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Aus dem Bayerischen Datenschutz-Tätigkeitsbericht 2004

http://www.datenschutz-bayern.de/inhalte/taetig.htm

11.8. Akteneinsicht in Bauakten

Ein Bürger hat sich bei mir darüber beschwert, dass eine Stadt Unterlagen aus den Bauakten seines in seinem Alleineigentum stehenden Anwesens an eine Rechtsanwaltskanzlei übersandt hatte, die seine Ehefrau in dem aktuell anhängigen Scheidungsverfahren vertrat. Die von mir zur Stellungnahme aufgeforderte Stadt teilte mir mit, dass die Ehefrau glaubhaft erklärt habe, dass sie Informationen aus der Bauakte, z.B. über die Größe der bisher gemeinsam bewohnten Wohnung, zur Geltendmachung ihrer rechtlichen Interessen benötige. Dies sei als Antrag auf Akteneinsicht gemäß Art. 29 Bayerisches Verwaltungsverfahrensgesetz (BayVwVfG) gewertet worden. Die Akteneinsicht sei in der Form gewährt worden, dass die begehrten Informationen an die Rechtsanwaltskanzlei weitergeleitet worden seien.

Ich habe die Akteneinsicht als datenschutzrechtlich unzulässig angesehen, da dem Interesse der Ehefrau die datenschutzwürdigen Interessen des Ehemannes gegenüberstanden. Die Ehefrau hätte im Rahmen des anstehenden Scheidungsverfahrens die Akteneinsicht zivilrechtlich erstreiten müssen.

Im Einzelnen:

Die Gewährung der Akteneinsicht an die Ehefrau und die Übermittlung der Unterlagen aus den Bauakten des Anwesen an die Rechtsanwaltskanzlei stellte eine Übermittlung personenbezogener Daten an eine nicht-öffentliche Stelle dar (Art. 4 Abs. 6 Satz 1 Nr. 3 Bayerisches Datenschutzgesetz - BayDSG). Nach Art. 15 Abs. 1 BayDSG ist die Übermittlung personenbezogener Daten nur zulässig, wenn dieses Gesetz oder eine andere Rechtsvorschrift sie erlaubt oder anordnet oder der Betroffene eingewilligt hat. Eine Einwilligung des Betroffenen in die Datenübermittlung lag nicht vor. Zu den in Frage kommenden Rechtsgrundlagen ist Folgendes zu sagen:

Die Akteneinsicht in einem laufenden Verwaltungsverfahren ist in Art. 29 Bayerisches Verwaltungsverfahrensgesetz (BayVwVfG) geregelt. Danach hat die Behörde den Beteiligten Einsicht in die einzelnen Teile der das Verfahren betreffenden Akten zu gestatten, soweit deren Kenntnis zur Geltendmachung oder Verteidigung ihrer rechtlichen Interessen erforderlich ist (Art. 29 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG). Ein Rechtsanspruch auf Akteneinsicht außerhalb eines Verwaltungsverfahrens besteht grundsätzlich nicht, kann jedoch im Rahmen einer Ermessensausübung in Betracht kommen, wenn der Anspruchsteller ein berechtigtes Interesse hieran geltend macht (vgl. BayVGH, Urteil vom 17.12.1998, BayVBl. 1998, 693 ff. m.w.N.).

Da die Ehefrau nicht Beteiligte eines laufenden Verwaltungsverfahrens war, bestand kein Anspruch auf Akteneinsicht gem. Art. 29 BayVwVfG. Auch im Rahmen einer Ermessensentscheidung durfte die Stadt die Akteneinsicht nicht gewähren, wie sich aus Folgendem ergibt:

Zur Gewährung von Akteneinsicht im Rahmen einer Ermessensentscheidung führt der BayVGH im o.b. Urteil aus, dass diese so zu treffen ist, dass unter Berücksichtigung des Grundprinzips des rechtsstaatlichen, fairen Verfahrens eine beiderseits sachgerechte Interessenwahrung möglich ist. Außerdem müsse die Kenntnis des Akteninhalts Voraussetzung für eine wirksame Rechtsverfolgung sein. Diese Grundsätze entsprechen denen einer Prüfung nach Art. 19 Abs. 1 Nr. 2 BayDSG.

Nach Art. 19 Abs. 1 Nr. 2 BayDSG ist eine Datenübermittlung zulässig, wenn die nicht-öffentliche Stelle ein berechtigtes Interesse an der Kenntnis der zu übermittelnden Daten glaubhaft darlegt und der Betroffene kein schutzwürdiges Interesse an dem Ausschluss der Übermittlung hat. Ein berechtigtes Interesse ist jedes nach vernünftigen Erwägungen unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Falles anzuerkennendes, der Rechtsordnung nicht widersprechendes Interesse. Die Schutzwürdigkeit der Interessen des Betroffenen an dem Ausschluss der Datenübermittlung beurteilt sich maßgeblich anhand der Sensibilität der Daten. Erforderlich ist eine Abwägung unter Einbeziehung sämtlicher Umstände des Einzelfalles (vgl. Wilde/Ehmann/Niese/ Knoblauch, Bayerisches Datenschutzgesetz, Art. 19, Rdnr. 14 ff).

Ein berechtigtes Interesse der Ehefrau, die Daten zur Benennung der Größe der Wohnung im Rahmen des Scheidungsverfahrens zu erhalten, konnte zwar bejaht werden. Allerdings stand diesem das grundsätzlich schutzwürdige Interesse des Ehemannes an der Geheimhaltung seiner Daten, die die Bauakte des in seinem Alleineigentum stehenden Anwesens enthielt, gegenüber. Die Ehefrau hätte die Erlangung der für das Scheidungsverfahren erforderlichen Auskünfte mit der Durchsetzung von Auskunftsansprüchen nach zivilrechtlichen Anspruchsgrundlagen anstreben müssen. Die Entscheidungserheblichkeit der zu offenbarenden Auskunft für den zugrunde liegenden Rechtsstreit und gegebenenfalls entgegenstehende Rechte Dritter hätten dann von der in der Sache zur Entscheidung berufenen Gerichtsbarkeit - hier: den Zivilgerichten - beurteilt werden können. Im Ergebnis konnte daher von einem überwiegenden schutzwürdigen Interesse des Ehemannes an dem Ausschluss der Datenübermittlung ausgegangen werden.
 

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