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Merkblatt: Neue urheberrechtliche Nutzungsarten (pdf, 101.7 kB)

[Link-Update: http://www.boersenverein.de/sixcms/media.php/976/Merkblatt%20unbekannte%20Nutzungsarten%2020071212.pdf ]

Erwerb von unbekannten und Umgang mit neuen urheberrechtlichen Nutzungsarten.
Eine Handreichung für Mitgliedsverlage des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels
Stand: Dezember 2007

Nachdem open-access.net inzwischen eine FAQ anbietet (§ 137 l der Urheberrechtsreform - FAQ zur Rechteübertragung), ist es sicherlich auch hilfreich, die Position des Börsenvereins zu kennen. Der DBV hat ja - wie Klaus Graf zu Recht in INETBIB am 11. November 2007 festgestellt hat - bislang zu diesem Thema nur unzureichend und leider hinsichtlich einiger Aspekte auch definitiv falsch informiert, zuletzt im DBV Newsletter 115 vom November 2007, wo aber nur auf eine erste Stellungnahme vom Juli 2007 verwiesen wurde. Bedauerlich ist dies vor allem, weil der Börsenverein zu Recht feststellt:

"Leider ist die Neuregelung im Detail sehr kompliziert und unklar. Über viele Einzelheiten der neuen Vorschriften wird vermutlich erst in einigen Jahren durch Urteile des Bundesgerichtshofs Klarheit geschaffen. Nachfolgend werden die für die Praxis wichtigsten Auswirkungen der Neuregelung in Form von Fragen und Antworten diskutiert. Im Hinblick auf die erheblichen Unklarheiten im Wortlaut der neuen Normen und ihrer amtlichen Begründung kann leider nicht ausgeschlossen werden, dass sich bei einzelnen Aspekten andere Auslegungen als die hier vertretenen vor den Gerichten durchsetzen."

In C.3 "Kann ein Autor die Nutzung seines "Archivwerks" auf eine neue Nutzungsart durch seinen Verlag verhindern" wird die Möglichkeit der Rechteübertragung ausdrücklich erwähnt:

"Dafür hat er grundsätzlich zwei Möglichkeiten:

- Er kann der Nutzung seines Werkes durch seinen Verlag widersprechen, und zwar entweder bezogen auf eine konkrete Nutzungsart (z.B. Internetnutzung) oder auf alle nach Vertragsschluss bekannt gewordenen und zukünftig bekannt werdenden Nutzungsarten. Bezüglich aller am 1.1.2008 bekannten Nutzungsarten muss dieser Widerspruch bis zum 31.12.2008 erfolgen. Handelt es sich bei dem Werk um einen Beitrag zu einem Sammelwerk, kann der Urheber sein Widerspruchsrecht nicht wider Treu und glauben ausüben.

- Er kann einem Dritten die ausschließlichen Rechte an einer oder allen neuen Nutzungsarten seines Werkes übertragen, solange sein Verlag die entsprechenden Nutzungen noch nicht aufgrund der neuen Gesetzeslage aufgenommen hat. (Der Dritte darf das Werk allerdings nicht in der Form nutzen, in der der Verlag es veröffentlicht hat, vgl. oben B Frage 8)."

Bemerkenswert ist, dass der Börsenverein den 31.12.2007 offenbar nicht als Ausschlussgrenze ansieht. Hiernach wären Rechteübertragungen auch später noch möglich, solange der Verlag noch nicht selbst die Nutzung aufgenommen hat.

Dass der Börsenverein sich in C.3 auf die Frage fokussiert, ob und wie ein Autor die Wahrnehmung der neuen Nutzungsarten für Altwerke durch den Verlag verhindern könne, ist aus seiner Perspektive verständlich. Um das "Verhindern" geht es den Befürwortern einer Rechteübertragung etwa an institutionelle Publikationsserver aber gar nicht. Die Autoren sollen diesen gar keine ausschließlichen Rechte an den entsprechenden Nutzungen einräumen, sondern nur einfache Nutzungsrechte. In diesem Fall dürften nach neuer Rechtslage einfache Nutzungsrechte weiter automatisch an den Verlag fallen, wenn der Autor nicht widerspricht (vgl. hierzu die Begründung zum Regierungsentwurf BT Drs 16/1828, S. 33: "Absatz 1 enthält eine Übertragungsfiktion für Rechte an neuen Nutzungsarten zugunsten eines Erwerbers aller wesentlichen zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses übertragbaren Nutzungsrechte. (...) Erfolgte die Rechtseinräumung nur beschränkt (z. B. durch Erteilung einer nicht ausschließlichen Berechtigung), so greift die Fiktion in dem verbleibenden Umfang."). Ein Ausschluß etwa einer Digitalisierung durch den Verlag läge in vielen Fällen auch gar nicht im Interesse des Autors, da es die Sichtbarkeit seiner wissenschaflichen Veröffentlichungen nur erhöhen kann. Worum es geht ist, zu verhindern, dass ausschließlich der Verlag dieses Recht hat, womit eine Zugänglichmachung als Open access Publikation nicht mehr möglich wäre.

Des weiteren vertritt die Handreichung des Börsenvereins offenbar die Auffassung, dass einfaches Scannen der Originale nicht zulässig sei, indem er Leistungsschutzrechte des Verlags reklamiert (Lektorat des Ursprungstextes, Satzbild, Marke, ggf. Titelschutzrechte; vgl. B.8 der Handreichung). Dieser Auffassung widersprechen Steinhauer (§ 38 UrhG - Scannen der Originale?, in: bibliotheksrecht.blog.de, 13. Februar 2007 und Graf (Scannen der Originale bei Aufsatz-Retrodigitalisierung zulässig, in: Archivalia, 14. Februar 2007).

Laut Börsenverein sind nach den bisherigen Erfahrungen Widersprüche durch Autoren aus rechtlichen Gründen häufig unwirksam; er empfiehlt daher eine gründliche Prüfung aller eingehenden Widersprüche (C.4). Interessant wäre es natürlich, das nur separat von der Rechtsabteilung des Börsenvereins anzufordernde Merkblatt für die Prüfung von Widersprüchen gegen die Nutzung von Werken auf bei Vertragsabschluss unbekannte Nutzungsarten und die dazu passenden Musterschreiben für die Autorenkorrespondenz zu kennen ...

Der Börsenverein empfiehlt seinen Mitgliedern (in C.6), bei für die kommerziellen Verwertung interessanten älteren Werken den Abschluss eines Ergänzungsvertrages anzustreben und nur wo dies administrativ nur schwer möglich ist - so z.B. bei Sammelwerken mit Beiträgen verschiedener Autoren - eine Nutzung unter der neuen gesetzlichen Regelung für "Archivwerke" (gemeint ist die Übergangsregelung von §137 l), bei der die Vergütungsregelung den Verwertungsgesellschaften überlassen bleibt. Für den Verlag sei dies mit einem deutlichen Mehr an Rechtssicherheit und Verfügungsbefugnis verbunden als eine Nutzung unter der neuen gesetzlichen Regelung für "Archivwerke". Aber auch für den Autor bzw. seine Erben sei ein solcher Ergänzungsvertrag vorteilhaft, weil so klar definierte Vergütungen vereinbart werden können, die wie die anderen Erlöse aus dem Werk direkt an den Autor abgerechnet werden. Auch für solche Ergänzungsvereinbarungen mit Autoren von Altwerken gibt es Musterschreiben für vertragliche Regelungen "in schlanker, aber rechtswirksamer Form".

B.2, 3 und 5 der Handreichung würde übrigens einen schönen Anknüpfungspunkt für den Plot eines Urheberrechts-Krimis bieten, nach dem Motto "Nur ein toter (unproduktiv gewordener) Autor ist ein guter Autor ..."
 

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