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Aus Anlass von

http://archiv.twoday.net/stories/1022484169/

habe ich mich im Netz und in Beck Online umgeschaut. Die beste Darstellung liefert kostenfrei RA Stadler 2013:

http://www.internet-law.de/2013/10/darf-man-fremde-e-mails-im-netz-veroeffentlichen.html

Auszüge:

"Die Veröffentlichung von Individualkommunikation ist weder grundsätzlich verboten noch generell erlaubt. [...]

Die Sozialsphäre genießt den geringsten Schutz, die Intimsphäre den höchsten.

In diesem Zusammenhang ist auch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu beachten, wonach die Äußerung wahrer Tatsachen aus dem Bereich der Sozialsphäre regelmäßig hingenommen werden muss (BVerfG, NJW 1988, 2889; NJW 1999, 1322). Dies hat das Bundesverfassungsgericht auch für die Frage einer persönlichkeitsrechtsverletzenden Wirkung der Veröffentlichung von Auszügen aus E-Mails eines Anwalts ausdrücklich bestätigt. Soweit beispielsweise das Landgericht Köln regelmäßig auch die Veröffentlichung von Briefen, die berufliche oder geschäftliche Fragen betreffen, für unzulässig hält, so ist diese Ansicht mit der Rechtsprechung des BVerfG nicht vereinbar und durch die Entscheidung zu den anwaltlichen E-Mails auch überholt."

Zu restriktiv argumentieren dagegen mit Blick auf Emails: Michael Kummermehr und Christof Peter: Presseveröffentlichungen von SMS. In: ZUM 2014, S. 116 ff., hier S. 118f.: "Eine an ein bzw. zwei Personen versandte E-Mail ist daher vergleichbar mit einem verschlossenen Brief, der durch das Absenden ebenfalls nicht aus der Persönlichkeitssphäre entlassen wird und bei dem der Absender – anders als etwa im Falle einer offen versandten Postkarte – auch nicht damit rechnen muss, dass Dritte von seinem Inhalt Kenntnis nehmen" (in der Fußnote wird auf das von Stadler kritisierte LG Köln Bezug genommen). Kritisiert wird Niko Härting/Philipp C. Redlich: Briefe und E-Mails im Netz. In: K&R (Kommunikation und Recht) 2007, S. 551 ff. Diese kommen zu dem Schluss:

"Die Publikation von Privat- und Geschäftspost ist (nur) gestattet, wenn eine Abwägung zwischen dem Geheimhaltungsinteresse des Verfassers einerseits und dem geltend gemachten Verbreitungs- bzw. Veröffentlichungsinteresse andererseits ein überwiegendes Publikationsinteresse ergibt. Je privater der Inhalt eines Briefs, desto höher werden die Anforderungen an ein hinreichendes Veröffentlichungsinteresse. Vergleichsweise gering sind diese Anforderungen bei Geschäftspost. Nicht anders als bei Briefen kommt auch E-Mails grundsätzlich ein Vertraulichkeitsschutz zu, so dass die Veröffentlichung und Verbreitung von E-Mails nicht per se erlaubt ist. Allerdings liegt es in der Natur einer E-Mail, dass sie nicht in gleicher Weise Gewähr gegen den Einblick durch Dritte bietet, wie dies bei einem verschlossenen Brief der Fall ist. Die Wahl der E-Mail als Kommunikationsmittel (als Alternative zum herkömmlichen Brief) kann daher bei der stets vorzunehmenden Güter- und Interessenabwägung zu Lasten des Vertraulichkeitsschutzes ins Gewicht fallen."

Lehrreich ist vor allem die Lektüre der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 2010 (1 BvR 2477/08):

https://openjur.de/u/180526.html

Das Gericht führte aus:

"Die Verurteilung zur Unterlassung wörtlicher Zitate aus anwaltlichen Schreiben des Klägers verletzt den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht auf Meinungsfreiheit. In dessen Schutzbereich fallen außer Werturteilen auch Tatsachenbehauptungen, sofern sie zur Bildung von Meinungen beitragen können (vgl. BVerfGE 61, 1 <8>; 71, 162 <179>; 99, 185 <197>, stRspr.). Dies ist bei einem Zitat wie dem hier streitgegenständlichen ersichtlich der Fall, denn die Wiedergabe der ablehnenden Antwort war - wovon auch die Gerichte ausgegangen sind - geeignet, zu einer Bewertung des Klägers beizutragen. [...]

Vor dem Hintergrund, dass das Grundrecht aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts seinem Träger keinen Anspruch darauf vermittelt, öffentlich nur so dargestellt zu werden, wie es ihm selbst genehm ist (vgl. BVerfGE 82, 236 <269>; 97, 125 <149>), begegnet bereits die Annahme der Gerichte, dass die Veröffentlichung des Zitats das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers beeinträchtige, erheblichen Bedenken."

Das Gericht verneint sodann, dass im zu entscheidenden Fall eine sogenannte "Prangerwirkung" vorliege und schreibt dem Kammergericht Berlin und dem LG Berlin dann auch noch ins Stammbuch:

" Insoweit heben die angegriffenen Entscheidungen wesentlich darauf ab, dass das öffentliche Informationsinteresse an der streitgegenständlichen Äußerung gering sei. Diese Erwägung lässt befürchten, dass die Gerichte den Schutzbereich des Grundrechts aus Art. 5 Abs. 1 GG grundlegend verkannt haben. Zwar handelt es sich bei dem - hier als gering erachteten - öffentlichen Informationsinteresse um einen wesentlichen Abwägungsfaktor in Fällen einer Kollision der grundrechtlich geschützten Äußerungsinteressen einerseits und der Persönlichkeitsbelange des von der Äußerung Betroffenen andererseits. Dies bedeutet aber nicht, dass die Meinungsfreiheit nur unter dem Vorbehalt des öffentlichen Interesses geschützt wäre und von dem Grundrechtsträger nur gleichsam treuhänderisch für das demokratisch verfasste Gemeinwesen ausgeübt würde. Vielmehr gewährleistet das Grundrecht aus Art. 5 Abs. 1 GG primär die Selbstbestimmung des einzelnen Grundrechtsträgers über die Entfaltung seiner Persönlichkeit in der Kommunikation mit anderen. Bereits hieraus bezieht das Grundrecht sein in eine Abwägung mit dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht einzustellendes Gewicht, das durch ein mögliches öffentliches Informationsinteresse lediglich weiter erhöht werden kann. Angesichts dessen stellt es eine verfassungsrechtlich bedenkliche Verkürzung dar, wenn die Gerichte dem Kläger vorliegend allein deshalb einen Unterlassungsanspruch zuerkannt haben, weil dessen allgemeines Persönlichkeitsrecht das Informationsinteresse der Öffentlichkeit überwiege."

Zu einer Entscheidung des LG Braunschweig:

http://archiv.twoday.net/stories/43002315/
http://dejure.org/dienste/vernetzung/rechtsprechung?Text=9%20O%201956/11

Dass Vertraulichkeitsvermerke und vergleichbare Disclaimer juristisch wenig relevant sind, legte das OLG Saarbrücken 2011 dar:

http://www.kanzlei-rader.de/2013/10/2477/

Zu beachten ist die Formulierung des Bundesverfassungsgerichts: "begegnet bereits die Annahme der Gerichte, dass die Veröffentlichung des Zitats das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers beeinträchtige, erheblichen Bedenken". Demnach wäre entgegen der Ansicht unterer Gerichte nicht jede Veröffentlichung aus einer unveröffentlichten Mail eine unerlaubte Handlung, die in einem zweiten Schritt als durch die Meinungsfreiheit als gerechtfertigt erachtet werden kann.

So etwa LG Saarbrücken (Urteil vom 16.12.2011 - 4 O 287/11) als Vorinstanz zur genannten Entscheidung des OLG Saarbrücken:

"Die unerlaubte Veröffentlichung einer für einen eingeschränkten überschaubaren Personenkreis bestimmten E-Mail ist wie die Veröffentlichung eines Briefes als eine Beeinträchtigung des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts anzusehen (s. OLG Stuttgart, Urteil vom 10.11.2010, Az. 4 U 96/10; LG Köln, Urteil vom 28.5.2008, Az. 28 O 157/08)".
http://www.ra-kotz.de/vertrauliche_emails_weitergabe_unzulaessig.htm

Grundsätzlich ist bei der Veröffentlichung fremder E-Mails trotzdem Vorsicht geboten. Aber bei harmlosen Fällen wie der Causa De Gruyter sind übermäßige Ängste nicht am Platz. Eindeutig war die Stellungnahme des Bibliotheksjuristen Dietrich Pannier in INETBIB:

http://www.inetbib.de/listenarchiv/msg56677.html

Pohl habe mit dem Zitat "weder Latten der Höflichkeit noch des Rechts gerissen [...]. Man kann es auch so empfinden, dass der forsche, aber rechtlich unbeachtliche Vorhalt des Verlag geeignet sein könnte, weitere Personen von Anfragen abzuhalten."
 

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