Allgemeines
Architekturarchive
Archivbau
Archivbibliotheken
Archive in der Zukunft
Archive von unten
Archivgeschichte
Archivpaedagogik
Archivrecht
Archivsoftware
Ausbildungsfragen
Bestandserhaltung
Bewertung
Bibliothekswesen
Bildquellen
Datenschutz
... weitere
Profil
Abmelden
Weblog abonnieren
null

 
Ulla Williams hat in "Predigt im Kontext" (2013) [1] auf den Wiener Gelehrten Johannes Fluck (auch Fluk oder ähnlich) aus Pfullendorf aufmerksam gemacht, von dem einige Textstücke in die deutschsprachigen Predigten des sogenannten Nikolaus-von-Dinkelsbühl-Redaktors eingegangen sind. [2]. Ich fasse ihre Darstellung seiner Vita zusammen.

Da Fluck 1389 in Wien immatrikuliert wurde, dürfte er um 1370/75 geboren worden sein. Er stammte aus Pfullendorf. In der Artistenfakultät erscheint er ab 1392 als Magister regens. Ihr Dekan war er 1398 und 1409. Nachdem er 1413 den theologischen Doktorgrad erlangt hatte, war er 1416-1418 Dekan der theologischen Fakultät, 1409 und 1413 auch Rektor der Universität. Ab 1411 war er Kanoniker an der Wiener Stephanskirche [3], ab 1423 Pfarrer in Perchtoldsdorf [4]. Fluck soll 1436 gestorben sein [5].

Nach dem Motto "Regionalia non leguntur" (Franz Staab) [6] hat Williams nicht zur Kenntnis genommen, dass Johann Schupp in der Bodensee-Chronik 1937 Fluck bereits einen Aufsatz gewidmet hatte. [7] Von Bedeutung sind die gründlichen archivalischen Recherchen Schupps zu der von Fluck in seiner Heimatstadt gestifteten Pfründe. Am 15. Mai 1431 vermachte Fluck der Stadt Pfullendorf testamentarisch insgesamt 318,5 Gulden zur Errichtung einer donnerstäglichen Messe auf dem Oswaldsaltar der Pfarrkirche, die nach dem Fronleichnamsritus gefeiert werden sollte. Es handelte sich um Außenstände von Personen des Bodenseeraums: Jodokus Gegging, Bürger zu Pfullendorf (60 fl.), Ulrich Griner genannt David Rösch, Bürger zu Überlingen (60 fl.), Johannes Besserer, Bürger zu Überlingen (70fl.) und Magister Oswald Brütsch (111 fl.). Zugleich stiftete Fluck eine neue silbervergoldete Monstranz zur sakramentalen Prozession, einen vergoldeten und mit Edelsteinen besetzten Kelch samt Patene, zwei silberne Messkännchen und ein "Umbrale" [8] mit seidengestickten Bildern und gewürfelt aus kostbaren "Guttulae".

Die eigentliche Stiftung durch die Stadt Pfullendorf erfolgte nach Flucks Tod mit Urkunde vom 10. Juli 1458. Zu der "ewig meß und predig ampt" auf dem Oswaldsaltar der Pfullendorfer Pfarrkirche hatten noch andere Bürger Zustiftungen gemacht. In dem Pfullendorfer Seelbuch um 1503 steht nicht nur ein Eintrag für Johannes Fluck, Doktor der Theologie, zum 26. Juni (auch für die Eltern Johannes und Adelheid, deren andere Kinder Heinrich und Anna sowie für eine Christina Fluckin), sondern es finden sich auch etliche Einträge über Stiftungen ab 1431 zugunsten des Pfründners der Fluckenpfründe ("presbyter Fluck"). Die Stadt erwarb (1458 einzeln aufgeführte) Güter zur Ausstattung der Kaplanei, für die Schupp noch einen Benefiziaten im Jahr 1736 nennt. Vom 31. August 1458 datiert die Zustimmung des Konstanzer Generalvikars zur Stiftung der Pfründe.

Den einzigen bekannten deutschsprachigen Text Flucks, einen ganz kurzen Traktat „Über die fünf Wunden Christi“ (Schottenstift Wien Cod. 306), hat freundlicherweise in Form eines Fotos das Archiv des Wiener Schottenstifts veröffentlicht [9]. Da der Abschnitt in Predigten des Nikolaus-von-Dinkelsbühl-Redaktors integriert ist [10], liegt der Schluss auch in diesem Fall nahe, dass der Redaktor eine lateinische Vorlage Flucks übersetzt hat.

Völlig unerforscht ist das lateinische Werk Flucks, das vor allem aus Predigten besteht. Immerhin überliefert die Basler Handschrift F VI 62 eine in Heidelberg überarbeitete Wiener Logikvorlesung Flucks von 1401, 1403 und 1406 [11]. Die wichtigste Predigthandschrift Flucks ist der Wiener Cod. 3746 mit sechs Texten von Fluck [12]. Drei Texte Flucks überliefert eine Handschrift in Kremsmünster (CC 8) [13]. Im Erzbischöfliches Archiv Freiburg im Breisgau, Hs. 36 gibt es ein "Carmen de assumptione BMV" [14]. Weitere lateinische Stücke sind in Admont, Eichstätt und Wien nachgewiesen. [15]

Es würde sich sicher lohnen, sich näher mit dem Werk dieses Wiener Theologen zu befassen. Er hat den Kontakt zu seiner Heimatstadt Pfullendorf gehalten, wo heute kein Straßenname an ihn erinnert.

[1] S. 186f. https://books.google.de/books?id=cM_oBQAAQBAJ&pg=PA186
Fluck-GND:
http://beacon.findbuch.de/seealso/pnd-aks?format=sources&id=1012263754
Johannes Fluk (ID: 2147104991), in: RAG, Repertorium Academicum Germanicum
http://www.rag-online.org/gelehrter/id/2147104991

[2] Vgl. auch Freimut Löser: Meister Eckhart in Melk (1999), S. 184
https://books.google.de/books?id=ASQwonaoC8kC&pg=PA184
und
http://pik.ku-eichstaett.de/9146/

[3] Williams hat die mir nicht zugängliche Studie von Hermann Göhler: Das Wiener Kollegiat-, und nachmals Domkapitel zum hl. Stephan in seiner persönlichen Zusammensetzung [...]. Diss. masch. 1932 nicht herangezogen.

[4] Das Datum 1423 nach Otto Riedel:
http://www.perchtoldsdorf.at/images/stories/kultur/Langhaus-Copyright-O-Riedel.pdf
Urkunden von 1416 und 1435 zu Fluck sind erfasst in Monasterium.net
http://monasterium.net/mom/search?q=fluk*&sort=date&arch=

[5] Diese Angabe stützt sich vermutlich auf eine der von Williams zitierten, mir nicht zugänglichen Studien von Uiblein. Zu ergänzen ist die Aufsatzsammlung von Uiblein: Die Universität im Mittelalter (1999), S. 628 (Register)
https://books.google.de/books?id=qc4d4P42eFoC&pg=PA628
Fluck wurde bereits in Aschbachs Universitätsgeschichte behandelt:
https://books.google.de/books?id=kpkaAAAAYAAJ&pg=PA611 (Register)
Zur Wiener Lehre Flucks verdient Beachtung eine deutschsprachige Aufzeichnung um 1403 in Bratislawa ed. Ulrike Bodemann in: Schulliteratur im späten Mittelalter (2000), S. 486
http://digi20.digitale-sammlungen.de/de/fs1/object/display/bsb00050030_00486.html
Siehe schon
https://archive.org/stream/auctariumchartul01univuoft#page/xxviii/mode/2up/

[6] http://archiv.twoday.net/stories/894827492/

[7] Johannes Schupp: Magister Johannes Fluck aus Pfullendorf als Rektor und Dekan an der Universität Wien und die Schicksale des Fluckenaltars in seiner Vaterstadt. In: Bodensee-Chronik 26 (1937), S. 37-39, 42-44. Für rasche Besorgung von Scans danke ich Maria Effinger. Gern hätte ich mich auch beim Stadtarchiv Pfullendorf (ehranamtlicher Betreuer Peter Herrmann) erkundigt, aber unter der mir von der Telefonzentrale der Stadtverwaltung übermittelten privaten Telefonnummer war niemand zu erreichen, und auf eine Kontaktbitte über die Mail der örtlichen CDU erfolgte keine Reaktion.

[8] http://www.rdklabor.de/wiki/Amikt

[9] http://schotten.hypotheses.org/807

[10] Zur Handschrift
http://www.handschriftencensus.de/7268
http://manuscripta.at/?ID=28768

[11] Ulrike Bodemann/Christoph Dabrowski in: Schulliteratur im späten Mittelalter (wie oben), S. 21f., 42.

[12] http://manuscripta.at/?ID=12520

[13] http://manuscripta.at/?ID=8636

[14] http://www.manuscripta-mediaevalia.de/dokumente/html/obj90307261,T

[15] Admont, Stiftsbibliothek, Cod. 199: Sermo de sanctu spiritu (für das Basler Konzil)
http://manuscripta.at/diglit/wichner_1888/0138

Eichstätt, UB, st 351: Sermo in coena domini
http://www.manuscripta-mediaevalia.de/dokumente/html/obj90714448,T

Wien, ÖNB, Cod. 3673: Sermones
http://manuscripta.at/?ID=12474

Wien, ÖNB, Cod. 4299: Litterae ad universitatem Pragensem de quibusdam Wiclefi assertis a. 1413
http://manuscripta.at/?ID=12841
Auszüge des Schreibens bei Denis
http://manuscripta.at/diglit/denis_1-2/0493

Nachtrag 17. 3. 2015:

"Die Akten der Theologischen Fakultät der Universität Wien, 1396-1508, ed. Paul UIBLEIN, 2 Bände (Verband der Wissenschaftlichen Gesellschaften Österreichs, Wien 1978),

dort im Register auf S. 659-660:

"Johannes
[...]
-- Fluk(ch) (Fluck, Fluch). Vgl. AFA I 528. War beim Baseler Konzil. + 1436 in peste (docum.Scot.), vgl. NÖ Landesarch., Cod. 360 (X. Schier) [es folgen die Seitenverweise zu Nennungen in den AFTh]"

Der Verweis "AFA I" meint die Edition von Uiblein der Acta Facultatis Artium [Acta Facultatis Artium Universitatis Vindobonensis 1385-1416, ed. Paul Uiblein (=Publikationen des IfÖG VI. Reihe: Quellen zur Geschichte der Universität Wien, 2. Abteilung, Graz/Wien/Köln 1968)]. Dort findet sich keine Angabe des Todesjahres.

Die ziterte Handschrift von Xystus Schier ist wohl diese: http://manuscripta.at/m1/hs_detail.php?ID=36405 - mehr konnte ich dazu ohne Rückfrage im NÖLA nicht herausfinden.

In der Aufsatzsammlung von Paul Uiblein wird Fluck mehrmals genannt, jedoch ohne Angabe eines Todesjahres.

Ebenso ist in der Dissertation von Hermann Göhler ein Todesjahr nicht erwähnt." (Mitteilung des Universitätsarchivs Wien, Thomas Maisel)

#forschung
 

twoday.net AGB

xml version of this page

powered by Antville powered by Helma