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Nach den Mitteilungen von FWE Roth in der Germania 1892

http://archiv.twoday.net/stories/1022476575/

nehme ich mir heute die

Mittheilungen aus Handschriften und älteren Druckwerken. In: Zeitschrift für deutsche Philologie 26 (1894), S. 58-70
http://archive.org/stream/zeitschriftfrdph26berluoft#page/58/mode/2up

vor. Ich folge auch hier der Reihenfolge Roths. Der Beitrag weist wie die anderen im Jahrgang Kleinschreibung auf. Für Recherchen zu den Handschriften der Stadtbibliothek Mainz habe ich Annelen Ottermann zu danken.

I. Geistliche Dichtungen 1. Teil eines passionals als gespräch zwischen gott und der seele.

Mit diesem Text habe ich mich bereits im Juni 2012 ausführlicher befasst. Es handelt sich bei dem von Roth abgedruckten Text um "ein mittelhochdeutsches Gespräch zwischen Gott und der Seele, irreführend als "teil eines passionals" bezeichnet. Seine Vorlage: Stadtbibliothek Mainz Hs I 327, Bl. 247v-248v (3. Viertel 15. Jh. mit Datierung 1450), die aus der Mainzer Kartause stammt (Roth gibt die Altsignatur falsch mit 517 statt richtig 577 an) und für die eine moderne Beschreibung im gedruckten Katalog von Gerhard List 2006 vorliegt:
http://www.manuscripta-mediaevalia.de/dokumente/html/hsk0578

Es handelt sich um den als "Innige Seele" bezeichneten Text (Incipit: "Hebe uff din crutze und gange nach mir", normalisiert gegenüber ²VL) der Textgruppe der "Kreuztragenden Minne", über die nach wie vor Volker Mertens in ²VL 5 (1985) Sp. 376-379 + 2VL 11 (2004) Sp. 894f. zu vergleichen ist".
http://archiv.twoday.net/stories/97069110/

2. Ein hübsch lied von unser lieben frawen

Angeblich aus "einer papierhandschrift des 15. jahrhunderts in meinem besitz". Ob es sich bei den vier Strophen um einen authentischen mittelalterlichen Text handelt, mag offen gelassen werden. Roth hätte sie leicht aus Textabdrucken bei Hoffmann von Fallersleben oder Mone mit ein wenig eigenem Sprach-Leim zusammenbasteln können. Man vergleiche

https://www.google.de/search?tbm=bks&hl=de&q=%22schreien+ellende%22
und insbesondere Hoffmanns Geschichte des Kirchenlieds
https://books.google.de/books?id=AIlWAAAAcAAJ&pg=PA346
Mone
https://books.google.de/books?id=3eNLAAAAYAAJ&pg=PA205

Bereits jetzt merke ich an, dass keine der Bibliothekshandschriften aus Roths Besitz heute greifbar ist, soweit bekannt.

3. [O virgo generosa]

Die zehn lateinischen Verse sollen aus "einer pergamenthandschrift der werke des hl. Bernhard aus dem 13. jahrhundert in meinem besitz" stammen. Sie verwenden so verbreitete Beinamen und Textbausteine aus der Hymnendichtung, dass sie Roth ohne Schwierigkeiten selbst zusammenstellen konnte. 1887 hatte er ja eine Ausgabe lateinischer Hymnen vorgelegt:

http://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/roth1887

Dass ihr wissenschaftlicher Wert eher bescheiden war, merkt die Rezension

http://www.archive.org/stream/MonatshefteFuerMusikgeschichte1887-1890#page/n357/mode/2up

an.

Wir werden aber sehen, dass Roth die ersten fünf Verse aus einer bestimmten Quelle hat.

4. Ein geschriebenes "Hessen-homburgisches gesang- und liederbüchlein vom jahr 1730"

Roth gibt nur den Anfang von vier im Anhang dieser nicht mit Standort bezeichneten Handschrift vorhandenen geistlichen Lieder an und notiert, dass Landgraf Friedrich Jakob von Hessen-Homburg selbst die Lieder 2-4 verfasst habe. Er verweist auf den Gesangbuchdruck von 1734 und gibt die Nummern an. Der handschriftliche Text weiche aber zuungusten des Drucks ab. Das Liederbuch von 1734 ist online:

http://reader.digitale-sammlungen.de/de/fs1/object/display/bsb10592160_00220.html (Nr. 291 = Roth Nr. 2). Über das Gesangbuch und die Verfasserschaft des Landgrafen, der mit seinen Initialen zeichnete, orientiert Konstanze Grutschnig-Kieser 2006:

https://books.google.de/books?id=4u0yTpVNnyYC&pg=PA252

Ob es die Handschrift tatsächlich gab, kann offen gelassen werden. Das Zeugnis hätte ohnehin nur bescheidene Aussagekraft.

II. Volkslieder. 1. Trinklied

"Aus einer Biblia sacra latina, handschrift des 14. jahrhunderts, auf deren vorsatzblatt". Ein heute noch bekannter Text (siehe Google s.v. "simus hic sedentes"), den Roth ohne rot zu werden ohne jegliche Nachweise mitteilt. Es findet sich abgedruckt in Mösers Patriotischen Phantasien

https://books.google.de/books?id=92xWAAAAcAAJ&pg=PA239

und danach 1879 in einer Sammlung lateinischer Vagantenpoesie

https://archive.org/stream/gavdeamvscarmina00lips#page/32/mode/2up

Wattenbach druckte es nach einer Lübecker Handschrift im Anzeiger für deutsche Vorzeit 1872:

https://books.google.de/books?id=yz8FAAAAQAAJ&pg=PA379

Moderne Wiedergabe nach einer Brüsseler Handschrift (16. Jahrhundert):

http://www.liederenbank.nl/text.php?recordid=23078&lan=en

[Walther druckte den Text in der Festschrift Degering nach Erfurt Amloniana Q 12 (Mitte 15. Jahrhundert), Bl. 84r:

https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Walther_dichtungen_0297.gif

Walther: Initia carminum Nr. 12270, 18233. Herrn Rauner danke ich einmal mehr für den nützlichen Zugang zu "Analecta carminum medii aevi cura et studio Erwin Rauner".

Sehr freie Übersetzung von Laistner:

https://archive.org/stream/goliasstudenten00goligoog#page/n91/mode/2up ]

Roth gibt das Gedicht unvollständig wieder - aus gutem Grund, denn die vierte und letzte Strophe hatte er schon für Nr. I, 3 verwurstet. Die ersten fünf Verse von I, 3 sind nichts anderes als der leicht geänderte Wortlaut dieses Trinklieds!

Hier können wir, denke ich, den Fälscher bei der Arbeit beobachten. Denn dass sich gleichsam zufällig die beiden Teile der Vagantendichtung in zwei Handschriften der Roth'schen Bibliothek, die eine aus dem 13., die eine aus dem 14. Jahrhundert, wieder zusammengefunden haben, wird man wohl kaum ernsthaft annehmen können! 2012 hatte ich nur die Internetseite zur Brüsseler Handschrift gefunden und Felix Heinzer meinen Verdacht eröffnet, der ihn "recht plausibel" fand.

2. Wächterlied

Wohl wie das folgende angeblich aus "handschrift des 15. jahrhunderts". Bekannt aus "Des Knaben Wunderhorn", in dessen kritischer Ausgabe die nötigen Nachweise zu finden sein werden.



3. Volkslieder

Roth gibt jeweils die ersten beiden Verse der sechs deutschen Lieder an. Nachweise spare ich mir heute.

4. Volkslied auf Philipp den Grossmütigen, landgrafen von Hessen.

Es stammt - wie von Roth angegeben - aus einer Augsburger Handschrift der Stadtbibliothek Mainz, und zwar aus Hs II 396, Bl. 6Br, die von dem Augsburger Chronisten Simprecht Kröll angelegt wurde.

Digitalisat:
http://www.dilibri.de/stbmz/content/zoom/1232798

Mehr zur Handschrift und Krölls Werk:

http://archiv.twoday.net/stories/909746189/
http://www.handschriftencensus.de/25331 (ohne den Nachweis meines Beitrags)

Roth gibt die falsche Jahreszahl 1532 statt 1534 an!

III. Aberglauben

Roth zitiert Verse, dass der deutsche Kalender einem "Meister peter kuytz dem barberer" 1513 gehöre. Er gibt kurze Textproben zum Aderlass und aus astrologischen Abschnitten. Es handelt sich um Hs I 533, fol. 1r-19r der Mainzer Stadtbibliothek. Mehr weiß ich leider nicht über diese Handschrift, eine Beschreibung ist im Handschriftencensus oder auf Manuscripta Mediaevalia nicht verfügbar. Um 1530 lebte ein Peter Kuytz als Geistlicher in Krefeld:

https://books.google.de/books?id=u9sAAAAAcAAJ&pg=PA144

IV. Erbauungsschriften

Die Inkunabel Nr. 1 (Memminger Sterbebüchlein), die Roth ohne Standortnachweis nennt, ist dem GW nicht bekannt (für den Gedankenaustausch zu Roth danke ich Falk Eisermann):

"Eine angebliche Ausgabe Memmingen 1498 (vgl. F.W.E. Roth in Zeitschrift für deutsche Philologie 26(1894) S. 66 [28.VI.2012] (ohne Ex.nachweis) läßt sich nicht nachweisen."
http://gesamtkatalogderwiegendrucke.de/docs/STERBEB.htm

Durch den Austausch weniger Zeichen bzw. des Druckdatums kann jeder gefahrlos eine unbekannte Inkunabelausgabe generieren. Roth hat eine Fülle von druckgeschichtlichen bibliographischen Beiträgen publiziert. Falk Eisermann stellte mir zu Roths Fähigkeiten als Bibliograph am 20. Juni 2012 folgende Stellungnahme zur Verfügung:

"Nach meiner Ansicht verdienen Roths bibliographische Angaben in dem Beitrag 'Zur Litteratur deutscher Drucke des 15. und 16. Jahrhunderts' ( http://archive.org/stream/zeitschriftfrdph26berluoft#page/470/mode/2up ) kein Vertrauen. Seine Arbeitsweise zeigt sich etwa S. 468 Nr I, als er zunächst behauptet, der Druck sei "den Forschern Hain und Goedecke unbekannt" geblieben, um wenige Zeilen danach auf Hain 9185 zu verweisen; der Text wird bei Hain sogar nochmals als Nr. 6555 aufgeführt, was Roth entgangen ist (siehe GW 9273). Auch bei Nr II (Lupi, Beichtbüchlein) hat Roth übersehen, daß Hain zumindest indirekt Kenntnis von diesem Druck hatte, ohne sich offenbar über dessen Eigenart im Klaren zu sein (Hain 10347; siehe http://gesamtkatalogderwiegendrucke.de/docs/LUPIJOH.htm). Die Beispiele, die auf eine geringe bibliographische Kompetenz hindeuten, ließen sich vermehren. Etwas anders verhält es sich bei der ebd. S. 470 Nr IV angezeigten Ausgabe des Weinbuchs von Arnoldus de Villa Nova: Abgesehen davon, daß Roth wohl einen Transkriptionsfehler im Kolophon begangen hat (zu lesen ist 1482 statt 1481, es dürfte ihm GW 2540 vorgelegen haben), hat er vermutlich wirklich als einer der ersten, wenn nicht als erster, die Existenz dieser Ausgabe bekanntgemacht; vor der Katalogisierung in GW Bd. II, 1926, wurde der Druck noch von Karl Sudhoff, Deutsche medizinische Inkunabeln. Leipzig 1908 bekanntgemacht, doch kenne ich z.Zt. keine älteren bibliographischen Quellen. Aber auch hier trifft Roths Hinweis auf diese angeblich "älteste[.] deutsche[.] Ausgabe" nicht zu, denn es gibt mehrere ältere Drucke, u.a. GW 2538 (Bämler, 27. Aug. 1479), die bereits bei Hain verzeichnet sind."

Nr. IV, 2 (Betbüchlein, Basel 1518) ist VD 16 S 6101 und soll sich in der Stadtbibliothek Mainz befunden haben, ist dort aber nicht nachweisbar.

http://gateway-bayern.de/VD16+S+6101 (Digitalisate!)

Nr. IV, 3 und 4 ist die Seuse-Handschrift der Stadtbibliothek Mainz Hs. I 410.

http://www.handschriftencensus.de/4166

Digitalisat:
http://www.dilibri.de/stbmz/content/titleinfo/1234358

Wieso Roth diese Handschrift des 16. Jahrhunderts auf zwei Nummern, eine Quarthandschrift des 15. Jahrhunderts im Umfang von vier Blättern und eine Oktavhandschrift des 15. Jahrhundert "Sammelband von erbauungsschriften"), aufgeteilt hat, wird wohl sein Geheimnis bleiben. Aus der Beschreibung von Gerhard List ergibt sich nicht, dass sie irgendwanneinmal aufgeteilt war.

http://www.manuscripta-mediaevalia.de/hs/projekt-Mainz-pdfs/Hs%20I%20410.pdf

Nr. IV, 5 ist Diebold Laubers Historienbibel, Stadtbibliothek Mainz Hs II 64 (leider noch nicht online).

http://www.handschriftencensus.de/3380

Nr. IV, 6 ist wie angegeben Wiesbaden, Landesbibliothek Hs. 44, wobei bei Zedler nichts von einer Provenienz aus der Abtei Sayn verlautet:

http://www.manuscripta-mediaevalia.de/hs/katalogseiten/HSK0737_b055_jpg.htm

Roth nennt den Verfasser des Horologium, Seuse, nicht. Schon Gustav Widmann hatte die Handschrift und die deutschen Verse im NA 9 (1884), S. 231f. angezeigt.

http://www.digizeitschriften.de/dms/resolveppn/?PID=PPN345858530_0009%7Clog22

Nr. IV, 7 Erbauungsbuch und ordensregel

Leider gibt es auch zu dieser Handschrift der Mainzer Stadtbibliothek Hs II 262 keine Beschreibung im Netz. Nach Roth wurde sie 1498 vollendet und von der Priorin Elisabeth von Bechtolsheim des Zisterzienserinnenklosters Engelthal in Ober-Ingelheim geschrieben. Zur Identifizierung:

http://www.ingelheimer-geschichte.de/fileadmin/ingelheimergeschichte/ober-ingelheim/saalwaechter_engelthal_big_9_171.pdf

V. Übersetzung der schrift des Philippus Beroaldus Bononiensis de septem sapientium sententiis etc.

Zu Mainz, Stadtbibliothek, Hs. II 387 (Johannes Wacker: Übersetzung von 'De felicitate' des Filippo Beroaldo d. Ä., 1502) existiert ein Eintrag in Handschriftencensus:

http://www.handschriftencensus.de/23972

Roths Wiedergabe der Vorrede ist durch den erneuten Abdruck von Benzing aus der Handschrift entbehrlich geworden, da Benzing auf Roths Lesefehler verzichtet.

http://archive.org/stream/librarychronicle40univ#page/58/mode/2up

VI. Glossen

"Eine defecte evangelienconcordanz des 9. Jahrhunderts in meinem besitz enthält vornen eingeschrieben von einer hand wahrscheinlich des 9. jahrhunderts folgende glossen" (S. 70). Es folgen 14 Glossen, zunächst das lateinische Lemma, dann die althochdeutsche Glosse. Mehr sagt Roth zu diesem wichtigen Fund nicht. Die Authentizität des Zeugnisses wurde meines Wissens nie angezweifelt, auch nicht in Bergmann/Stricker: Glossenhandschriften 2005 Nr. 837:

https://books.google.de/books?id=SDwhyi-Yog8C&pg=PA1607

und im Wortschatz des 9. Jahrhunderts (2008):

http://www.handschriftencensus.de/17735

Der Handschriftencensus enthält keine näheren Angaben:

http://www.handschriftencensus.de/17735

Vermutlich brieflich konnten Steinmeyer-Sievers

http://www.archive.org/stream/diealthochdeuts03sievgoog#page/n702/mode/2up

weiteres zur Handschrift in Erfahrung bringen, die Roth 1894 durch einen Bremer Agenten an einen Privatmann in Ohio verkauft haben will. Wie sich aus der amtlichen Vernehmung Roths 1914

https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Roth_sickingen_2.jpg

ergibt, war der Käufer in Ohio eine "Legende", mit der er lästigen Nachfragen begegnete.

Die Angaben Roths zum Überlieferungskontext schaffen aus meiner Sicht einen Fälschungs-Anfangsverdacht, der von der Glossen-Forschung zu widerlegen wäre, möchte sie an dem Zeugnis festhalten.

In der Publikation von 1894 gibt Roth eine "defecte evangelienconcordanz" an, was natürlich hinsichtlich von AT-Glossen purer Unsinn ist. Schon Steinmeyer-Sievers stellten fest, dass es sich entgegen Roths (brieflich ergänzender) Angabe nicht um einen "Unus ex quatuor" handeln könne, eher um einen Tatian. Aber auch damit konnten sie die Glossen nicht in Verbindung bringen. Zwei Worte glossierten nach ihnen die Genesis, drei den Prolog des Hieronymus zum Pentateuch.

Sieben Wörter stammen für Arend Quak (2010) aus den Wachtendonkschen Psalmen (Psalm 55):

https://books.google.de/books?id=UnSULB0CFg4C&pg=PA64

Nach Roth standen alle deutschen Glossen auf den Rändern der Blätter 1 und 3, ungewöhnlicherweise durch "Hände und ausgestreckte Finger" auf die Textworte bezogen (Steinmeier-Sievers). Was soll das für eine Handschrift gewesen sein, die auf den Blättern 1 und 3 Glossen zur Genesis, zur Hieronymus-Vorrede und Psalm 55 enthalten haben soll?

Es gab genügend ältere Glossen-Abdrucke, aus denen Roth seine Glossen zusammenbasteln konnte. Etwa 1879 Steinmeier-Sievers zu den Zwiefalter Glossen, aus denen beispielsweise "deliramenta: thobizunga" stammen könnte.

http://www.archive.org/stream/diealthochdeuts01sievgoog#page/n332/mode/2up
Zuvor schon in der Idunna
https://books.google.de/books?id=6ToUAAAAYAAJ&pg=PA165-IA13
oder bei Maßmann
https://books.google.de/books?id=HNg6AAAAcAAJ&pg=PA90

Zu Psalm 55:
Heyne 1867
https://books.google.de/books?id=zXkVAAAAYAAJ&pg=PA10
Von der Hagen 1816
https://books.google.de/books?id=oToXAAAAYAAJ&pg=PA8#

Tortz verdächtiger und unklarer Formen stützt sich der Fälschungsverdacht vor allem a) auf die inakzeptablen und widersprüchlichen Angaben Roths zum handschriftlichen Überlieferungskontext, b) auf Verwendung der Ohio-Legende, um das Stück nicht vorweisen zu müssen und c) auf die bisherigen Beobachtungen zu Roths Arbeitsweise. Die Althochdeutsch-Spezialisten mögen mich gern belehren, wieso Roth trotzdem zu glauben ist.

Um zu resümieren: Roth machte Angaben zu 18 Zeugnissen, wobei sich 16 auf Handschriften beziehen. Eine Inkunabelausgabe (IV, 1) ist nicht verifizierbar, ein angeblich aus der Mainzer Stadtbibliothek beschriebener Druck des 16. Jahrhunderts dort nicht feststellbar (IV, 2). Zwei Nummern (IV, 3 und 4) beziehen sich auf ein und dieselbe Mainzer Seuse-Handschrift. Die heute noch greifbaren sieben Handschriften befinden sich mit einer Ausnahme (IV, 6 Wiesbaden) in Mainz. Zählt man den Mainzer Druck und die Inkunabel mit ergibt sich bei neun Nummern: Verbleib unbekannt.

Der wissenschaftliche Wert der kunterbunten Mitteilungen ist aus meiner Sicht gering. Von einer gewissen Bedeutung sind heute noch der Abdruck der "Innigen Seele" (I, 1) und die kurzen Angaben zu zwei Mainzer Handschriften, zu denen es sonst anscheinend nichts Gedrucktes und auch nichts im Netz gibt (III; IV, 7).

Im Fall von Virgo generosa (I, 3) und dem Trinklied (II, 1), die aus dem gleichen Vagantengedicht gearbeitet sind, erscheint mir eine Fälschung recht eindeutig. Eine Fälschung Roths sehe ich auch bei den Glossen (V) gegeben. Roths Machwerke können aber auch ohne weiteres die übrigen verschollenen Handschriften sein (Marienlied I, 2; Gesangbüchlein 1730 I, 4; Wächterlied II, 2; Volkslieder II, 3). Würde man sie als authentische Zeugnisse streichen, wäre der Verlust verkraftbar, zumal sie als Überlieferungszeugen soweit ersichtlich bislang nie beachtet wurden.

Eher von Bedeutung ist, dass die Forschung zu den althochdeutschen Glossen Roth wohl auf den Leim gegangen ist.

Zu Fälschungen in Archivalia:
http://archiv.twoday.net/stories/96987511/

#forschung

Mainzer Historienbibel = Roth IV, 5
Balázs J. Nemes (Gast) meinte am 2015/09/29 23:23:
Zu I.2 siehe Burghart Wachinger in ²VL 8, Sp. 556f. Nr. 9 (ohne diese Hs.). Beachte den Hinweis: "Im 15. Jh. lag das Zentrum der Überlieferung im Raum Tegernsee, Ebersberg, Mondsee." Auch wenn sich der Wortlaut des Roth'schen Abdruckes nicht überprüfen lässt, (ost)oberdeutsch ist er allemal. 
 

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