Allgemeines
Architekturarchive
Archivbau
Archivbibliotheken
Archive in der Zukunft
Archive von unten
Archivgeschichte
Archivpaedagogik
Archivrecht
Archivsoftware
Ausbildungsfragen
Bestandserhaltung
Bewertung
Bibliothekswesen
Bildquellen
Datenschutz
... weitere
Profil
Abmelden
Weblog abonnieren
null

 
http://archiv.twoday.net/stories/1022471869/ hat mir keine Ruhe gelassen.

Auf der Rothenburger Stele steht:

KAISER
HEINRICH V.
VERLEIHT 1116
SEINEM NEFFEN
DEM SPÄTEREN KÖNIG
KONRAD III.
DEN TITEL EINES
·DVX ORIENTALIS
FRANCIAE
DE ROTINBURC·

http://www.stauferstelen.net/stele-rothenburg.htm

Richtig ist, dass nach dem Zeugnis Ekkehards von Aura Kaiser Heinrich V. 1116 - nach Gerhard Lubich: Auf dem Weg zur "Güldenen Freiheit" (1996), S. 167 in den ersten Januartagen "ducatum orientalis Francie", das ostfränkische Herzogtum, verliehen hat - aus Verärgerung über Bischof Erlung von Würzburg. Siehe dazu

http://www.regesta-imperii.de/id/1116-01-00_2_0_4_1_2_8_8

Das e-caudata der Quelle darf man auf einer Stele gern in ae übersetzen, aber von einem dux "de Rotinburc" verlautet bei Ekkehard nichts. Diese Formulierung wurde aus einer zweiten, außerordentlich unzuverlässigen Quelle entnommen, den Annales Spirenses aus dem 13. Jahrhundert.

Zitiert auch bei Petersohn: Franken S. 117

http://journals.ub.uni-heidelberg.de/index.php/vuf-sb/issue/view/1913

Lubich meinte zwar, dass Rothenburg nach dem Tod des letzten Grafen von Comburg-Rothenburg am 20. Januar 2016, an den Staufer Konrad fiel (S. 174), spricht sich aber dezidiert gegen einen Zusammenhang von Dukat-Verleihung und dem Comburg-Rothenburger-Grafenerbe aus: Da das Ableben Heinrichs erst Ende Januar bei Hofe bekannt geworden sei, sei auszuschließen, dass die Kochergaugrafschaft von Anfang an zu einer Amtsausstattung des ostfränkischen Dukats gehört habe (S. 169).

Gesichert ist das freilich nicht, wie die Diskussion des Sachverhalts in den Regesta Imperii zeigt:

http://www.regesta-imperii.de/id/1122-00-00_1_0_4_1_2_14_14

Dort wird der Erwerb der Kochergaugrafschaft vorsichtig mit "1122 oder 1116?" angesetzt.

Für 1122 plädierte Niederkorn in der ZWLG 1998 (S. 11-19). Damals habe der Würzburger Bischofskandidat Rugger, den Niederkorn als Erben des Komburg-Rothenburgischen Grafenhauses ansieht, sein Erbe dem Staufer Konrad übertragen - eine Hypothese, die mich nicht überzeugt. [Lubichs ablehnende Stellungnahme in der ZWLG 2000 ist online:
http://www.mgh-bibliothek.de/dokumente/a/a104679.pdf ]

Es ist zugegebenermaßen nicht undenkbar, dass die Grafschaft und der Herrensitz Rothenburg mit dem ostfränkischen Dukat an Konrad kam, aber beweisbar ist es nicht. [Lubich ZWLG 2000, S. 409 wandte sich mit Hinweis auf die Urkunde von 1142 - siehe unten - gegen die Ansicht, Rothenburg bzw. die Komburger Grafenburg sei mit der Grafschaft an Konrad gelangt.]

Die zeitgenössischen Quellen schweigen sich aus, und daher sollte man diesen Zusammenhang auch nicht als gesichertes Faktum in Stein meißeln.

Was aber gar nicht geht, ist, den aus den unzuverlässigen Annales Spirenses entnommenen Titel "de Rotinburc" dem zeitnahen Ekkehard-Zitat "dux orientalis Franciae" beizuschmuggeln und so den Eindruck einer einheitlichen Quellenaussage zu erwecken. Das ist Geschichtsklitterung!

Auf der Rothenburger Stele steht auch etwas zum Güterwerb Konrads III. 1142. Auch dazu gibt es verschiedene Ansichten:

https://books.google.de/books?id=TGzqAAAAMAAJ&q="burg+rothenburg"+detwang+1142
http://www.regesta-imperii.de/id/1142-04-00_2_0_4_1_2_239_238

Rothenburg-stauferstele.jpg
Rothenburg-stauferstele“ von Geak (Diskussion) - Selbst fotografiert. Lizenziert unter Gemeinfrei über Wikimedia Commons.

Faszikel meinte am 2015/09/09 14:48:
Rothenburg-Infos zum Baubestand von wenig Kenntnis beseelt
In den im Internet angebotenen Erläuterungen zu den "Stauferstele" Rothenburg liest man:

"Aus staufischer Zeit ist jedoch nicht viel erhalten. Im Burggarten ist von der 1356 durch ein Erdbeben zerstörten Stauferburg heute lediglich die Blasiuskapelle erhalten, ein im Kern romanischer Bau mit Buckelquaderwerk, erhalten. Dies war ursprünglich keine Kapelle, sondern das sogenannte 'Hohe Haus der Herzoge', also vermutlich das Konferenzgebäude, in dem der Burginhaber seine Gäste empfing. Nach dem Erdbeben wurde der Bau wiederhergestellt und als Kapelle geweiht. " http://www.stauferstelen.net/stele-rothenburg.htm

Das geht völlig an der jüngeren (naja, auch schon 13 Jahre alten) Forschung zu diesem Bauwerk vorbei, die sehr wohl hier eine ursprüngliche (d.h. aus dem 12. Jh. stammende) Kapelle sieht und ihre Form rekonstruiert. Die sekundäre Aufstockung ist deutlich älter als das Erdbeben von 1356, wie schon die erhaltenen spätromanischen Fenster zeigen. - Fazit: Da stimmt im Text fast nichts.

Siehe dazu:
Biller, Thomas: Die Blasiuskapelle der staufischen Reichsburg Rothenburg ob der Tauber. In: Heyer-Boscardin, M. Letizia (Hrsg.): Wider das "finstere Mittelalter". FS Werner Meyer (Schweizer Beiträge zur Kulturgeschichte und Archäologie des Mittelalters ; 29). Basel 2002, S. 41-50. Online:
urn:nbn:de:bsz:16-artdok-12291
http://archiv.ub.uni-heidelberg.de/artdok/volltexte/2010/1229

Und dass außerdem noch große Teile der Ringmauer inklusive dem Burgtor des 12. Jh. sehr wohl vorhanden sind, wird auch verschwiegen (obwohl man das Tor nur wenige Meter neben der Blasiuskapelle wunderbar betrachten kann).
Zum Bau insgesamt (mit dort vorgeschlagener Datierung der Anlage um 1142, also sehr früh für die Verwendung von Buckelquadern! Bezüglich der Kapelle mit etwas von Biller differierender Interpretation) vgl. Steinmetz, Thomas: Die Königspfalz Rothenburg ob der Tauber, Brensbach 2002. 
Peter Koblank (Gast) antwortete am 2015/09/09 16:44:
Vielen Dank für den wichtigen Hinweis, durch den die Seite über die Stauferstele in Rothenburg jetzt verbessert werden konnte.

Es wird jetzt auf den Artikel von Biller verwiesen, der übrigens die Blasiuskapelle als einzig erhaltenen Teil der Burg klassifiziert.

Das inkriminierte Datum 1142 betrifft den Erwerb und ist keine Datierung der Bauten.

http://www.stauferstelen.net/stele-rothenburg.htm 
Peter Koblank (Gast) meinte am 2015/09/15 14:30:
Vielen Dank für den Hinweis auf die Geschichtsklitterung. Er wurde jetzt hier eingearbeitet:
http://stauferstelen.net/stele-rothenburg.htm#1116
http://stauferstelen.net/texts/errata.htm
Aktueller Stand: Die Inschriften von achtzehn der einunddreißig Stauferstelen enthalten vierundzwanzig teils harmlose, teils aber auch gravierende Unrichtigkeiten und Irreführungen. 
 

twoday.net AGB

xml version of this page

powered by Antville powered by Helma