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Zu meinem Beitrag http://archiv.twoday.net/stories/219050201/ ging soeben die erbetene Stellungnahme ein:

Sehr geehrter Herr Graf,

ohne dass ich ueber die naeheren Umstaende der von Ihnen monierten Auktion beim Antiquariat Reiss informiert waere, kann ich doch mit Bestimmtheit sagen, dass die im Katalog der Fa. Reiss aufgefuehrten Stuecke eindeutig nicht Teil des seit Jahrzehnten ungestoert und unbeeintraechtigt in der Obhut des Nieders. Landesarchivs bzw der Staatsarchive in Hannover und Wolfenbuettel befindlichen Archivs des Hauses Hannover sind bzw. waren. Daher ist der von Ihnen mit Heftigkeit erhobene Vorwurf, das Haus Hannover verhalte sich "gewissenlos" und verkaufe hier "fuer die Landesgeschichte wichtige archivalische Dokumente" aus seinem Hausarchiv, falsch und ohne jede Grundlage.

Wenn Sie sich dagegen die Muehe gemacht haetten, die auf der Versteigerungsliste aufgefuehrten Stuecke einzeln durchzugehen, dann waere Ihnen selbst aufgefallen, dass es sich dabei durchweg um Objekte handelt, die ganz offenkundig aus der Privatsphaere einzelner welfischer Familienmitglieder ueberwiegend aus der Zeit nach 1866 stammen (Poesiealben, Schulhefte, Geburtstagsgedichte, panegyrische Korrespondenz, Druckwerke des spaeten 19. oder fruehen 20. Jahrhunderts, vielfach in handschriftlicher Abschrift fuer den privaten Gebrauch [so eine 1870 in Hannover erschienene Abhandlung ueber die Stellung des Hl. Bernhard von Clairvaux in der Geschichte der katholischen Moraltheologie oder das franzoesische, hier ins Deutsche uebersetzte Lustspiel in zwei Akten "Der Baron in Verlegenheit"], Objekte zur Freizeitgestaltung wie der Spielplan eines Brettspiels ueber eine "Reise von Hannover nach London" etc), oder um inhaltlich belanglose Einzeldokumente wie etwa eine Reisekostenabrechnung mit der Unterschrift der Herzogin Anna Eleonore von Braunschweig-Lueneburg, deren Provenienzzusammenhaenge voellig unklar sind. Soweit erkennbar, hat es sich bei dieser Auktion um eine Art "Resteverwertung" von Stuecken gehandelt, die bereits im Zuge der grossen Versteigerung von Inventar aller Art aus der Marienburg vor etwa 5 Jahren verkauft worden sind und erst jetzt ihren Weg in die oeffentliche Weiterverwertung gefunden haben.

Angesichts dieses Befundes, der auch Ihnen moeglich gewesen waere, waere es m. E. angemessen gewesen, wenn Sie mit weniger Erregung und mehr Nuechternheit an das Thema herangegangen waeren.

Mit freundlichen Gruessen
Dr. Bernd Kappelhoff
Praesident des Nieders. Landesarchivs


Das ist der gleiche Ungeist wie in Stralsund!

Lesen wir nochmals meinen Beitrag in toto:

"Marienburg. - Sammlung von Briefen, Rechnungen etc. zum Bau des Schlosses Marienburg, gerichtet an den Bauleiter Ludwig Frühling. Ca. 500 Stück. 1860-63. Verschiedene Formate.

http://www.reiss-sohn.de/deu/index_book.html

Versteigert bei Reiss auf den Herbstauktionen. Bilder und umfangreichere Beschreibungen und Ergebnisliste wurden inzwischen entfernt, Kurzbeschreibungen der Stücke sind aber noch verfügbar.

Auktion 155/II

Papierne Memorabilien aus dem Königshaus Hannover

VI. Handschriften und Dokumente aus königlichem Besitz (Nr. 4855-4957)

VII. Bücher, Fotografien und Ephemera aus königlichem Besitz (Nr. 4958-5011)

Kann mir jemand erklären, wieso diese landesgeschichtlich wichtigen Dokumente, eindeutig Archivalien zur hausgeschichte des ehemals in Hannover regierenden Hauses in alle Welt zerstreut werden durften?

Wieso steht kein Welfenarchiv auf der Liste national wertvoller Archive in Niedersachen?

http://www.kulturgutschutz-deutschland.de/DE/3_Datenbank/Archive/Niedersachsen/niedersachsen_node.html

Das gewissenlose Verhalten der Welfen wurde hier schon des öfteren thematisiert, am umfangreichsten in:

http://archiv.twoday.net/stories/4026791/"

Daraus ergibt sich:

Ich habe durchaus nicht behauptet, dass es sich um Stücke aus dem Hausarchiv in Hannover handelt. Ich habe von landesgeschichtliche wichtigen Dokumente zur Hausgeschichte gesprochen und das mit einem konkreten Beispiel, auf das Kappelhoff nicht eingeht, belegt, nämlich mit einem sehr umfangreichen archivalischen Konvolut zur Baugeschichte der Marienburg.

Dass man auch vermeintlich Belangloses unter den Memorabilien findet, habe ich nie bestritten. Wenn landesgeschichtlich Wichtiges verkauft wurde - und daran halte ich fest -, kann man das nicht durch Hinweis auf Belanglosigkeiten widerlegen. Es handelt sich eben nicht "durchweg" um Stücke aus der Privatsphäre.

Im übrigen: Auch Privates hat seinen Quellenwert, sonst würden öffentliche Archive nicht die vielen Privatunterlagen in Hausarchiven (ob im Eigentum oder als Depositum) sorgsam verwahren.

Und seit der Causa Karlsruhe sollte eigentlich klar sein, dass nach den Grundsätzen des Gutachtens von Laufs et al. vieles von dem, was 1918 an die ehemals regierenden Häuser fiel, eigentlich Landeseigentum war. Geschenke an den Herrscher galten nicht der Privatperson, auch wenn sie von diesem privat vereinnahmt wurden.

Hier sind weitere Beispiele für die verkauften "Belanglosigkeiten":

Becker, G. L. L. Weihrede bei der Grundsteinlegung der Marienburg gehalten den 9ten October 1858. Deutsche Handschrift auf Papier. O. O. um 1858. Kl.-4to (22:17 cm). Von einer Hand in deutscher Kursive mit braunschwarzer Tinte geschrieben. 16 nn. Bll. Roter Samtband d. Zt. von C. Bergmüller (Königl. Buchbinder in Hannover) mit goldgeprägtem Titel u. Zierstücken, Goldschnitt; teilw. etwas berieben, Rücken verblaßt. (Nr. 4862)

Benne, L. "Einige Notizen über die Ersten fünf Corps der King's German Legion, welche am 25. December 1803 auf den Etat der Britischen Armee gesetzt wurden." Deutsche Handschrift auf Papier. Hannover, 20. Dez. 1853. Fol. (33:20,5 cm). In sauberer Kanzleischrift mit schwarzbrauner Tinte geschrieben, am Ende mit eigenh. Unterschrift "L. Benne" und Rangbezeichnung. 10 Bll. (l.w.). Geheftet. (Nr. 4863)

Benne, L. "Memoranda zur Feier des 25sten October 1855, an welchem Tage vor 50 Jahren das Husaren Regiment Ihrer Majestät der Königin von Hannover als 2tes Husaren Regiment von des Königs Deutschen Legion auf den Etat der Britischen Armee gestellt wurde." Deutsche Handschrift auf Papier. Hannover, 25. Dez. 1855. Gr.-fol. (42:26 cm). Von einer Hand mit schwarzer Tinte in Kursive geschrieben. Überschriften u. Hervorhebungen mit Rot unterstrichen. 10 Bll. (letztes leer). Umschlag. d. Zt.

Bergmann. Das Hospital St. Wilhelm vor Celle, eine Invaliden- Verpflegungs-Anstalt des XVII und XVIII Jahrhunderts. Deutsche Handschrift auf Papier. Hannover 1856. 4to (29,5:21 cm). Von einer Hand in deutscher Kursive mit schwarzer Tinte geschrieben. Titel in Aquarellmalerei, mit 2 gefalt. Plänen u. 1 gedruckten Einblattdruck. 96 ungez. S. Ldr. d. Zt. mit Deckelvergoldung; gering berieben u. verzogen, Vorderdeckel mit kl. Löchern in der Mitte. (Nr. 4865)

Bock-Wülfingen, H. Journal (Erinnerungsblätter) über die Reise Seiner Königlichen Hoheit des Kronprinzen in das südliche (u. nördliche) Frankreich zur Besichtigung der Historischen Baudenkmäler, vom 30ten März - 12ten April 1875 (vom 3ten bis 17ten Juni 1875). 2 Tle. in 3 Bdn. Deutsche Handschrift auf Papier. Stuttgart, Mai 1875 bzw. 1876. 4to (29,5:22 cm). Von einer Hand mit schwarzer Tinte in sauberer Kursive geschrieben. Mit 1 Taf. mit 6 montierten Federzeichungen u. 1 Federzeichnung im Text. 1 Bl., IV, 186 S.; 1 Bl., III, 386, VII, S. 387-738. Ldr. d. Zt., Bd. 1 berieben u. Kapital bestoßen, Bd. 2-3 teilw. gering berieben. (Nr. 4866)

Sapienti sat.

Im Niedersächsischen Landesarchiv gilt: Der Fisch stinkt vom Kopfe her.
FritzLöffler (Gast) meinte am 2012/12/13 09:24:
Hr Kappelhoff
rechtfertigt gar nichts, sondern erläutert nur den Sachverhalt. Er tut also genau das, was von Ihnen zu erwarten gewesen wäre, bevor der Aufschrei "Kulturverscherbelung" erfolgt. Genau der von Hr. Kappelhoff beschriebenen Hintergrund ist essentiell, um den Sachverhalt nüchtern beurteilen zu können. Was die Ausführungen von Hr. Kappelhoff anbetrifft, so sind sie aus archivischer Sicht nachvollziehbar. Das Bewertung nicht heißt "alles aufbewahren was irgendwie wertvoll aussieht" ist eigentlich archivarische Grundkompetenz und Lehrstoff 1. Semester. Das Sammeln sollte weiterhin Bibliotheken überlassen bleiben. 
Erika Wasum antwortete am 2012/12/16 19:52:
Nicht unbedingt nachvollziehbar.
Na, ja, ich kann die Erklärung von Kappelhoff nicht unbedingt nachvollziehen. "...dass es sich um Objekte handelt, die ganz offenkundig aus der Privatsphaere einzelner welfischer Familienmitglieder ueberwiegend aus der Zeit nach 1866 stammen (Poesiealben, Schulhefte, Geburtstagsgedichte, panegyrische Korrespondenz, Druckwerke des spaeten 19. oder fruehen 20. Jahrhunderts, vielfach in handschriftlicher Abschrift fuer den privaten Gebrauch.... " Privatsphäre oder nach 1866, ich kann das nicht als Kriterium anerkennen, dann müßte man ja haufenweise Material aus Nachlässen verscherbeln, prima, so als Beispiel. Wer will übrigens als Nachlaßgeber etwas ins Archiv geben, wenn man sicher sein kann, dass irgendwann Teile verkauft werden. Dann können die Erben das auch gleich verscherbeln. Das ist die Botschaft, die aus allen Verkäufen spricht. Aber das scheint mir wohl kein Argument? Auch mit der Bewertung von Stücken oder Zusammnhängen wäre ich vorsichtiger, es könnte doch sein, dass andere später das ganz anders sehen. Ist ja oft genug passiert. Sicher wird hier Kultur verscherbelt, auch wenn man denkt, es sei Kultur 2. Klasse. Und auch die archivarische Grundkompetenz möchte ich persönlich etwas anders sehen, nicht ganz so forsch.Darf man nicht einen Restzweifel haben?? Und wenn man "das Zeug" nicht im Archiv haben will, kann man es nicht an einen besseren, geeigneten Ort geben? Aber es geht ja eigentlich nur darum, Geld an Land zu schaffen, sonst müßte man nix aussondern. Schön ist das aber nie. 
 

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