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Lutz Hachmeister, Medienhistoriker und Filmemacher, hat eine Stellungnahme zum Guttenberg-Plagiat verfasst, die wir hier mit der Bitte um weitere Unterstützung veröffentlichen. Hachmeister, ehemals Leiter des Grimme-Instituts, promovierte 1986 an der Universität Münster und wurde 1999 von der Universität Dortmund habilitiert.
22.02.2011 |

Wir halten nicht allzu viel von akademischen Ritualen. Die Lage an den deutschen Hochschulen mit ihren Bologna-Prozessen, Exzellenz-Clustern und Modulpunkten ist beklagenswert.

Gerade deshalb sollte es wissenschaftliche Mindeststandards geben, die für alle gelten. Die Idee einer universellen scientific community, mit ihren Regeln der Überprüfbarkeit und Originalität, Kritik und Präzision, ist ein hohes Gut. Diese Regeln mussten lange Zeit gegen religiösen Wahn und staatliche Pressionen durchgesetzt werden. Sie sind in vielen Ländern der Erde noch immer nicht selbstverständlich. Bei den Plagiaten des derzeitigen Bundesverteidigungsministers Karl-Theodor zu Guttenberg hat sich gezeigt, dass ein gewichtiger Teil der politischen Klasse in Deutschland die Bedeutung intellektueller Leistung gering schätzt.

Karl-Theodor zu Guttenberg hat wissentlich eine akademische Qualifikationsarbeit vorgelegt, die sich in erheblichem Umfang auf fremdes geistiges Eigentum stützt, ohne dieses kenntlich zu machen. Daran besteht nach Faktenlage kein Zweifel mehr. Die wesentliche Leistung des Promovenden bestand in einer bunten Textkompilation, deren Methodik den Betreuern der Arbeit offenbar seinerzeit nicht aufgefallen ist. Eine solche Ansammlung von Plagiaten war tolldreist, ihre Ableugnung war bizarr. Der Verteidigungsminister ist nur durch die im Internet und von der Presse versammelten Beweise dazu gebracht worden, nach längerem Leugnen und Abstreiten seinen Doktortitel „auf Dauer nicht mehr zu führen“. Noch interessanter ist, wie sehr sich der Minister beim Ableugnen der Fakten und beim Werfen von Nebelkerzen auf die unbedingte Solidarität seiner politischen Freunde verlassen konnte, bis hin zur Bundeskanzlerin. Wie will eine Bundesregierung überhaupt noch bildungspolitisch verantwortlich handeln, wenn sie vorsätzliche akademische Täuschung zum Kavaliersdelikt erklärt? Wie wollen Universitäten ihre Studenten zur „Exzellenz“ motivieren, wenn ein plagiiertes Traktat ohne Konsequenzen mit „summa cum laude“ bewertet werden kann?

Angesichts dieser Faktenlage ist die Unterstützung des Plagiators durch Teile von Politik und Journalismus nur macht- und medienpsychologisch zu erklären. Wer sich aber wirklich um Karl-Theodor zu Guttenberg sorgt, der entbietet ihm keine politische Nibelungentreue, sondern kümmert sich in dieser schwierigen Situation um persönlichen und psychologischen Rat.

Wir klagen niemanden an. Wir kennen die biblischen Bezüge von Splittern und Balken im Auge, von Heuchlern und selbstgerechten Richtern. Aber um für die Wissenschaft und die intellektuelle Würde zu retten, was zu retten ist, werden wir unseren Doktortitel solange nicht führen, solange Freiherr zu Guttenberg noch als Minister dieses Land vertritt.

Lutz Hachmeister

Mitunterzeichner:

Hanna Leitgeb, Robin Meyer-Lucht, Leonard Novy, Markus Oetting

Quelle:

http://carta.info/38447/ein-akademischer-faelscher-kann-kein-minister-bleiben-ein-aufruf/


http://www.klaus-baum.info/2011/02/22/ein-akademischer-falscher-kann-kein-minister-bleiben-ein-aufruf-von-lutz-hachmeister/

Interview mit Hachmeister (Audio)

http://ondemand-mp3.dradio.de/file/dradio/2011/02/24/drk_20110224_1608_e6d09a76.mp3

 

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