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Bei der Veröffentlichung von Findmitteln und Archivalienabbildungen im Internet sind insbesondere die allgemeinen datenschutzrechtlichen und archivrechtlichen Rahmenbedingungen zu beachten. Eine Stellungnahme der Landesbeauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit (LDI NRW) zur Veröffentlichung von Findmitteln im Internet finden Sie im 17. Datenschutzbericht (im Internet unter www.ldi.nrw.de/pressestelle/presse_7_1_komplett.html). Bitte beachten Sie, dass Findmittel, die personenbezogene Daten enthalten, nach geltender Rechtslage nicht veröffentlicht werden dürfen. Als personenbezogene Daten gelten nach § 3 Abs. 1 des nordrhein-westfälischen Datenschutzgesetzes (DSG NRW) „Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse einer bestimmten oder bestimmbaren natürlichen Person (betroffene Person)“. Im Auftrag der Konferenz der Archivreferenten bzw. der Leiter der Archivverwaltungen des Bundes und der Länder (ARK) wurde ein Gutachten in Auftrag gegeben, das allgemeine rechtliche Empfehlungen für die Veröffentlichung von Findmitteln im Internet formulieren wird.

Quelle: archive.nrw.de

"Interessierte können das Gutachten über die ARK AG Archive und Recht (Vorsitzender DR. Udo Schäfer, Staatsarchiv Hamburg) erhalten." (Mitt. Dr. Wiech)

Nachtrag: http://archiv.twoday.net/stories/4429999/

Der 17. Bericht ist als PDF erreichbar unter:
PDF

Die entsprechende Passage lautet:

Viele Archive sind zur Optimierung ihrer Dienstleistung bestrebt, dem Wunsch potentieller Nutzerinnen und Nutzern zu entsprechen und die archivarischen Findmittel im Internet zu veröffentlichen. Dabei gibt es nur einen Haken: Soweit diese Findmittel personenbezogene Daten enthalten, fehlt es für deren Veröffentlichung an der erforderlichen Befugnisnorm.
Alle Archive halten – jedenfalls in Papierform – so genannte Findmittel bereit, in denen die archivierten Aktenbestände mit der Archivsignatur und weiteren Ordnungskriterien verzeichnet sind. Die Idee, diese Findhilfen auch im Internet zu veröffentlichen, ist durchaus überzeugend: Der Historiker aus München soll ebenso wie die Sozialforscherin aus den USA vom jeweiligen Standort aus prüfen können, ob sich die Anreise und weitere Recherche in den jeweiligen Archiven auch lohnt. Zugleich würden die Archive in ihrer schriftlichen Auskunftstätigkeit entlastet.
Die Findmittel enthalten jedoch – zumindest zum Teil – selbst personenbe-zogene Daten, die dem Archivgut entstammen. So fragte beispielsweise ein Archiv an, ob Findmittel zu Akten von Verwaltungsbeamtinnen und -beamten ins Internet gestellt werden dürften, in denen zusammen mit der Archivsignatur die jeweiligen Namen, Vornamen, Geburtsdaten, Berufe und die letzten Dienststellen vermerkt seien. Mit dem Einstellen dieser perso-nenbezogenen Findmittel würden die Personenangaben zugleich an eine un-bestimmte Vielzahl von Personen übermittelt. Ein solcher Datentransfer ist ohne Einwilligung der betroffenen Personen nur zulässig, wenn eine Rechtsvorschrift ihn erlauben würde. Dies ist bislang nicht der Fall.
Die Verarbeitung personenbezogenen Archivguts ist im Archivgesetz Nordrhein-Westfalen (ArchivG NRW) bereichsspezifisch abschließend geregelt. Dieses Gesetz selbst sieht keine Veröffentlichungsbefugnis vor. Insbesondere auch § 1 Abs. 1 Satz 1 ArchivG NRW, nach dem die Erforschung und Veröffentlichung zu den Aufgaben der staatlichen Archive gehört, normiert keine solche Befugnis, sondern enthält lediglich eine Aufgabenzuweisung, so dass diese Vorschrift nicht als Rechtsgrundlage für
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die Veröffentlichung personenbezogener Angaben aus Archivgut herangezogen werden kann. Personenbezogene Angaben dürfen vielmehr nur nach Maßgabe des § 7 ArchivG NRW an Dritte übermittelt werden. Dies setzt voraus, dass zum einen die in Abs. 2 normierten Sperrfristen einer Nutzung nicht mehr entgegenstehen und zum anderen die dritte Person ein berechtigtes Interesse an der Nutzung glaubhaft gemacht hat. Ob diese kumulativ erforderlichen Voraussetzungen vorliegen, hat das Archiv in jedem Einzelfall gesondert zu prüfen. § 7 ArchivG NRW ermächtigt die Archive mithin nicht, personenbezogene Daten aus Archivgut durch eine Internetveröffentlichung an eine unbeschränkte Vielzahl von Personen zu übermitteln, die ihr berechtigtes Interesse nicht zuvor dargelegt haben. Aus denselben Gründen ist aber auch jede andere Veröffentlichung personenbezogener Angaben in Findmitteln nicht zulässig.
Das Vorhaben eines Archivs, aus dem vorhandenen personenbezogenen Archivmaterial Kurzbiographien von Verwaltungsbeamtinnen und -beamten zu erstellen und diese im Internet zu veröffentlichen, muss nach der geltenden Rechtslage ebenfalls unterbleiben. Auch für diese Datenübermittlung fehlt es bislang an der erforderlichen Rechtsgrundlage.
Veröffentlichungen von Archivgut mit personenbezogenen Daten sollten durch eine Vorschrift im Archivgesetz ermöglicht werden. Hier sollte – unter Wahrung der berechtigten Interessen der betroffenen Personen – festgelegt werden, ob und unter welchen Voraussetzungen Archive befugt sind, die Daten zu veröffentlichen. Dabei ist insbesondere auch zu regeln, welche Art von Daten welcher Personengruppen zu welchem Zweck veröffentlicht werden dürfen.


Kommentar

Datenschutzbeauftragte kultivieren äußerste Zurückhaltung, was die Veröffentlichung von personenbezogenen Daten (ads sind Daten lebender Personen) im Internet angeht. Dies betrifft außer Findbüchern auch Digitalisate von Archivalien.

Auf der Website der NRW-Datenschutzbeauftragten liest man etwa:

"Aber selbst wenn es eine Rechtsgrundlage für die Veröffentlichung personenbezogener Daten gibt, kann das Internet als geeignetes Veröffentlichungsmedium ausscheiden. Aufgrund der im Internet leicht und weltweit zugänglichen sowie vielfältigen Recherchemöglichkeiten, können hier unter Umständen umfangreiche Informationen zu einer Person verknüpft werden und sogar Persönlichkeitsbilder - teilweise auch verfälscht - erstellt werden. Daher sind die Persönlichkeitsrechte der von einer Veröffentlichung im Internet betroffenen Person weitaus mehr gefährdet, als bei anderen herkömmlichen Veröffentlichungsformen, wie etwa einem Aushang oder der Bekanntgabe in der Presse."
Link

§ 7 Abs. 2 Landesarchivgesetz NRW bestimmt:

"Bezieht es sich nach seiner
Zweckbestimmung oder nach seinem wesentlichen Inhalt auf eine natürliche Person, so
darf es frühestens 10 Jahre nach deren Tod genutzt werden; ist der Todestag dem Archiv
nicht bekannt, endet die Sperrfrist 90 Jahre nach der Geburt."

Daraus ergibt sich, dass personenbezogene Daten aus Sachakten, sofern diese sich nicht ihrer Zweckbestimmung oder ihrem wesentlichen Inhalt nach auf eine oder mehrere natürliche Personen beziehen, Benutzern zugänglich gemacht werden dürfen. Stellt die Veröffentlichung durch Dritte eine Persönlichkeitsrechtsverletzung dar, haftet der Benutzer. Eine Störerhaftung des Archivs anzunehmen erscheint fragwürdig, da es nicht Aufgabe des Archivs sein kann, vor Gewährung einer Einsichtnahme die Akte komplett durchzulesen und zu prüfen, ob konkrete Anhaltspunkte bestehen, dass die Benutzungsgenehmigung die Rechte Dritter verletzt.

Die Argumentation mit der Prüfung des berechtigten Interesses verkennt, dass die Archivnutzung de facto als Jedermannsrecht ausgestaltet ist, das berechtigte Interesse also so gut wie immer bejaht wird. Entscheidet sich das Archiv für eine Veröffentlichung sei es von Findbuchdaten, sei es von Digitalisaten oder Transkriptionen, so bejaht es das berechtigte Interesse der Öffentlichkeit. Unabhängig von der datenschutzrechtlichen Befugnisnorm wäre es für ein NRW-Archiv unmöglich, irgendeine noch so alte Archivalienreproduktion ins Netz zu stellen (oder ein Schriftstück in einem Buch zu veröffentlichen), ohne das berechtigte Interesse jedes einzelnen Internetnutzers zu prüfen, wenn man auch die archivische Öffentlichkeitsarbeit unter § 7 fallen lässt.

Es sei ausdrücklich angemerkt, dass die Aussage der Datenschutzbeauftragten, personenbezogene Daten dürften in Findmitteln nicht veröffentlicht werden, sich auch auf gedruckte Findmittel und womöglich auch auf maschinenschriftliche Findmittel bezieht, die Benutzern vor Ort vorgelegt werden.

Veröffentlichung von Bestandsübersichten, Findmitteln, Archivalienreproduktionen und -editionen (auch in Form von Digitalisaten), was man als Öffentlichkeitsarbeit zusammenfassen kann, zählt zu den traditionellen Aufgaben der Archive. In NRW ist die Erforschung und Veröffentlichung ausdrücklich als Aufgabe der Archive festgeschrieben. Für die Universitätsarchive ergibt sich die Gültigkeit von § 1 Abs. 1 Landesarchivgesetz durch die Verweisung von § 11.

Öffentlichkeitsarbeit ermöglicht die Benutzung von öffentlichem Archivgut in rechtmäßiger Weise durch die Allgemeinheit und zwar unabhängig von der Glaubhaftmachung eines berechtigten Interesses nach § 7. In Ausübung pflichtgemäßen Ermessens hat das Archiv vor Veröffentlichung zu prüfen, ob berechtigte Belange Dritter durch eine Veröffentlichung (ob im Internet, durch Druck oder im maschinenschriftlichen Findmittel) beeinträchtigt werden. Verneint es dies, kann es nach meiner Auffassung auch Sachakten, die nicht-sensible personenbezogene Daten enthalten, aber nicht unter die Sperrfrist nach § 7 Abs. 2 fallen, veröffentlichen.

§ 9 Abs. 6 Datenschutzgesetz NRW sagt zu automatisierten Abrufverfahren:
"Die Absätze 1 bis 5 gelten nicht für Datenbestände, die jedermann ohne oder nach besonderer Zulassung zur Benutzung offenstehen oder deren Veröffentlichung zulässig wäre."

Personenbezogene Daten umfassen sowohl schutzwürdige bzw. sensible Daten als auch "Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse", deren Mitteilung in der Regel keine berechtigten Interessen verletzt. Bis zurück in die 1920er Jahre enthalten fast alle Sachakten solche Einzelangaben. In Hochschulakten agieren unzählige z.B. Dekane oder Professoren in gleichsam amtlicher Eigenschaft. Die Tatsache, dass jemand Professor oder Dekan ist, ist ohne Zweifel eine "Einzelangabe über persönliche oder sachliche Verhältnisse". Ihre Nutzung unterfällt ohne jeden Zweifel dem Geltungsbereich des Datenschutzgesetzes, das nur in § 4 Abs. 3 eine besonders sensible Kategorie von Daten kennt ("Daten über die rassische oder ethnische Herkunft, politische Meinungen, religiöse oder weltanschauliche Überzeugungen, die Gewerkschaftszugehörigkeit, die Gesundheit oder das Sexualleben").

Auch veröffentlichte Daten müssen rechtmäßig erhoben werden, das Archivgesetz erlaubt dann ihre Weiterverarbeitung im Archiv. Bei der Übermittlung solcher Daten an Dritte gilt die Verweisung von § 16 Absatz 1 Satz 1 Buchstabe b Datenschutzgesetz NRW auf § 13 Absatz 2 Satz 1 Buchstabe f:

Wenn "sie aus allgemein zugänglichen Quellen entnommen werden können oder die speichernde Stelle sie veröffentlichen dürfte, es sei denn, dass das Interesse der betroffenen Person an dem Ausschluss der Speicherung oder einer Veröffentlichung der gespeicherten Daten offensichtlich überwiegt".

§ 7 Absatz 3 Archivgesetz NRW bestimmt: "Die Sperrfristen nach Absatz 2 gelten nicht für solche Unterlagen, die bereits bei ihrer Entstehung zur Veröffentlichung bestimmt waren."

Hier geht es um Unterlagen, nicht um Einzelangaben in Unterlagen. Eine Auskunftserteilung hinsichtlich "öffentlicher" personenbezogener Daten aus noch einer Sperrfrist unterliegenden Akten ist in Archiven gang und gäbe und datenschutzrechtlich unproblematisch. Da diese Auskunftserteilung aber im Archivgesetz nicht vorgesehen ist, muss man das Landesdatenschutzgesetz ergänzend heranziehen, das diese Datenübermittlung erlaubt.

Es erscheint im höchsten Maße überzogen, z.B. die Verknüpfung eines Personennamens (eines Diplomanden) mit dem Thema seiner Diplomarbeit als geheimzuhaltendes Datum anzusehen. Anders verhält es sich selbstverständlich mit der Note.

Die Tatsache disziplinarischer Ermittlungen gegen einem Hochschullehrer hat mit Namen in der Regel ebensowenig etwas im Findbuch zu suchen. Sollte dagegen ein Fall in der Presse erhebliches Aufsehen erregt haben, so erscheint eine Namensnennung im Findbuch möglich (auch wenn die Akten selbst gesperrt sein sollten).

FAZIT: Öffentlich bekannt gewordene Fakten, bei denen das Interesse der betroffenen Person an dem Ausschluss der Veröffentlichung der Daten nicht offensichtlich überwiegt, können nach meiner Ansicht sowohl im Online-Findbuch als auch in Digitalisaten veröffentlicht werden. Die gegenteilige Ansicht der NRW-Datenschutzbeauftragten ist abzulehnen.


Quelle: Bundesarchiv.de, Einzelangaben über Robert Ferchland
 

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