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Das Stiftmuseum Xanten (siehe http://archiv.twoday.net/stories/6336833/ ), dieses Jahr eröffnet, ist eine überaus sehenswerte Schatzkammer sakraler Kunst. Vor allem Freunde von Paramenten kommen auf ihre Kosten.

So schön und kostbar die Stücke auch sind und die Aufmachung des Museums ansprechend, so wenig befriedigt das museumsdidaktische Konzept im Detail.

Die Texte sind vergleichsweise lang und in zu kleiner Schrift gehalten. Eine seltene Ausnahme ist die Tafel zur Viktorstracht, auf der ein sehr langes Zitat nicht besonders optisch hervorgehoben wird. Sonst fehlen aber Übersichtsinformationen, etwa zur Stiftsbibliothek, von der man im letzten Raum diverse Cimelien bewundern darf. Außerdem hat man einen Blick auf die eindrucksvollen Bücherwände. Ein Unding ist es, dass man die jeweilige Datierung nur in winziger Schrift bei den Objekten vermerkt hat - sie ist für die historische Einordnung zentral und darf unter keinen Umständen optisch so an den Rand gedrängt werden!

Eine Archivalien-Collage bleibt ganz ohne Erläuterungen, man steht davor und bestaunt allerlei Schriftgut. Dieser Raum ist abgedunkelt, während andere Archivalien in einem Raum präsentiert werden, der teilweise von Tageslicht beleuchtet wird. Keine Archivalien in eine Dauerausstellung, lautete früher die Devise. Ich möchte daher nicht ausschließen, dass die Präsentation der Archivalien in Raum IV aus Gründen der Bestandserhaltung bedenklich ist.

Ein Reinfall ist die Website des Museums: http://www.stiftsmuseum-xanten.de/index.php Sie befindet sich seit Mai "im Aufbau" und zeigt nicht das mindeste, was einen nach Xanten locken könnte. Der Katalog ist gut und mit 20 Euro nicht zu teuer, aber das ist im digitalen Zeitalter nicht mehr das Non-Plus-Ultra. Wer es als Museumsmensch nicht kapiert hat, dass man auf seiner Internetseite (mindestens) durch einige ausgewählte Bilder in guter Qualität Lust machen sollte, den Musentempel aufzusuchen, hat nichts verstanden.

***

Aus archivischer Sicht besonders spannend sind - in der Ausstellung auf zwei Räume verteilte - bemalte Urkundenladen, die Urkunden über Gebetsverbrüderungen enthielten. Unverständlich ist, wieso nicht einmal im Katalog ein Querverweis erfolgt.

Die ältere zeigt die Madonna und barg die Verbrüderungen mit den Weseler Kartäusern (1441). Die jüngere Urkundenlade von 1460 enthielt die Verbrüderung mit den Kamper Zisterziensern. Hier steht der hl. Bernhard von Clairvaux im Mittelpunkt. Die besondere Eigenart dieser raren Stücke wird vom Katalog (S. 84f., 149) übergangen, der bei diesen Stücken patzt (weil er das Stück mit kunsthistorischen Scheuklappen betrachtet). Dass es noch eine weitere (nicht ausgestellte) Lade von 1535 (Verbrüderung mit den Kreuzherren von Marienfrede) gibt und dass es sich um die "bisher einzig bekannten Gebetwsverbrüderungsladen" überhaupt handelt, erfährt man nicht aus dem Katalog, sondern aus dem (in einer örtlichen Buchhandlung im modernen Antiquariat für 9,95 Euro erhältlichen) Buch von Udo Grote, Der Schatz von St. Viktor, 1998, S. 161.



http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Xanten_verbruederung_kamp.jpg
Hedrich-Winter (Gast) meinte am 2010/08/27 11:06:
Stiftsmuseum Xanten
Darf ich beispringen? Ich war kürzlich ebenfalls im Xantener Stiftsmuseum und kann Wort für Wort alles bestätigen: Ein architektonisch schön gemachtes Museum mit wirklich tollen Ausstellungsstücken, jedoch teilweise fragwürdiger Präsentation (Archivalien-"Schaufenster"), wirklich schlechten Beschriftungen (zu kleine Schrift, "ergonomisch" falsch angebrachte Schildchen) und erstaunlich schlechter Beleuchtung (Strahler im Rücken, so dass der Schatten des Betrachters auf das Exponat fällt und z.B. das Lesen der Erläuterungen noch mehr erschwert - oder wurde das inzwischen verbessert?). Beim gut gemachten Katalog (Bücher sind für mich in erster Linie ein optisches und haptisches Erlebnis) fiel mir negativ auf, dass auf alle die in der Ausstellung gezeigten Archivalien nicht oder nicht ausreichend Bezug genommen wird (das mag darauf hindeuten, dass die Archivalien im "Schaufenster" regelmäßig ausgewechselt werden sollen). Trotzdem habe ich mir den Katalog gekauft und bin gleich am nächsten Tag noch einmal ins Museum gegangen. Damit das auch noch recht viele andere der zahlreichen Xanten-Besucher tun (Stichwort: Familienwochenendausflugsevent Römer-Spaßpark APX!) sollte man die Möglichkeiten der Interet-Seite ernst nehmen und sie professionell fertig stellen. Auch könnte ich mir mehr Hinweise auf das Stiftsmuseum in der Stadt und im APX vorstellen.
P.S. Besondere Empfehlung an alle Besucher: Das leckere Stiftsbräu-Bier, das man in der Stifts-Bauhütte bekommt! 
Markus Kamps (Gast) meinte am 2010/08/30 14:52:
M.A.
Sehr geehrter Herr Graf, liebe User, liebe Leser....

vorweg geschickt.. das Stiftsmuseum und der Dom - die Stiftskirche des Heiligen Viktor - sind für Liebhaber ein absolutes Muss.. Kritik hin oder her !!!

Doch zum Thema.
Ihre wohlmeinende Kritik ist in jedem Fall richtig... nicht fertiggestelle Website (jeder weiß wie unerlässlich dies heutzutage ist)... Archivalien im Licht, zu kleine und teilweise schlecht angebrachte Beschriftungen...
Vielleicht darf man dies wohlmeinend als die "Geburtswehen" eines gerade - unter großen Mühen und Entbehrungen (mit einer kleinen Mitarbeitertruppe) - eingerichteten neuen Museums bezeichnen.

Wem bewußt ist, welch fast wundersamem Wirken weniger Personen (vor allem Walter Bader) die Stiftskirche von Xanten mit ihrem kaum andernorts in Westeuropa in solch reicher Fülle erhaltenen Ausstattungs-, Bibliotheks-, Paramenten- und Schatzbestand die Rettung 1943/45 und nach Kriegsende verdankt, mag vielleicht etwas milder urteilen.

Milder vielleicht auch wenn man aus der Erfahrung "hinter den Kulissen" weiß, in welch desolatem, ja katastrophalem Zustand sich der Bibliotheks- und Paramentenbestand mit Teilen der Ausstattung in den letzten Jahrzehnten vor der Tätigkeit des jetzigen Leiters Dr. Grote (Diözesankonservator) befand.

Die Errichtung dieses Museums und die Rettung und Konservierung teils einzigartiger Objekte (sie erwähnten ausschnittweise die Gebetsverbrüderungen), und des unglaublichen Paramentenbestandes mit mehreren hundert Nummern mittelaterlicher Stücke und einem unvergleichlichen Tapisseriebestand, war ein enormer Kraftakt.

Man bedenke, in Xanten leben etwas mehr als 21.000 Einwohner, wo zudem Römerpark und Stift um öffentliche Mittel konkurrieren.
Der Einsatz vieler privater Spender und Fördervereine hat überhaupt das Museum so erst möglich gemacht...

Vielleicht kommt die hier geleistete Rettungstat im Museum zu kurz, sicher auch um wenig verdienstvolle ehemalige Zuständige zu schonen.....
Und wenn wir schon dabei sind... es ist noch so einiges mehr im Verborgenen als das was gezeigt werden kann... Hilfe ist weiterhin erwünscht...

Vor Jahren fanden sich zum Beispiel 7 barocke Retabel, die nach dem Krieg nicht mehr in die Kirche zurückkehren konnten (Liturgiereform !!) in einem feuchten Depot... auf dem Dachboden lagerte völlig verdreckt der komplette !! spätgotische Bestand gotischer Reliquiengehäuse (ca 15 Meter !!), die vor 1943 oberhalb der Chorschranken angebracht waren und offiziell als Kriegsverlust galten. Alles durchsetzt mit Stickereien, gotischem Flitter und Besatz... dazu zwei weitere Holzschreine des 14. und 17. Jahrhunderts. Fotos der Kirche vor der Zerstörung zeigen diesen eizigartigen Bestand.
Ein Teil ist inzwischen gesichert und Restauriert.
Vieles weitere wäre zu sagen...doch machen Sie sich als Besucher gerne einen Eindruck und helfen Sie den Verantwortlichen vor Ort die Rettungsgeschichte fortzuschreiben und die Stiftskirche und Ihre Schätze noch mehr in das Bewußtsein der Öffentlichkeit zu bringen.

P.S. Der Kommentator war zwischen 1993 und 1995 studienbegleitend vor Ort und immer noch mit Herzblut verbunden. 
 

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