Allgemeines
Architekturarchive
Archivbau
Archivbibliotheken
Archive in der Zukunft
Archive von unten
Archivgeschichte
Archivpaedagogik
Archivrecht
Archivsoftware
Ausbildungsfragen
Bestandserhaltung
Bewertung
Bibliothekswesen
Bildquellen
Datenschutz
... weitere
Profil
Abmelden
Weblog abonnieren
null

 
BayObLG: 1Z BR 45/04 vom 12.07.2004 BeckRS 2004 08220

Zu den Voraussetzungen der Einsichtnahme in die Sterbebücher des Standesamts zum Zwecke einer zeitgeschichtlichen Dokumentation. (PStG § 61)

Es ging um die von einem Stadtarchiv verlangte Einsicht in die Sterbebücher von Ansbach zugunsten eines von einem Bürger erstellten Gedenkbuchs für die Opfer von Krieg und Gewalt.

Aus den Gründen:

Der Zweck der Einsichtnahme im vorliegenden Fall bewege sich jedoch nicht innerhalb der Zuständigkeit der Beteiligten zu 1. Zwar gehöre die Kultur-. und Archivpflege gem. Art. 57 I Satz 1 der Gemeindeordnung für den Freistaat Bayern (GO) zu den Aufgaben des eigenen Wirkungskreises der Gemeinde; dementsprechend sehe Art. 13 Bayerisches Archivgesetz (BayArchivG) auch kommunale Archive vor. Zum Aufgabenbereich der Gemeinde gehöre jedoch nicht der vorliegende Fall einer Vervollständigung und Aktualisierung von Daten eines Privatmanns, auch wenn dessen Arbeit letztlich im Interesse der Gemeinde liege. Das Personenstandsgesetz sehe eine Einsichtnahme privater Dritter in die Personenstandsbücher zu wissenschaftlichen Zwecken nicht vor. Die von der Beteiligten zu 1 angestrebte Einsichtnahme zum Zwecke der Herausgabe von Daten an Herrn H. wäre eine unzulässige Umgehung des Gesetzes. [...]

Zutreffend ist das LG zu dem Ergebnis gekommen, dass das mit dem Einsichtsantrag verfolgte Ziel, die Vervollständigung und Aktualisierung der von einer Privatperson ermittelten Daten einer zeitgeschichtlichen Dokumentation zu fördern, von der Zuständigkeit der Gemeinde für Kultur- und Archivpflege (Art. 57 I Satz 1 GO) nicht erfasst wird und somit ein Einsichtsrecht aus § 61 I Satz 1 PStG nicht hergeleitet werden kann. Die Beteiligte zu 1 erfüllt mit der Vervollständigung und Aktualisierung der Daten einer privaten Dokumentation keine eigene behördliche Aufgabe, sondern unterstützt private Nachforschungen. Dass die als Ergebnis dieser privaten Nachforschungen erstellte Dokumentation für die Gemeinde ebenso wie für die Mitbürgerinnen und Mitbürger des Herrn H. von Interesse sein kann, macht die Einsichtnahme in die vom Gesetzgeber grundsätzlich abgeschirmten Daten der Sterbebücher nicht zu einer behördlichen Aufgabe. Ob eine vom Stadtarchiv der Beteiligten zu 1 selbst erstellte oder zu erstellende Dokumentation der Beteiligten zu 1 ein Recht zur Einsichtnahme in die Sterbebücher geben könnte (so LG Paderborn NJW-RR 1992, 248 für den Fall einer Dokumentation über die Geschichte der jüdischen Bevölkerung in einer Stadt) kann offen bleiben, da Gegenstand des hier zu entscheidenden Falles die Vervollständigung und Aktualisierung der Dokumentation einer Privatperson ist.

Weniger restriktiv urteilte das LG Paderborn a.a.O.:

Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung steht dem geltend gemachten Anspruch auf Einsichtnahme in das Standesamtsregister zum Zwecke der Erstellung einer Dokumentation über die Geschichte der jüdischen Bevölkerung in einer Stadt und der zwischen 1874 und dem 8. 5. 1945 verstorbenen Juden nicht entgegen.

Hier durfte das Stadtarchiv einsehen. Die bayerische Entscheidung überzeugt nicht, da auf diese Weise ein mit Art. 5 GG und dem Gleichheitssatz unvereinbares öffentliches Forschungsmonopol geschaffen wird. Ein solches besteht zwar im Bereich der Stasi-Unterlagen und wird dort ebenfalls kritisiert, aber dort ist die Sachlage ersichtlich anders. Das Gericht hat die Grundrechte verkannt.
 

twoday.net AGB

xml version of this page

powered by Antville powered by Helma