Interdikt belegt worden, nachdem er dort nicht erschienen war. Dies wurde am 17. Juli 1420 beurkundet von "Johannes Schurpfer, Dekan der Konstanzer Kirche, päpstlich bestellter Exekutor des Gerichtsurteils, das durch Friedrich Deys, decretorum doctor, Kaplan des Papstes Martin V. und deputierter Auditor für den Eheprozeß zwischen Konrad Ahelfinger, Edelknecht (armiger), und Anna von Wellenwart, beide Augsburger Diözese, gegen Konrad und für Anna gefällt wurde".
http://www.landesarchiv-bw.de/plink/?f=2-1136818
Die Urkunde bezieht sich auf eine Bulle des Papstes Martin V. und die Urkunde des Bischofs Peter von Condom (episcopum Condomensen), der neben dem Konstanzer Dekan zum Exekutor bestellt worden war.
Dass es Unterlagen zu dem Streit im vatikanischen Archiv gibt, darf bezweifelt werden. Unter den Regesten von Eugen Schneider 1895 ist jedenfalls nichts zu finden:
http://www.archive.org/details/WuerttembergischesAusRoemischenArchiven
Erhalten geblieben sind zwei lateinische Rechtsgutachten zu dem Streit in der Handschrift XV 89 der Studienbibliothek Dillingen. Sie wurde 2006 von Elisabeth Wunderle in einem gedruckten Katalog beschrieben, siehe http://archiv.twoday.net/stories/6282725/
Allerdings ist im Katalog die Familie der Herren von Wöllwarth mit einer Ulmer Familie verwechselt, die beiden Urkunden von 1420 blieben Wunderle unbekannt.
http://daten.digitale-sammlungen.de/bsb00045613/image_225
Die Handschrift, 1479-1484 von dem Ulmer Stadtsyndikus und Notar Ulrich Lochner geschrieben, enthält lateinische Rechtsgutachten (Consilia). Die Texte des zweiten Teils stammen überwiegend von Heinrich Neithart (dem Älteren). Dieser wurde auch bei einem Eherechtsstreit als Gutachter tätig (Bl. 181v-184r), der vor dem geistlichen Gericht in Augsburg von Agnes, der Tochter des Johannes von Rinderbach gegen Michael Elchinger geführt wurde. Als Zeuge wird der Pfarrer Erhard von Essingen angeführt, ein Herr Erhart , Pfarrer zu Essingen erscheint in den genannten Wöllwarth-Regesten zu 1434:
http://www.landesarchiv-bw.de/plink/?f=2-1143829
Johann von Rinderbach dürfte dem Aalener Zweig der Gmünder Geschlechterfamilie von Rinderbach angehört haben. 1456 urkundet Agnes von Rinderbach, die Tochter des inzwischen verstorbenen Johann von Rinderbach, offenkundig in Aalen. Sie verkauft ein Anwesen in Essingen an den Sohn ihrer Muhme Jakob Hainczinger, Bürger zu Aalen.
http://www.landesarchiv-bw.de/plink/?f=2-1143835
Unter den Beteiligten und Zeugen des Augsburger Verfahrens tritt ein Thomas Hainziger auf. Dies dürfte die Zuweisung an Heinrich Neithart den Älteren und die erste Hälfte des 15. Jahrhunderts absichern.
Bl. 228r-232r der Handschrift enthalten das Consilum des Ludwig Neithart (er war unter anderem Kanoniker in Augsburg), Licentiat der Dekrete, in der Klage des Konrad von Ahelfingen gegen Anna von Wöllwarth. Neithart sprach sich für die Beklagte aus. Bl. 232r-235v überliefern das Gutachten des Johannes Adolffi (um 1420 bezeugt), Baccalaureus der Dekrete und Scholasticus am Stift Ansbach in der gleichen Angelegenheit. Als Zeugen werden genannt: Andreas Rugger de Hobach (Heubach, nicht Haubach bei Isny, wie Wunderle schreibt), Johannes Brum von Oberkochen, Konrad Durchdenbusch von Ahelfingen, Ulrich Diemer von Ahelfingen, Johannes Spiesser, Barbara Volckin de "Suephental" (es dürfte Snephental zu lesen und das auf den Hof Schnepfental bei Wasseralfingen zu beziehen sein) und Dorothea von Rammingen (eine spätere Trägerin dieses Namens war in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts Ehefrau eines von Rechberg, nach den Wöllwarth-Regesten).
Welchem geistlichen Gericht die Gutachten zuzuweisen sind, kann nicht sicher gesagt werden, aber nach der Urkunde vom August 1420 könnte man an das Mainzer Gericht denken. Falls jemand sich die Mühe einer rechtshistorischen Auswertung der Gutachten der Dillinger Handschrift zu Ehesachen machen sollte, wird er von der umfänglichen Behandlung der Eheprozesse durch Christian Schwab, Das Augsburger Offizialatsregister (1348-1352), 2001 profitieren können. Was der Klagegrund war, müsste man ebenfalls den Gutachten entnehmen.
Glaubt man Norbert Hofmann (im Register zum gedruckten Regestenwerk), war Jörg von Wöllwarth der 1442 gestorbene Stifter der Lauterburger Linie. In Hermann Bauers Aufstellung in der Oberamtsbeschreibung Aalen passt ein Konrad von Ahelfingen (1455 war er tot) am ehesten zum Kläger:
http://de.wikisource.org/wiki/Seite:Oberamt_Aalen_149.jpg
Obwohl der Streit hier nur oberflächlich, also ohne Einsichtnahme in die handschriftlichen Quellen angerissen werden konnte, kann festgestellt werden, dass er für die Parteien sehr wichtig (und kostspielig) war. Konrad von Ahelfingen scheint auf die Fehde, also auf Gewalt gesetzt zu haben, während Jörg von Wöllwarth die geistliche Gerichtsbarkeit in Anspruch nahm und den Papst bemühte. Dieses Vorgehen und die juristischen Gutachten dürften ihn eine erhebliche Summe gekostet haben. Für den Ahelfinger wäre eine Einheirat bei den Wöllwarth überaus lukrativ gewesen, denn die Wöllwarth scheinen sehr reich gewesen zu sein:
http://naxos.bsz-bw.de/rekla/show.php?mode=source&id=57
#forschung
KlausGraf - am Sonntag, 11. April 2010, 01:38 - Rubrik: Kodikologie