"Ein Vierteljahrtausend lang wurde die "kundige Rolle" jährlich in der Hansestadt öffentlich verlesen. Seit 1945 war sie verschollen. Jetzt gab eine Händlerin in den USA das unschätzbare Stück zurück. [...]
In den USA befand sich die "kundige Rolle" bei einer Händlerin, die sie ursprünglich für einen "niederländischen Wirtschaftstext" aus der frühen Neuzeit gehalten hatte. Um das genauer zu bestimmen und gezielt auf den Markt bringen zu können, fragte sie ihren Londoner Bekannten. Als Elmshäuser ihr mitteilte, dass es sich um ein wichtiges Dokument handelte, das 1945 verschwunden war, sagte die Händlerin umgehend, mit Raubkunst wolle sie nichts zu tun haben. Das Staatsarchiv bekam das Original gegen Erstattung der Auslagen sicher verpackt zurück."
http://www.welt.de/geschichte/article128433586/Bremens-verschollenes-Recht-wiederaufgetaucht.html
Weitere Meldungen:
http://www.kreiszeitung.de/lokales/bremen/kundige-rolle-bremen-erhaelt-eines-seiner-bedeutendsten-dokumente-zurueck-3589034.html
http://www.taz.de/Sensationeller-Fund/!139249/
Bemerkenswert ist die Überlieferungsform des Rotulus. "Unter den deutschsprachigen Rechtstexten des Mittelalters ist die Kundige Rolle in Bremen ein singulärer Überlieferungszeuge. Da neben ihr im Bremer Archiv verschiedene Handschriften des Bremer Stadtrechts erhalten sind, ist sie wohl allein für den Zweck der öffentlichen Verlesung geschaffen worden. Wenn in anderen Städten ähnlich verfahren worden ist, sind davon bislang keine Handschriftenreste erhalten geblieben. Die zahlreichen Erwähnungen eines 'rodel' in Rechtsquellen, die das Deutsche Rechtswörterbuch nachweist, belegen, daß auch in anderen Städten und Gemeinde des deutschsprachigen Raumes diese Art der Textüberlieferung üblich gewesen ist, jedoch haben sich davon keine Exemplare erhalten", schrieb mir heute der beste Kenner deutschsprachiger Rechtshandschriften des Mittelalters, RA Dr. Ulrich-Dieter Oppitz, dem ich für den Hinweis auf die Rückführung und weiterführende Informationen via Telefax sehr zu danken habe. Zu Rotuli darf ich auch auf meine Bildersammlung unter
http://archivalia.tumblr.com/tagged/rotulus
aufmerksam machen.
Oppitz verweist auch auf die Schöffenurkunden des von Hoeniger edierten "Andernacher Rotulus" (1173-1256):
http://commons.wikimedia.org/w/index.php?title=File:Annalen_des_Historischen_Vereins_f%C3%BCr_den_Niederrhein_42_(1884).djvu&page=3
Die Metzer Bannrollen aus dem 13. Jahrhundert (unvollständig von Wichmann ediert) sind zu Rollen vereinigte Schreinsurkunden, die jährlich öffentlich verlesen wurden.
http://books.google.de/books?id=lYTWOKghYD0C&pg=PA735
Ob es sich bei einer abschriftlich im Bremer Ratsdenkelbuch enthaltenen "Kundigen Rulle" von 1450 (Sammlung von Polizeiverordnungen) tatsächlich um eine Rolle gehandelt hat, ist nicht gesichert, da der entsprechende Zusatz ein Nachtrag ist (so Adolf E. Hofmeister, Von der Kundigen Rolle zur Sammlung bremischen rechts, in: Konrad Elmshäuser/Adolf E. Hofmeister (Hg.), 700 Jahre Bremer Recht 1303-2003. Bremen 2003, S. 267-278, hier 267 f.). Da aber 1483 bei Erwähnung der öffentlichen "Bursprake" (der jährlichen Bürgerversammlung, auf der die Gesetze verlesen wurden) von einem "langen brev" die Rede ist
http://reader.digitale-sammlungen.de/de/fs1/object/display/bsb10509944_00053.html
liegt aufgrund des ungewöhnlichen Adjektivs "lange" der Gedanke nahe, sich diesen Brief als einzelnes Schriftstück vorzustellen, also als aus einzelnen Stücken zusammengesetzte Rolle. Die Rolle von 1489 hätte also eine Vorgängerin gehabt.
Zwei Editionen der Kundigen Rulle von 1489 sind online. Gerhard Oelrichs edierte sie 1771:
http://reader.digitale-sammlungen.de/de/fs1/object/display/bsb10509944_00711.html
Leider hat Google von den Kupfertafeln nur ein Fragment digitalisiert, der Ausschnitt aus der Rulle fehlt.
Die maßgebliche Ausgabe legte Karl August Eckhardt 1931 vor:
http://brema.suub.uni-bremen.de/content/pageview/10818
Update: Das Staatsarchiv Bremen teilte Oppitz mit: "die Archivsignatur des Kundigen Rolle von 1489 hieß und heißt nun wieder:
StAB ad 2-P.5.b.2.d.1."
In den USA befand sich die "kundige Rolle" bei einer Händlerin, die sie ursprünglich für einen "niederländischen Wirtschaftstext" aus der frühen Neuzeit gehalten hatte. Um das genauer zu bestimmen und gezielt auf den Markt bringen zu können, fragte sie ihren Londoner Bekannten. Als Elmshäuser ihr mitteilte, dass es sich um ein wichtiges Dokument handelte, das 1945 verschwunden war, sagte die Händlerin umgehend, mit Raubkunst wolle sie nichts zu tun haben. Das Staatsarchiv bekam das Original gegen Erstattung der Auslagen sicher verpackt zurück."
http://www.welt.de/geschichte/article128433586/Bremens-verschollenes-Recht-wiederaufgetaucht.html
Weitere Meldungen:
http://www.kreiszeitung.de/lokales/bremen/kundige-rolle-bremen-erhaelt-eines-seiner-bedeutendsten-dokumente-zurueck-3589034.html
http://www.taz.de/Sensationeller-Fund/!139249/
Bemerkenswert ist die Überlieferungsform des Rotulus. "Unter den deutschsprachigen Rechtstexten des Mittelalters ist die Kundige Rolle in Bremen ein singulärer Überlieferungszeuge. Da neben ihr im Bremer Archiv verschiedene Handschriften des Bremer Stadtrechts erhalten sind, ist sie wohl allein für den Zweck der öffentlichen Verlesung geschaffen worden. Wenn in anderen Städten ähnlich verfahren worden ist, sind davon bislang keine Handschriftenreste erhalten geblieben. Die zahlreichen Erwähnungen eines 'rodel' in Rechtsquellen, die das Deutsche Rechtswörterbuch nachweist, belegen, daß auch in anderen Städten und Gemeinde des deutschsprachigen Raumes diese Art der Textüberlieferung üblich gewesen ist, jedoch haben sich davon keine Exemplare erhalten", schrieb mir heute der beste Kenner deutschsprachiger Rechtshandschriften des Mittelalters, RA Dr. Ulrich-Dieter Oppitz, dem ich für den Hinweis auf die Rückführung und weiterführende Informationen via Telefax sehr zu danken habe. Zu Rotuli darf ich auch auf meine Bildersammlung unter
http://archivalia.tumblr.com/tagged/rotulus
aufmerksam machen.
Oppitz verweist auch auf die Schöffenurkunden des von Hoeniger edierten "Andernacher Rotulus" (1173-1256):
http://commons.wikimedia.org/w/index.php?title=File:Annalen_des_Historischen_Vereins_f%C3%BCr_den_Niederrhein_42_(1884).djvu&page=3
Die Metzer Bannrollen aus dem 13. Jahrhundert (unvollständig von Wichmann ediert) sind zu Rollen vereinigte Schreinsurkunden, die jährlich öffentlich verlesen wurden.
http://books.google.de/books?id=lYTWOKghYD0C&pg=PA735
Ob es sich bei einer abschriftlich im Bremer Ratsdenkelbuch enthaltenen "Kundigen Rulle" von 1450 (Sammlung von Polizeiverordnungen) tatsächlich um eine Rolle gehandelt hat, ist nicht gesichert, da der entsprechende Zusatz ein Nachtrag ist (so Adolf E. Hofmeister, Von der Kundigen Rolle zur Sammlung bremischen rechts, in: Konrad Elmshäuser/Adolf E. Hofmeister (Hg.), 700 Jahre Bremer Recht 1303-2003. Bremen 2003, S. 267-278, hier 267 f.). Da aber 1483 bei Erwähnung der öffentlichen "Bursprake" (der jährlichen Bürgerversammlung, auf der die Gesetze verlesen wurden) von einem "langen brev" die Rede ist
http://reader.digitale-sammlungen.de/de/fs1/object/display/bsb10509944_00053.html
liegt aufgrund des ungewöhnlichen Adjektivs "lange" der Gedanke nahe, sich diesen Brief als einzelnes Schriftstück vorzustellen, also als aus einzelnen Stücken zusammengesetzte Rolle. Die Rolle von 1489 hätte also eine Vorgängerin gehabt.
Zwei Editionen der Kundigen Rulle von 1489 sind online. Gerhard Oelrichs edierte sie 1771:
http://reader.digitale-sammlungen.de/de/fs1/object/display/bsb10509944_00711.html
Leider hat Google von den Kupfertafeln nur ein Fragment digitalisiert, der Ausschnitt aus der Rulle fehlt.
Die maßgebliche Ausgabe legte Karl August Eckhardt 1931 vor:
http://brema.suub.uni-bremen.de/content/pageview/10818
Update: Das Staatsarchiv Bremen teilte Oppitz mit: "die Archivsignatur des Kundigen Rolle von 1489 hieß und heißt nun wieder:
StAB ad 2-P.5.b.2.d.1."
KlausGraf - am Montag, 2. Juni 2014, 13:39 - Rubrik: Kodikologie