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Ich weiß es nicht. Das liegt an der ärgerlichen Lücke, die im sonst weitgehend online bei der SB Bamberg verfügbaren Oeuvre des Michelsberger Abts Andreas Lang (über den vorerst zu vgl. Machilek in der Michelsberg-FS 2015 [Franz Machilek, Geschichtsschreibung im und über das Kloster Michelsberg unter besonderer Berücksichtigung der Memoria Bischof Ottos des Heiligen, in: 1000 Jahre Kloster Michaelsberg Bamberg 1015-2015, Petersberg 2015, S. 306-325, hier S. 314]) klafft. Msc. Theol. 239 gibt es nämlich nicht online. Und die mir zugänglichen Beschreibungen bzw. Erwähnungen geben Steine statt Brot, da sie in inakzeptabler Weise an den Textangaben gespart haben. Und es spielt in den durchaus unerfreulichen Casus auch ein von Arnold gegen Legipont geäußerter Fälschungsverdacht hinein.

Maßgebliche Beschreibung:
http://www.manuscripta-mediaevalia.de/hs/katalogseiten/HSK0600_0871_jpg.htm
Nachtrag
http://digital.bib-bvb.de/webclient/DeliveryManager?custom_att_2=simple_viewer&pid=7085514&childpid=7085524

Incipit: Testis consciencie est dominus

Die ältere Beschreibung von Jäck 1831 gibt Anderes zur gleichen Handschrift:

https://books.google.de/books?id=A6qrkrEUXqMC&pg=PA113

Da ist "Vestis (!) conscientie est Dominus" der Beginn eines Prologs, der mit "Eam secum collocavit in throno perenni" endet. Werkbeginn: "Tota pulchra es".

Arnold hat "Vota (!) pulchra es amica mea"

http://www.yumpu.com/de/document/fullscreen/26756704/arnold-trithemius-1991/125

Angesichts der Verbreitung der Wendung "Tota pulchra es amica mea" ist das völlig nutzlos. Beginnt ein Incipit mit einem verbreiteten Zitat muss man in Gottes Namen AUSFÜHRLICHER werden, sonst kann man es gleich sein lassen.

Vor lauter Marienfrömmigkeit trägt die Summa Mariana nur wenig zur Erhellung bei, bestätigt aber, dass das Werk ohne Verfassernamen überliefert ist.

https://books.google.de/books?id=cJKNKs7FVWoC&pg=PA277 (US)

Zunächst einmal ist festzuhalten, dass der kostbar auf Pergament wohl vom Michelsberger Frater Reinher geschriebene Band sonst anscheinend nur Druckabschriften enthält. Das betrifft den Wimpfeling-Text und den von der "Summa" hervorgehobenen Leontorius-Text. Phoebe wird bei dem Marienhuldiger zu "O hebe". Digitalisat:

http://tudigit.ulb.tu-darmstadt.de/show/inc-ii-195/0066

Zu den beiden weiteren Texten zum Immakulisten-Streit genügt es, auf

Trithemius, Johannes: De purissima et immaculata conceptione virginis Mariae et de festivitate sanctae Annae matris eius, mit Vorrede an den Leser, Sponheim 1494. Im Anhang Statutum et determinatio facultatis theologiae studii Parisiensis de immaculata conceptione virginis Mariae, Paris 17.9.1497, mit Revocatio des Johannes Veri, Paris 1496 und 16.9.1497, und Liste der Pariser Immakulisten, [Nürnberg], [nach 1497.09.17.] [BSB-Ink T-453 - GW M47523]. Digitalisat:
http://daten.digitale-sammlungen.de/bsb00032286/image_13

hinzuweisen. Ich fand noch einen späteren Druck der Revocatio 1728

https://books.google.de/books?id=hF5QAAAAcAAJ&pg=RA1-PA337

und, wie vom Bamberger Katalog versprochen, etwas Biographisches zu Johannes Veri bei Quetif et al.

https://books.google.de/books?id=2jSMV1xLFEkC&pg=PA29

Hemmerlis Polemik gegen die Mendikanten konnte gut im Immakulisten-Streit gegen die Gegner der Immaculata conceptio gebraucht werden. Die Anleitung über juristische Abkürzungen könnte sich auf die vorangegehende Abhandlung beziehen.

Jäck notierte

https://books.google.de/books?id=yVJEAAAAcAAJ&pg=PA32

dass die Magna bibliotheca ecclesiastica die Verfasserschaft des Michelsberger Abts bestritten habe.

https://books.google.de/books?id=OibPD2p__i4C&pg=PA444

[Siehe auch Lahnerts Klostergeschichte 1889:

http://hdl.handle.net/2027/hvd.32044098664261?urlappend=%3Bseq=259 ]

Ohne Kenntnis der Handschrift muss ich im Trüben fischen, aber ganz ohne Beweiskraft finde ich meine Google-Funde auch nicht.

Die Überschrift ähnelt allzu sehr dem Traktat Breitenbachs (1489)

http://daten.digitale-sammlungen.de/bsb00030382/image_5

der tatsächlich mit "Tota pulchra es amica mea" beginnt!

"Testis consciencie est dominus" steht am Anfang eines Kapitels in dem Mariale von Bernhardin von Busti

http://tudigit.ulb.tu-darmstadt.de/show/inc-iv-523/0206

Der erste Teil dieser Predigtsammlung über die Immaculata conceptio trägt wie unsere Abhandlung den Titel "Perpetuum silentium", ich zitiere einen etwas älteren Mailänder Druck:

http://daten.digitale-sammlungen.de/bsb00092275/image_35

Es war eine "Hauptstütze" der deutschen Immakulisten um 1500, so

https://books.google.de/books?id=9zNKAQAAMAAJ&pg=RA1-PA13

"Eam secum collocavit in throno perhenni" ist das Ende eines mariologischen Textes von Johannes de Segovia.

https://www.google.de/search?tbm=bks&q=%22secum+collocavit+in+throno%22
https://books.google.de/books?id=u4_p6aigwvoC&pg=PA163
https://books.google.de/books?id=Fx9KAQAAMAAJ&pg=PA95 (US)

Jäck verwies auf einen bei Legipont in Ziegelbauers Historia gedruckten Brief des Trithemius vom 7. Dezember 1494

http://reader.digitale-sammlungen.de/de/fs1/object/display/bsb10633343_00280.html

[Siehe auch Fassbinder ]

Diesen hat aber Klaus Arnold (S. 111 Anm. 45) als Fälschung verdächtigt. Als Fälscher kommt Oliver Legipont in Betracht, dessen Abschriftensammlung Darmstadt Cod. 2751 die einzige handschriftliche Überlieferung darstellt. [Klaus Arnold teilte freundlicherweise mit, dass er angesichts der Tatsache, dass das Latein des Briefs dem 18. Jahrhundert angehört, an der Erfindung durch Legipont festhält, Mail vom 16.10.2015.]

In dieser Handschrift findet sich übrigens auch Wimpfelings oben genanntes Gedicht abgeschrieben.

https://archive.org/stream/romanischeforsch06franuoft#page/262/mode/2up (Mitteilung von FWE Roth, Textbeginn: Candorem primum. Zu den Gedichten Wimpfelings ist jetzt Dieter Mertens im VL Humanismus heranzuziehen.)

Zu Legipont:

https://de.wikipedia.org/wiki/Oliver_Legipont

Erst Oppermann 1900 hat die systematische Verfälschung der Geschichte des Kölner Martinsklosters durch Legipont entlarvt:

http://archive.org/stream/WestdeutscheZeitschriftFuerGeschichteUndKunst1900/WestdeutscheZeitschriftFuerGeschichteUndKunst19#page/n307/mode/2up

Wenn unser Traktat 1497 datiert ist, wie konnte dann Abt Lang ihn schon Ende 1494 Trithemius ankündigen? Die Übereinstimmungen von Brief und Traktat stellen aber sicher, dass der Traktat des Abts Andreas über die jungfräuliche Empfängnis, den Legipont in Bamberg sah, identisch mit dem Text in Theol. 239 ist. Die Annahme liegt nahe, dass Legipont den Trithemius-Brief anhand der Informationen aus Theol. 239 gefälscht hat.

Ob dem Bamberger Prior Klitsch 1710 Theol. 239 vorlag?

https://books.google.de/books?id=2wjoBQAAQBAJ&pg=PA223

Dass Abt Andreas mit viel Mühe einen Traktat über die unbefleckte Empfängnis erstellt hat, die Reinher abgeschrieben habe, sagt freilich eine unverdächtige zeitgenössische Quelle, nämlich ein Eintrag eines engen Mitarbeiters des Abt, Nonnosus Stettfelder, im Bamberger RB Msc. 49, Bl. 57v

http://digital.bib-bvb.de/webclient/DeliveryManager?custom_att_2=simple_viewer&pid=5275076&childpid=5275194

Aber wieso muss das Theol. 239 sein? Stettfelder kann irrtümlich angenommen haben, dass die Abhandlung in Theol. 293 ein Werk des Abts darstellt. Wahrscheinlicher ist freilich, dass Reinher neben dem Immakulisten-Dossier (Theol. 239) eine verlorene Abhandlung des Abts kopiert hat. Denkbar ist aber auch, dass sich der Abt die Urheberschaft (als Bearbeiter?) des in Theol. 239 enthaltenen Textes anmaßte und Stettfelder sie ihm daher zulegte. Aber wieso steht dann in der Überschrift des Traktats "cuiusdam religiosi"?

Zum Immakulisten-Streit um 1500 gab ich einige Hinweise in:

https://archiv.twoday.net/stories/1022480859/
http://archiv.twoday.net/stories/129656411/

Update: Eine Auskunft von Dr. Stefan Knoch (SB Bamberg) sorgte für Klarheit:

für Ihre Fragestellung einschlägig ist die Bamberger Disseration von Markus Huck aus dem Jahr 1991 ( https://katalog.ub.uni-bamberg.de/query/10/BV005431249 ). Er befaßt sich in Kap. 2.3 mit der Frage der Verfasserschaft des Immaculata-Traktats in Msc.Theol.239 und kommt dabei zu dem Ergebnis, daß es sich nicht um ein Werk Andreas Langs handelt, sondern vielmehr um

"eine Abschrift der neun Predigten Bernhardins von Busti 'De conceptione Mariae', die dieser unter dem Titel 'Perpetuum silentium' als pars I seines Mariale und daneben auch gesondert herausgegeben hatte. In der Michelsberger handschriftlichen Version wurden lediglich einige unbedeutende, den theologischen Inhalt nicht tangierende Veränderungen oder Kürzungen vorgenommen und wenige Wunderberichte ergänzt, viele andere dagegen ausgelassen. Abt Andreas hat nur den Prolog zu den Traktaten Bernhardins verfaßt, wobei er sich auch hier Passagen aus dem Mariale des Franziskaners auslieh." (Huck, S. 10f.).

Der Vollständigkeit halber hier noch ein ausführlicheres Incipit des Traktats auf fol. 3v (fol. 1r-3v enthält den Prolog):
"Tota pulchra es amica mea et macula non est in te. Canticorum IIII. Inconveniens michi [sic] satis incongruumque valde ac non parum reprehensibile prima facie videtur"


https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Abt_andreas_lang.jpg
 

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