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Deutschlandfunk 11.11.2006 17:38 (mp3, 04:42 min)
http://ondemand-mp3.dradio.de/file/dradio/2006/11/11/dlf_200611111738.mp3
Luther digital - Herzog August Bibliothek stellt Schriften des Reformators ins Netz
Autor: Stenke, Wolfgang, Sendung: Kultur heute. Text zum Beitrag:
http://www.dradio.de/dlf/sendungen/kulturheute/562579/

Der Titel der Sendung des DLF ist etwas irreführend - nicht die Drucke selbst, sondern ihr Katalog wurde ins Netz gestellt. Dieser allerdings hat es in sich. Ein Großprojekt findet nach 4 Durchgängen und zwei Metamorphosen (Buchdruck -> CD-ROM -> Online) eines umfangreichen und komplizierten Manuskripts 36 Jahre nach seinem Beginn nun seinen vorläufigen Abschluß in der Form einer Internetdatenbank. Der Katalog enthält vollständige Druckbeschreibungen, mit der erstmaligen Abbildung sämtlicher Titelrahmen und Textillustrationen und mit der Angabe aller Provenienzen und handschriftlichen Einträge. Die Illustrationen und Provenienzen sind recherchierbar.

Lutherkatalog - Projektbeschreibung (HAB):

Im Rahmen der Verzeichnung und Beschreibung einzelner Bestandsgruppen wurde der Katalog der zeitgenössischen Lutherdrucke 1513 bis 1546 herausgegeben, die Bibelausgaben ausgenommen. 6000 Bücher verteilen sich auf 2300 Drucke und bilden heute die größte Luthersammlung der Welt. Die Drucke sind detailliert beschrieben, und ihre Merkmale in besonderen Registern erfasst. Besondere Aufmerksamkeit gilt dem Buchschmuck mit 2400 Holzschnitten und seinen reichen Motiven sowie den 940 genannten und den unzählbaren anonymen Vorbesitzern samt ihren Einträgen vom 16. Jahrhundert an. Der umfangreiche Katalog war ab 1970 für den Buchdruck erarbeitet worden und wurde im November 2006 als Internet-Portal öffentlich zugänglich gemacht.

Finanzierung der Publikation: Deutsche Forschungsgemeinschaft
Bearbeiterin: Dr. Maria von Katte, Datenbank: Christian Knoop

Datenbank:

Katalog der Wolfenbütteler Luther-Drucke 1513 bis 1546 / Erstellt von Maria von Katte. Datenbank von Christian Knoop.

http://diglib.hab.de/edoc/ed000007/start.htm
urn:nbn:de:gbv:23-edoc/ed0000073

Auszüge aus der Einleitung von Maria von Katte:

Provenienzen:

"Auf dem Grund einer alten Bibliothek schlummern Bibliotheken. Wie in einem Mikroskop sieht man, dass hier Bewegung war. (...)"
941 Eigentümer nennen sich oder werden in Einzeldrucken und Sammelbänden genannt. Darunter sind sieben Klöster, ein Stift, eine Kirche, eine Stadt und eine Bibliothek. (...) Die Hälfte der 941 Genannten ist in biografischen Nachschlagewerken nicht verzeichnet. Sie treten uns aus dem Buch entgegen, das sie kauften, lasen oder binden ließen, das sie verschenkten oder erhielten, vererbten oder erbten. Ihre eigenen biografischen Angaben und Lesespuren sind das einzige, was von ihnen überliefert ist. (...) Ihnen stehen die Lesespuren Anonymer gegenüber, deren Zahl sich nicht schätzen läßt. (...)

In den biografischen Angaben des Personenindex’ steht die Beziehung zu Luther und zu Luthers Werk im Mittelpunkt, das heißt, die Lebensstationen sind erwähnt im Hinblick auf Begegnung und Lektüre. Sind Besitz- oder Lektürevermerk nicht datiert, wurde in jedem Fall eine Datierung angestrebt.

Neben dem Personenindex, dessen Beschreibungsteil Volltextsuche erlaubt, stehen drei Register in einer PDF-Datei zur Verfügung:
1. Chronologie der Einträge und Aufdrucke im Hinblick auf Bucherwerb, Lektüre, Bindedatum und Nachlaß, 2. Orte und Länder der Herkunft und Wirkung, des Bucherwerbs und der Lektüre, 3. Die Einträge nach ihren Gegenständen.

Die Eigentümer von Beginn an bis zum Jahr 1700 sind geistlichen oder weltlichen Standes. Unter ihnen sind Angehörige von Orden und Ordensgeistliche, Priores und Äbte (beider Konfessionenen), Kaplane und Priester, Bischöfe (beider Konfessionen), Domherren (beider Konfessionen), Professoren der Theologie und gelehrte Theologen (verschiedener Konfessionen), Diakone, Vikare und Prediger (auch an Schloß und Hof), Pastoren, Küster und Patrone. Daneben gibt es Studenten, Lehrer und Schuldirektoren, Kantoren, Organisten und Komponisten, Dichter und Historiker, Sekretäre und Kanzler, Ratsherren sowie Rats- und Visitationsschreiber, Mediziner und Apotheker. Es erscheint auch ein Torwärter, und Handwerker nennen sich, so ein Barbier, ein Schneider und ein Schuster, ein Posamentierer, ein Buchdrucker, ein Uhrmacher, zwei Büchsenmacher, ein Medailleur und ein Glockengießer. Schließlich gibt es Obristen und Landsknechte. Und alle lasen sie Martin Luther, aber aus unterschiedlichen Beweggründen.

(...) unter das wohlgeordnete Inhaltsverzeichnis im Vorderdeckel, das unter anderem neun Autographen von Luther und Bugenhagen aufführt, schrieb der Meister mit fester, klarer Handschrift: "Jst ein Herlich Gutt Buch". Dieses Urteil steht im Gegensatz zu den antireformatorischen Kraftworten von unmißverständlicher Bedeutung, die manch anderes Buch zieren. Aber: Auch Gegner waren Käufer. (...)

Schließlich gehörten nicht wenige Bücher Frauen, die sie ohne Ausnahme besonders sorgfältig behandelt haben. (...) Vollendet wird unser Eindruck von der Wertschätzung eines Buches aber erst dann, wenn wir einer jener feinen Gelehrtenhände begegnen, die den Namen ihres Vorgängers mit Nachdruck ausgestrichen oder weggekratzt haben, als sollte ein Widersacher vernichtet werden. Aber: Ehre, wem Ehre gebührt.


Illustrationen:

H 990: || Maße außen: 6,9 x 5,4 cm || Generelle Motive: Katechismus: 6. Gebot. || Biblische Inhalte: König David sieht beim Psalmodieren Bathseba. || Verwendung: 1608.

Erfaßt und abgebildet sind insgesamt 2373 Bilder auf den Titelblättern und im Text: ... Titeleinfassungen, teils mit zusätzlichem Holzschnitt oder Leiste(n), Titelholzschnitte, Titelleisten, teils mit Holzschnitt, Textholzschnitte bzw. Textleisten, Druckermarken und Lutherbildnisse. Sie alle erweitern das Feld, auf dem die Entwicklung der protestantischen Ikonografie untersucht werden kann.

(...) Neben Hans Baldung Grien, Hans Brosamer, Hans Burgkmair, Hans und Lucas Cranach d.J., Urs Graf, Georg Lemberger, Hans Schäufelein, Heinrich Vogtherr d.Ä. und Anton Woensam von Worms signieren Maler oder Formschneider, die nicht identifiziert sind. Die meisten aber sind ungenannt, und wir kennen nur die Werkstätten, wo ihre heute nicht mehr bekannten Bilder entstanden sind oder wo sie verwendet wurden. Deren künstlerische Qualität ist unterschiedlich, aber selbst die schlichteren unter ihnen, die an vergleichbare Illustrationen aus Basel, Colmar oder Antwerpen nicht heranreichen, überraschen durch Ausdrucksstärke. Sie sind geprägt von plastischer Volkstümlichkeit, wie in Magdeburg und Erfurt, von reformatorischer Bekenntnisfreude, vor allem in Wittenberg, Straßburg und Augsburg, oder von reformatorischer Angriffslust, wie zum Beispiel in Nürnberg – und alle zeichnet eine besondere Innigkeit in den Passionsdarstellungen aus. (...)

(...) Form und Inhalte des Bildmaterials ... sind durch ein ausdruckbares Bildregister erschlossen, das dem Betrachter einen formalen und inhaltlichen Überblick sowie die Möglichkeit zu gezielter Suche und zum Vergleichen bietet. (...)


Zukunft:

An dem Bildregister hat aus eigenem wissenschaftlichen Interesse Dr. Wilhelm Velten mitgewirkt, sowohl Theologe als auch Kunsthistoriker und ehemals Leiter der Bibliothek des evangelischen Ministeriums im Evangelischen Augustinerkloster zu Erfurt. Für die Zukunft wäre es ein Gewinn, wenn sich ein Kenner der christlichen Ikonografie wie er der Untersuchung einzelner Bilder oder Bildserien widmen und die Ergebnisse hier mitteilen würde. Im Hinblick auf die 500-jährige Geschichte der Reformation wäre die künftige Erweiterung der Abbildungen auf 100% wünschenswert, entweder durch Zukauf einiger Drucke oder mit Hilfe auswärtiger Vorlagen. Daneben sind Untersuchungen zu den Eigentümern und Lesern vielversprechend, auch zu den anonymen unter ihnen, deren Schriftzüge bildlich erfaßt werden könnten. Einzelne Einbände sind ebenfalls näherer Untersuchung wert.

Der Katalog, der am Ende steht, könnte ein Anfang sein.
 

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