Meine dreiteilige Artikelserie soll verdeutlichen, welchen nicht ganz bescheidenen Ertrag die Auswertung eines regionalen Urkundenregesten-Werks für die deutsche Literatur des Mittelalters bzw. deren Autoren erbringt.
Es geht um
Die Urkunden des Stifts Buchau. Regesten 819-1500. Bearbeitet von Rudolf Seigel, Eugen Stemmler und Bernhard Theil (= Inventare der nichtstaatlichen Archive in Baden-Württemberg 36). Stuttgart 2009
Leider gibt es keinen E-Text des Bandes im Netz, und die Regesten sind in der Findmitteldatenbank des Landesarchivs Baden-Württemberg nicht präsent. Bedauerlicherweise fehlt ein Sachregister. Es gibt zwar S. 702 ein Lemma Notare, doch sind dort keinesfalls alle auftretenden Notare erfasst. Es fehlen etwa Ulrich Molitoris (der bekannte Autor, siehe etwa ²VL und GND) und Johann Nägelin, beide als bischöflich konstanzische Notare aufgeführt.
Außer Königschlacher (und Stegmüller) werde ich behandeln:
II: Heinrich und Johannes Jäck, Geistliche aus Biberach
[ http://archiv.twoday.net/stories/1022462657/ ]
III: Zur Familie des Schussenrieder Abts Heinrich Österreicher
[ http://archiv.twoday.net/stories/1022464692/ ]
Peter Königschlacher, Schulmeister, Stadtschreiber und Notar. Mit einem Exkurs zu Heinrich Stegmüller
Ein Peter Königschlacher ist von 1428 bis 1462 in den Buchauer Urkunden belegt.
Nr. 291 1428 Juli 31 Heiligkreuztal
Notariatsinstrument des Petrus Schmidmaier gen. Ku+ingslacher aus Ingolstadt (Ingelstatt), Eichstätter Diözese, verheirateter Kleriker und Schulrektor der Stadt Riedlingen, kaiserlicher öffentlicher Notar
Zeuge u.a.: Heinrich von Wiesensteig (Wisenstaig), Schulrektor in Buchau, Kleriker der Konstanzer Diözese.
EXKURS: Heinrich Stegmüller von Wiesensteig
Nr. 324 1435 April 23
Schulmeister zu Buchau (so auch in den weiteren Belegen bis auf 1445)
Nr. 346 1437 April 1
Nr. 349 1437 November 11
Rest seines Siegels erhalten
Nr. 361 1440 Juni 2
Sein Siegel stark beschädigt
Nr. 371 1441 November 16
sein beschädigtes Siegel 1971 restauriert
Nr. 411 1445 September 1
Stadtschreiber zu Buchau
2010 konnte ich zum ehemals Cod. 494 der Donaueschinger Hofbibliothek hier melden:
http://archiv.twoday.net/stories/8418200/
"Der in Buchau 1443 geschriebene Kalender des Heinrich Stegmüller von Wiesensteig wurde 2004 von Lawrence J. Schoenberg erworben und wurde jetzt von der UPenn digitalisiert:
http://hdl.library.upenn.edu/1017/d/medren/4842563 "
Ulmschneiders Lucidarius-Monographie von 2011 hielt die Handschrift noch für verschollen:
http://archiv.twoday.net/stories/1022452777/
Siehe auch
http://www.handschriftencensus.de/7307 (ohne Hinweis auf meinen Beitrag in Archivalia)
Stegmüllers GND
http://beacon.findbuch.de/seealso/pnd-aks?format=sources&id=1012716872
Erwähnungen Stegmüllers in Bernhard Theils Buchau-Monographie 1994
http://personendatenbank.germania-sacra.de/books/view/42/406 (Register)
Entgegen den Angaben bei Theil und der GND ist der aus Wiesensteig stammende Buchauer Schulmeister und Stadtschreiber Heinrich Stegmüller noch 1445 belegt. Am Erstbeleg 1428 hat sich nichts geändert.
FORTSETZUNG Königschlacher
Nr. 388 1443 Januar 15
Notariatsinstrument des Petrus Ku+ingschlacher, Schulmeister zu Saulgau, offener geschworener kaiserlicher Schreiber
ebenso Nr. 391 (1443)
Nr. 399 1444 September 27
Notariatsinstrument des Petrus Küngschlacher aus Ingolstadt, Eichstätter Diözese, Schulrektor in Saulgau, öffentlicher kaiserlicher Notar
ebenso Nr. 404 (1445): verheirateter Kleriker der Diözese Konstanz
ebenso Nr. 409 (1445)
ebenso Nr. 415 (1446, Saulgau)
Nr. 446 (1448)
Nr. 456 (1449)
Nr. 460 (1449)
Nr. 462 (1449, Buchau)
Nr. 405 1445 April 13
siegelt als Schulmeister in einer Saulgauer Urkunde
ebenso Nr. 576 (1461)
Nr. 581 1462 Januar 17 Buchau
Notariatsinstrument des Peter Ku+ingschlacher, Schulmeister, Stadtschreiber zu Saulgau und kaiserlicher Schreiber über ein Zeugenverhör
Nr. 782 von 1479 undatierte Beglaubigung (Adelindis-Urkunde). Siehe dazu auch
http://www.landesarchiv-bw.de/plink/?f=6-564042
Recht typisch ist, dass die spärliche Forschungsliteratur zu Königschlacher bislang nicht in der Lage war, die zerstreuten biographischen Notizen zusammenzuführen. Deutliche Kritik muss an Peter Stahl und Peter-Johannes Schuler geübt werden, wobei zu letzterem auf die hier zusammengetragenen Materialien
http://archiv.twoday.net/search?q=peter+johannes+schuler
hingewiesen werden muss.
GND
http://beacon.findbuch.de/seealso/pnd-aks?format=sources&id=103138692
Der Würzburger Altgermanist Peter Stahl schrieb im Verfasserlexikon 2. Auflage Bd. 5 (1985), Sp. 105f. einen kurzen Artikel über "Königschlacher, Peter", in dem er die Identität des Riedlinger Schulmeisters (1428-1438) mit dem Heidelberger Studenten aus Saulgau (1447 immatrikuliert, 1449 Bacc.) anzweifelte ("ungewiß"). K. sei als Schulmeister in Saulgau (1463) und 1472/81 in Waldsee als Schulrektor, Stadtschreiber und Notar belegt. In Waldsee übertrug er 1472 für Georg II. Truchsess von Waldburg den "Liber de natura rerum" des Thomas von Cantimpré, wobei ihm anders als Konrad von Megenberg und Michael Baumann ein Text der zweiten Redaktion vorlag.
Weitgehend unter Ausschluss der Öffentlichkeit (siehe die Standortnachweise im KVK) publizierte Peter Stahl in Finnland: Das 'Buch von Naturen der Ding' des Peter Königschlacher. Jyväskylä 1998, dem er auf CD-ROM eine vollständige Edition des Textes der nur im - reich illustrierten - Stuttgarter Cod. med. et phys. 2° 15 überlieferten Übersetzung beigab.
http://www.handschriftencensus.de/15017
Schlussschrift aus S. 569 des PDFs auf der CD:
Explicit. [266rb] Petrus Königschlacher, rector scolarum et prothonotarius
opidi Wallsee, transtulit hunc librum de naturis rerum de latino in
wlgaricum ad instanciam generosi et nobilis viri domini Geory, dapiferi de
Waltpurg, quam prima translationem incepit in capite Aprili et finiuit
jncauda septembris anno domini Mo ccclxxijo. Placet vt quiuis expertus jn
arte transferendi opus illud pie corrigat, superfluum refecet et diminutum
supleat. Nulli autem quantecumque autoritatis jn arte tamen transferendi
non edocto licet hoc translatum quicuismodo examinare, corrigere, seu infringere vt quidam persumptuosi apud quandam translationem retroactis
temporibus primofactam arrogancie signo conati se intromiserunt qui tum interpretis indigni sed nec hodie Bachantis non deferuerunt.
Unverständlich ist, wieso Stahl die Ausführungen von Traude-Marie Nischik: Das volkssprachige Naturbuch ... Tübingen 1986, S. 297 (im Literaturverzeichnis Stahls genannt!) zum autographen Status des Stuttgarter Manuskripts (aufgrund eines Schriftvergleichs mit einer Wolfegger Urkunde von 1479) ignoriert, desgleichen ihre Belege aus Wolfegger Urkunden.
Aus der gleichen Buchmalerwerkstatt stammen angeblich (vgl. Stahl 1998, S. 25 nach Alfred Walz) das Stuttgarter Truchsessen-Gebetbuch Cod. brev. 12
http://www.handschriftencensus.de/2921 (mit Link zum Stuttgarter Digitalisat)
das Brevier des Schussenrieder Abts Österreicher Cod. brev. 113,
[ http://digital.wlb-stuttgart.de/purl/bsz411132377 ]
Österreichers Columella-Übersetzung im Cod. cam. et oec. 2° 1
http://www.handschriftencensus.de/19985 (mit Link zum Digitalisat)
sowie der Heidelberger Cod. Sal. XI, 4 (noch nicht online). Weitere Zuschreibungen referiert Jeffrey Hamburger in seiner Studie (in: Art de l'enluminure 53, 2015) über das Brevier Cod. brev. 113, wovon mir der Autor freundlicherweise Korrekturfahnen zugänglich gemacht hat.
http://www.art-enluminure.com/numero-53/un-premontre-purgatoire-livre-prieres-d-heinrich-osterreicher/un-premontre-purgatoire.38177.php#article_38177
Regina Cermann nennt in: Stadt, Schloss und Residenz Urach. Regensburg 2014, S. 64f. Anm. 54 für den im Bodenseeraum 1463/91 tätigen Buchmaler außer den von Stahl genannten Handschriften:
Zürich, ZB, Rh 9
Stuttgart, WLB, HB I 232
Bregenz, Landesmuseum, P 34 (Antiphonar, für das Damenstift Buchau am Federsee? um 1475/80)
Stuttgarter Königschlacher-Handschrift, Ausschnitt Bl. 40v
Zum Werk zusammenfassend:
https://books.google.de/books?id=hSnyPKXRsqIC&pg=PA38
Dass es keine weitere Verbreitung ergeben hat, erklärt Stahl 1998, S. 48f. schlüssig mit der Exklusivität der Handschrift, der Konkurrenz der Drucke von Megenbergs Bearbeitung und der geringen Attraktivität von Königschlachers verbum-de-verbo-Übersetzung.
Für die Belege zu Königschlacher ist von Stahl 1998, S. 29-35 auszugehen, wobei aber bei näherem Hinsehen eine wenig sorgfältige Arbeitsweise zu bemängeln ist.
Stahl konnte durch genaue Betrachtung der weitgehend, aber nicht vollständig identischen Notariatssignete den älteren Königschlacher vom Jüngeren (sicher sein Sohn) unterscheiden. Für den Älteren gibt Stahl eine Urkunde von 1428 an, die Signete für den Jüngeren, der sich Baccalarious nennt und daher mit dem Heidelberger Studenten gleichgesetzt werden darf, stammen nach ihm aus den Jahren 1472, 1480 und 1487. Aber zu 1472 gibt es gar keinen Beleg, gemeint ist wohl 1479.
Stahl hat zum Älteren 13 Urkunden von 1428 Juli 31 (siehe oben) bis 1449 August 25. Er hieß eigentlich Petrus Schmidmaier, war verheirateter Kleriker und stammte aus Ingolstadt (so 1428). Dass er Schulrektor in Riedlingen in der Urkunde genannt wird, verschweigt Stahl S. 31. Die Formulierung "siegelt mit seinem Notariatszeichen" ist irreführend, es handelt sich um eine Beglaubigung.
1435 ist er noch als Schulmeister in Riedlingen belegt. Diese Heiligkreuztaler Urkunde nannte Stahl im Verfasserlexikon, nicht aber 1998!
https://archive.org/stream/UrkundenbuchDesKlostersHeiligkreuztal2#page/n163/mode/2up
Nach der Geschichte des humanistischen Schulwesens 1 (1912), S. 247
http://hdl.handle.net/2027/uc1.b4519107?urlappend=%3Bseq=261 (US) amtierte er in Riedlingen aber noch 1438. Dies lässt sich durch die Urkunde 1438 November 3 (Staatsarchiv Sigmaringen Dep. 38 T 1 Nr. 15) bestätigen:
http://www.landesarchiv-bw.de/plink/?f=6-293705
Anschließend war Königschlacher Schulmeister in Saulgau (ab 1443 bei Stahl).
Stahl geht davon aus, dass ab 1463 der Heidelberger Absolvent, also der Sohn, als Notar und Schulmeister von Saulgau in den Urkunden erscheint. Methodisch schlüssig ist dies keineswegs, da das älteste von Stahl für den Sohn angeführte Notariatsinstrument aus dem Jahr 1479 stammt. Damals war er Schulmeister und Stadtschreiber in Waldsee (so noch 1487). Erstmals in Waldsee ist er in Stahls Material 1471 nachzuweisen. Nach der älteren Sekundärliteratur (Geschichte des humanistischen Schulwesens wie oben S. 45, 448) war er in Waldsee ab 1461 tätig (bis 1481).
Ohne Überprüfung darf Peter-Johannes Schuler: Notare Südwestdeutschlands. Textband. Stuttgart 1987, S. 243 Nr. 695 s.v. Königsschlachter (von Stahl nicht berücksichtigt!) nichts geglaubt werden! Bis auf Burgers Stadtschreiber habe ich alle Quellen des Sammelnachweises in Anm. 2 überprüft. Auch Wagners Gelehrtenschulen sind online:
http://digital.ub.uni-duesseldorf.de/ulbdsp/periodical/pageview/5700872
Der Beleg für 1492 bei Schuler bezieht sich auf Vera Sacks Angaben zu einem handschriftlichen Formelbuch in einer Freiburger Inkunabel aus dem Stift Waldsee.
http://www.manuscripta-mediaevalia.de/hs/katalogseiten/HSK0024c_b1600_JPG.htm
http://www.manuscripta-mediaevalia.de/hs/katalogseiten/HSK0024a_c0486_JPG.htm
Die dort genannten Akten berechtigen keineswegs ohne Autopsie zu einem Beleg 1492. Nach Joachim Fischer (RJKG 24, 2005, S. 198) stammt ein Notariatsinstrument Königschlachers über die Verpflichtungen des Johannes Flach in dieser Sammlung von 1478.
Einer Überprüfung bedarf auch Schulers Angabe, Königschlacher sei vor 1472 Stadtschreiber und Schulmeister in Ravensburg gewesen. Möglicherweise bezieht sich das auf das von ihm genannte Notariatsinstrument von 1472 im Stadtarchiv Ravensburg (U 149).
Nischik fand Königschlacher als Schulmeister in Waldsee 1467/82 in fünf Urkunden des Waldburg'schen Archivs in Wolfegg.
1463 Juni 21 ist Königschlacher noch Schulmeister zu Saulgau (ebenso noch 1465, Stahl 1998, S. 32f.) und Tochtermann des Saulgauer Bürgers Heinz Pur.
http://www.landesarchiv-bw.de/plink/?f=6-1123022
Bei Stahl fehlt der Beleg zu 1460 im Fürstenbergischen UB
http://digital.ub.uni-duesseldorf.de/ihd/content/pageview/5821620
und auch die Hedinger Urkunde von 1452:
http://hdl.handle.net/2027/hvd.hnmv1c?urlappend=%3Bseq=40
Zu ergänzen ist auch eine Erwähnung zu 1480. Damals "appellierte Abt Heinrich [von Schussenried] über Peter Kungschlacher, Schulmeister und Stadtschreiber zu Waldsee und kaiserlicher Notar, in Anwesenheit der Zeugen Ulrich Machner, Schreiber des Johannes Truchseß zu Waldburg, und Rudolf Spiegel, dessen Waibel, an Kaiser Friedrich."
http://www.landesarchiv-bw.de/plink/?f=1-1147389
Wenn der Saulgauer Schulmeister PK bis 1465 belegt ist, der Schulmeister PK in Waldsee aber schon 1461 tätig war, dann könnte dies darauf hindeuten, dass Stahl mit seiner Trennung der Belege von Vater und Sohn falsch liegt. Man müsste das Notariatsinstrument Nr. 581 von 1462 aus den Buchauer Regesten (nicht bei Stahl) prüfen, ob es tatsächlich dem Jüngeren angehört.
[Volker Trugenberger verdanke ich einen Scan: Tatsächlich zeigt es das Signet des Jüngeren!]
Es ist methodisch nicht haltbar, wenn Stahl den Schnitt offenbar bei dem Baccalaureus-Examen des Jüngeren 1449 macht. Ohne Kenntnis der Ausfertigungen möchte ich derzeit eher vermuten, dass der jüngere PK gar kein Schulmeister in Saulgau war, die Belege für den Älteren also von 1428 bis 1465 reichen. Abgesehen vom Heidelberger Studium wäre der Jüngere, der Cantimpré-Übersetzer von 1472, ab 1461 in Waldsee greifbar (dort tätig bis 1487). Da jederzeit noch weitere Dokumente zu beiden Personen auftauchen können, sind solche Mutmaßungen aber nur mit äußerster Vorsicht aufzunehmen.
Eine weitere Möglichkeit der Unterscheidung von Vater und Sohn könnten erhaltene Siegel sein. Stahl sagt dazu freilich nichts.
Zur Familie Königschlachers sei auf den Hinweis von Stahl 1998, S. 33 auf einen Wiener Studenten (1437) Johannes Künigslaher aus Riedlingen, examiniert 1439
http://www.univie.ac.at/archiv/artreg/AFA2%20nr%203233%20bis%209262.pdf (S. 123)
und auf Sacks Nachweis eines Bartholomäus aus Waldsee (1511 und öfter) aufmerksam gemacht.
#forschung
Es geht um
Die Urkunden des Stifts Buchau. Regesten 819-1500. Bearbeitet von Rudolf Seigel, Eugen Stemmler und Bernhard Theil (= Inventare der nichtstaatlichen Archive in Baden-Württemberg 36). Stuttgart 2009
Leider gibt es keinen E-Text des Bandes im Netz, und die Regesten sind in der Findmitteldatenbank des Landesarchivs Baden-Württemberg nicht präsent. Bedauerlicherweise fehlt ein Sachregister. Es gibt zwar S. 702 ein Lemma Notare, doch sind dort keinesfalls alle auftretenden Notare erfasst. Es fehlen etwa Ulrich Molitoris (der bekannte Autor, siehe etwa ²VL und GND) und Johann Nägelin, beide als bischöflich konstanzische Notare aufgeführt.
Außer Königschlacher (und Stegmüller) werde ich behandeln:
II: Heinrich und Johannes Jäck, Geistliche aus Biberach
[ http://archiv.twoday.net/stories/1022462657/ ]
III: Zur Familie des Schussenrieder Abts Heinrich Österreicher
[ http://archiv.twoday.net/stories/1022464692/ ]
Peter Königschlacher, Schulmeister, Stadtschreiber und Notar. Mit einem Exkurs zu Heinrich Stegmüller
Ein Peter Königschlacher ist von 1428 bis 1462 in den Buchauer Urkunden belegt.
Nr. 291 1428 Juli 31 Heiligkreuztal
Notariatsinstrument des Petrus Schmidmaier gen. Ku+ingslacher aus Ingolstadt (Ingelstatt), Eichstätter Diözese, verheirateter Kleriker und Schulrektor der Stadt Riedlingen, kaiserlicher öffentlicher Notar
Zeuge u.a.: Heinrich von Wiesensteig (Wisenstaig), Schulrektor in Buchau, Kleriker der Konstanzer Diözese.
EXKURS: Heinrich Stegmüller von Wiesensteig
Nr. 324 1435 April 23
Schulmeister zu Buchau (so auch in den weiteren Belegen bis auf 1445)
Nr. 346 1437 April 1
Nr. 349 1437 November 11
Rest seines Siegels erhalten
Nr. 361 1440 Juni 2
Sein Siegel stark beschädigt
Nr. 371 1441 November 16
sein beschädigtes Siegel 1971 restauriert
Nr. 411 1445 September 1
Stadtschreiber zu Buchau
2010 konnte ich zum ehemals Cod. 494 der Donaueschinger Hofbibliothek hier melden:
http://archiv.twoday.net/stories/8418200/
"Der in Buchau 1443 geschriebene Kalender des Heinrich Stegmüller von Wiesensteig wurde 2004 von Lawrence J. Schoenberg erworben und wurde jetzt von der UPenn digitalisiert:
http://hdl.library.upenn.edu/1017/d/medren/4842563 "
Ulmschneiders Lucidarius-Monographie von 2011 hielt die Handschrift noch für verschollen:
http://archiv.twoday.net/stories/1022452777/
Siehe auch
http://www.handschriftencensus.de/7307 (ohne Hinweis auf meinen Beitrag in Archivalia)
Stegmüllers GND
http://beacon.findbuch.de/seealso/pnd-aks?format=sources&id=1012716872
Erwähnungen Stegmüllers in Bernhard Theils Buchau-Monographie 1994
http://personendatenbank.germania-sacra.de/books/view/42/406 (Register)
Entgegen den Angaben bei Theil und der GND ist der aus Wiesensteig stammende Buchauer Schulmeister und Stadtschreiber Heinrich Stegmüller noch 1445 belegt. Am Erstbeleg 1428 hat sich nichts geändert.
FORTSETZUNG Königschlacher
Nr. 388 1443 Januar 15
Notariatsinstrument des Petrus Ku+ingschlacher, Schulmeister zu Saulgau, offener geschworener kaiserlicher Schreiber
ebenso Nr. 391 (1443)
Nr. 399 1444 September 27
Notariatsinstrument des Petrus Küngschlacher aus Ingolstadt, Eichstätter Diözese, Schulrektor in Saulgau, öffentlicher kaiserlicher Notar
ebenso Nr. 404 (1445): verheirateter Kleriker der Diözese Konstanz
ebenso Nr. 409 (1445)
ebenso Nr. 415 (1446, Saulgau)
Nr. 446 (1448)
Nr. 456 (1449)
Nr. 460 (1449)
Nr. 462 (1449, Buchau)
Nr. 405 1445 April 13
siegelt als Schulmeister in einer Saulgauer Urkunde
ebenso Nr. 576 (1461)
Nr. 581 1462 Januar 17 Buchau
Notariatsinstrument des Peter Ku+ingschlacher, Schulmeister, Stadtschreiber zu Saulgau und kaiserlicher Schreiber über ein Zeugenverhör
Nr. 782 von 1479 undatierte Beglaubigung (Adelindis-Urkunde). Siehe dazu auch
http://www.landesarchiv-bw.de/plink/?f=6-564042
Recht typisch ist, dass die spärliche Forschungsliteratur zu Königschlacher bislang nicht in der Lage war, die zerstreuten biographischen Notizen zusammenzuführen. Deutliche Kritik muss an Peter Stahl und Peter-Johannes Schuler geübt werden, wobei zu letzterem auf die hier zusammengetragenen Materialien
http://archiv.twoday.net/search?q=peter+johannes+schuler
hingewiesen werden muss.
GND
http://beacon.findbuch.de/seealso/pnd-aks?format=sources&id=103138692
Der Würzburger Altgermanist Peter Stahl schrieb im Verfasserlexikon 2. Auflage Bd. 5 (1985), Sp. 105f. einen kurzen Artikel über "Königschlacher, Peter", in dem er die Identität des Riedlinger Schulmeisters (1428-1438) mit dem Heidelberger Studenten aus Saulgau (1447 immatrikuliert, 1449 Bacc.) anzweifelte ("ungewiß"). K. sei als Schulmeister in Saulgau (1463) und 1472/81 in Waldsee als Schulrektor, Stadtschreiber und Notar belegt. In Waldsee übertrug er 1472 für Georg II. Truchsess von Waldburg den "Liber de natura rerum" des Thomas von Cantimpré, wobei ihm anders als Konrad von Megenberg und Michael Baumann ein Text der zweiten Redaktion vorlag.
Weitgehend unter Ausschluss der Öffentlichkeit (siehe die Standortnachweise im KVK) publizierte Peter Stahl in Finnland: Das 'Buch von Naturen der Ding' des Peter Königschlacher. Jyväskylä 1998, dem er auf CD-ROM eine vollständige Edition des Textes der nur im - reich illustrierten - Stuttgarter Cod. med. et phys. 2° 15 überlieferten Übersetzung beigab.
http://www.handschriftencensus.de/15017
Schlussschrift aus S. 569 des PDFs auf der CD:
Explicit. [266rb] Petrus Königschlacher, rector scolarum et prothonotarius
opidi Wallsee, transtulit hunc librum de naturis rerum de latino in
wlgaricum ad instanciam generosi et nobilis viri domini Geory, dapiferi de
Waltpurg, quam prima translationem incepit in capite Aprili et finiuit
jncauda septembris anno domini Mo ccclxxijo. Placet vt quiuis expertus jn
arte transferendi opus illud pie corrigat, superfluum refecet et diminutum
supleat. Nulli autem quantecumque autoritatis jn arte tamen transferendi
non edocto licet hoc translatum quicuismodo examinare, corrigere, seu infringere vt quidam persumptuosi apud quandam translationem retroactis
temporibus primofactam arrogancie signo conati se intromiserunt qui tum interpretis indigni sed nec hodie Bachantis non deferuerunt.
Unverständlich ist, wieso Stahl die Ausführungen von Traude-Marie Nischik: Das volkssprachige Naturbuch ... Tübingen 1986, S. 297 (im Literaturverzeichnis Stahls genannt!) zum autographen Status des Stuttgarter Manuskripts (aufgrund eines Schriftvergleichs mit einer Wolfegger Urkunde von 1479) ignoriert, desgleichen ihre Belege aus Wolfegger Urkunden.
Aus der gleichen Buchmalerwerkstatt stammen angeblich (vgl. Stahl 1998, S. 25 nach Alfred Walz) das Stuttgarter Truchsessen-Gebetbuch Cod. brev. 12
http://www.handschriftencensus.de/2921 (mit Link zum Stuttgarter Digitalisat)
das Brevier des Schussenrieder Abts Österreicher Cod. brev. 113,
[ http://digital.wlb-stuttgart.de/purl/bsz411132377 ]
Österreichers Columella-Übersetzung im Cod. cam. et oec. 2° 1
http://www.handschriftencensus.de/19985 (mit Link zum Digitalisat)
sowie der Heidelberger Cod. Sal. XI, 4 (noch nicht online). Weitere Zuschreibungen referiert Jeffrey Hamburger in seiner Studie (in: Art de l'enluminure 53, 2015) über das Brevier Cod. brev. 113, wovon mir der Autor freundlicherweise Korrekturfahnen zugänglich gemacht hat.
http://www.art-enluminure.com/numero-53/un-premontre-purgatoire-livre-prieres-d-heinrich-osterreicher/un-premontre-purgatoire.38177.php#article_38177
Regina Cermann nennt in: Stadt, Schloss und Residenz Urach. Regensburg 2014, S. 64f. Anm. 54 für den im Bodenseeraum 1463/91 tätigen Buchmaler außer den von Stahl genannten Handschriften:
Zürich, ZB, Rh 9
Stuttgart, WLB, HB I 232
Bregenz, Landesmuseum, P 34 (Antiphonar, für das Damenstift Buchau am Federsee? um 1475/80)
Stuttgarter Königschlacher-Handschrift, Ausschnitt Bl. 40v
Zum Werk zusammenfassend:
https://books.google.de/books?id=hSnyPKXRsqIC&pg=PA38
Dass es keine weitere Verbreitung ergeben hat, erklärt Stahl 1998, S. 48f. schlüssig mit der Exklusivität der Handschrift, der Konkurrenz der Drucke von Megenbergs Bearbeitung und der geringen Attraktivität von Königschlachers verbum-de-verbo-Übersetzung.
Für die Belege zu Königschlacher ist von Stahl 1998, S. 29-35 auszugehen, wobei aber bei näherem Hinsehen eine wenig sorgfältige Arbeitsweise zu bemängeln ist.
Stahl konnte durch genaue Betrachtung der weitgehend, aber nicht vollständig identischen Notariatssignete den älteren Königschlacher vom Jüngeren (sicher sein Sohn) unterscheiden. Für den Älteren gibt Stahl eine Urkunde von 1428 an, die Signete für den Jüngeren, der sich Baccalarious nennt und daher mit dem Heidelberger Studenten gleichgesetzt werden darf, stammen nach ihm aus den Jahren 1472, 1480 und 1487. Aber zu 1472 gibt es gar keinen Beleg, gemeint ist wohl 1479.
Stahl hat zum Älteren 13 Urkunden von 1428 Juli 31 (siehe oben) bis 1449 August 25. Er hieß eigentlich Petrus Schmidmaier, war verheirateter Kleriker und stammte aus Ingolstadt (so 1428). Dass er Schulrektor in Riedlingen in der Urkunde genannt wird, verschweigt Stahl S. 31. Die Formulierung "siegelt mit seinem Notariatszeichen" ist irreführend, es handelt sich um eine Beglaubigung.
1435 ist er noch als Schulmeister in Riedlingen belegt. Diese Heiligkreuztaler Urkunde nannte Stahl im Verfasserlexikon, nicht aber 1998!
https://archive.org/stream/UrkundenbuchDesKlostersHeiligkreuztal2#page/n163/mode/2up
Nach der Geschichte des humanistischen Schulwesens 1 (1912), S. 247
http://hdl.handle.net/2027/uc1.b4519107?urlappend=%3Bseq=261 (US) amtierte er in Riedlingen aber noch 1438. Dies lässt sich durch die Urkunde 1438 November 3 (Staatsarchiv Sigmaringen Dep. 38 T 1 Nr. 15) bestätigen:
http://www.landesarchiv-bw.de/plink/?f=6-293705
Anschließend war Königschlacher Schulmeister in Saulgau (ab 1443 bei Stahl).
Stahl geht davon aus, dass ab 1463 der Heidelberger Absolvent, also der Sohn, als Notar und Schulmeister von Saulgau in den Urkunden erscheint. Methodisch schlüssig ist dies keineswegs, da das älteste von Stahl für den Sohn angeführte Notariatsinstrument aus dem Jahr 1479 stammt. Damals war er Schulmeister und Stadtschreiber in Waldsee (so noch 1487). Erstmals in Waldsee ist er in Stahls Material 1471 nachzuweisen. Nach der älteren Sekundärliteratur (Geschichte des humanistischen Schulwesens wie oben S. 45, 448) war er in Waldsee ab 1461 tätig (bis 1481).
Ohne Überprüfung darf Peter-Johannes Schuler: Notare Südwestdeutschlands. Textband. Stuttgart 1987, S. 243 Nr. 695 s.v. Königsschlachter (von Stahl nicht berücksichtigt!) nichts geglaubt werden! Bis auf Burgers Stadtschreiber habe ich alle Quellen des Sammelnachweises in Anm. 2 überprüft. Auch Wagners Gelehrtenschulen sind online:
http://digital.ub.uni-duesseldorf.de/ulbdsp/periodical/pageview/5700872
Der Beleg für 1492 bei Schuler bezieht sich auf Vera Sacks Angaben zu einem handschriftlichen Formelbuch in einer Freiburger Inkunabel aus dem Stift Waldsee.
http://www.manuscripta-mediaevalia.de/hs/katalogseiten/HSK0024c_b1600_JPG.htm
http://www.manuscripta-mediaevalia.de/hs/katalogseiten/HSK0024a_c0486_JPG.htm
Die dort genannten Akten berechtigen keineswegs ohne Autopsie zu einem Beleg 1492. Nach Joachim Fischer (RJKG 24, 2005, S. 198) stammt ein Notariatsinstrument Königschlachers über die Verpflichtungen des Johannes Flach in dieser Sammlung von 1478.
Einer Überprüfung bedarf auch Schulers Angabe, Königschlacher sei vor 1472 Stadtschreiber und Schulmeister in Ravensburg gewesen. Möglicherweise bezieht sich das auf das von ihm genannte Notariatsinstrument von 1472 im Stadtarchiv Ravensburg (U 149).
Nischik fand Königschlacher als Schulmeister in Waldsee 1467/82 in fünf Urkunden des Waldburg'schen Archivs in Wolfegg.
1463 Juni 21 ist Königschlacher noch Schulmeister zu Saulgau (ebenso noch 1465, Stahl 1998, S. 32f.) und Tochtermann des Saulgauer Bürgers Heinz Pur.
http://www.landesarchiv-bw.de/plink/?f=6-1123022
Bei Stahl fehlt der Beleg zu 1460 im Fürstenbergischen UB
http://digital.ub.uni-duesseldorf.de/ihd/content/pageview/5821620
und auch die Hedinger Urkunde von 1452:
http://hdl.handle.net/2027/hvd.hnmv1c?urlappend=%3Bseq=40
Zu ergänzen ist auch eine Erwähnung zu 1480. Damals "appellierte Abt Heinrich [von Schussenried] über Peter Kungschlacher, Schulmeister und Stadtschreiber zu Waldsee und kaiserlicher Notar, in Anwesenheit der Zeugen Ulrich Machner, Schreiber des Johannes Truchseß zu Waldburg, und Rudolf Spiegel, dessen Waibel, an Kaiser Friedrich."
http://www.landesarchiv-bw.de/plink/?f=1-1147389
Wenn der Saulgauer Schulmeister PK bis 1465 belegt ist, der Schulmeister PK in Waldsee aber schon 1461 tätig war, dann könnte dies darauf hindeuten, dass Stahl mit seiner Trennung der Belege von Vater und Sohn falsch liegt. Man müsste das Notariatsinstrument Nr. 581 von 1462 aus den Buchauer Regesten (nicht bei Stahl) prüfen, ob es tatsächlich dem Jüngeren angehört.
[Volker Trugenberger verdanke ich einen Scan: Tatsächlich zeigt es das Signet des Jüngeren!]
Es ist methodisch nicht haltbar, wenn Stahl den Schnitt offenbar bei dem Baccalaureus-Examen des Jüngeren 1449 macht. Ohne Kenntnis der Ausfertigungen möchte ich derzeit eher vermuten, dass der jüngere PK gar kein Schulmeister in Saulgau war, die Belege für den Älteren also von 1428 bis 1465 reichen. Abgesehen vom Heidelberger Studium wäre der Jüngere, der Cantimpré-Übersetzer von 1472, ab 1461 in Waldsee greifbar (dort tätig bis 1487). Da jederzeit noch weitere Dokumente zu beiden Personen auftauchen können, sind solche Mutmaßungen aber nur mit äußerster Vorsicht aufzunehmen.
Eine weitere Möglichkeit der Unterscheidung von Vater und Sohn könnten erhaltene Siegel sein. Stahl sagt dazu freilich nichts.
Zur Familie Königschlachers sei auf den Hinweis von Stahl 1998, S. 33 auf einen Wiener Studenten (1437) Johannes Künigslaher aus Riedlingen, examiniert 1439
http://www.univie.ac.at/archiv/artreg/AFA2%20nr%203233%20bis%209262.pdf (S. 123)
und auf Sacks Nachweis eines Bartholomäus aus Waldsee (1511 und öfter) aufmerksam gemacht.
#forschung
KlausGraf - am Montag, 20. Juli 2015, 19:19 - Rubrik: Kodikologie