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Der Mikrofilm ist tot!? Aber er erfüllt seine Aufgabe selbst in diesem Zustand prächtig!

Seit Ende 2004 "werbe" ich – damals noch als Mitarbeiter eines gemeinsamen Projektes des Landesarchivs Baden-Württemberg und der Universitätsbibliothek Stuttgart – für die Nutzung des laserbelichteten Farbmikrofilms im Archiv. Mit unserer Firma archium setze ich diese Arbeit seit 2008 fort. Ich hielt darüber Vorträge und betrieb gemeinsam mit der Firma Media de Lux Messestände auf Archivtagen, Bibliothekartagen, der Archiving-Conference, der Messe Denkmal und sehr zahlreichen Hausmessen. Auf dem Dresdner Bibliothekartag 2005 wurde ich bei der Ankündigung meines "rückwärtsgewandten" Vortrages zu diesem "ausgestorbenen Medium" noch regelrecht ausgelacht. Und in den Folgejahren wurden wir mindestens belächelt, wenn wir über dieses Thema gemeinsam referierten. "Wir", das sind in regelmäßigen Abständen das Fraunhofer Institut für Physikalische Messtechnik IPM, der Filmhersteller Ilford, die Firmen archium und Media de Lux und der Experte für visuelle Binärdatensicherung Christoph Voges von der TU Braunschweig. Und nicht selten haben wir Zuspruch aus dem Publikum erhalten von Vertretern des Landesarchivs Baden-Württemberg, dem Bundesarchiv und dem Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe BBK, welches den laserbelichteten Farbmikrofilm seit 2010 nämlich nutzt (http://www.bbk.bund.de/DE/TopThema/TT_2010/Kulturgutschutz_Sicherungsverfilmung_Weimar.html).

Meistens aber wurden wir belächelt wenn wir Katastrophenszenarien aufzeigten. Unter dem Eindruck des Brandes von Weimar oder dem Einsturz des Kölner Stadtarchivs wurde manch einer zwar nachdenklich – doch dann wurden wieder die Stimmen derer laut, die nun erst recht zur Digitalisierung rieten, als Maßnahme zur Informationserhaltung am physischen Verlust vorbei. Und hierfür standen öffentliche Gelder bereit.
Über ein weiteres Szenario aber kann man seit heute nicht mehr lachen: Den Diebstahl von Daten aus sicher geglaubten sensiblen digitalen Systemen. Was nun im Kreiskrankenhaus Rastatt und dem Klinikum Mittelbaden durch den Diebstahl von Datensicherungsbändern mit 200.000 bis 300.000 Patientendaten passiert ist (http://www.klinikum-mittelbaden.de/internet/datenschutz.php Stand 12.11.2012 9:00 Uhr), sollte bei jedem, der sensible Daten verwaltet und archiviert, alle Alarmglocken schrillen lassen!

Natürlich können auch Mikrofilme gestohlen werden. Doch es ist anzunehmen, daß das, was die Diebe mit diesen Daten vorhaben, auf einem analogen Medium unendlich schwerer wäre, möglicherweise sogar so unattraktiv schwierig, daß ein Massendiebstahl vielleicht gar nicht, schlimmstenfalls ein Einzeldiebstahl stattgefunden hätte.

Was steht dem Kreiskrankenhaus Rastatt und dem Klinikum Mittelbaden nun bevor? Vielleicht ein teurer Rückkauf entführter Daten? Gewiß wird man sowas erwogen und die Chance dazu vielleicht sogar erhofft haben, in den letzten Wochen, nachdem der Datenklau schon am 19. September stattgefunden hatte, wie die Welt online schreibt (http://www.welt.de/wirtschaft/article109779761/Zehntausende-Datensaetze-aus-Kliniken-verschwunden.html). Denn viel teurer wiegen werden jetzt die zahllosen Schadensersatzforderungen, die mit Sicherheit gestellt werden. Das Klinikum mit seiner Nachweispflicht hat auf einen Schlag jegliche Rechtssicherheit verloren!

Wieviel Geld hätten die jetzt erpressbaren Krankenhäuser selbst mit einer einfachen Sicherheitsverfilmung gespart, wenn nun wenigstens analoge Kopien noch vorhanden wären?

Dabei ist es heute doch sogar möglich, gerade auch visualisierbare digitale Ausgangsdaten hochaufgelöst und laserpunktgenau in Farbe auf alterungsbeständigem Mikrofilm zu sichern! Daß das Aussehen und der Zustand der in den digitalen Daten gespeicherten Informationen dabei sehr authentisch und ziemlich fälschungssicher auf den Zeitpunkt der Belichtung eingefroren wird, sollte nicht nur in Krankenhausarchiven mit ihrem rechtlich sehr sensiblen Archivgut relevant sein. Denn selbst wenn diese Datenbänder jemals wieder auftauchen sollten, wer kann dann noch garantieren, daß nicht trotzdem zwischendurch ein Kopiervorgang oder eine Datenmanipulation stattgefunden hat?

Ich habe sehr oft erlebt, daß Archivare den analogen Mikrofilm durchaus schätzen, diesem heute aber trotzdem eine adäquate digitale Alternative vorziehen würden und in der Hoffnung, diese könne es irgendwann einmal geben, lieber weiter darauf warten. Vielen fällt es schwer, sich wieder diesem "ausgestorbenen" Medium zuzuwenden, gerade weil doch mancherorts eben erst sehr viel Geld in die Hand genommen wurde, um das alte Mikrofilmarchiv zu digitalisieren.

Bei diesem Denken wird aber ausgeblendet, daß digital kodierte Datenträger eines grundsätzlich niemals können, was analoge Medien sind: Analoge Medien sind physisch vorhanden. Deshalb müssen sie auch physisch dupliziert werden, sind dafür aber von gesunden Menschen physisch verwendbar. Dabei endet ihr Sicherungsvermögen nicht abrupt, sondern erkennbar und allmählich. Und solange kein geeigneteres analoges Medium existiert, spielt es doch keine Rolle, daß der Mikrofilm veraltet und unmodern ist?

Der Mikrofilm ist keineswegs tot! Er ist nur sehr konservativ! Im wahrsten Sinne des Wortes.

Klaus Wendel
MimiMaloon (Gast) meinte am 2012/10/12 11:19:
schade, dass Sie versuchen mit einer falschen Argumentation diesen Diebstahl für ihr Marketing zu missbrauchen.

Wo ist der Unterschied: Wenn Ihre Mikrofilme gestohlen und verbrannt werden, ist alles weg.
Mögen in diesem Fall die Bänder(!) gestohlen worden sein, so sind die Daten bei normaler Benutzung von Backup-Systemen aber noch da. Und lassen sich kopieren. Und nochmal kopieren und umsortieren und auswerten und und und. 
Gast (Gast) antwortete am 2012/10/12 11:28:
Eben und der Aspekt "Zugang" wird hier völlig außer Acht gelassen. Es geht nicht nur um Datensicherung beim Unterhalt von Archiven. 
Klaus Wendel antwortete am 2012/10/12 11:52:
Marketingmissbrauch?
Liebe Krititker, die hinter meinem Aufsatz eine Werbekampagne vermuten,

als Unternehmer steht man bei jeder Argumentation unter dem Verdacht, werben zu wollen. Vor allem dann, wenn er über Themen redet, mit denen er Umsatz zu erzielen sucht. Daß sich ein Unternehmer aber ausgerechnet zu diesen Themen äußert, ist auch kein Wunder, schließlich beschäftigt er sich von Berufswegen besonders intensiv damit. Und in dem Punkt geht es ihm genauso wie jedem angestellten Archivaren. Beide berichten hier aus ihrer Berufswelt.

Die einzige Möglichkeit also, nicht diesem Verdacht des Marketingmissbrauchs zu unterliegen, bestünde für mich darin, gar nichts zu schreiben. Oder unter Pseudonym. Dann sähe der Text fast genauso aus und Sie würden evtl. sogar zustimmen. Ich halte es dennoch für redlicher meinen Real-Namen und meinen beruflichen Hintergrund zu nennen. Ich meine, auch diese Information gehört in diesen Kontext.

Aber ich gebe Ihnen recht, ich habe geworben. Für den Mikrofilm an sich – nicht für mein Unternehmen und auch nicht für das im Aufsatz zitierte Konkurrenz(!)-Unternehmen, mit welchem ich sogar gemeinsam auf Messen gehe. Wenn jemand von meinem Beitrag kommerziell profitieren wird, dann werden es alle Anbieter von Mikrofilmtechnologie überhaupt sein.
Und wenn diese Technologie tatsächlich gut ist, dann ist es doch in Ordnung, daß diese Unternehmen existieren!?

Also bitte kritisieren Sie den Sinn und den Unsinn der Technik und bitte nicht den Umstand, daß ausgerechnet ein Unternehmer mit Gewinnstreben diese zur Diskussion stellt!

Klaus Wendel

PS: Ich tue Ihnen aber den Gefallen und nehme "archium UG, Essingen" aus der Signatur heraus. Ich hoffe, mein Name bleibt erlaubt. 
KlausGraf antwortete am 2012/10/12 13:14:
Kein Missbrauch von Archivalia
Ich finde den Beitrag wichtig und lesenswert. 
MimiMaloon (Gast) meinte am 2012/10/12 14:33:
Ja gut, Herr Wendel
wenn sie oben dann "archium UG, Essingen" rausnehmen, um dann unten zu schreiben, dass Sie "archium UG, Essingen" rausgenommen haben, ist ja alles klar! :D

wir sind uns einig: mikrofilm ist gut, für die ewigkeit und das salzlager. - digital ist leichter zu vervielfältigen, kopierbar und funktioniert solange strom da ist. 
KlausGraf meinte am 2012/10/14 22:55:
Siehe nun auch
http://www.heise.de/tp/blogs/5/152982 
 

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