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Als am 17. Mai 2010 die Einstellung Bamberger Inkunabeln mit exemplarspezifischen Beschreibungen in INKA bekanntgegeben wurden, fand ich in einer Beschreibung einen Hinweis auf deutschsprachige Fragmente. Auf meinen Wunsch, diese im Rahmen meiner Übung zur Quellen und Dokumentenkritik (RWTH Aachen) auswerten zu dürfen, erhielt ich umgehend durch Dr. Stefan Knoch sehr gute Aufnahmen, von denen die eine (Fragment aus dem Hinterspiegel) allerdings ungeeignet war, da man zu wenig entziffern kann. Auch dabei handelt es sich aber nicht um einen literarischen Text, sondern um ein Urkundenfragment.

Der Staatsbibliothek Bamberg, den Teilnehmern der Übung und Frau Andrea Beyer (sowie den angefragten Archiven) ein Dankeschön für ihre Unterstützung. Besonders freut es mich, dass ich die Abbildung veröffentlichen darf. So kann jeder nachvollziehen, ob unsere Lesungen zutreffen. Sachdienliche Hinweise insbesondere zum ungelösten Problem der Lokalisierung sind willkommen!

***

Eintrag in INKA:

Antoninus : Confessionale Defecerunt . . . Scrutinium quidem est confessio; [Summa theologica ] De restitutionibus
Straßburg: Martin Flach, 1488.
GW 2128. HC (Add.) 1197 = H 1187 (?) Ritter, Inc. alsac. I, 33. Pol (+ Suppl.) 256. BMC I, 148 (IA. 2124). Goff A 822. IBP 406. BSB-Ink A-0585.
Titelbeschreibung:
ISTC ia00822000. (nach GW 2128)
GW 02128
Bamberg SB : Nr. 127
Zahlreiche rote Lombarden. -- Rubriziert - Provenienz: Bamberg, Karmelitenkloster, [17. Jh.]. -- Ein weiterer, teilweise durchgestrichener Provenienzeintrag des 15. Jh. auf der Innenseite des Vorderdeckels - Einband: Spätgotischer Schweinslederband auf Holz, darauf Einzelstempel und Streicheisenlinien in Blindpressung. -- Im vorderen und hinteren Spiegel deutsche Hs.-Fragmente (Pergament, 15. Jh.) eingeklebt. -- Auf dem Vorderdeckel zwei Papierschilder mit hs. "G" in Rot bzw. Autoren- und Titelangaben, auf dem Rücken alte hs. Titel- und Signaturschildchen. -- Gebunden in Bamberg, Johannes de Meien (EBDB w000055; Kyriss 52)
2 Beibände. Nachgebunden: Casus papales et episcopales, GW 6183. -- I-0004
Signatur: Inc.typ.B.X.6
Provenienzen: Bamberg, Karmelitenkloster
Buchbinderwerkstatt: Bamberg, Johannes de Meien (EBDB w000055
Kyriss 52)


Nun der Bericht über die Auswertung:

Das Fragment ist, anders als von mir erhofft, kein deutschsprachiger literarischer Text, sondern ein Urkundentext aus dem Jahr 1457, bei dem es um den Verkauf eines Kramladens geht.

Regest: Peter Walrab, gesessen zu "Werd", berurkundet eine auf der Frankfurter Messe eingegangene Schuld gegenüber Hans Wolf, dem er einen Kramladen für 32 Gulden abgekauft hat. Er hat 10 Gulden angezahlt, die restlichen 22 werden auf der Bamberger Messe fällig (?). Zeugen und Bürgen sind Hans Hofmann und Sigmund Weinperger. Das Rechtsgeschäft fand am Montag nach Mittfasten 1457 statt (März 28) statt.

Transkription der Urkunde:

[I]ch peter walrab gesessen czw werd beken fuer mich mein hausfraw vnd all [mein]

[E]rben offnlich in disem brief daz ich schuldig worden pin czw
franckfurt in der

]em hans wolf vmb ein kram den ich im(e) ab kauft han vmb xxxij guld(en) v[

[g]ar wol gewert hat recht vnd redlich nach kaufmans gut dar an ich ein

]enngen han das ist beschechen an montag nach mitterfasten da man tzalt tuse[nd]

]hundert vnd in dem siben vnd funfczigisten jar an dem selbigen gelt hat er enpfan[gen]

]x guld(en) da pey ist gewesen hans hoffma(n) sigmund weinperger dy ich fl[eißig]

gepet(e)n han das sy purg fur mich worden sind als vmb xxij guld(en) vnd das selb[

?????? auf sand ?????? tag czw bamberg in d(er) me[sz] an als gef[a+er]d

Misslich ist, dass der Schreibort der Urkunde nicht ermittelt werden
konnte. Anfragen an das Stadtarchiv Nürnberg, das Staatsarchiv
Nürnberg, das Stadtarchiv Donauwörth und das Stadtarchiv Bamberg
brachten keine Klärung, da die beteiligten Personen nicht nachgewiesen werden konnten. Entscheidend ist der nicht eindeutige Ortsname "Werd". Meine Präferenz gilt dem Nürnberger Stadtteil Wöhrd, da durch

http://wwwhomes.uni-bielefeld.de/useelbach/cgi/leitformen.php

die Schreibsprache als Nordbairisch oder Nürnbergisch vermutungsweise festgelegt wurde (jedenfalls waren die meisten Treffer bei diesen Schreibsprachen zu erzielen).

"In dem Nürnberger Vorort Wöhrd war zu damaliger Zeit das
Metallgewerbe und vor allem die Tuchmacherei bedeutsam gewesen, der Vertrieb dieser Tuche im Nürnberger Fernhandel ist nachgewiesen (vgl. Hektor Ammann, Die wirtschaftliche Stellung der Reichsstadt Nürnberg im Spätmittelalter. Nürnberg 1970, = Nürnberger Forschungen. 13. Band, S. 197ff). Es gab in Wöhrd auch eine Kaufmannschaft, welche die für sie noch erreichbaren Messen in Frankfurt, Leipzig und Nördlingen aufgesucht hat (s. Hektor Ammann, a.a.O., S. 201f). Ein Peter Walrab ließ sich allerdings mit einschlägigen Findmitteln nicht feststellen." So das Staatsarchiv Nürnberg, während das Stadtarchiv Nürnberg an Donauwört denken wollte. Meine erheblichen Bedenken diesbezüglich wollten weder das Stadtarchiv Donauwörth noch das Stadtarchiv Bamberg
teilen. Letzteres ließ wissen: "Die ursprüngliche Bezeichnung
Donauwörths lautete "Werd/Wörth", gelegentlich auch "Schwäbisch Wörth" o.ä. Allgemein ist "wörth" allerdings die Bezeichnung für eine Insel oder Halbinsel, die sogar noch heute im gesamten süddeutschen Raum verwendet wird und hin und wieder eben auch namensgebend wurde. Donauwörth ist aber auch dem Grund plausibel, weil die süddeutschen Reichs- und Residenzstädte wirtschaftlich durch ihre Messen durchaus eng miteinander verbunden waren. Unter diesem Aspekt ist auch die
Nennung der Bamberger Messe als Zahlungsziel nichts ungewöhnliches; eigentlich muss es noch nicht einmal bedeuten, dass der Kaufmann persönlich zum Termin der (Frühjahrs- oder Herbst-)Messe in Bamberg anwesend sein müsste, nachdem er ja Bürgen stellte."

Allerdings möchte ich aufgrund der Schreibsprache und der Tatsache, dass der Band in Bamberg gebunden wurde, die Urkunde also einem Bamberger Buchbinder zur Verfügung stand, doch eher an Nürnberger Provenienz denken. Dafür spricht auch die Nennung der Bamberger Messe (wenngleich diese auch in Donauwörth oder anderswo genannt werden konnte). Solange die genannten Personen aber nicht fassbar sind, ist das aber auch nur eine Hypothese.



http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Inc_typ_b.x_6.jpg
 

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