Allgemeines
Architekturarchive
Archivbau
Archivbibliotheken
Archive in der Zukunft
Archive von unten
Archivgeschichte
Archivpaedagogik
Archivrecht
Archivsoftware
Ausbildungsfragen
Bestandserhaltung
Bewertung
Bibliothekswesen
Bildquellen
Datenschutz
... weitere
Profil
Abmelden
Weblog abonnieren
null

 

Bewertung

Wenn ein Beamter behördliche Akten vernichtet, macht er sich strafbar. Geregelt ist dies im Paragrafen 133 des Strafgesetzbuches unter dem Begriff Verwahrungsbruch. Vorgesehen sind eine Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren oder eine Geldstrafe. Nach Ansicht des Verbandes deutscher Archivarinnen und Archivare (VdA) haben mehrere Verfassungsschutzbehörden eindeutig gegen dieses Gesetz verstoßen.

Von staatsanwaltlichen Ermittlungen ist bislang jedoch nichts bekannt. Auf die Frage, ob sein Verband bei der Justiz auf Strafverfolgung insistieren werde, sagte Clemens Rehm, der stellvertretende Vorsitzende des VdA: 'Ich denke, dass wir noch mal nachhaken.' Es dränge sich angesichts der bekannt gewordenen Details der Eindruck auf, dass es sich bei den Aktenvernichtungen nicht um individuelles Fehlverhalten von Mitarbeitern handelte, sondern um ein systematisches Unterlaufen der geltenden Bestimmungen; sowie auch der Absprachen zwischen Bundesbehörden und Bundesarchiv.

Der VdA betonte am Freitag erneut, das Bundesamt für Verfassungsschutz sei nicht befugt über das Vernichten von Unterlagen zu entscheiden. Solche Vorgänge seien alarmierend. 'Damit wird der Rechtsstaat ausgehöhlt.' Zugleich forderten die Archivare konkrete Sofortmaßnahmen für 'rechtsstaatliches Handeln in den Ämtern'. Unter anderem sollen die zuständigen Archive unverzüglich Einsicht erhalten in die Akten der Verfassungsschutzämter, dazu seien neue Stellen zu schaffen.

Auch durch die Berufung auf den Datenschutz lasse sich das Archivgesetz nicht aushebeln, sagte Rehm. Denn Archivgesetze seien als spezielle Regelungen zum Schutz von Daten zu verstehen. Lange Sperrfristen würden garantieren, dass keine Persönlichkeitsrechte verletzt würden. Deshalb seien sämtliche Akten vor der Löschung dem zuständigen Archiv anzubieten. Allein das G10-Gesetz zur Beschränkung des Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnisses kennt solche Regelungen jedoch nicht. Darauf beruft sich das Bundesinnenministerium.

Verurteilungen wegen Verwahrungsbruchs sind selten. In Rheinland-Pfalz musste in den 90er Jahren ein Bürgermeister 500 Mark Geldbuße bezahlen, weil er ortsgeschichtliche Dokumente aus dem 19. und 20. Jahrhundert verbrennen ließ. Auch sechs Nürnberger Bestatter wurden wegen Verwahrungsbruchs verurteilt. Sie hatten aber keine Akten vernichtet, sondern das Zahngold von Toten zu Geld gemacht. RN


http://www.sueddeutsche.de/35w38C/734994/Archivare-entsetzt-ueber-Umgang-mit-Dokumenten.html

"Schock unter Historikern: Bei der Fusion der Archive werden in etlichen Glarner Dörfern historische Dokumente entsorgt.

[...] Süd-Gemeindeschreiber André Pichon versteht die Sorge nicht: «Das Archiv muss der täglichen Arbeit auf den Ämtern dienen», sagt er. Alles andere sei zu aufwendig und nicht die Aufgabe der Gemeinde."

http://www.suedostschweiz.ch/zeitung/verlieren-gemeinden-ihr-gedaechtnis

http://www.google.de/search?hl=de&source=hp&q="Der+Stand+einer+Sache+muss+jederzeit+aus+den+Akten"

Sollte man im Eingangsbereich der Ministerien in Erz graben. SPIEGEL 4/2012, S. 14: Eine Aufklärung des umstrittenen Aktiendeals um den Energieversorger EnBW wird schwierig, da ein Prüfbericht große Lücken in der Aktenführung dokumentiert.

Der wahre Schatz sind die Akten der niedersächsischen Staatskanzlei, als Christian Wulff dort noch regiert hat. Aber sein damaliger Sprecher Olaf Glaeseker hat, so sagt es sein Nachfolger, ein "aktenfreies Büro" übergeben, bevor er mit Wulff aufs Schloss Bellevue umzog.
http://www.stern.de/politik/deutschland/fragen-und-antworten-zur-wulff-affaere-die-grosse-lehr-stunde-1775935.html
http://www.google.de/search?hl=de&source=hp&q=%22aktenfreies+b%C3%BCro%22&btnG=Google-Suche&meta=&aq=f&oq=

Quousque tandem?

http://www.lawblog.de/index.php/archives/2011/12/04/nicht-mehr-im-dienstlichen-gewahrsam/

Ein krasses Fehlurteil. Es ging um beschlagnahmtes Eigentum, das nicht mehr auffindbar war.

Hatten wir schon http://archiv.twoday.net/stories/51315259/, ist aber wichtig genug, dass man den Fall nicht mit einem Einzeiler und einigen Links in den Kommentaren abtut.

die Wissenschaftler Jost Dülffer (Köln), Klaus-Dietmar Henke (Dresden), Wolfgang Krieger (Marburg) und Rolf-Dieter Müller (Potsdam) haben herausgefunden, dass der BND 2007 die Personalakten von etwa 250 hauptamtlichen Mitarbeitern vernichtet hat. Der Dienst bestätigt das.

Unter den entsorgten Unterlagen befinden sich nach Angaben der Kommission auch die Papiere von Personen, die während der NS-Zeit "in signifikanten geheimdienstlichen Positionen, in der SS, dem SD oder der Gestapo tätig gewesen sind"; gegen einige sei sogar nach 1945 wegen NS-Verbrechen ermittelt worden. Er sei über den Vorgang "einigermaßen fassungslos", erklärte Kommissionssprecher Henke gegenüber SPIEGEL ONLINE.

http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,800655,00.html

http://www.welt.de/politik/deutschland/article13742169/BND-vernichtete-Personalakten-frueherer-SS-Leute.html

http://www.sueddeutsche.de/politik/nazi-vergangenheit-des-bnd-bnd-vernichtete-historische-akten-1.1222126

http://tagesschau.de/inland/bnd150.html

Die Rechtslage ist eindeutig: Nach dem Bundesarchivgesetz entscheidet das Bundesarchiv und nicht die Behörde, was archivwürdig ist. Auch wenn das Politische Archivs des Auswärtigen Amts das anders sieht: Behördenarchive sieht das Bundesarchivgesetz nicht vor.

Daher geht Schmalenstrtöers Vorwurf an die Archivare fehl:

Der Vorfall wirft aber auch Schatten auf die Rolle der Archivare. Es gibt keinen, der sich im eigenen Archiv so gut auskennt wie der zuständige Archivar. Und es liegt in der Natur eines Archives, dass nicht alle eingehenden Akten aufbewahrt werden können. Die Sortierung und Bewertung dieser Kassation liegt in den Händen der Archivare. Diese kontrollieren so das, was die spätere Forschung in die Hände bekommt und womit diese überhaupt arbeiten kann. Der Beruf des Archivares ist somit extrem verantwortungsvoll – denn was einmal vernichtet wurde, ist unwiederbringlich verloren. Die Archivare des BNDs haben entweder bei der Kassation gezeigt, dass sie diese Verantwortung nicht tragen können oder haben absichtlich vernichtet – und dann sollten sie die Verantwortung erst recht nicht tragen.
http://schmalenstroer.net/blog/2011/11/der-bnd-vernichtete-historisch-wertvolle-akten-ber-nazis-in-den-eigenen-reihen/

Ebensowenig wie es ein BND-Archiv geben kann, kann es BND-Archivare geben. Es wäre ein dicker Hund, wenn das Bundesarchiv der Vernichtung zugestimmt hätte.

Der Bundesnachrichtendienstbestand im Bundesarchiv trägt die Bestandskennzeichnung B 206:
http://www.bundesarchiv.de/oeffentlichkeitsarbeit/bilder_dokumente/00691/index.html.de
Wer in ARGUS etwas finden möchte, sollte vorher allerdings erst einen Kurs machen.

Findbuch mit Einleitung (2006)
http://startext.net-build.de:8080/barch/MidosaSEARCH/B206-28950/index.htm

Dass es unter den BND-Archivalien einen Punkt "Archiv" mit Archivberichten gibt, heißt nicht, dass diese Registratur tatsächlich ein Archiv im Sinne des Bundesarchivgesetzes darstellt.

Im Findbuch heißt es in der Einleitung: Die weitgehende Bevorzugung der Bearbeiterablage führte in der Organisation Gehlen und nachfolgend auch im Bundesnachrichtendienst zu überwiegend ungeordneten Unterlagen. Auch die Einführung des Aktenplans im Jahr 1969 konnte keine wesentliche Verbesserung erreichen. Eine sachgerechte Aktenführung findet nicht statt. Die Zuordnung gemäß Aktenplan erfolgt in zahlreichen Fällen erst im "Archivwesen" des BND.

Wenn es in der WELT heißt: "Die Kommission habe den BND nun aufgefordert, keine Unterlagen mehr ohne Rücksprache mit dem Historikergremium zu vernichten.", dann stellt das die Sachlage auf den Kopf. Der BND darf auch mit Zustimmung der Kommission nichts vernichten. Allein das Bundesarchiv entscheidet über die Archivwürdigkeit.

Wie schon bei den Bundeslöschtagen zeigt sich auch hier die Ohnmacht der gesetzlich vorgesehenen Archivare gegenüber mächtigen Behörden, die nach Gutdünken wild kassieren.

Und es bewahrheitet sich einmal mehr, dass weder die Historikerkommission noch die Presse in der Lage ist, die archivrechtlichen Gegebenheiten korrekt wiederzugeben. Ich wäre dankbar, wenn die LeserInnen von Archivalia den Medien ebenfalls entsprechende Hinweise geben könnten. Eine Anfrage beim Bundesarchiv wäre sinnvoll.

Nachtrag:
Zu den Bundeslöschtagen
http://archiv.twoday.net/search?q=bundesl%C3%B6schtage
Zum Thema Verwahrungsbruch
http://archiv.twoday.net/search?q=verwahrungsbruch

Spiegel Online berichtet über Wild-Kassationen (im wahrsten Sinne):
http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,791770,00.html

http://www.npr.org/blogs/monkeysee/2011/10/12/141265066/hard-choices-do-libraries-really-destroy-books

http://www.cracked.com/article_19453_6-reasons-were-in-another-book-burning-period-in-history.html

Wieder einmal viel Luft um einen fachlich normalen Vorgang

"Die Bewertungsgrundsätze (Dokumentationsprofil) wurden von der Arbeitsgruppe "Rationalisierung der Bewertung in der Abteilung Bundesrepublik Deutschland" erarbeitet.

Die Arbeitsgruppe „Rationalisierung der Bewertung in der Abteilung Bundesrepublik Deutschland“ hat unter Berücksichtigung der nationalen und internationalen Fachdiskussion im Mai 2011 ihr Arbeitsergebnis vorgelegt. Das Strategiepapier Bewertungsgrundsätze (Dokumentationsprofil) des Bundesarchivs für Unterlagen der Bundesrepublik Deutschland vermittelt, wie die Ermittlung dauerhaft aufzubewahrender Unterlagen erfolgt und welche Akten in den Beständen der Abteilung Bundesrepublik Deutschland Wissenschaft, Verwaltung und interessiertem Bürger im Rahmen der Bestimmungen des Bundesarchivgesetzes zur Verfügung stehen."


Link zum Dokumentationsprofil (PDF)

Quelle: Bundesarchiv, Fachinformationen



"Der 70. Südwestdeutsche Archivtag in Müllheim Baden stand unter dem Motto Vom Büro ins Depot und befasste sich mit praktikablen Wegen der Überlieferungsbildung. Diskutiert wurde dies vor allem unter dem Aspekt der Effizienz, der raschen und effektiven Überlieferungs-
bildung. Mit möglichst wenig Aufwand, möglichst viel sinnvoll bewegen! In den hier nun vorliegenden Beiträgen der einzelnen Referentinnen und Referenten steht daher die Praxis der Überlieferungsbildung im Vordergrund. Dabei wird der theoretische Bezug nie aus den Augen verloren. Die einzelnen Beiträge überprüfen die Praxis vor dem Hintergrund der Theorie und modifizieren die Theorie anhand der konkreten Praxis."


Jürgen Treffeisen (Hrsg.)
80 Seiten mit 15 Abbildungen. Kart., 12,– Euro / sFr
Eine Publikation des Landesarchivs Baden-Württemberg.
Zu beziehen über den Buchhandel oder direkt beim Verlag W. Kohlhammer in Stuttgart.

Homepage Landesarchiv Baden-Württemberg, Publikationen

Fazit:
"... Die Abschlussdiskussion verdeutlichte, dass bezüglich der Herausbildung von Dokumentationsprofilen vor allem die Detailkenntnis der Archivare benötigt wird. Die Schwierigkeit wird darin gesehen, dass formale Kriterien nicht auf jedes Nachlassobjekt angewandt werden können. Übereinstimmend wird die Gründung einer „AG Dokumentationsprofile“ befürwortet, möglicherweise könne diese innerhalb der KOOP-LITERA, dem Kompetenznetzwerk für Nachlässe, eingebettet werden. Eine besondere Berücksichtigung der Kulturarchive durch den Verband deutscher Archivarinnen und Archivare wurde als dringend erforderlich angesehen, die aktuelle Zuordnung zur Fachgruppe 8 als nicht befriedigend eingeschätzt. "

Quelle:
Tagungsbericht Dokumentationsprofil kultureller Überlieferungen. 30.06.2011-01.07.2011, Düsseldorf, in: H-Soz-u-Kult, 18.07.2011, < http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/tagungsberichte/id=3729 >.

 

twoday.net AGB

xml version of this page

xml version of this topic

powered by Antville powered by Helma