Allgemeines
Architekturarchive
Archivbau
Archivbibliotheken
Archive in der Zukunft
Archive von unten
Archivgeschichte
Archivpaedagogik
Archivrecht
Archivsoftware
Ausbildungsfragen
Bestandserhaltung
Bewertung
Bibliothekswesen
Bildquellen
Datenschutz
... weitere
Profil
Abmelden
Weblog abonnieren
null

 
Harm von Seggern hat 2002 dem Wappenkönig der Ruwieren Hermann von Brüninghausen eine kleine Studie gewidmet, in der er die zerstreute ältere Forschung zu dem niederrheinischen Herold zusammenfasste und neue Belege vor allem aus burgundischen Quellen beibrachte (Hermann von Brüninghausen. Wappenkönig der Ruwieren, in: Menschenbilder - Menschenbildner, 2002, S. 109-117. Ohne diesen Beitrag zur Kenntnis zu nehmen hat die Kunsthistorikerin Leonie Gräfin Nesselrode in ihrem Buch "Die Chorfenster von Ehrenstein" (2008) [Auszüge] die Urheberschaft Brüninghausens am Heroldsbuch des Jülicher Hubertusordens bestritten. Außer einem Aufsatz in einer Krakauer Zeitschrift (in: Prace Historyczne Zeszytów Naukowych Uniwersytetu Jagiellonskiego (History Notebooks) 137, 2010, S. 43-78, non vidi) hat sie ihre Beobachtungen auch im Jahrbuch für westdeutsche Landesgeschichte 36 (2010) publiziert (Neue Erkenntnisse zum Heroldsbuch und Bruderschaftsbuch des jülich-bergischen Hubertusordens, S. 131-162). Ihr Aufsatz in den Rheinischen Vierteljahresblättern 75 (2011) geht auf diese Frage nicht ein.

Das Heroldsbuch des unmittelbar nach der siegreichen Schlacht bei Linnich (1444) durch Herzog Gerhard II. von Jülich-Berg gegründeten gegründeten Hubertusordens war lange verschollen. Die Berliner Handschrift mgq 1479 befindet sich heute unter der alten Signatur in der Biblioteka Jagiellonska in Krakau.

http://www.handschriftencensus.de/5306 (mit weiteren Nachweisen)

Bilder:
http://commons.wikimedia.org/wiki/Category:Heroldsbuch_des_j%C3%BClich-bergischen_Hubertusordens [vor allem Schwarzweissfotos aus dem Aufsatz von Nesselrode, polnischer Publikationsort]

Nesselrode zeigt schlüssig, dass die bisherige Datierung um 1480 und die Zuschreibung an Hermann von Brüninghausen (sie nennt ihn Brunshofen) unzutreffend sind. Bl. 13v sagt "herman eyn tornyrkunde heralt", dass er das Heroldsbuch gemacht und geordnet habe. Seine Hand unterscheidet sich von dem Vermerk Bl. 127v des Wappenkönigs Hermann von "brumhoyften" (so die Lesung Nesselrodes, auf meinem Gebrauchsscan der Abbildung 6 kann ich kaum etwas erkennen).

Da Nesselrode keine Angabe zu den einzelnen Händen der Handschrift macht - Degering meinte, sie sei im "wesentlichen von der Hand des Verfassers geschrieben - können ihre Angaben nicht nachvollzogen werden. Entgegen dem ausdrücklichen Wortlaut des Eingangsvermerks des Herolds Hermann sieht sie in ihm nur den Bearbeiter eines bereits vor 1463 bestehenden Buchs. Sie findet seine markante Hand in Eintragungen aus der Zeit um 1463, seine einzige datierte Eintragung stamme von 1463 (S. 140). Für die Anlage des Bandes erscheint der Zeitraum 1452/63 wahrscheinlich (S. 141). Hoffentlich wird der Codex in absehbarer Zeit digitalisiert, dann können Nesselrodes Beobachtungen besser überprüft werden. Nesselrode rechnet offensichtlich nicht mit der Möglichkeit, dass Hermann der geistige Urheber des Codex war, die Schreib- und Malarbeit aber anderen überlassen hat. Angaben über die Wasserzeichen liegen noch nicht vor.

Wenn die Frühdatierung (um oder vor 1463) zutrifft - daran möchte ich nicht zweifeln - kann gemäß der strengen Hierarchie des Heroldswesens (Persevant, Herold, Wappenkönig) Brüninghausen nicht mit dem 1463 wirkenden Herold Hermann (des Herzogs von Jülich bzw. des Hubertusordens) identisch sein (Nesselrode S. 142).

Zum Persevanten, Herold und schließlich Wappenkönig Hermann von Brüninghausen hat sich Wim van Anrooij 2009 geäußert (King of Arms of the Ruwieren: A Special Function in the German Empire, in: The Herald in Late Medieval Europe, 2009, S. 111-132, wobei er auf die unveröffentlichte Datenbank heraudica.org von Torsten Hiltmann und Franck Viltart zurückgreifen durfte.

Nach ebd., S. 128 wurde Hermann von Brüninghausen im Jahr 1470 Herold, er kann daher nicht mit dem um 1463 wirkenden Herold Hermann identisch sein.

Außer dem Aufsatz von Seggern bieten Belege zu Brüninghausen Gerhard Pietzsch, Archivalische Forschungen zur Geschichte der Motiv an den Höfen der Grafen und Herzöge von Kleve-Jülich-Berg (Ravensberg) bis zum Erlöschen der Linie Jülich-Kleve im Jahre 1609 (1971), S. 41f.; Gerard Nijsten, In the Shadow of Burgundy ... (2003), S. 78 [Auszug] (Persevant Hermann zu 1470, auch bei Nesselrode S. 142).

Die bekannten Belege reichen von 1461 (Persevant Hermann) bis 1501/02 (Stadtrechnung Neuss, Herold Hermann). Zwischen 1471 und 1477 wurde er Wappenkönig der Ruwieren.

[Auch Heinrich von Heessel - http://archiv.twoday.net/stories/59206605/ - war Wappenkönig der Ruwieren. Die Bezeichnung geht auf den Raumnamen Ripuarien zurück.]

Außerdem ist auf eine Urkunde aus Brauweiler hinzuweisen: "Hermann von Brüninghausen, Herold, und seine Frau Barbara haben dem Abt und Konvent 6 1/4 Morgen Wiesen in der Herrlichkeit Kernen verkauft. - 1489 Jan. 21. Orig.: HStAD, B, Urk. 96."
(FS Odilo Engels 1993, S. 216 [Schnipsel]

Leider nicht auf den Herold bezieht sich eine Nennung eines "Hen(n)man von Brünykofen hofmeister", die ich in der Eheabrede zwischen Graf Heinrich von Württemberg und Graf Simon Wecker von Zweibrücken-Bitsch (1485) im Hauptstaatsarchiv Stuttgart fand:

http://www.landesarchiv-bw.de/plink/?f=1-24954-1 (Digitalisat)

Die Adelsfamilie nannte sich nach Brünighofen bei Altkirch im Elsass:

http://gov.genealogy.net/item/show/BRUFENJN37OQ

Diverse Belege zur Familie und Sekundärliteratur gibt:

http://www.monuments-alsace.com/alsatia/alsatia.pdf

Ein Hamman von Brünighofen war zeitweilig in Mulhouse ansässig:

http://books.google.de/books?id=KFlMAAAAMAAJ&q="von+brunighofen"

Henemann de Brinighoffen heiratete 1488 Marie de Vaudrey nach

http://books.google.de/books?id=IYD4_xhf2MAC&pg=PA184

Die Herkunft des Herolds bleibt im Dunkeln. Aufgrund einiger in Betracht kommender Orte hat Seggern ganz darauf verzichtet, auf den Ortsnamen Brüninghausen einzugehen. Im Rheinland gibt es anscheinend keinen Ort, der in Betracht kommt, von den westfälischen Orten kommen am ehesten die nächstgelegenen Siedlungen bei Dortmund (Brüninghausen, Brünninghausen) und Brüninghausen bei Lüdenscheid in Betracht. Brüninghausen bei Lüdenscheid war ein wichtiger Ort der Grafschaft Mark und Sitz eines Freigerichts. Kleve-Jülich-Berg gab es um 1440 - damals dürfte Hermann geboren worden sein - noch nicht, aber Kleve-Mark. Über Kleve am Niederrhein könnte die Beziehung zu Jülich-Berg gelaufen sein, doch könnte man sich natürlich auch einen direkten Kontakt zum Herzogtum Berg vorstellen. Mehr als eine vage Hypothese ist die Herkunft aus Brüninghausen bei Lüdenscheid aber nicht, andere Möglichkeiten können keineswegs ausgeschlossen werden.

Außer dem Heroldsbuch soll Brüninghausen nach Seggern und Anrooij auch das Bruderschaftsbuch des Hubertusordens, laut Nesselrode eine "Bestandsaufnahme unter Herzog Wilhelm 1481/82" (S. 143), geschrieben haben, aber die Beschreibung von Marianne Reuter sagt davon nichts:

http://codicon.digitale-sammlungen.de/inventiconCod.icon.%20318.pdf

BSB Cod, icon. 318 ist im Netz:
http://codicon.digitale-sammlungen.de/Band_bsb00006309.html

Ich möchte seine Schrift eigentlich nicht mit der Schriftprobe Brüninghausens aus dem Heroldsbuch gleichsetzen, will mich aber nicht auf paläographisches Glatteis begeben.

Seit kurzem im Netz ist der 1481 von Brüninghausen nachweislich geschriebene Wiener Cod. 2899

http://manuscripta.at/?ID=4735 (mit weiteren Nachweisen)

Digitalisat über
http://data.onb.ac.at/rec/AL00167269

Wunderschöne Bilder! Aus dieser Handschrift stammt das Umschlagsbild von Barbara Hammes, Ritterlicher Fürst ... 2011.

"Herman von Bruninckusen", wie Menhardt liest, nennt sich als Autor dieser pfälzischen Genealogie, die nun bequem näher untersucht werden könnte.

Zwischen dem u und dem c befinden sich drei Striche mit einem waagerechten Strich darüber. Bruinnkusen, Brunnikusen, Brummkusen usw. wären also paläographisch ebenso möglich. Aber auf Bruninckusen kann man sich wohl einigen.

In ihrer Beschreibung des von Hartmann Schedel wohl um 1480 angelegten Clm 338 weist Birgit Studt, Fürstenhof und Geschichte, 1992, S. 86f. auf hochinteressante "pfälzische Heroldsdichtung" Bl. 194v-198v hin. Die Wiener Handschrift gibt eine Ahnenprobe Philipps von der Pfalz und seiner Frau Margarethe von Bayern (die Hochzeit war 1474), die Münchner Handschrift bietet eine gereimte Ahnenprobe für das gleiche Fürstenpaar, gefolgt Bl. 195r-198v von einem gereimten Gedicht auf die Lehensträger der Pfalz wohl von einem Herold (Textbeginn: "Ich heralt in myn wapencleid"), das von der landesgeschichtlichen Forschung anscheinend nicht weiter beachtet wurde, obwohl es hinsichtlich des "Repräsentationsaspekts" doch ein interessantes Seitenstück zum mit Wappen geschmückten pfälzischen Lehenbuch darstellt. Ob auch diese Gedichte von Bruninghusen stammen, schreibt Studt, bleibe zu prüfen. Sie sagt leider nicht, wie eine solche Prüfung erfolgen könne. Die Schreibsprache des Stücks spricht jedenfalls nicht für die Verfasseridentität.

Nachtrag August 2014:

Krakau Mgq 1479 ist online:

http://fbc.pionier.net.pl/id/oai:jbc.bj.uj.edu.pl:194948



Mögliche Darstellung Hermanns von Brüninghausen (Juliers Herold) in einer Handschrift des 17. Jahrhunderts, Brüssel, Königl. Bibliothek IV 164, vor Bl. 1r. Anrooij S. 128 Anm. 59 verweist auf C. van den Bergen-Pantens, De heraldiek ... Brüssel 1985, S. 57.

#forschung
 

twoday.net AGB

xml version of this page

powered by Antville powered by Helma