Allgemeines
Architekturarchive
Archivbau
Archivbibliotheken
Archive in der Zukunft
Archive von unten
Archivgeschichte
Archivpaedagogik
Archivrecht
Archivsoftware
Ausbildungsfragen
Bestandserhaltung
Bewertung
Bibliothekswesen
Bildquellen
Datenschutz
... weitere
Profil
Abmelden
Weblog abonnieren
null

 
Olaf Piontek fragt in der geschlossenen Facebookgruppe Archivfragen nach den Möglichkeiten der Präsentation (archivischer) Fotosammlungen im Netz. Das neue Flickr-Design gefällt ihm nicht, und bei Google Cultural Institute vermisst er den "Open-Access_Gedanken" (??) und Web 2.0-Funktionalität. In der Diskussion wurde auch die Europeana genannt.

Ich möchte grundsätzlich dazu Stellung nehmen.

Meine Thesen:

(1) Aus der Sicht archivischer Öffentlichkeitsarbeit und des Web 2.0-Gedankens sind breitenwirksame interaktive Angebote wie Flickr zu nutzen.

Mir gefällt Facebook überhaupt nicht, aber trotzdem habe ich mich entschlossen, dass unser Archiv nicht nur auf Google+, sondern auch auf Facebook aktiv ist. Einziger Grund: IMPACT, die höhere Reichweite.

Einzelbilder können gut in Social Media beworben werden, während größere Sammlungen am ehesten auf Flickr Wirkung erzielen - Design hin oder her (mir gefällt es auch nicht).

(2) Eine datenschutzrechtliche Problematik ist nicht nur bei Personenfotos, sondern durch Nutzerverfolgung im Internet ("Tracking") gegeben und im Auge zu behalten.

Siehe
https://www.datenschutzzentrum.de/tracking/

Öffentliche Stellen dürfen nach der von mir als überwiegend hysterisch eingeschätzten Ansicht von Datenschützern nicht in einflussreichen Web 2.0-Angeboten aktiv sein. Siehe auch

http://archiv.twoday.net/stories/706566744/
http://www.datenschutzbeauftragter-info.de/slideshare-einsatz-in-deutschland-ist-unzulaessig/

(3) Neben den reichweitenstarken kommerziellen Angeboten ist immer auch eine von der eigenen Institution verantwortete Präsentation mit wissenschaftlich verwertbaren Metadaten (freigegeben als Open Data) und dauerhaften Links (URIs) zu den einzelnen Objekten zu realisieren, die eine Einbeziehung in die "Open Linked Data" des semantischen Netzs erlauben.

Kommerzielle Angebote - ob von Yahoo (Flickr) oder Google - können von einem Tag auf den anderen verschwunden sein oder nach willkürlichen Kriterien teilnehmende Institutionen ausschließen.

Eine sachgerechte Realisierung der Forderung nach einer Fotopräsentation mit dauerhaften Netzadressen ist gerade für kleinere Archive derzeit schwierig.

Da z.B. viele Archive nach wie vor lemminghaft auf das völlig stümperhafte AUGIAS setzen, das bei der Internetpräsentation von Findmitteln mit Digitalisaten keine dauerhaften Links kennt, stößt die lokale Präsentation nicht nur auf das Problem des mangelnden Netzplatzes.

Eine Lösung wäre ein kooperatives Open-Access-Repositorium, das aber auch bei deutschen Bibliotheken nicht in Sicht ist, was Bildsammlungen angeht.

Vor allem in den USA wird die Open-Access-Software DSpace auch für digitale Bildsammlungen genutzt, was wissenschaftlich erst einmal ausreichend ist: Es gibt permante Handle-URL sund die Metadaten sind durch OAI-PMH-Harvester erreichbar.

Um ein ärgerliches europäisches Beispiel zu nennen: UB Dorpat (die meisten Fotosammlungen sind anscheinend nur nach Einloggen benutzbar)

http://dspace.utlib.ee/dspace/community-list

Die Permanentlinks (Persistent Identifier) von DOI und URN sind für Fotosammlungen eher unüblich.

Realistischerweise muss man annehmen, dass viele Archive nicht nur Public-Domain-Bilder oder unter CC-BY bzw. CC-BY-SA lizenzierte Materialien einstellen möchten, weshalb Wikimedia Commons keine wirkliche Option darstellt.

(4) Was gemeinfrei ist, muss auch als Digitalisat gemeinfrei bleiben. Bei noch geschützten Bildern sollten alle unter CC-BY(-SA) verfügbar sein.

Es genüge der Hinweis auf

http://archiv.twoday.net/stories/6164988/
http://archiv.twoday.net/stories/581435593/

(5) Durch Einbindung in Nachweisinstrumente wie Europeana, Deutsche Digitale Bibliothek, BAM-Portal, BASE ist eine hohe Sichtbarkeit des Angebots anzustreben.

Selbst Staatsarchive dürften für die Europeana als Direkt-Partner zu unbedeutend sein. Man kann zum jetzigen Zeitpunkt nur davon träumen, dass Fotosammlungen reibungslos und unbürokratisch via Aggregatoren in den genannten Metasuchen landen.

Kühnels Universitätsarchiv ist mit seinen Findmitteln im Archivportal Europa vertreten. Auf eine Anfrage durch unser RWTH-Archiv hat dieses noch noch nicht einmal reagiert!

Und es ist natürlich absolut indiskutabel, dass in der erweiterten Beständesuche von Archive NRW kein Online-Filter realisiert ist:

http://www.archive.nrw.de/LAV_NRW/jsp/erweitertSuche.jsp

Fazit: Optimal wäre ein gemeinsames qualitätsgesichertes (z.B. DINI-zertifiziertes) Open-Access-Bild-Repositorium öffentlicher Archive (evtl. gemeinsam mit Bibliotheken oder Museen) mit Langzeitarchivierung, aber bis dahin ist noch ein weiter Weg. Und solange wird man sich etwa mit Hilfe von Flickr durchwursteln müssen.

Nachtrag: Mich erreichte ein Ordnungsruf:

"Ich möchte Sie aber trotzdem an unsere Vereinbarung erinnern (okay, ist schon sehr lange her) nicht direkt aus der geschlossenen FB-Gruppe zu zitieren, um die Möglichkeit eines unbefangenen Austauschs sicher zu stellen. Vielleicht können Sie den Sachverhalt auf Archivalia auch ohne Namensnennung des Kollegen darstellen?"

Ich stelle dazu fest. Bei sensiblen Themen halte ich mich an dieses Agreement. Aber bei einer rein sachbezogenen Frage halte ich mich an das wissenschaftliche Grundprinzip, dass ich persönliche Beiträge attribuiere. Wenn Herr P. das wünscht, werde ich seinen Namen entfernen, aber auch nur dann. Im übrigen denke ich, dass ein offenes und transparentes Forum der Archivzunft besser zu Gesicht stünde als dieses geheime Hinterzimmer, in der meist absolut harmlose Dinge und Neuigkeiten verhandelt werden, die nicht eines besonders geschützten Raumes bedürfen.
O.P. (Gast) meinte am 2014/02/27 09:23:
Danke...
...Herr Graf, für die ausführliche Antwort inklusive der zusätzlichen bedenkenswerten Aspekte. Für mich und sicher auch andere eine sehr hilfreiche Zusammenfassung des Status-Quo, der auch mit dem Bezug auf meine halböffentlich gestellte Ausgangsfrage eine breite archivische Öffentlichkeit verdient. 
 

twoday.net AGB

xml version of this page

powered by Antville powered by Helma