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Die Behörden mauern massiv und der Bundesbeauftragte für die Informationsfreiheit schlägt sich viel zu oft auf die Seite der Verweigerer. Seine bürokratische Behörde macht nach seinen Erfahrungen einen extrem schlechten Job, sie hat unzumutbar lange Bearbeitungszeiten und ergreift in der Regel die Partei der Behörde. Und es ist ein krasser Fehlgriff, ausgerechnet die Datenschützer, die sich im Kontext der Netzpolitik vor allem durch hysterisches Gefasel auszeichnen, zu Beauftragten für die Informationsfreiheit zu bestellen. Damit macht man den Bock zum Gärtner.

Der Tätigkeitsbericht von Bundesbeauftragtem Schaar für 2010/11 ist nachlesbar unter:

http://www.bfdi.bund.de/SharedDocs/Publikationen/Taetigkeitsberichte/TB_IFG/3TB10_11.pdf?__blob=publicationFile

"Die wissenschaftliche Aufarbeitung der NS-Vergangenheit stößt auf
unangemessene Grenzen", meint Schaar.

Zum Bundesbeamtengesetz schreibt Schaar: "Dieses sieht einen Zugang zu Personalakten nur unter sehr engen Voraussetzungen vor, zu denen Forschungszwecke explizit nicht gehören. Sofern kein archivrechtlicher Zugang möglich ist, sehe ich auch keine
Möglichkeit, Forschern Personalakten aufgrund anderer
Rechtsvorschriften zugänglich zu machen. Ich halte dieses juristisch zwingende Ergebnis für unbefriedigend."

Juristisch zwingend ist da überhaupt nichts. Aus der Wissenschaftsfreiheit von Art. 5 GG ergibt sich ein Anspruch des Einsicht beantragenden Forschers, dass entgegenstehende Rechtsvorschriften von der Behörde und dem dann damit befassten Gericht mit diesem Grundrecht abgewogen werden. Und das Ergebnis dieses vom Verfassungsgericht geforderten Prozesses kann alles andere als "juristisch zwingend" vorhergesagt werden.

Es ist bezeichnend, dass dieser zum Gärtner gemachte Bock Schaar sich nicht auf § 5 Abs. 8 Bundesarchivgesetz bezieht.

Für Unterlagen, die älter als 30 Jahre sind, hat die Behörde, bei der sie sich noch befinden, nach den archivrechtlichen Vorschriften des § 5 Abs. 1-7 zu entscheiden, entgegenstehende Bestimmungen des Bundesbeamtengesetzes sind unbeachtlich. Die Entscheidungsbefugnis der Behörde ergibt sich aus der amtlichen Begründung des Bundesarchivgesetzes (zit. nach Bannasch et al., Archivrecht usw. 1990, S. 195).

Unterlagen meint nach meiner Rechtsauffassung auch Teile von Akten. Die zitierte amtliche Begründung (S. 193) gibt mir Recht: Eine starre Festlegung, wann genau die Sperrfristen einsetzen, sei zu vermeiden, aber es müsse in jedem Fall für die benutzte Information die Sperrfrist abgelaufen sein. Dies muss dann auch für die 30-Jahresfrist des § 5 Abs. 8 gelten.

Der Staatssekretär des Bundesernährungsministeriums, Dr. Walther Florian, ist am 1. Juli 1987 in den Ruhestand getreten. Sein Todesdatum habe ich nicht herausgefunden. Nehmen wir fiktiv an, er sei 2000 gestorben, seine (möglicherweise ebenso fiktive) Witwe beziehe aber noch Versorgungsbezüge, weshalb seine Personalakte noch nicht geschlossen wurde. Diese Annahmen ändern aber nichts daran, dass für die älter als 30 Jahre alten Teile seiner Akten, also auch für seinen Werdegang in der NS-Zeit, ein Nutzungsanspruch im Rahmen des § 5 Abs. 8 gegeben ist. Zwar ist eine Einsicht erst 30 Jahre nach seinem Tod möglich, aber die Möglichkeit der Sperrfristenverkürzung nach § 5 Abs. 5 BArchG: "Für Personen der Zeitgeschichte und Amtsträger in Ausübung ihres Amtes können die Schutzfristen nach Absatz 1 Satz 1 und Absatz 2 verkürzt werden, wenn die schutzwürdigen Belange des Betroffenen angemessen berücksichtigt werden." Dieses Ergebnis unterscheidet sich diametral von dem "juristisch zwingenden" Resultat des zum Gärtner gemachten Bockes Schaar.

Update:
https://fragdenstaat.de/anfrage/ns-vergangenheit-von-ehemaligem-staatssekretar-walther-florian/
Wolf Thomas meinte am 2012/05/30 09:26:
- Wenn das Todesjahr unbekannt ist, was in diesem Fall eher nicht zu vermuten ist? Gilt dann nicht das Geburtsjahr - wahlweise 1922 oder 1923?
- Ist eigentlich eine tagesgenaue Verfristung personenbezogener Akten juristisch beleuchtet worden? 
 

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