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rabel ist der heute übliche Name des früher als 'Willehalm' bezeichneten Werks des Ulrich von dem Türlin (ja, ich gestehe es, ein Kalauer stand Pate bei der Aufnahme ins Kalenderprogramm).

MEISTER VLRICH VON DEM TVRLIN HAT MIH GEMACHET DEM EDELN CVNICH VON BEHEIM - in einem Akrostichon nennt sich der Autor, über den wir nichts weiter wissen, denn die Beziehung zu Heinrich von dem Türlin und zur Familie de Portula in St. Veit an der Glan ist völlig ungesichert (so Werner Schröder im Verfasserlexikon 2. Auflage Bd. 10, die betreffende Lieferung erschien 1996). Die Regierungszeit des Böhmenkönigs Ottokar II. (1253-1278) liefert den zeitlichen Rahmen für die Datierung.

Die Arabel liefert die Vorgeschichte zum 'Willehalm' des Wolfram von Eschenbach (das neue Buch von Christoph Gerhardt: Der "Willehalm"-Zyklus, 2010 habe ich ebensowenig in der Hand gehabt wie die Arabel-Ausgabe Werner Schröders von 1999). In den meisten vollständigen Willehalm-Handschriften ist der Text umgeben von der Vorgeschichte (Arabel) und der Fortsetzung (Ulrich von Türheim:Rennewart).

Die alte kritische Ausgabe von Samuel Singer ist online:

http://www.archive.org/details/willehalmeinritt04ulriuoft

Der Handschriftencensus listet 27 Arabel-Textzeugen und behauptet, das sei die gesamte bekannte Überlieferung. Durch einen simplen Blick in eine höchst obskure und entlegene Quelle - das Internet - kann ich eine weitere Handschrift ergänzen (ob es Textzeuge 28 ist, wird man erst sagen können, wenn man ausschließen konnte, dass das hier vorzustellende Fragment zu einer anderen Handschrift gehörte - mit dergleichen Geduldspielen beschäftigt sich aber am liebsten Klaus Klein ...). Zwar ist der Handschriftencensus selbst ein Internetangebot, doch nimmt er nicht sonderlich viel Notiz von anderen Internetangeboten und zeigt auch an Kleinigkeiten (beispielsweise der suchmaschinenunfreundlichen Abkürzung von Bibliothek mit Bibl.), dass er vom WESEN DES INTERNETS kaum etwas begriffen hat.

Das Fragment des Stadtarchivs Feldkirch hätte eigentlich bereits seit 1985, als es in Burmeisters Kulturgeschichte der Stadt Feldkirch abgebildet worden war, bekannt sein können.

Auf den Seiten des Stadtarchivs Feldkirch findet sich die folgende Beschreibung als PDF (Frau Knoll leitet derzeit die Handschriftenabteilung der UB Salzburg):

Fragm. 5.1.2
ULRICH VON DEM TÜRLIN
Pergament · 1 Bl. · ca. (222-228) x (175-178) · Süddeutschland (?), 14. Jh.
Buchblock: Pergamentfragment, als Einband verwendet und abgelöst. Pergament nachgedunkelt, abgestoßen und zerknittert, Textverlust durch Kleber; unregelmäßig beschnitten. Trägercodex unbekannt.
Schrift: Schriftraum zweispaltig: Schriftraumbreite 144, Länge nicht mehr feststellbar; Schriftraum mit Tinte gerahmt; 47 Zeilen auf Tintenlinierung erhalten.
Textualis aus dem 14. Jh. von 1 Hand.
Ausstattung: Rote Auszeichnungsstriche, 4zeilige Lombarden mit kleinen Ornamenten und Rankenausläufern; 4zeilige blaue Lombarden mit roten Ornamenten und Rankenausläufern. Am oberen Blattrand rot ausgezeichnete Satzmajuskeln mit
Masken in schwarzer Tinte.
Geschichte: Der Trägercodex des Fragmentes ist unbekannt.
Literatur: Abgebildet ist das Fragment in: Karl Heinz Burmeister, Geschichte der Stadt Feldkirch bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts, 1985. S. 84, Abb. 5.

Text: ULRICH VON DEM TÜRLIN: Willehalm (Fragm.) (Ed.: Meister Ulrich von dem Türlîn: Willehalm. Hrsg. v. S. Singer. Prag 1893. Bibliothek der mhd. Litteratur in Böhmen, Bd. 4).
Inc.mut.: … Manig herze wart da wunt / Der gal[...] einú niht genaz ... Expl.mut.: ...
kunegin al die wile slief//
Recto: Abs. 241, letzte Zeile, Abs. 242, Zeile 1 bis Abs. 244, Zeile 31. – Verso: Abs.
245, Zeile 2 bis. Abs. 248, Zeile 1.
© Beatrix Koll, Mai 2006

Auch dieses Pergamentblatt wurde als Einband zweckentfremdet. Das Blatt ist außerdem am unteren Rand vom Buchbinder beschnitten worden, so dass ein Teil des Textes verloren ging. Trotz der Kleberspuren ist aber die Lesbarkeit erhalten geblieben, wir erkennen eine für das 14. Jh. charakteristische Schrift, die sogenannte „Textualis“. Verziert war der ursprüngliche Codex mit roten und blauen Initialen, besonders reizvoll sind die am oberen Blattrand mit Tinte gezeichneten grotesken Gesichter, die
die Anfangsbuchstaben schmücken.
Einer der berühmtesten Dichter des Mittelalters war Wolfram von
Eschenbach, der neben seinem „Parzival“ auch noch den „Willehalm“ verfasste. Dieses Werk beeinflusste auch die Dichter der folgenden Jahrhunderte, darunter Ulrich von dem Türlîn, der zwischen 1252 und 1278 ein gleichnamiges Werk verfasste, das die Vorgeschichte zu Wolframs „Willehalm“ erzählt. Kreuzzugsthematik, Toleranz gegenüber Andersgläubigen und Freude-Leid-Thematik sind die zentralen Aspekte dieses Textes.
Vom Autor Ulrich von dem Türlîn selbst weiß man nicht viel. Man vermutet, dass er aus der Gegend um St. Veit (Kärnten) stammte, es ist aber ungesichert, ob er zu der in St. Veit beurkundeten Familie de Portula gehört. Der Name kommt im 13. Jh. aber auch außerhalb Kärntens vor. Auf Grund von Bemerkungen in seinen Werken hatte er zumindest enge Beziehungen zum Prager Hof, stand vielleicht dort sogar in Diensten.


Feldkircher Fragment (aus Burmeister), vergrößerbar unter

http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Arabel_feldkirch.jpg

Weitere Abbildungen zur Arabel-Überlieferung auf Wikimedia-Commons:

http://commons.wikimedia.org/wiki/Category:Ulrich_von_dem_T%C3%BCrlin (Quelle für die Farbabbildungen am Schluss des Beitrags)

Unbrauchbar ist die (im Handschriftencensus wohl zu Recht übergangene) Abbildung in der Objektdatenbank des Deutschen Historischen Museums:



Von den kompletten Handschriften des Werks sind vier online:

Heidelberg, UB, Cpg 395
http://digi.ub.uni-heidelberg.de/cpg395

Ebenda, Cpg 404
http://digi.ub.uni-heidelberg.de/cpg404

Kassel, UB, 2° Ms. poet. et roman. 1, der berühmte Willehalm-Codex der Landgrafen von Hessen
http://orka.bibliothek.uni-kassel.de/handle/urn:nbn:de:hebis:34-02008091949471

Beharrlich weigert sich der Handschriftencensus, die im Digitalen Historischen Archiv Köln digitalisierten Mikrofilme der Sammlung Wallraf (hier angezeigt am 25. April 2010: http://archiv.twoday.net/stories/6308795/ ) zu verlinken - ein erbärmlicher Service für die Wissenschaft!

Die Kölner Handschrift aus der berühmten Blankenheimer Adelsbibliothek ( http://www.handschriftencensus.de/5227 ) vertritt die Mischredaktion *C. Sie ist online einsehbar unter:

http://www.historischesarchivkoeln.de/struktur.php?modus=show&a=4&b=5&c=985&d=4865

Blankenheimer Handschrift aus dem eingestürzten Kölner Stadtarchiv (online: Mikrofilm vor dem Einsturz)

An Fragment-Abbildungen sind online:

Berlin, SB, mgf 746
http://www.handschriftencensus.de/1131
http://digital.staatsbibliothek-berlin.de/dms/werkansicht/?PPN=PPN61754865X&PHYSID=PHYS_0008

Prag, Strahov-Kloster, Zl. 475
http://www.handschriftencensus.de/2112
Wie nicht anders zu erwarten, hat der Handschriftencensus nichts davon mitbekommen, dass dieses Fragment online ist
http://www.manuscriptorium.com (Suche nach: Willehalm)

Yale, Beinecke Library, MS. 486
http://www.mr1314.de/2056
Wie nicht anders zu erwarten, hat der Handschriftencensus nichts davon mitbekommen, dass dieses Fragment online ist
http://beinecke.library.yale.edu/digitallibrary/ (Suche nach: Willehalm)

Nicht verzeichnet ist im Handschriftencensus ( http://www.handschriftencensus.de/6489 ) zu Wien, ÖNB, Cod. 2670 die über http://manuscripta.at/?ID=6917 zugängliche Abbildung aus dem Inventar der datierten Handschriften.

Update: Wie nicht anders zu erwarten, ist dem Handschriftencensus auch das Digitalisat zu http://www.handschriftencensus.de/2056 entgangen:
http://epub.ub.uni-muenchen.de/11787/



Wien, ÖNB, Cod. s.n. 4643 (Wenzels-Werkstatt), Beginn der Arabel (die ganze Seite in Schwarzweiß)

Heidelberg, UB, Cpg 404, Beginn der Arabel

Kasseler Willehalm, Beginn der Arabel

Alle Türlein:
http://archiv.twoday.net/search?q=adventskalender+(t%C3%BCrlein
J. Holzapfl (Gast) meinte am 2010/12/09 11:31:
pax hominibus bonae voluntatis...
Vielen Dank für diesen eindrucksvollen, enorm liebevoll gemachten Beitrag und den ganzen Adventskalender, der wirklich ein Genuss ist. Ich bin mir sicher, dass viele Fachkollegen sich gerne aktiver an archivalia beteiligen würden, aber vom recht rüden und oft aggressiven Grundton abgeschreckt werden. Ich bin neulich in einem neu erschienen hilfswissenschaftlichen Fachbuch auf Kommentare zu Internet-Angeboten gestoßen, die so prototypisch für eine - wie ich meine - grundfalsche Auffassung der digitalen Welt sind, dass ich sie gerne hier zur Diskussion gestellt hätte. So wie die Gepflogenheiten sind, würde ich den Autor damit aber effektiv an den Pranger stellen und riskieren, dass einmal mehr in eine der unteren Schubladen gegriffen wird ("Stümper", "nix kapiert", "zum kotzen"). Geht nicht, kann ich unmöglich machen. Wenn hier also noch nicht Beratungsresistenz eingetreten ist, dann wäre das ein Weihnachtswunsch: Bei aller inhaltlicher Schärfe ein zivilerer Umgangston. Ich glaube das geht, ohne gleich in falschem Konsens oder Zahnlosigkeit zu enden. Geruhsame Adventszeit! 
FeliNo (Gast) meinte am 2010/12/10 19:18:
Vielen Dank...
... für diese kleine, feine online-Referenzbibliothek! 
 

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