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Zu http://archiv.twoday.net/stories/1022419475/ und
http://www.ub.uni-dortmund.de/listen/inetbib/msg53908.html

Die Urteilsbegründung zu der Entscheidung zu § 52b UrhG liegt nun vor:

http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&client=12&nr=72304&pos=0&anz=1&Blank=1.pdf

Der BGH hält sich eng an die Vorgaben des EuGH.

Von besonderem Interesse scheint mir folgende Passsage:

Entgegen der Ansicht der Klägerin stellt sich damit jedoch nicht die Frage,
ob die Zulässigkeit von Vervielfältigungen nach § 53 UrhG in § 52b UrhG
hineingelesen werden kann (aA Loewenheim, GRUR 2014, 1057, 1059 f.). Bei
den Schrankenregelungen des § 52b UrhG einerseits und des § 53 UrhG andererseits
handelt es sich um jeweils eigenständige Regelungen. Sie erfassen
nicht nur unterschiedliche Nutzungshandlungen, sondern richten sich auch an
unterschiedliche Nutzerkreise. Während § 52b UrhG die Zulässigkeit des Zugänglichmachens
von Werken an elektronischen Leseplätzen durch bestimmte
Einrichtungen regelt, hat § 53 UrhG die Zulässigkeit des Vervielfältigens von
Werken zum eigenen Gebrauch und damit auch die Zulässigkeit entsprechender
Vervielfältigungen durch Nutzer elektronischer Leseplätze zum Gegenstand.
Beide Regelungen bestehen unabhängig voneinander und können nebeneinander
oder nacheinander anwendbar sein. Entgegen der Ansicht der
Klägerin ist es daher auch ohne ausdrückliche gesetzliche Regelung zulässig,
dass ein aufgrund der Schrankenregelung des § 52b UrhG durch eine Bibliothek
an einem elektronischen Leseplatz zugänglich gemachtes Werk aufgrund
der Schrankenregelung des § 53 UrhG durch einen Benutzer des elektronischen
Leseplatzes vervielfältigt wird (vgl. Grünberger, GPR 2015, 91, 93).


Zur Haftung der Bibliotheken wird ausgeführt:

Eine Haftung der Beklagten käme daher etwa in Frage, wenn sie die Nutzer nicht darauf hinwiese, dass sie die an den elektronischen Leseplätzen zugänglich gemachten Werke nur unter
den - näher zu bezeichnenden - Voraussetzungen des § 53 UrhG vervielfältigen dürfen. Ferner käme eine Haftung der Beklagten in Betracht, wenn sie nicht durch ihr mögliche und zumutbare Maßnahmen dafür sorgte, dass die Nutzer - den Voraussetzungen des § 53 UrhG entsprechend - nur einzelne Vervielfältigungsstücke
oder kleine Teile eines Werkes und keine graphischen Aufzeichnungen von Werken der Musik oder im wesentlichen vollständigen Bücher oder Zeitschriften vervielfältigen. Insoweit treffen die Beklagte, die die Möglichkeit zu
Vervielfältigungen an den elektronischen Leseplätzen schafft, Kontroll- und Überwachungspflichten, um eine unbefugte Vervielfältigung von Werken durch Nutzer möglichst weitgehend auszuschließen. Darüber hinaus könnte ein Hinweis
der Beklagten an die Nutzer geboten sein, dass die aufgrund der Schrankenregelung des § 53 UrhG erstellten Vervielfältigungsstücke gemäß § 53 Abs. 6 Satz 1 UrhG nicht verbreitet werden dürfen.


Was bedeutet das praktisch?

Abgesehen von den Hinweispflichten: Bei Notendrucken wird man wohl Drucken und Abspeichern unterbinden müssen. Bei nicht-vergriffenen Bänden darf es wohl kein Gesamt-PDF geben, das Verbot der Gesamtkopie gilt laut BGH auch für Retrodigitalisate. Während einer Sitzung sollte man wohl das sukzessive Erstellen einer Gesamtkopie unmöglich machen. Weitergehendes ist mit Blick auf das informationelle Selbstbestimmungsrecht der Benutzer problematisch.

BGH - Bibliothek - Lesesaal.JPG
BGH - Bibliothek - Lesesaal“ von ComQuat - Eigenes Werk. Lizenziert unter CC BY-SA 3.0 über Wikimedia Commons.

Cassiopeia (Gast) meinte am 2015/09/25 15:25:
Ich interpretiere das Urteil bezüglich der Pflichten der Beklagten (und der Bibliotheken) anders als Sie.
Ich sehe nicht, dass Bibliotheken in der Pflicht sind, den Nutzern das Speichern oder Drucken ganzer Werke unmöglich zu machen. Sie sollen lediglich darauf hinweisen, um ihrer Pflicht nachzukommen und dem Gesetz des § 53 UrhG zu entsprechen. 
KlausGraf antwortete am 2015/09/25 15:36:
Wäre ja schön
Der BGH spricht aber eindeutig von Kontroll- und Überwachungspflichten und nicht nur Hinweispflichten. Bei nicht-vergriffenen ganzen Werken wäre es aus meiner Sicht eine Einladung zum Rechtsbruch, wenn nur ein Gesamt-PDF als Digitalisat angeboten würde. Wenn ein solches Buch aus 10 Kapiteln besteht und diese alle im Rahmen einer Sitzung heruntergeladen werden können, dann hätte der BGH wohl etwas dagegen. 
OLIVER HINTE (Gast) antwortete am 2015/09/25 19:05:
Das ist leider noch nicht alles
Sehr geehrte Herr Graf,
hinsichtlich der der Verhinderung des Downloads des gesamten Werks stimme ich Ihnen zu. Darüber hinaus wird noch die Frage der Vergütung für die Downloads zu klären sein. Wahrscheinlich wird dies ebenfalls über einen Rahmenvertrag gelöst,
Mit freundlichen Grüßen
Oliver Hinte 
KlausGraf antwortete am 2015/09/25 19:17:
Zur Vergütung hat der BGH auf die bestehenden Regelungen für § 53 UrhG hingewiesen
JörgPrante (Gast) antwortete am 2015/10/07 00:18:
Kontroll- und Überwachungspflichten
Über die Zumutbarkeit bei Kontroll- und Überwachungspflichten bzgl. §53 siehe BGH, 09.06.1983 - I ZR 70/81 Von diesem Spruch nimmt das Gericht keinen Abstand.
Im Endeffekt ist es nicht zumutbar, dass Bibliothekspersonal alle Benutzer eines "Leseplatzes" dahingehend überprüft, ob die Voraussetzungen nach §53 vorliegen oder nicht. Das Prinzip Treu und Glauben in Verbindung mit einem AGB-ähnlichen Aushang am "Leseplatz" dürfte ausreichen. 
 

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