Zum Thema Editio princeps gibt es nun eine weitere Gerichtsentscheidung. Auf Antrag der Berliner Sing-Akademie wurde eine einstweilige Verfügung gegen die geplante erneute Uraufführung der in ihrem Archiv entdeckten, bislang nur 1733 in Venedig aufgeführten Vivaldi-Oper "Motezuma" erlassen.
Da die Erstveröffentlichung des verschollenen Stücks im Wege des Buchdrucks 2005 erfolgte (und nicht durch eine öffentliche Wiedergabe) bedient sich die Sing-Akademie in skandalöser Weise eines Rechts, das sie nicht hat und auch nicht haben sollte. Denn es ist nicht einzusehen, dass (gemäß Dreier/Schulze, UrhR 2004, § 71 UrhG Rdnr. 5) eine frühere öffentliche Wiedergabe unschädlich ist, wenn die editio princeps durch Buchdruck erfolgt. Voraussetzung des (abzulehnenden) Rechts aus § 71 UrhG ist: dass nach Erlöschen des Urheberrechtsschutzes ein "nicht erschienenes Werk" erscheint oder erstmals öffentlich wiedergegeben wird. Die Oper wurde aber bereits 1733 öffentlich wiedergegeben!
Siehe auch die Basler Zeitung Online:
"Die Sing-Akademie hatte zwar einer ersten konzertanten Aufführung im Juni in Rotterdam zugestimmt. Die Bitte des Dirigenten um weitere szenische Aufführungen hatten die Berliner jedoch abgelehnt. Die Uraufführung solle - der hohen Bedeutung des Werkes angemessen - nach dem Willen der Berliner Organisation in einem international renommierten Opernhaus vorbereitet werden.
Das Kulturfestival "Altstadtherbst" vertrat hingegen den Standpunkt, die in Berlin aufgetauchte Kopie der Partitur stamme mit grosser Sicherheit aus einer "professionellen Kopistenwerkstatt" in Venedig und sei für heute nicht mehr dokumentierte spätere Aufführungen gedacht gewesen. Wegen dieser frühen Veröffentlichungen gebe es kein Urheberrecht der Sing-Akademie. Möglicherweise gingen die beiden Festivals in Düsseldorf und Barga in Berufung, erklärte der Anwalt des "Altstadtherbst", Andreas Auler, am Montag."
Die Sing-Akademie monopolisiert ein Stück bislang gemeinfreies Kulturgut und beansprucht für sich das Recht der ersten Wiederaufführung. Sie sollte sich schämen, denn der öffentlichen Hand entsteht ein finanzieller Verlust:
"Die ursprünglich ab 16. Juli in Italien und ab 21. September in Düsseldorf geplanten Aufführungen des "Motezuma" sind von der Kulturstiftungen des Bundes und von NRW mit 250 000 Euro gefördert worden."
Da die Erstveröffentlichung des verschollenen Stücks im Wege des Buchdrucks 2005 erfolgte (und nicht durch eine öffentliche Wiedergabe) bedient sich die Sing-Akademie in skandalöser Weise eines Rechts, das sie nicht hat und auch nicht haben sollte. Denn es ist nicht einzusehen, dass (gemäß Dreier/Schulze, UrhR 2004, § 71 UrhG Rdnr. 5) eine frühere öffentliche Wiedergabe unschädlich ist, wenn die editio princeps durch Buchdruck erfolgt. Voraussetzung des (abzulehnenden) Rechts aus § 71 UrhG ist: dass nach Erlöschen des Urheberrechtsschutzes ein "nicht erschienenes Werk" erscheint oder erstmals öffentlich wiedergegeben wird. Die Oper wurde aber bereits 1733 öffentlich wiedergegeben!
Siehe auch die Basler Zeitung Online:
"Die Sing-Akademie hatte zwar einer ersten konzertanten Aufführung im Juni in Rotterdam zugestimmt. Die Bitte des Dirigenten um weitere szenische Aufführungen hatten die Berliner jedoch abgelehnt. Die Uraufführung solle - der hohen Bedeutung des Werkes angemessen - nach dem Willen der Berliner Organisation in einem international renommierten Opernhaus vorbereitet werden.
Das Kulturfestival "Altstadtherbst" vertrat hingegen den Standpunkt, die in Berlin aufgetauchte Kopie der Partitur stamme mit grosser Sicherheit aus einer "professionellen Kopistenwerkstatt" in Venedig und sei für heute nicht mehr dokumentierte spätere Aufführungen gedacht gewesen. Wegen dieser frühen Veröffentlichungen gebe es kein Urheberrecht der Sing-Akademie. Möglicherweise gingen die beiden Festivals in Düsseldorf und Barga in Berufung, erklärte der Anwalt des "Altstadtherbst", Andreas Auler, am Montag."
Die Sing-Akademie monopolisiert ein Stück bislang gemeinfreies Kulturgut und beansprucht für sich das Recht der ersten Wiederaufführung. Sie sollte sich schämen, denn der öffentlichen Hand entsteht ein finanzieller Verlust:
"Die ursprünglich ab 16. Juli in Italien und ab 21. September in Düsseldorf geplanten Aufführungen des "Motezuma" sind von der Kulturstiftungen des Bundes und von NRW mit 250 000 Euro gefördert worden."
KlausGraf - am Dienstag, 12. Juli 2005, 20:34 - Rubrik: Archivrecht
kg (Gast) meinte am 2005/08/20 18:52:
OLG Düsseldorf gibt Aufführung frei
Pressemitteilunghttp://www.olg-duesseldorf.nrw.de/presse/material/mitteil/2005-08-16-Vivaldi-Oper.pdf
Robert Weemeyer (Gast) meinte am 2005/10/25 19:18:
§ 71 UrhG genau lesen
§ 71 Abs. 1 Satz 1 UrhG lautet: "Wer ein nicht erschienenes Werk nach Erlöschen des Urheberrechts erlaubterweise erstmals erscheinen läßt oder erstmals öffentlich wiedergibt, hat das ausschließliche Recht, das Werk zu verwerten." Es kommt also darauf an, ob das Werk jemals erschienen ist. Nach § 6 Abs. 2 UrhG ist ein Werk erschienen, "wenn mit Zustimmung des Berechtigten Vervielfältigungsstücke des Werkes nach ihrer Herstellung in genügender Anzahl der Öffentlichkeit angeboten oder in Verkehr gebracht worden sind." Eine Aufführung der Oper im Jahre 1733 erfüllt dieses Kriterium natürlich nicht.
Damit ergibt sich, dass ein Verwertungsrecht nach § 71 heute noch entstehen kann. Wenn es die Sing-Akademie nicht durch Erscheinenlassen entstehen lässt, könnte es auch dadurch entstehen, dass irgendjemand das Stück aufführt. Wenn das Sing-Akademie die Oper nicht vorher hätte erscheinen lassen, läge das Verwertungsrecht nun für 25 Jahre bei den Rotterdamer Künstlern. Da ist es sicher besser, wenn die Rechte bei der Sing-Akademie liegen, die sich ja auch um die Konservierung des Originals kümmert und entsprechende Ausgaben hat.
Dr. Klaus Graf (Gast) antwortete am 2005/10/25 19:28:
Unsinn
Herr Wemeyer schreibt Unsinn, wie ich auch aufgrund eines Telefonats mit dem eigentlichen Entdecker der Oper sagen kann. Siehe im übrigen die Kommentierungen zum UrhG, z.B. Dreier/Schulze 2004.
Robert Weemeyer (Gast) antwortete am 2005/10/26 10:41:
Wieso Unsinn?
Können Sie mir sagen, inwiefern ich Unsinn schreibe?