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Am 28. November fand eine Dringlichkeitssitzung des Hauptausschusses der Stralsunder Bürgerschaft statt.

Zu der unter TOP 2.1 eingeordneten Beschlussvorlage H 0194/2012 erfolgte eine einstimmige Beschlussfassung, wonach der Bücherkaufvertrag zum Teilbestand der Gymnasialbibliothek rückabgewickelt wird (Rückabwicklungsvereinbarung). Es handelt sich um eine Rückabwicklung, nicht um einen Rückkauf der Bücher. Dies war nur möglich durch den Einigungswillen und die Fairness des Antiquars bei den Verhandlungen.

Danach werden alle beim Käufer noch vorhandenen 5.278 Bücher der Gymnasialbibliothek in den Besitz der Hansestadt Stralsund zurückgeführt und im Gegenzug lediglich der anteilige Kaufpreis erstattet.

Dies entspricht ca. 90 Prozent des veräußerten Bestandes. Von den restlichen 10 Prozent wurde ein Teil aufgrund des sehr schlechten Zustandes der Bücher vom Antiquar vernichtet, der andere Teil durch ihn weiterveräußert.

Welche Bücher letztlich veräußert wurden, müssen weitere fachliche Recherchen ergeben. Liegen diese Ergebnisse vor, wird festzustellen sein, welche der bereits weiter veräußerten Bücher dringend zurückgeholt werden müssen, um die Gymnasialbibliothek als Ganzes wiederherzustellen.
Dies wird in der nächsten Zeit von Fachleuten aufgearbeitet.

In der kommenden Woche erfolgt die Rückführung der Bücher nach Stralsund.


Aus der aktualisierten Chronologie:
http://www.stralsund.de/hst01/content1.nsf/docname/Webseite_B8D598E4238E4E09C1257ABF00448714?OpenDocument

Mein Kommentar dazu in INETBIB ist lesefreundlicher wiedergegeben in:

http://pommern.tumblr.com/post/36797822145/rueckgabe-der-gymnasialbibliothek-stralsund-fragen

Vor allem stellt sich die Frage, was mit den anderen kostbaren Werken außerhalb der Gymnasialbibliothek ist, die nach wie vor angeboten werden.

[Siehe dazu auch:

http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Stralsundische_Zeitung.pdf

Scans von Titelblättern der Stralsundischen Zeitung zwischen 1788 und 1797 mit dem Stempel der Gymnasialbibliothek Stralsund, verkauft von Peter Hassold via ZVAB im September 2012 ]

***

Aus dem Innenministerium M-V erhielt ich folgendes offizielle Schreiben vom 29.11.2012:

"Verkauf eines Buchbestandes der ehemaligen Stralsunder Gymnasialbibliothek

Sehr geehrter Herr Dr. Graf,

ich komme auf meine E-Mail vom 9. November d.J. zurück. In Auswertung der o.g. Angelegenheit kann ich Ihnen Folgendes mitteilen:

Seitens des für Archivrecht zuständigen Ministeriums für Bildung, Wissenschaft und Kultur verstößt die Veräußerung des besagten Buchbestandes gegen § 12 Landesarchivgesetz i.V.m. § 6 Abs. 1
der Satzung für das Stadtarchiv der Hansestadt Stralsund, was zur Nichtigkeit des Vertrages gem. § 134 BGB führt. Die Hansestadt Stralsund befindet sich derzeit in Verhandlungen zur Rückabwicklung der Veräußerung. Zudem habe ich auf eine ordnungsgemäße Aufbewahrung hingewiesen.

Mit freundlichen Grüßen
Im Auftrag"

***

Auszug aus dem Protokoll der Bürgerschaftssitzung vom 15.11.2012

zu TOP 7.4 Kleine Anfrage - Verkauf von Büchern aus dem Archiv

Einreicher: Michael Adomeit, Fraktion Wählergruppe Adomeit
1. Wer hat den Verkauf der Bücher angeordnet?
2. Warum wurden die Bücher aus dem Archiv verkauft?
3. Nach welchen Kriterien werden die Bücher zum Verkauf ausgewählt?

Herr Albrecht beantwortet die Anfrage wie folgt:

Zu 1.
Der Verkauf der Bücher wurde von niemandem angeordnet.
Die Hauptsatzung der Hansestadt Stralsund regelt im § 10 die Aufgabenverteilung für den
Hauptausschuss. Dieser entscheidet in Angelegenheiten, die ihm durch Beschluss der
Bürgerschaft oder durch die Hauptsatzung übertragen sind, und über alle Angelegenheiten,
die nicht nach § 22 Abs. 3 KV M-V als wichtige Angelegenheiten der Bürgerschaft
vorbehalten sind. Entsprechend der Wertgrenzenregelung (Veräußerung von Sachen
innerhalb einer Wertgrenze von 50.000 EUR bis zu 500.000 EUR), war die Vorlage „Verkauf
Teilbestand Gymnasialbibliothek“ dem Hauptausschuss als zuständigem Gremium
vorzulegen.

Die Vorlage wurde dem Hauptausschuss für die Sitzung am 05.06.2012 übergeben und
unter Tagesordnungspunkt 10.2.1 Vorlage H 0072/2012 „Verkauf Teilbestand
Gymnasialbibliothek“ in die Tagesordnung aufgenommen.
Die Tagesordnung wurde im Internet, im RIS und auf der Bekanntmachungstafel der
Pressestelle im Rathausdurchgang bekannt gemacht. Darüber hinaus gibt es einen Verteiler
nach einer Presseliste, wonach ca. 60 Empfänger die Tagesordnung erhielten.
Nachdem die Beschlussfassung für den Verkauf erfolgte, wurde zwischen dem Käufer und
der Hansestadt Stralsund der Kaufvertrag geschlossen.

Zu 2. und Zu 3.:
Der Verkauf der Bücher wurde vorgeschlagen, weil sie nach Ansicht des Archivs weder
einen Wert für die Hansestadt Stralsund noch eine Bedeutung für die Arbeit des Archivs
haben würden.

Herr Albrecht zitiert aus der Beschlussvorlage:
"Das Stadtarchiv beabsichtigt, nicht benötigte Bücher zu veräußern. Bei dem im Angebot
stehenden Buchbestand handelt es sich um 6.210 Bände, die vorwiegend die Themen
Philologie (griechische und lateinische Klassiker), historische Hilfswissenschaften,
Reisebeschreibungen und Naturwissenschaften umfassen. Der zeitliche Umfang der Bände
liegt zwischen 1497 und 1833. Der Buchbestand ist eingehend unter fachwissenschaftlichen
Gesichtspunkten geprüft worden. Die für die Tätigkeit des Stadtarchivs relevanten Titel,
insbesondere Stadt und Regionalgeschichte, und Titel von großem bibliophilen Wert sind
aus dem Bestand der Gymnasialbibliothek herausgezogen und in den Bibliotheksbestand
des Archivs integriert worden."
Herr Albrecht erklärt, dass aufgrund dieser Aussagen in der Vorlage der Beschluss zum
Verkauf gefasst wurde. Mit dem Wissen von heute hätte man vielleicht einen anderen Weg
gewählt.

Herr Adomeit fragt nach, wer den Verkauf anordnete und wer den Buchbestand prüfte. Herr Albrecht verweist auf den vorgeschriebenen Verfahrensweg, welcher bei der
Erarbeitung der Vorlage durch das Stadtarchiv eingehalten wurde. Die Prüfung erfolgte
ebenfalls im Stadtarchiv durch das entsprechend ausgebildete Personal.

Herr Zimmer stellt den Antrag zur Führung einer Aussprache zur Abstimmung.
Abstimmung: Mehrheitlich zugestimmt

Herr Buxbaum erfragt, ob bei der Erarbeitung der Vorlage der § 6 der Archivsatzung
Beachtung fand. Danach wäre ein Verkauf von Archiv- und Bibliotheksgut unzulässig.
Herr Albrecht berichtet, dass eine fachliche Wertung durch die Mitarbeiter des Stadtarchivs
vorgenommen wurde. Dabei kam man zu der Auffassung, dass es sich hier nicht um Archiv-
und Bibliotheksgut handelt, damit wäre eine Veräußerung möglich. In der Öffentlichkeit gibt
es jedoch auch andere Auffassungen.
Herr Adomeit fragt nach, ob dieser Verkauf den Verlust des Status Weltkulturerbe nach sich
ziehen könnte?
Herr Albrecht erklärt, dass eine Mitteilung eingegangen sei, dass dieser Verkauf den
Welterbe-Status nicht gefährdet, da dieser auf einer anderen Grundlage erzielt wurde.
Auf die Frage von Frau Junge, wie es dazu kommen kann, dass die Gymnasialbibliothek
lediglich in Kartons gelagert wurde, betont Herr Albrecht, dass seitens der Fachleute des
Stadtarchivs keine Zugehörigkeit zum Archiv- und Bibliotheksgut gesehen wurde.
Herrn Pagels interessiert, wer die Initiative zum Verkauf der Bücher auslöste.
Herr Albrecht verweist nochmals auf die Vorlage, in der es heißt, dass das Stadtarchiv
beabsichtigt, nicht benötigte Bücher zu veräußern. Dies ist an die Verwaltung herangetragen
worden. Die fachliche Meinung der Mitarbeiter des Stadtarchivs wurde anerkannt.
Herr Dr. Zabel bittet, das Gutachten der externen Gutachter abzuwarten. Erst nach dieser
Einschätzung zum Archiv- und Bibliotheksgut kann möglicherweise die Beurteilung der
geleisteten Arbeit erfolgen.

Was hier über die angeblichen "Fachleute" im Archiv gesagt wurde, spricht für sich.

Der VdA wendet sich in einer Pressemitteilung gegen die Vorverurteilung der suspendierten Kollegin

PDF

Abgesehen davon, dass die Fragen an die Stadt Stralsund natürlich berechtigt sind, befremdet die Aussage:

"Kein Archiv würde ohne Not oder äußeren Druck wertvolles Kulturgut veräußern."

Dazu Morgenstern: „Weil, so schließt er messerscharf, nicht sein kann, was nicht sein darf“ ?

Zur suspendierten Archivleiterin:
http://de.wikipedia.org/wiki/Regina_Nehmzow

Margret Ott hat die peinlichen Auslassungen des früheren Archivleiters Dr. Hacker am 26.11.2012 widerlegt:

http://pommern.tumblr.com/post/36592121778/die-peinlichen-anmerkungen-eines-ehemaligen

Der bislang ausführlichste Artikel in der Presse erschien in der Zeitung am Strelasund, einem kostenlosen wöchentlichen Anzeigenblatt, vom 25.11.2011 (S. 1, 6, 7), NOCH einsehbar auf der Startseite, danach für 1/2 Jahr im Archiv

http://www.zeitung-am-strelasund.de/

***

Stand der Petition: 3400+ Unterzeichner

Brief an die Unterzeichner vom 26.11.2012:

Liebe Unterzeichner der Petition "Rettet die Stralsunder Archivbibliothek!"

Es ist sicher auch das Verdienst der inzwischen gut 3300 Unterzeichner unserer Petition bei Open Petition, dass die Stadt Stralsund entschieden hat, die Archivleiterin zu suspendieren und die verkauften Bücher - soweit dies noch möglich ist - zurückzuführen. Ganz herzlichen Dank für Ihre Stimme! Und auch für die vielen deutlichen Kommentare.

Ausführliche aktuelle Informationen finden Sie laufend auf unserer Facebook-Seite

www.facebook.com/rettetarchivbibliothekstralsund

und in dem von Dr. Klaus Graf betriebenen Gemeinschaftsblog Archivalia

archiv.twoday.net/search?q=stralsund

Nachdem sich der frühere Stralsunder Archivleiter Dr. Hacker mit einer Verteidigung der Verkäufe zu Wort gemeldet hat und unsere weiteren Forderungen insbesondere zur Vorbeugung gegen weitere solche ungeheuerlichen Kulturgutverluste dieser Art nach wie vor aktuell sind, haben wir uns entschieden, die Petition ungeändert bis zum Ende der vorgesehenen Laufzeit fortzuführen. Bitte machen Sie nach wie vor Werbung für unser Anliegen, damit wir möglichst viele Unterschriften übergeben können und ein starkes Signal für den Schutz von historischem Kulturgut von der "Causa Stralsund" ausgeht.

Mit nochmaligem Dank und freundlichen Grüßen

gez. Philipp Maaß
(auch im Namen des Organisations-Teams)


Auf Facebook 476 Likes:

http://www.facebook.com/rettetarchivbibliothekstralsund

Zur Causa in Archivalia:

http://archiv.twoday.net/search?q=stralsund

***

Der NDR-Beitrag stellt süffisant den ehemaligen Archivleiter Dr. Hacker bloß

FeliNo meinte am 2012/11/29 17:19:
"keine Zugehörigkeit zum Archiv- und Bibliotheksgut" - wessen Gut war's denn dann?
"... betont Herr Albrecht, dass seitens der Fachleute des
Stadtarchivs keine Zugehörigkeit zum Archiv- und Bibliotheksgut gesehen wurde..."

Und anscheinend hat niemand danach gefragt, wem oder wessen Rechtsnachfolger das zum Verkauf anstehende Gut denn nun gehört? Wenn's nicht zum Bestand des Archivs gehört hat - zu wessen dann? Man darf doch nichts verkaufen ohne Gewissheit, der dazu berechtigte Besitzer zu sein. Das ist Alltagswissen. Lag denn eine solche juristische Klärung irgendwann vor? Der Bürgerschaft offenbar nicht. 
 

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