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Das Nekrolog des Klosters Ochsenhausen von 1494
Eingeleitet, mit Register versehen und redigiert von Boris Bigott, inkl. CD-ROM. Stuttgart 2010 (VeröffKgLkBW A 53)

"Das Nekrolog verzeichnet die Namen von rund 4600 Verstorbenen aus der Zeit der Klosterreform und des Investiturstreits ab dem 11. Jahrhundert sowie aus dem 16. und 17. Jahrhundert, als während der Reformation und dem Dreißigjährigen Krieg Oberschwaben und seine Klosterlandschaft überwiegend altgläubig blieben. Nachdem das Ochsenhausener Nekrolog lange Jahre als verschollen galt und erst in den siebziger Jahren des 20. Jahrhunderts in der Staatlichen Bibliothek auf Schloss Kynzvart in Tschechien wiederentdeckt wurde, liegt nun eine Edition dieser wichtigen südwestdeutschen Quelle vor. "

Das Digitalisat der Handschrift ist frei zugänglich (irreführend als Necrologium Elchingense) bezeichnet unter

http://www.manuscriptorium.com/apps/main/en/index.php?request=request_document&docId=set031101set134

JWBraun meinte am 2011/01/19 21:08:
Erschlichener Lorbeer
Die raffinierte Formulierung des Titelblatts kreiert eine Autorschaft (so explizit bei amazon.de und de facto bei allen bibliothekarischen Titelaufnahmen – man kennt sich bei „KgL“ bestens aus in solchen Formalien), und nur wer genau hinschaut, wird bemerken, dass die Edition gar keinen Editor hat. Sein Name wurde unterschlagen, ein Urheberrechtsprozess vor dem Stuttgarter Landgericht ist daher anhängig.

Gleichgültig wie dieser Prozess ausgehen wird, das Folgende sind die Fakten.

Während der Bearbeitung des Urkundenbuchs des Klosters St. Blasien im Schwarzwald entdeckte ich, dass der Grundbestand des Ochsenhausener Nekrologs auf das alte Nekrolog des Mutterklosters St. Blasien zurückgehen muss, von dem nur ein sehr schlecht erhaltenes Fragment überliefert und mehrfach ediert worden ist (vgl. UB St. Blasien I S. 6f. Nr. 4 und 5). Diesen Grundbestand habe ich bereits für das Urkundenbuch ausgewertet (vgl. UB St. Blasien II Register S. 283 Sp. 2). Nach Abschluss der Arbeit am UB St. Blasien 2003 schlug ich für den Rest meiner Dienstzeit der Kommission für geschichtliche Landeskunde in Baden-Württemberg vor, das gesamte Ochsenhausener Nekrolog parallel mit dem alten sanktblasischen Nekrologfragment cvp 9, das ich in der Nationalbibliothek Wien nochmals und mit den modernen Hilfsmitteln untersuchen und in bester Qualität digitalisieren lassen konnte, kritisch zu edieren. Die Kommission beauftragte mich damit. Bei meiner Pensionierung im Januar 2005 hatte ich den Editionstext des Ochsenhausener Nekrologs fertiggestellt und von der pagina-GmbH Tübingen setzen lassen. Es ist dieser Satz, also der Hauptteil der Publikation, der als Quellentext und Apparate bis in alle Einzelheiten den jetzigen „autorenlosen“ Editionstext bildet, abgesehen von einigen Verballhornungen in den Apparaten, wie z. B. jede Fussnote mit Großschreibung zu beginnen. Aufgrund eines Zerwürfnisses mit dem damaligen Kommissionsvorsitzenden musste ich meine Arbeit an der Edition, die ich als Pensionär beenden wollte, einstellen. Noch nicht fertig waren also der umfangmäßig zwar kleine, aber sehr komplizierte Parallelteil der Edition des Nekrolog-Fragments, sowie das Beiwerk: Einleitung, Verzeichnisse, Register. Für all dieses verblieben bei der Kommission meine sämtlichen Arbeitsdateien, deren sich der jetzige Pseudoautor bedient hat.

Ohne zuvor im Geringsten über die Wiederaufnahme des Editionsprojekts seitens der Kommission informiert worden zu sein, übersandte mir im Januar 2010 der jetzige Kommissionsvorsitzende das Typoskript einer „fertigen“ Edition, mit dem Ansinnen, dass der Pseudoautor sogar noch vor mir als Erstautor genannt sein sollte. Zudem war das wissenschaftlich eigentlich interessante und wichtige ursprüngliche Konzept, nämlich das alte sanktblasische Nekrologfragment parallel mitzuedieren, ganz unter den Tisch gefallen – da die Edition des Fragments noch nicht satzfertig vorlag, konnte sie eben auch nicht per Mausklick übernommen werden. Ich habe das Editionsvorhaben der Kommission in dieser Form abgelehnt, jedoch die Wiederaufnahme des Editionsprojekts als solches, war es doch mein eigenes, begrüßt und meine Mitarbeit angeboten. Die Kommission ging darauf nicht ein, sondern hat mit der Unterstellung, ich hätte meinen Namen nicht genannt haben wollen, das Buch in der vorliegenden Form veröffentlicht. Kurioserweise schickte sie mir, dem gar nicht vorhandenen Autor, dennoch 5 Belegexemplare.

Ich werde das Machwerk natürlich eingehend rezensieren.

Dr. Johann Wilhelm Braun, http://historia-docet.de/ 
JWBraun meinte am 2011/02/11 22:40:
Prozessbeitrag der "Archivalia"
Inzwischen hat die wegen Urheberrechtsverletzung von mir verklagte Kommission sogar meinen Blogbeitrag "Erschlichener Lorbeer" in ihre juristische Argumentation aufnehmen lassen.

Die Kommission ist - wörtlich zitiert aus dem Schriftsatz ihres Rechtsanwalts vom 8. Februar 2011 - der "Rechtsansicht, dass der lediglich abgeschriebene Editionsteil mit seinen Apparaten keine geistige Schöpfung des Klägers darstellt und die Apparate als wissenschaftliches Ergebnis frei von Urheber- oder Leistungsschutzrechten mit dem Ergebnis sind, dass dem Kläger keine Nennungsrechte zustehen". Aber offenbar sehr wohl dem angemaßten Beiwerks-"Verfasser", denn den hat die Kommission ja auf das Titelblatt gesetzt! Und warum überhaupt publiziert sie solche "geistlosen" Werke?

Die Sache wird immer interessanter.

Wen es interessiert: Die Verhandlung ist angesetzt im Landgericht Stuttgart auf den Dienstag, 15. Februar 2011, 9 Uhr, 1. Stock, Saal 155, Urbanstrasse 20 (im Gerichtsgebäude).
Über möglichst viele Besucher würde ich mich freuen.

JWBraun 
KlausGraf antwortete am 2011/02/12 00:35:
Danke für den Hinweis
Ich werd leider nicht kommen können.

Die Kommission hat auf Anfrage auf eine Stellungnahme verzichtet.

Ich hoffe, Sie haben einen guten Urheberrechtsanwalt. Folgt eine Edition dem Codex unicus, ohne dass weitere Handschriften herangezogen werden, verneine ich ein Leistungsschutzrecht des Editors nach § 70 UrhG. Durch die Existenz der Wiener Handschrift könnte man aber die Erstellung des Textes als Ergebnis der wissenschaftlichen Sichtung der Überlieferung sehen. Eine herausragende Qualität muss nicht gegeben sein, was ich im Interesse der Wissenschaftsfreiheit bedaure (s. mein Buch "Urheberrechtsfibel"). Der Variantenapparat ist abgesehen von dem Leistungsschutzrecht meines Erachtens nicht geschützt, während ein umfangreicherer Sachkommentar üblicherweise als Werk nach § 2 UrhG geschützt ist. Wenn ein Schutz schon bei einem MGH-Register bejaht wurde, sollte man auch einen solchen Sachkommentar als geschützt ansehen.

Diese Stellungnahme bezieht sich nicht auf das konkrete Verfahren und mögliche arbeitsrechtliche Implikationen. 
KlausGraf antwortete am 2011/02/15 18:51:
Verfahrensausgang
http://archiv.twoday.net/stories/14635384/ 
KlausGraf antwortete am 2012/08/21 19:01:
Archivalia zitiert in der HZ
Historische Zeitschrift Band 294 (2012), S. 502 (von Iris Holzwart-Schäfer, Tübingen in einer Rezension der Nekrolog-Ausgabe) 
 

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