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http://ordensgeschichte.hypotheses.org/6872 (im folgenden ohne Links wiederholt)

Letzten Herbst kam während der Bibliotheksführung im Bozener Kloster Muri-Gries durch den liebenswürdigen Pater Pacidus Hungerbühler die Rede auf eine Studie über den Humanisten Johannes Trithemius (1462-1516), die Bonaventura Thommen in Freiburg in der Schweiz bei Richard Newald vorgelegt hatte (gedruckt in zwei Teilen jeweils als Beilage zum Jahresbericht der Kantonalen Lehranstalt Sarnen 1933/34 und 1934/35). Thommen (1897-1965) war Benediktiner des Konvents von Muri-Gries im Benediktinerkolleg Sarnen und wirkte lange Jahre als Rektor der damals von den Mönchen getragenen Kantonsschule in Sarnen. In Erinnerungen an Leo Ettlin wird Thommen erwähnt als legendärer Schulmann und wahrer Universalgelehrte. Als Ordensmann hatte Thommen seine Urheberrechte dem Kloster übertragen. Abt Benno von Muri-Gries erteilte aufgrund der Vermittlung durch Pater Placidus die freundliche Erlaubnis, die Arbeit im Internet zu veröffentlichen. Zwar hatte ich als Geschenk aus Sarnen ein gedrucktes Exemplar erhalten, aber die MGH-Bibliothek (Arno Mentzel-Reuters) erklärte sich bereit, ihr Exemplar zu scannen und ins Netz zu stellen (PDF Teil 1, Teil 2). Allen Beteiligten gilt mein herzlicher Dank!

Für die Qualität der Arbeit Thommens bürgt schon das Urteil Klaus Arnolds, der in seiner grundlegenden Trithemius-Monographie bekannt hat, eine der wesentlichsten Untersuchungen zu seinem Thema habe Thommen vorgelegt (2. Auflage 1991, S. 3). Da Thommens Doktorarbeit in deutschen Bibliotheken eher selten ist, wurde sie aber wenig zitiert.

Angesichts schwindender Lateinkenntnisse sind die von Thommen in Teil I gegebenen ausführlichen deutschen Inhaltsreferate und Teil-Übersetzungen zu den damals neun bekannten Reden des Abts Trithemius heute von großem Wert. Thommen übersetzte acht Reden nach der Ausgabe von Busaeus 1605, die am 1. September 1499 auf dem Kapitel in Reinhardsbrunn (Thüringen) gehaltene neunte Rede De utilitate celebrationis capituli annalis edierte er in Teil I (S. 106-119) aus dem autographen Wiener Cod. 5172 (durch keine neuere Ausgabe ersetzt). Auch wenn für Überlieferung und Inhalt inzwischen die Studie Arnolds (S. 28-34, 234-238) heranzuziehen ist, bleibt es Thommens Verdienst, die Themen und die sprachliche Gestalt der Trithemius-Reden gründlich analysiert zu haben. Thommens Zusammenfassungen, die mit Nachweise zu den von Trithemius zitierten Autoritäten versehen sind, vermitteln einen Eindruck von der Rhetorik des Sponheimer Gelehrten und sie lassen erkennen, welche Probleme damals die Bursfelder Reformklöster bewegten. Rede 8, die nicht auf einem Kapitel gehalten wurde, würdigt den hochmittelalterlichen Theologen Rupert von Deutz. Der Stolz auf die früh- und hochmittelalterlichen Heiligen und Gelehrten des Benediktinerordens war ein bedeutsames Element der von mir als “monastischer Historismus” bezeichneten retrospektiven Bestrebungen. Trithemius kann um 1500 als ihr bedeutendster Exponent gelten.
 

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