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"In der Sendereihe geht es um nichts weniger als die Überlieferung der musikalischen Vergangenheit mittels Tonkonserve. Das Sammeln, Archivieren und Veröffentlichen von Aufnahmen wirft eine Reihe von brisanten Fragen auf. Ein kleiner Teil der aufgeführten Musik wird auch aufgezeichnet. Welche Zufälle, welche Interessen und Machtstrukturen entscheiden darüber, was aufgenommen wird und was nicht? Wovon hängt es ab, ob musikalische Archivbestände der Öffentlichkeit zugänglich sind oder nur Forschern? Ob sie "auf Halde liegen" oder gar mangels technischer Wartung irgendwann nicht mehr abgespielt werden können, besonders im Zeitalter der Festplatte als Tonträger? Und ist es überhaupt wünschenswert, möglichst viel gespielte und gesungene Musik zu konservieren - oder soll man dem Flüchtigen, Ephemeren des Musizierens sein Recht lassen? In der ersten Ausgabe ihres Sendungsprojekts stellt Dorothee Frank diese Fragen für den Bereich Ethnomusik.

Jeden Tag verkommt Kulturgut, auch Audio-Kulturgut. Lässt sich wohl nicht vermeiden. Denn die Menschheit besitzt derart viele Tonaufnahmen, dass ihr das Verwalten und Erhalten derselben längst über den Kopf gewachsen ist.

Weltweit sind ca. 30-40 Millionen Aufnahmestunden wegen des Zerfalls der Trägermaterialien akut bedroht - das vermeldet die Website des Wiener Phonogrammarchivs. Dieses älteste Schallarchiv der Welt - Gründungsjahr 1899 - ist heute eine international führende Institution, wenn es um die Erhaltung historischer Tonträger, wie etwa Phonographenwalzen oder Bänder , und deren schonende Überspielung auf digitale Speicher geht.
Festplatten - ein risikoreiches Speichermedium

Sind die Aufnahmen einmal auf Festplatten gespeichert - hat man sie damit auch dauerhaft gerettet? Tut die Welt gut daran, Archivalien wie Fotos, Filme oder Töne den digitalen Nullen und Einsen anzuvertrauen?

“Auch ich kann sie da leider nicht beruhigen, im Gegenteil”, bedauert die Cheftechnikerin des Phonogrammarchivs, Nadja Wallaszkovits. Es könne zum Beispiel passieren, dass man auf ein Aufzeichnungsformat setzt, das später von der Softwareindustrie nicht mehr unterstützt wird. “10 Jahre danach kann man es überhaupt nicht mehr lesen! Das ist ein ganz großes Problem. Wir müssen in Zukunft ständig den Markt sondieren - wird unser Format unterstützt ? Ich kann jetzt guten Gewissens sagen, von dem alten Tonband wird man sicher auch nach Jahrzehnten noch etwas herunterbekommen. Ich kann aber nicht sagen, dass das bei einem modernen digitalen Träger in 30, 40 Jahren auch noch der Fall sein wird.”
Die Datenströme auf Glasmaster pressen?

Immer wieder werde die Forderung nach extra-stabilen Trägern für Archivzwecke laut. “Man könnte fragen, warum geht man nicht zurück zur Analogtechnik, nur mit digitalen Daten? Man kann den Datenstrom als lauter kleine Rillen auf Schallplatten pressen, oder Glasmaster verwenden von CD-Rs, wo das wirklich schön eingraviert ist, diese “bits and lands.”

Das Problem dabei sei: Eine CD-R oder DVD biete viel zu wenig Speicherplatz. Die 4,7 Gigabyte einer DVD nehmen sich aus wie ein Witz, verglichen mit Datenbändern mit einer Speicherkapazität ab ca. 500 Gigabyte.

Noch dazu, wo Institutionen wie das Phonogrammarchiv aus Qualitäts- und Authentizitätsgründen alle Sounddateien unkomprimiert archivieren.

An der Festplatte als Speicher führt also, bei allen Risiken, vorerst kein Weg vorbei.

Daher gilt in professionellen Archiven - digitalisieren ja, aber den analogen Tonträger unter allen Umständen behalten, als Sicherheit.
Online stellen, soviel geht?

Wenn man nun die Aufnahmen schon als Files abrufbar hat, könnte man sie nicht gleich in komprimierter Form online stellen, um auch interessierten Laien einen simplen Zugang zu ermöglichen?

Manche Archive halten es bereits so. Auf der Website der “Archives Internationales de Musique Populaire” in Genf zum Beispiel kann man genüsslich in hunderten Audios wühlen.

Andere haben Vorbehalte. CD-Reihen veröffentlichen ja - aber alles im Netz disponibel machen? Erstens wäre es bei (oft sehr alten) Aufnahmen aus musikethnologischer Feldforschung kaum durchführbar, in großem Stil Veröffentlichungsrechte einzuholen. Zweitens fürchtet man, die Kontrolle über Bestände zu verlieren. “Wir wollen einfach gern wissen, wer was mit unserem Material tut”, formuliert es Gerda Lechleitner vom Wiener Phonogrammarchiv.

Diese Kontrolle bleibe gewahrt beim EU-Portal “dismarc”, versichert jedenfalls dessen Projektmanager Johannes Theurer. Er ist Moderator am Rundfunk Berlin Brandenburg, und Generalsekretär der “World Music Charts” .
“dismarc”: 30 Tonarchive auf einer Plattform

“Diese tollen historischen Aufnahmen werden keine Rolle spielen, weil sie nicht gefunden werden. Für jüngere Generationen ist der Weg, um ein Audio in Wien oder Amsterdam zu hören, einfach viel zu weit. Wer jetzt nicht digital gefunden werden kann, hat in der Zukunft einfach keine Bedeutung, und kann im Grunde genommen seine Audios jetzt schon auf den Müll karren.”

Das EU-finanzierte Portal “dismarc” - “Discover Music Archives around Europe” - dient der Vernetzung von Musikarchiven im Internet. An die 30 Archive mit rund 100 Sammlungen von Klassik über Volksmusik bis Reggae nehmen inzwischen an dismarc teil. Die Plattform ermöglicht eine Stichwortsuche quer durch alle teilnehmenden Archive. Und man kann gezielt danach Ausschau halten, welche der Archive Audios ins Netz gestellt haben."

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Ladislaus meinte am 2010/08/26 21:24:
"Wir wollen einfach gern wissen, wer was mit unserem Material tut". Was "die wollen", ist ihre Privatsache. In einem für die Öffentlichkeit bestimmten, öffentlich finanzierten Archiv sollte jedenfalls dieses obrigkeitliche Besitzdenken keinen Platz mehr haben. Es mag rechtliche Probleme geben, aber hier ist das Hauptproblem wohl mal wieder das Personal. 
 

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