Johannes Gut, Dem Gespött preisgegeben? Gedanken zu den Verkaufsverhandlungen Neues Schloß Baden-Baden, in: Badische Heimat 75 (1995), S. 311-318 plädierte im Mai 1995 für die Rettung des einzigartigen Ensembles des Neuen Schlosses in Baden-Baden durch einen Ankauf seitens des Staats. Es kam bekanntlich anders: Sotheby's versteigerte die Kostbarkeiten im Oktober 1995, siehe http://archiv.twoday.net/stories/2804774/
Gut, seines Zeichens Jurist, ging in seinem Artikel auch auf die Geschichte und Rechtsverhältnisse der Sammlungen ein. Er erwähnte nach dem Abfindungsvertrag von 1919, der die privaten Sammlungen nicht betroffen habe, den Ankauf der Kunsthallenbilder 1930 und die Errichtung der "Zähringer Stiftung" für die Gegenstände, die sich in öffentlicher Verwahrung befanden.
Deutlich zu unterscheiden sei das eigentliche Privateigentum der fürstlichen Familie und das Domäneneigentum. Zu ersterem habe von Anfang an Salem gezählt, das als Wohnsitz der Sekundogenitur zählte. "Unter das Domäneneigentum fiel die große Anzahl anderer Schlösser, wie Karlsruhe, Baden-Baden, Rastatt, mannheim und Bruchsal, ob diese zur Hofausstattung zählten oder nicht" (S. 313). Gut verweist auf den umstrittenen § 59 der badischen Verfassung, der vom Patrimonial-Eigentum des Regenten und seiner Familie sprach. "Nur folgerichtig war es, daß die Einrichtung (Sammlungen) der altbadischen Schlösser sowie der 1803 und 1805/06 angefallenen Klöster und Schlösser eigentumsmäßig zur Verfügung des Großherzogs standen". (Aus dem Zusammenhang, der Erörterung des § 59, ergibt sich, dass Gut sie als Domäneneigentum sieht.)
"Das namengebende Neue Schloß in Baden-Baden, zu Beginn des 19. Jahrhunderts wieder in wohnlichen Zustand versetzt, erfuhr in den Jahren 1842-1847 durch Großherzog Leopold eine grundlegende 'Restaurierung' im Sinn des Historismus. Sollte dieser ehrwürdige Stammsitz nunmehr doch nicht nur dem Sommeraufenthalt der fürstlichen Familie dienen, sondern auch eine große Bildnissammlung der Zähringer und ein umfangreiches Museum aufnehmen, das - leider zu wenig beachtet - sich an Objektdichte und -qualität den großen Karlsruher Einrichtungen würdig an die Seite stellen konnte. Zu diesem Zwecke reicherten Großherzog Leopold und seine Nachfolger das jeweils Vorhandene in größtem Umfang mit Einrichtungs- und Sammlungsgegenständen jeglicher Art an, die sowohl aus dem Privateigentum der fürstlichen Familie, als auch aus zahlreichen, zum Domäneneigentum zählenden altbadischen Schlössern sowie 1803 und 1805/06 erworbenen Klöstern und Schlössern stammten; offenbar war hierbei nicht ausschlaggebend, ob diese Gebäude der Hofausstattung unterfielen. Noch zu Beginn des 20. Jahrhunderts gelangten auf diese Weise wertvolle Objekte zum Beispiel aus Mannheim nach Baden-Baden." (S. 314)
Bei der Versteigerung 1995 wurden demzufolge nicht nur Objekte aus Salem, sondern auch anderes Säkularisationsgut angeboten.
Prof. Klose hat (zitiert http://archiv.twoday.net/stories/2881304/ ) zurecht die Handschriften der BLB aus säkularisierten Klöstern als Staatseigentum angesprochen.
Auf die Beschwerde der Universität Freiburg, die um die Handschriften von St. Trudpert bat, beschied das Badische Kabinettsministerium am 2. September 1808 (Universitätsarchiv Freiburg B 6/31, zitiert nach Magda Fischer, Geraubt oder gerettet?, in: Alte Klöster - Neue Herren. Aufsätze Bd. 2, 2003, S. 1273) die Hochschule: Alles freye Guth aufgehobener Klöster wird Eigenthum des Staats und des Regenten, und ein anderweiter rechtlicher Anspruch darauf findet nicht statt. Bey deren Verwendung ist die Bereicherung der Hofbibliothek dahier aus den Seiner Königl. Hoheit heimgefallenen Klosterbibliotheken der erste Augenmerk [...].
Helferich zitiert in seinem Aufsatz über das badische Domänenvermögen das Kirchenedikt von 1807, in dem es in § 9 heisst: Das Vermögen der Ordensgesellschaften (ein sehr beträchtlicher Theil des heutigen Kammerguts) gehört zu dem gemeinen Staatsvermögen
http://commons.wikimedia.org/wiki/Image:DE_Helferich_Baden_16.png
Zur Domänenfrage in Baden siehe auch die Stellungnahme von Winfried Klein, http://archiv.twoday.net/stories/2885928/
In der Gesetzesbegründung von 1919 heisst es (Beilagenheft, Beilage Nr. 21, S. 218): Was die Einrichtung dieser Gebäude betrifft, so ist sie zu einem großen Teil unzweifelhaft Privateigentum des Großherzogs und braucht insofern nicht erst als Privateigentum überwiesen werden. Das Eigentum anderer Gegenstände ist unbestritten als solches der Krone und somit jetzt des Staats anzusprechen. Von diesen Gegenständen, soweit sie sich in den bisher zur Hofausstattung gehörigen Schlössern befinden, soll dem Großherzog ein Teil zu freiem Eigentum überwiesen werden. Da auf sie § 59 der Verfassung ebenfalls Anwendung findet, müssen sie in das Abfindungsverfahren einbezogen werden. Dagegen sollen alle anderen Gegenstände in diesen Schlössern für Staatseigentum erklärt werden. Dies gilt auch von denjenigen Gegenständen, welche bisher Privateigentum des Großherzogs waren, von ihm aber nicht beansprucht werden.
Dieses Zitat erscheint mir ausserordentlich wichtig, zeigt es doch, dass der Gesetzgeber innerhalb des Mobiliarguts ein Kroneigentum ausmachte, das nun dem Staat gehörte. Und die Vereinbarung bezog sich auf alles Gut, auf das § 59 der Verfassung Anwendung fand.
Wenn es im Gesetz über die Apanagen (Staats- und Regierungs-Bl. 1839 S. 197 ff.) in § 19 heisst, über das Zugestandene habe keine Prinzessin etwas "an das Domanial- und übrige Fideicommißvermögen, sowie an den Staat zu fordern", so drückt das die komplementäre Funktion des Hausfideikommisses zum Domänenvermögen aus. Das Domänenvermögen war Fideikommissvermögen, da es unveräußerlich war und dem jeweiligen Regenten zustand. Das bewegliche Fideikommissvermögen war aber zugleich auch Patrimonialeigentum im Sinne der Verfassung.
Das Inventar der säkularisierten Klöster und Schlösser war unzweifelhaft Zubehör des Domänenvermögens, also von § 59 der Verfassung erfasst. Durch die Verlagerung in die fürstlichen Sammlungen oder Schlösser war kein Eigentumsübergang verbunden. Als ererbtes Mobiliargut des Regenten zählten diese Gegenstände zwar zum Hausfideikommiss, sie waren aber Pertinenz der Krone.
Auf Säkularisationsgut ist somit eindeutig der § 59 der badischen Verfassung anzuwenden mit der Folge, dass es 1919 von dem Vergleich erfasst und dem Staat zugewiesen wurde, soweit es sich nicht in den Schlössern befand, die dem Haus Baden zugewiesen wurde oder die diesem als Privateigentum zustanden.
Gut, seines Zeichens Jurist, ging in seinem Artikel auch auf die Geschichte und Rechtsverhältnisse der Sammlungen ein. Er erwähnte nach dem Abfindungsvertrag von 1919, der die privaten Sammlungen nicht betroffen habe, den Ankauf der Kunsthallenbilder 1930 und die Errichtung der "Zähringer Stiftung" für die Gegenstände, die sich in öffentlicher Verwahrung befanden.
Deutlich zu unterscheiden sei das eigentliche Privateigentum der fürstlichen Familie und das Domäneneigentum. Zu ersterem habe von Anfang an Salem gezählt, das als Wohnsitz der Sekundogenitur zählte. "Unter das Domäneneigentum fiel die große Anzahl anderer Schlösser, wie Karlsruhe, Baden-Baden, Rastatt, mannheim und Bruchsal, ob diese zur Hofausstattung zählten oder nicht" (S. 313). Gut verweist auf den umstrittenen § 59 der badischen Verfassung, der vom Patrimonial-Eigentum des Regenten und seiner Familie sprach. "Nur folgerichtig war es, daß die Einrichtung (Sammlungen) der altbadischen Schlösser sowie der 1803 und 1805/06 angefallenen Klöster und Schlösser eigentumsmäßig zur Verfügung des Großherzogs standen". (Aus dem Zusammenhang, der Erörterung des § 59, ergibt sich, dass Gut sie als Domäneneigentum sieht.)
"Das namengebende Neue Schloß in Baden-Baden, zu Beginn des 19. Jahrhunderts wieder in wohnlichen Zustand versetzt, erfuhr in den Jahren 1842-1847 durch Großherzog Leopold eine grundlegende 'Restaurierung' im Sinn des Historismus. Sollte dieser ehrwürdige Stammsitz nunmehr doch nicht nur dem Sommeraufenthalt der fürstlichen Familie dienen, sondern auch eine große Bildnissammlung der Zähringer und ein umfangreiches Museum aufnehmen, das - leider zu wenig beachtet - sich an Objektdichte und -qualität den großen Karlsruher Einrichtungen würdig an die Seite stellen konnte. Zu diesem Zwecke reicherten Großherzog Leopold und seine Nachfolger das jeweils Vorhandene in größtem Umfang mit Einrichtungs- und Sammlungsgegenständen jeglicher Art an, die sowohl aus dem Privateigentum der fürstlichen Familie, als auch aus zahlreichen, zum Domäneneigentum zählenden altbadischen Schlössern sowie 1803 und 1805/06 erworbenen Klöstern und Schlössern stammten; offenbar war hierbei nicht ausschlaggebend, ob diese Gebäude der Hofausstattung unterfielen. Noch zu Beginn des 20. Jahrhunderts gelangten auf diese Weise wertvolle Objekte zum Beispiel aus Mannheim nach Baden-Baden." (S. 314)
Bei der Versteigerung 1995 wurden demzufolge nicht nur Objekte aus Salem, sondern auch anderes Säkularisationsgut angeboten.
Prof. Klose hat (zitiert http://archiv.twoday.net/stories/2881304/ ) zurecht die Handschriften der BLB aus säkularisierten Klöstern als Staatseigentum angesprochen.
Auf die Beschwerde der Universität Freiburg, die um die Handschriften von St. Trudpert bat, beschied das Badische Kabinettsministerium am 2. September 1808 (Universitätsarchiv Freiburg B 6/31, zitiert nach Magda Fischer, Geraubt oder gerettet?, in: Alte Klöster - Neue Herren. Aufsätze Bd. 2, 2003, S. 1273) die Hochschule: Alles freye Guth aufgehobener Klöster wird Eigenthum des Staats und des Regenten, und ein anderweiter rechtlicher Anspruch darauf findet nicht statt. Bey deren Verwendung ist die Bereicherung der Hofbibliothek dahier aus den Seiner Königl. Hoheit heimgefallenen Klosterbibliotheken der erste Augenmerk [...].
Helferich zitiert in seinem Aufsatz über das badische Domänenvermögen das Kirchenedikt von 1807, in dem es in § 9 heisst: Das Vermögen der Ordensgesellschaften (ein sehr beträchtlicher Theil des heutigen Kammerguts) gehört zu dem gemeinen Staatsvermögen
http://commons.wikimedia.org/wiki/Image:DE_Helferich_Baden_16.png
Zur Domänenfrage in Baden siehe auch die Stellungnahme von Winfried Klein, http://archiv.twoday.net/stories/2885928/
In der Gesetzesbegründung von 1919 heisst es (Beilagenheft, Beilage Nr. 21, S. 218): Was die Einrichtung dieser Gebäude betrifft, so ist sie zu einem großen Teil unzweifelhaft Privateigentum des Großherzogs und braucht insofern nicht erst als Privateigentum überwiesen werden. Das Eigentum anderer Gegenstände ist unbestritten als solches der Krone und somit jetzt des Staats anzusprechen. Von diesen Gegenständen, soweit sie sich in den bisher zur Hofausstattung gehörigen Schlössern befinden, soll dem Großherzog ein Teil zu freiem Eigentum überwiesen werden. Da auf sie § 59 der Verfassung ebenfalls Anwendung findet, müssen sie in das Abfindungsverfahren einbezogen werden. Dagegen sollen alle anderen Gegenstände in diesen Schlössern für Staatseigentum erklärt werden. Dies gilt auch von denjenigen Gegenständen, welche bisher Privateigentum des Großherzogs waren, von ihm aber nicht beansprucht werden.
Dieses Zitat erscheint mir ausserordentlich wichtig, zeigt es doch, dass der Gesetzgeber innerhalb des Mobiliarguts ein Kroneigentum ausmachte, das nun dem Staat gehörte. Und die Vereinbarung bezog sich auf alles Gut, auf das § 59 der Verfassung Anwendung fand.
Wenn es im Gesetz über die Apanagen (Staats- und Regierungs-Bl. 1839 S. 197 ff.) in § 19 heisst, über das Zugestandene habe keine Prinzessin etwas "an das Domanial- und übrige Fideicommißvermögen, sowie an den Staat zu fordern", so drückt das die komplementäre Funktion des Hausfideikommisses zum Domänenvermögen aus. Das Domänenvermögen war Fideikommissvermögen, da es unveräußerlich war und dem jeweiligen Regenten zustand. Das bewegliche Fideikommissvermögen war aber zugleich auch Patrimonialeigentum im Sinne der Verfassung.
Das Inventar der säkularisierten Klöster und Schlösser war unzweifelhaft Zubehör des Domänenvermögens, also von § 59 der Verfassung erfasst. Durch die Verlagerung in die fürstlichen Sammlungen oder Schlösser war kein Eigentumsübergang verbunden. Als ererbtes Mobiliargut des Regenten zählten diese Gegenstände zwar zum Hausfideikommiss, sie waren aber Pertinenz der Krone.
Auf Säkularisationsgut ist somit eindeutig der § 59 der badischen Verfassung anzuwenden mit der Folge, dass es 1919 von dem Vergleich erfasst und dem Staat zugewiesen wurde, soweit es sich nicht in den Schlössern befand, die dem Haus Baden zugewiesen wurde oder die diesem als Privateigentum zustanden.
KlausGraf meinte am 2006/11/07 23:39:
Mühleisen: Handschriften von St. Peter gehören dem Land
http://archiv.twoday.net/stories/2906181/
KlausGraf meinte am 2006/11/08 23:14:
Staatsrechtler hielten das Säkularisationsgut für Staatsgut
Georg Meyers Lehrbuch des deutschen Staatsrechts, bearb. von Gerhard Anschütz, München/Leipzig 1919, S. 322 schreibt in seiner Stellungnahme zur umstrittenen Domänenfrage - die Ansicht Zachariäs und anderer zum einheitlichen Charakter der Domänen zurückweisend - das säkularisierte Kirchengut habe den Charakter von Staatsgut gehabt.Dass A. L. Reyscher, Die Rechte des Staats an den Domänen und Kammergütern nach dem deutschen Staatsrecht und den Landesgesetzen, insbesondere der sächsischen Lande, Leipzig 1863, S. 82f. die säkularisierten Gebiete als Pertinenz der Landeshoheit ansieht, die Kammergüter, keine Privatgüter geworden seien, verwundert nicht, war Reyscher doch (in der Kontroverse mit Zachariä) ein vehementer Vertreter der Position, die den Charakter der Domänen als bloße Privatgüter entschieden ablehnten.
KlausGraf meinte am 2006/11/16 23:38:
Greifenklaue aus Säkularisationsgut
http://archiv.twoday.net/stories/2944639/