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VGH Mannheim, Urteil vom 8. 5. 2008 - 1 S 2914/07
NVwZ-RR 2008, S. 700f.

Auszüge aus dem Urteil:

Am 29. 6. 2005 hielt sich der Kl. im Lesesaal der Badischen Landesbibliothek in K. [wo außer in Karlsruhe gibt es eine Badische Landesbibliothek??] auf. Dort fotografierte er ohne deren Einwilligung eine andere Bibliotheksnutzerin, Frau X, die ihm seiner Ansicht nach den von ihm benutzten Arbeitsplatz streitig gemacht hatte. Der Aufforderung von Frau X, den Film herauszugeben, kam der Kl. nicht nach. Der hinzu gerufene Polizeivollzugsdienst verbrachte den Kl. zum Polizeirevier K., wo der Film beschlagnahmt und in Verwahrung genommen wurde. In der dem Kl. ausgehändigten Beschlagnahmeverfügung wird als Grund für die Beschlagnahme angegeben „Schutz privater Rechte (KUG)“. Mit seinem am 29. 7. 2005 erhobenen Widerspruch machte der Kl. geltend, dass eine nach § 22 KUG allein verbotene Veröffentlichung oder Verbreitung des Bildes nicht zu befürchten sei. Eine andere Vorschrift, die das Fotografieren von Personen hindere, sei nicht ersichtlich. Mit Widerspruchsbescheid vom 28. 11. 2005 wies das Regierungspräsidium K. den Widerspruch zurück. Der Kl. hat hiergegen zunächst Anfechtungsklage erhoben. Mit Urteil vom 2. 4. 2007 hat das VG die Klage, mit der nunmehr sachdienlich ein Fortsetzungsfeststellungsbegehren verfolgt werde, abgewiesen.

Die hiergegen eingereichte Berufung des Kl. war ohne Erfolg.

[...]

§ 22 KUG erwähnt als - nach § 33 KUG strafbewehrte - Verletzungshandlungen nur die Verbreitung und öffentliche Zurschaustellung eines Bildnisses ohne Einwilligung des Abgebildeten. § 201a StGB stellt das unbefugte Herstellen von Bildaufnahmen aus dem höchstpersönlichen Lebensbereich unter Strafe. Es ist indessen anerkannt, dass - nicht zuletzt angesichts der nur fragmentarischen Natur des Strafrechts - diese Regelungen nicht abschließend sind. Vielmehr kann auch das bloße Herstellen einer Aufnahme einer Person, die sich nicht im persönlichen Rückzugsbereich, sondern in der Öffentlichkeit aufhält, gegen das allgemeine Persönlichkeitsrecht verstoßen (vgl. Wandtke/Bullinger/Fricke, UrheberR, 2. Aufl. [2006], § 22 KUG, Rdnr. 9; Steffen, in: Löffler, PresseR, 5. Aufl. [2006], § 6 LPressG, Rdnrn. 119, 123, jew. m.w. Nachw.; VGH Mannheim, Urt. v. 22. 2. 1995 - 1 S 3184/94). Denn schon dadurch wird das Erscheinungsbild des Betr. in einer bestimmten Situation von seiner Person abgelöst, datenmäßig fixiert und seiner Kontrolle und Verfügungsmacht entzogen, woraus ein Schutzbedürfnis erwächst (s. BVerfGE 101, 361 [380f.] = NJW 2000, 1021; BVerfG, NJW 2008, 1793). Die Feststellung eines unzulässigen Eingriffs in das Persönlichkeitsrecht des Betr. durch das Anfertigen eines Bildes erfordert eine Würdigung aller Umstände des Einzelfalls und eine Güter- und Interessenabwägung der schutzwürdigen Rechtsposition der Bet. (BGH, NJW 1995, 1955f. = GRUR 1995, 621). Hiernach ist nichts dafür ersichtlich, dass die Betr. die Anfertigung der Bilder durch den Kl. hätte dulden müssen. Ein anerkennenswertes Interesse, die Betr. zu fotografieren, hat der Kl. nicht dargetan. Die von ihm geäußerten Vermutungen und Verdächtigungen entziehen sich einer rationalen Bewertung. Sie sind vielmehr Ausdruck eines offensichtlich schon lang andauernden psychiatrischen Krankheitsbildes, das sich in Wahnvorstellungen äußert. In einer solchen Situation gewinnt das Interesse der Betr., nicht von einem Unbekannten fotografiert zu werden, besonderes Gewicht. Denn das Verhalten des Kl. stellte sich aus der Sicht der Betr. - auch ohne nähere Kenntnis des psycho-pathologischen Hintergrunds - so dar, dass die Bandbreite eines allgemein üblichen und verständlichen Vorgehens deutlich überschritten war; es konnte von ihr als unberechenbar, wenn nicht gar bedrohlich, angesehen werden. (Wird ausgeführt.)

b) Am polizeilichen Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts vor Beeinträchtigungen, die - wie hier - weder durch die Strafgesetze noch durch das Ordnungswidrigkeitenrecht sanktioniert sind und bei denen demnach nicht die Unversehrtheit der Rechtsordnung in Bezug auf Normen des öffentlichen Rechts in Rede steht, muss nach der ausdrücklichen Regelung in § 1 I 1 PolG ein öffentliches Interesse bestehen. Dieses Interesse kann sich insoweit allein aus dem im Rechtsstaatsprinzip des Art. 20 III GG wurzelnden allgemeinen Justizgewährleistungsanspruch ergeben, der wirkungsvollen Rechtsschutz garantiert (vgl. zuletzt: BVerfGE 117, 71 [121f.] = NJW 2007, 1933 m.w. Nachw.; s. auch Denninger, in: Lisken/Denninger, Hdb. d. PolizeiR, 4. Aufl. [2007], Kap. E, Rdnr. 30). Damit wird auf die Bestimmung des § 2 II PolG Bezug genommen. Danach obliegt der Schutz privater Rechte der Polizei nur auf Antrag des Berechtigten und nur dann, wenn gerichtlicher Schutz nicht rechtzeitig zu erlangen ist und wenn ohne polizeiliche Hilfe die Gefahr besteht, dass die Verwirklichung des Rechts vereitelt oder wesentlich erschwert wird.

Der Polizeivollzugsdienst des Bekl. hat diese Voraussetzung nicht verkannt. Er hat die Beschlagnahme als Sicherungsmaßnahme im Hinblick auf den erst noch zu beantragenden gerichtlichen Rechtsschutz angeordnet (vgl. VGH Mannheim, NVwZ 2001, 1292 = VBlBW 2001, 102f.). Dabei ist er zu Recht von einer besonderen Dringlichkeit ausgegangen, da gerade die unbefugte Verfügungsmöglichkeit des Kl. über eine Fotografie der Betr. in Rede stand und ohne einen sofortigen polizeilichen Zugriff unkontrollierte Vervielfältigungen zu besorgen waren.
Till Wollheim (Gast) meinte am 2008/12/02 04:15:
Jur. Rabulistik
Mit so einer konfusen, an den Haaren herbeigezogenen Rabulistik wird einmal mehr der rechtsstaat vorgeführt.

So kann man alles oder nichts rechtfertigen. Das hat nichts mehr mit sauberem jur. Handwerk zu tun.

Till 
KlausGraf meinte am 2009/09/14 00:58:
Siehe nun auch
http://www.kanzleikompa.de/2009/09/13/fas09-private-fahndungsfotos-zulassig/ 
fons (Gast) meinte am 2013/08/27 18:11:
Filmen und Fotografieren
Demnach hätte die bekannte Szene bei der Polizisten auf einen Festgenommen eintreten gar nicht gefilmt werden dürfen.
Zu Beginn des Filmens hatten die Beamten ja noch nichts verbotenes getan. Meine Erfahrung zeigt mir, dass Personen, die gut in Sprache und Schrift sind, oft beim logisch rationalen Denken Defizite erkennen lassen und umgekehrt. Lebenserfahrung und durch Studium angeeignetes Wissen alleine reicht nicht immer aus, um Sachverhalte richtig zu beurteilen. Man muss das auch mit einander verknüpfen können. Diese Fähigkeit ist angeboren, der eine hat weniger, die andere mehr. 
 

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