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Aus der Ansprache von Prof. Dr. Dr. h.c. Wolfgang Klose, Vorsitzender der Badischen Bibliotheksgesellschaft, gehalten am 27.10.2006 zur Eröffnung der Ausstellung "Mittelalterliche Handschriften der Badischen Landesbibliothek: Europäisches Kulturerbe":

(...) Die Landesregierung postuliert noch immer, dass das Markgrafenhaus Eigentumsrechte an unseren Handschriften habe. Ministerpräsident Oettinger hat im Landtag am 11. Oktober säuberlich unterschieden zwischen dem unbestrittenen Privatbesitz der Markgrafen und den für ihn strittigen Stücken. (...)
In der BLB zählen zu dem für den Ministerpräsidenten unbestrittenen Privatbesitz schon einmal ca. 70 Handschriften der sogenannten Hinterlegungen. Ob sie tatsächlich so unbestritten sind, muss allerdings in jedem Einzelfall erst noch geprüft werden. Alles andere, also der gesamte alte Handschriftenbesitz der BLB scheint für Herrn Oettinger strittig zu sein, er verneint also den Besitzanspruch des Landes daran. Ihretwegen will er nicht vor Gericht gehen. (...)

Herrn Oettingers Schreckensszenario aus dem Landtag ist ohnehin aus der Luft gegriffen. Das Bürgerliche Gesetzbuch schützt den Besitzer eines Guts vor dem Zugriff des Gerichtsvollziehers (Stichwort Kuckuck), bis das Eigentum eines anderen gerichtlich erwiesen ist. Also erst der Gerichtsentscheid und dann eventuell die Herausgabe. Nicht umgekehrt, wie der Herr Ministerpräsident den Landtagsabgeordneten einreden wollte. Eigentum kann man nicht herbeireden. Alle Fakten weisen die Handschriften als Eigentum des Landes Baden-Württembergs aus.
  • Ein großer Teil der Handschriften kam als Säkularisationsgut nach dem Reichsdeputationshauptschluss vom 25. Februar 1803, §§ 34 und 35 in das Domänen-, d.h. Staatsvermögen der Landesherren, die daraus die kirchlichen Aufgaben zu finanzieren hatten (vergl. auch Ernst Rudolf Huber: Deutsche Verfassungsgeschichte seit 1789. W. Kohlhammer Verlag, Stuttgart 1957, Seite 54 f.)
  • Badische Landtag verabschiedete am 25. März 1919 ein Gesetz (vergl. Badisches Gesetz- und Verordnungsblatt Nr. 21 vom 9. 4. 1919, Seite 179-182 [dokumentiert in Archivalia]) über die Auseinandersetzung bezüglich des Eigentums an dem Domänenvermögen des bisherigen Landesherren, das u. A. die mittelalterlichen Handschriften als Eigentum des Badischen Staates endgültig feststellt.
(...) Die Gefahr für unsere Landesbibliothek ist keineswegs gebannt, wenn auch der Trick des Dreisäulenmodells national wie international sedativ gewirkt hat. (...)

Im Landtag sagte [Oettinger] am 11. Oktober dazu:

„Deswegen werden wir die Ankaufsmittel der nächsten Jahre für unsere staatlichen Museen und unsere Landesbibliotheken nutzen und sagen: ‚Was ihr besitzt, können wir erwerben. Eigentum daran streben wir an.’ Dann steht manches, was ansonsten in den nächsten drei bis fünf Jahren zu erwerben wäre, zurück.“
Für die Landesbibliothek bedeutete dies, dass in den nächsten Jahren kaum mehr Neuerscheinungen gekauft werden können, die außerhalb des gesetzlich vorgeschriebenen Erwerbs von in Baden erscheinenden Büchern liegen (Pflichtexemplare): schickt man die BLB auf den Abstieg in die unterste Provinz?

(...) Die Bibliotheksgesellschaft hat namhafte Beträge für die Erhaltung der Handschriften aufgebracht. Sie hat ihre Zuschüsse im Vertrauen auf die Landesregierung bereitgestellt. Wenn die Landesregierung dieses Vertrauen enttäuscht, so verstößt sie damit gegen alle Regeln von Sitte und Anstand.

Es ist geradezu frivol, einerseits die "Mäzenaten-Säule" zu beschwören, und andererseits die Mäzene, die sich bislang um die Karlsruher Handschriften verdient gemacht haben, z.B. unsere Bibliotheksgesellschaft, zu desavouieren. Wer soll da
noch Geld für Baden-Württembergisches Kulturgut geben?"


Der Vollständige Redetext ist auf den Seiten der BBG dokumentiert:
http://www.bbg-karlsruhe.de/pdf/ansprache_klose_27_10_06.pdf
 

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