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Peter Koblank hat gerade einen Text über einen Aufsatz von Eduard Hlawitschka veröffentlicht.

http://www.stauferstelen.net/texts/wibald-tabula.htm

"Ein aus dem 12. Jahrhundert überlieferter Stammbaum, Tabula consanguinitatis genannt, der im Zusammenhang mit der 1153 erfolgten Scheidung Friedrichs I. Barbarossa von seiner ersten Ehefrau stehen muss, ist ein Schlüsseldokument für die Stauferforschung. Bis vor kurzem nahm man an, auf Grund dieses Stammbaums habe die Kirche auf Barbarossas Antrag dessen Ehe getrennt. Das ist jedoch ein Irrtum, den der renommierte Historiker Eduard Hlawitschka vor zehn Jahren aufgedeckt hat."

Der Aufsatz von Hlawitschka ist online, wird von Koblank aber nicht verlinkt.

http://www.digizeitschriften.de/link/00121223/0/61/509

In den 1990er Jahren legte ich umfangreiche unveröffentliche Sammlungen zur hochmittelalterlichen Adelsgenealogie des südwestdeutschen Raums an, ausgehend von der Auseinandersetzung mit den Studien von Heinz Bühler und Hansmartin Decker-Hauff. Behandelt habe ich vor allem die Staufer und die Pfalzgrafen von Schwaben, die Besitzgeschichte der Herzöge von Kärnten in Schwaben, Werner von Grüningen., Richwara von Zähringen. Um genealogische Hypothesen zu widerlegen, recherchierte ich nach sogenannten "Nahehen". Außer einigen Andeutungen ist nichts davon publiziert worden.

Einige Hinweise gibt mein Aufsatz von 1995
http://www.freidok.uni-freiburg.de/volltexte/5266/

Dass Josef Heinzelmann 2002 aufgrund meiner Hinweise die Michaelstein-Tradition erörterte, hat mir nicht gefallen.

http://www.freidok.uni-freiburg.de/volltexte/7630/ (Anm. 46)

Harald Drös bezog sich 1997 auf einen mündlichen Hinweis von mir zu Bertha von Boll:

http://www.inschriften.net/landkreis-goeppingen/inschrift/nr/di041-0230.html

Wichtige Studien kamen, ohne meine Überlegungen zu kennen, zu Ergebnissen, die - wie ich - die überbordenden genealogischen Hypothesen in die Schranken wiesen. Die umfangreiche Studie von Tobias Weller zur Heiratspolitik der Staufer (2004), die mir neulich der Autor freundlicherweise als Geschenk verehrte, nahm sich die Spekulationen Decker-Hauffs vor. Eine Zusammenfassung in Form eines Aufsatzes von 2005 ist auch online verfügbar:

http://www.mgh-bibliothek.de//dokumente/a/a139173.pdf

Die Familie der Pfalzgrafen von Schwaben hat der zu früh verstorbene Sönke Lorenz 2009 in der Festschrift für Thomas Zotz kritisch behandelt.

Ganz und gar nicht einverstanden war ich mit der These, Richwara, Gattin Bertholds I. von Zähringen, sei eine Babenbergerin und Tochter Herzog Hermanns IV. gewesen. 2009 hat Eduard Hlawitschka in der ZGO die Abstammung von Hermann IV. zurückgewiesen. Es ist nicht das erste Mal, dass mir die destruktiven Ergebnisse dieses herausragenden Genealogen mehr zusagen als die konstruktiven. Ich bin überhaupt nicht überzeugt, dass die (alternative) Babenberger-Abkunft Richwaras von ihm plausibel gemacht werden konnte.

Da meine eigene Argumentation absolut "wasserdicht" sein sollte, was sich angesichts der unübersichtlichen Quellen- und Literaturlage als schwierig erwies, ist es vielleicht nachvollziehbar, dass ich keine eigene Publikation wagte.

Nicht nur Richwara hat mir Hlawitschka (künftig: H.) "weggenommen", auch seine Studien zu Wibalds Aufstellung zur Verwandtschafts Friedrich Barbarossas mit Adela haben einen Punkt aufgegriffen, auf den ich etliche Jahre vor seinem Aufsatz von 1995 unabhängig von ihm ebenfalls gestoßen war. Die Abbildung unten zeigt meine damalige Aufstellung zu den Nahehen. Zur näheren Datierung meiner Beschäftigung mit diesem Thema dient ein handschriftlicher Brief von Frau Dr. Mechthild Black-Veldtrup, die mir am 6. August 1997 liebenswürdigerweise eine von ihrem Vater angefertigte auszugsweise Übersetzung des Aufsatzes von Gerard Labuda 1963 überließ.

Es ist durchaus bemerkenswert, dass ich zu einem diametral entgegengesetzten Ergebnis als H. kam. Er akzeptierte die Nahehe Barbarossas mit Adela im Verhältnis 4:3, die sich ergibt, wenn man in der Ehefrau Diepolds III. (des Vaters der Adela) von Vohburg eine Tochter des Wladislaw I. Hermann und der Salierin Judith sieht. Dann ist es nur konsequent anzunehmen, dass die Ehe Barbarossas nicht aufgrund Wibalds Zusammenstellung geschieden wurde.

Mein Ansatz resultierte aus der Erwägung, man könne doch aus Nahehen mit aller Vorsicht ein kritisches Schwert schmieden, um den genealogischen Hypothesen-Urwald zu lichten. Bei 4:4 oder 4:3 sollte Skepsis angebracht sein. Da ich nicht an Wibalds Tabula rütteln wollte und sie als Scheidungsbegründung ansah, kam ich zu dem Schluss, dass eine zuverlässige zeitgenössische Quelle (Wibald) in Verbindung mit dem kirchlichen Verbot solcher Nahehen die Hypothese von Diepolds Ehe mit einer Piastin zurückzuweisen in der Lage ist.

Immer wieder haben Nahehen in den berüchtigten genealogischen Kontroversen, in die H. verwickelt war, eine Rolle gespielt. Seine Aussagen 2005 über die Erlaubtheit von Nahehen stimmten nicht mit dem überein, was ich mir aus der Sekundärliteratur angelesen hatte. Schon die Zeitgenossen hatten wohl Probleme mit der Erstreckung des Nahehenverbots. Auf diesen Punkt will ich heute nicht eingehen.

Dass es mir gelingen würde, den kampferprobten Genealogen H. öffentlich zu besiegen, bildete ich mir nicht ein. Hinsichtlich von Quellen- und Literaturkenntnis ihm eindeutig unterlegen, wäre es kaum möglich gewesen, meine (angenommene) methodische Überlegenheit (im Sinne einer größeren Skepsis gegenüber Hypothesen) zur Geltung zu bringen. Wie aussichtslos eine eigene kritische Durchdringung des von H. meisterhaft beherrschten Stoffs war, zeigte meine Lektüre der diversen Arbeiten zu Kuno von Öhningen bzw. zur Konradiner-Genealogie.

Mein eigener Ansatz zu Adela und Friedrich brachte nur eine periphere genealogische Hypothese zum Einsturz, während H. in den Tempel der politischen Geschichte der Stauferzeit vordringen konnte. Sein Ansatz war der interessantere, derjenige mit der größeren Reichweite. Aber ergibt sich daraus automatisch, dass er auch zutreffender ist?

Die Beweislast bei mehreren konkurrierenden Hypothesen liegt meines Erachtens immer bei derjenigen, die die wichtigeren Schlussfolgerungen ermöglicht.

Zu prüfen ist also der Quellenbefund. Diepold von Vohburg war um 1120 mit einer Adelheid verheiratet (H. S. 526f., was sich auch künftig auf den Aufsatz im DA 2005 bezieht), die nach einer Quelle des 15. Jahrhunderts 1127 starb. Von drei Ehen weiß eine genealogische Aufzeichnung des 12. Jahrhunderts aus Ranshofen (im Clm 12631).

http://www.mgh.de/dmgh/resolving/MGH_SS_24_S._76

Die Vornamen der Ehefrauen bleiben ungenannt. Die erste soll "de Polonia" gewesen sein. Aus dieser Ehe ging nach der Angabe der Quelle die an erster Stelle genannte Kaiserin Adela hervor. Nach einem Blick auf die Stammtafel der Piasten ist es für H. klar, dass nur eine Tochter von Wladislaw I. Hermann in Betracht kommen kann. Adelheids Geburt setzt er um 1090 an (H. S. 529). Wladislaw nahm (wohl 1088) eine Judith zur zweiten Frau (auch die erste hieß so), die Tochter Kaiser Heinrichs III. Als "entscheidenden Hinweis" wertet H. S. 532 die Angabe des Gallus Anonymus, der über die drei Töchter des Herrschers sagt, dass die ersten einen Russen heiratete, die zweite Nonne wurde (die Äbtissin Agnes von Gandersheim) und die dritte nahm einen Mann "sue gentis", wobei die von H. bevorzugte Lesart, das beziehe sich auf Judith und nicht auf Wladislaw, sich nicht unbedingt aufdrängt.

Halten wir fest: Es gibt keinen Quellenbeleg, dass die polnische Dame, die Diepold von Vohburg heiratete, eine Tochter des Wladislaw war. Selbst wenn man der eher fernliegenden Textinterpretation folgt, dass die dritte Tochter einen Deutschen heiratete, bedeutet das noch nicht, dass Diepold gemeint war. Es ist durchaus anzunehmen, dass es noch andere vornehme Familien in Polen und Deutschland gab, die am Ende des 11. Jahrhunderts Heiratsbündnisse eingehen konnten.

Geht man von der vor H. gültigen Prämisse aus, dass Wibalds Tabula die offizielle Begründung für die Scheidung aufgrund zu naher Verwandtschaft 1153 war, so kann man damit die genealogische Hypothese zurückweisen. Wieso umständlich einen entfernten Verwandtschaftsgrad (kanonischer Grad 6:5) anführen, wenn schon der Grad 4:3 gegeben war!

Was H. dagegen einzuwenden hat, ist eine ad-hoc-Hypothese, die den Quellenanschein hinterfragt: Wibalds Nahehe-Aufstellung sei zwar korrekt, aber nicht die endgültige Version gewesen. Wibald sei zwar ein wichtiger Berater Barbarossas, aber nicht in jedem Punkt informiert gewesen.

Das alles wirkt nun gar nicht überzeugend: Kein wirklich starkes Argument für die Ehe Diepolds mit der Piastin, und dann muss H. auch noch Wibalds Rolle relativieren.

Die Beweislast liegt bei dem, der die etablierte Deutung (Wibalds Aufzeichnung als offizielle Begründung) umstoßen möchte. Dafür braucht es starke Argumente, die H. aber nicht hat. Stattdessen: eine schwach begründete genealogische Hypothese, die sich auf eine Quelle stützt, bei der man einen eigenartigen Bezug "sue gentis" zugrundelegen muss.

Gleichwohl hat H. Zustimmung gefunden. Die Studie von Tobias Küss 2013 zu den Diepoldingern folgt ihm, siehe die Auszüge in Google Books:

https://books.google.de/books?id=JUkjAQAAQBAJ&pg=PA250

Die Interpretation von "sue gentis", die eine polnische Historikerin (Polaczkówna) 1932 vorschlug, habe sich durchzusetzen begonnen, schreibt H. S. 532 Anm. 76 und bezieht sich auf die Edition des Gallus, den Aufsatz von Labuda 1963 und zwei Studien von Black-Veltrup.

Von Labuda habe ich - siehe oben - eine Arbeitsübersetzung. Balzer und andere hätten das Pronomen sue auf Wladislaw bezogen, aber grammatikalisch richtig könne auch der Bezug auf Judith sein, auch wenn man zugeben müsse, dass sich Gallus dann sehr unklar ausgedrückt habe. Als Indizien für die Verheiratung mit einem Deutschen führt Labuda an:

1. Es gebe sonst keine Beispiele für die Ehe einer Piastin mit einem polnischen Magnaten.

2. Es gab keine andere polnische Fürstentochter, die für eine Ehe mit Diepold in Betracht kam.

3. Den Namen Adelheid konnte die Tochter von ihrer Mutter erben (deren Schwester hieß so).

4. Es sei wahrscheinlich, dass Judith nach dem Tod ihres Gatten nach Deutschland zurückkehrte.

Bei 1 und 2 vermerkte Frau Black-Veldtrup auf der mir vorliegenden Kopie der Übersetzung zutreffend a.e.s. (argumentum e silentio). Argument 3 ist nicht zwingend. Angesichts der Ehen slawischer Familien mit deutschen Geschlechtern konnte der Name Adelheid durchaus auch auf andere Weise zur Gattin Diepolds gelangen.

Abgesehen davon, dass der Beweiswert von Argument 4 unklar ist, ist es auch sachlich unzutreffend, wie Black-Veldtrup handschriftlich vermerkte: Judith starb vor Wladislaw. Siehe auch

http://www.manfred-hiebl.de/genealogie-mittelalter/salier_2/judith_tochter_von_heinrich_3_1096_salier_arpaden_piasten/judith_koenigin_von_ungarn_+_1096.html

Zwei konkurrierende Hypothesen zu den Ehen Diepolds sind noch kurz zu nennen, bevor ich auf die jüngere polnische Forschung zu sprechen komme.

Da Adela nicht gut älter gewesen sein könne als ihr (um 1122 geborener) Gatte, wies sie Tyroller der zweiten Ehe Diepolds mit Kunigunde (Haus Northeim) zu. Er zitiert durchaus die Ranshofener Genealogie, die ausdrücklich Adela der ersten Ehe zuweist, muss dann aber einen Irrtum angenommen haben. Adela heiße wie ihre Urgroßmutter Adela von Löwen, was aber H. treffend damit kontert, dass Adela ja eine Kurzform von Adelheid sei und so durchaus auf die Mutter zurückverweisen könne.

Labuda stochert im Nebel, wenn er sich Gedanken über die Reihenfolge der Kinder Diepolds macht. Er sieht Adela als jüngstes Kind. Irgendwelche konkreten Anhaltspunkte für das Alter Adelas gibt es nicht. Wenn sich die Ranshofener Notiz tatsächlich geirrt haben sollte, was durchaus nicht auszuschließen ist, dann kann Adela auch der zweiten Ehe Diepolds (nicht vor 1127) entstammen, und dann gibt es selbstverständlich kein Nahehen-Problem über die Salierin Judith!

Hansmartin Decker-Hauff setzte im Stauferkatalog 1977 Nr. 44 Adela, die 1128/29 geboren worden sei, als Tochter der zweiten (nicht der ersten!) Ehe Diepolds an, wobei er aber die übliche Reihenfolge vertauscht: Diepold habe eine Gattin N. von Polen geheiratet, Tochter von König Boleslaus III. Schiefmaul von Polen. Auch hier ergibt sich keine Nahehe, denn Boleslaw entstammt der ersten Ehe seines Vaters mit Judith von Böhmen. Laut Geburtsdatum 1106/9 muss sie der ersten Ehe mit Zbysława entstammen. Würde sie der zweiten entstammen, hätte, vorausgesetzt Bühlers Ansetzung der Adelheid von Mochental aus dem Haus der Diepolder träfe zu, Diepold III. die Enkelin seiner Schwester geheiratet. Aber Decker-Hauff hatte ohnehin seine eigene Theorie zu Adelheid von Mochental, die er Immo Eberl mündlich eröffnete (Ulm und Oberschwaben 1982, S. 30 Anm. 6 und S. 34 Anm. 38). Für ihn war sie eine Stauferin aus der hypothetischen ersten Ehe Herzog Friedrich I. mit einer Beatrix oder Mathilde. Sie heiratete zunächst Heinrich von Berg und dann Diepold von Vohburg (dessen erste Ehefrau Adelheid). Dass der gleichnamige Sohn Heinrichs Bertha von Boll (nach Decker-Hauff und Bühler eine Tochter Friedrichs I.) heiratete, wie Heinz Bühler wollte, kann nicht sein (Nahehe 2:1, Eberl S. 35 Anm. 56a: "kaum möglich").

Vergessen wir diesen ganzen genealogischen Wust Decker-Hauffs rasch wieder!

Unglücklicherweise verfüge ich nicht über polnische Sprachkenntnisse, und Google Translate hilft nur bei E-Texten. Scans in PDFs, Djvus oder in Google Books können nicht direkt übersetzt werden. Aber Fakt ist, dass sich in der polnischen Forschung - und dank des Internets kann ich heute wesentlich einfacher recherchieren als ca. 1997 - eher die Annahme durchsetzt, dass Diepold von Berg KEINE Tochter Wladislaw I. Hermann geheiratet hat.

Szymon Wieczorek schloss sich 2013 dem Zweifel von Kazimierz Jasińskii an, dieser habe anscheinend zu Recht die Hypothese angefochten.

https://books.google.de/books?id=MC7nvfOcXRoC&pg=PA149

Schon in der polnischen Fassung von 1996 hatte er sich so positioniert:

http://rcin.org.pl/Content/2461/WA303_4051_KH103-r1996-R103-nr4_Kwartalnik-Historyczny_02_Wieczorek.pdf

Auch Pac 2013 bezieht sich auf die Frage in einer längeren Fußnote (die ich nicht lesen kann) und die Argumentation von Kazimierz Jasiński.

https://books.google.de/books?id=VlV2BwAAQBAJ&pg=PA258

Zur frühen Genealogie ist in Polen einiges Material online, darunter auch Karteikarten von Kazimierz Jasiński. Siehe auch die Hinweise:

http://historiaimedia.org/2011/09/02/polska-genealogia-dynastyczna-w-internecie/

Hier ist von besonderer Bedeutung ein Aufsatz von Jasiński aus dem Jahr 1989, der einsehbar ist unter

http://www.wbc.poznan.pl/dlibra/plain-content?id=164573

Die kritische Argumentation kann ich leider - aus Sprachunkenntnis - nicht nachvollziehen, aber auf S. 61 befindet sich genau jenes Stemma, das mir ca. 1997 auffiel und das H. 2005 als seine Entdeckung vorstellte. Friedrich und Adela im Verhältnis 3:4!

Von daher weiß ich mich in bester Gesellschaft, wenn ich einmal mehr Tobias Weller beipflichte, der 2005, ein Jahr vor H.'s Aufsatz, betonte (Heiratspolitik S. 788): Adelheid, die Gemahlin Diepold III., gelte in der Forschungsliteratur allenthalben als Tochter des Piastenfürsten Wladislaw I. Hermann, "doch findet diese Mutmaßung in den Quellen keinerlei Stütze".

#forschung

adelheid_graf
Jan Keupp (Gast) meinte am 2015/04/16 21:25:
Nichts ist "gewiß"
"Vergessen wir diesen ganzen genealogischen Wust Decker-Hauffs rasch wieder" - Wenn Sie diesen Satz irgendwann in Stein meißeln lassen, bestellt ich umgehend einen Abguss!

Ähnliches gilt für die hier referierten Thesen von H.: Sie erweisen sich in hohem Maße als spekulativ. Das ist ihrem Verfasser offenbar bewusst, schreibt er doch auf S. 525 seiner Ausführungen: "Gegen die eine Hypothese kann man also gewiß mit gleicher Überzeugung eine andere setzen". Dieses "gewiß" wage ich explizit in Abrede zu stellen. Methodisch stelle ich die Frage, was das Spiel mit den Spekulationen dem Fach tatsächlich bringen kann. Zwar bin ich einem gesunden Positivismus keineswegs abgeneigt, doch geht ein positivistisch motivierter Konstruktivismus ala H. mir doch zu weit. Sei Text knüpft eine teilweise arg strapazierte Kette konsekutiver Indizien, an deren Ende eine Verwandtschaft steht, die kein Quellenautor irgendwie für überlieferungswürdig erachtet hat. Dass er dabei z.B. auf S. 515 sechs Worte in die Annales Herbipolenses "hineinimaginiert", zeugt für den fragwürdigen Stil der Unternehmung. Herr Weller hat das rechte Maß gefunden und eine wohltemperierte Mischung aus fachlicher Kenntnisnahme und reflektierter Nichtbeachtung gewählt.

Lieber Herr Graf, verbeugen Sie sich bitte nicht allzu tief vor dem "herausragenden Genealogen". Sobald nämlich die Autorität akademisch arrivierter Genealogen zum ausschlaggebenden Argument wird, verliert die Debatte jeden Anspruch auf Wissenschaftlichkeit. Ihrer Skepsis kann ich nur beipflichten. Mit genealogischen Konstruktionen ist es wie mit Verschwörungstheorien: einmal in die Welt gesetzt sind sie kaum mehr aus dem Diskurs zu entfernen. Da hilft oft nur der offensive Griff zum Occamschen Rasiermesser. 
 

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