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BGH · Urteil vom 30. Oktober 2012 · Az. VI ZR 4/12

Zur Zulässigkeit des Bereithaltens eines Beitrags in dem für Altmeldungen vorgesehenen Teil eines Internetportals (Online-Archiv), in dem über die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens gegen einen - namentlich benannten - Manager eines bedeutenden Energieversorgers wegen des Verdachts der falschen eidesstattlichen Versicherung berichtet wird.
(Leitsatz: http://lexetius.com/2012,5266 )

Volltext
http://openjur.de/u/573909.html

Auszug:

"Eine Verpflichtung der Beklagten zur Entfernung der den Kläger identifizierenden Angaben in der Meldung vom 6. Mai 2008 ist entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts auch weder durch das Abmahnschreiben des Klägers vom 7. Februar 2011 noch durch die gerichtliche Geltendmachung seines vermeintlichen Unterlassungsanspruchs begründet worden. Zwar lag das dem Kläger zur Last gelegte Delikt zu diesem Zeitpunkt bereits mehr als drei Jahre zurück; das Ermittlungsverfahren war seit mehr als zwei Jahren abgeschlossen. Andererseits ist die Persönlichkeitsbeeinträchtigung, die durch die weitere Abrufbarkeit der Meldung über die Einleitung und die nachfolgende Einstellung 27 des Ermittlungsverfahrens wegen des Verdachts der falschen Versicherung an Eides Statt verursacht wird, nicht schwerwiegend; sie ist nicht geeignet, dem Kläger einen erheblichen Persönlichkeitsschaden zuzufügen. Denn sie entfaltet eine nur geringe Breitenwirkung. Eine Kenntnisnahme von ihrem Inhalt setzt eine gezielte Suche voraus. Die Meldung wird nur auf einer als passive Darstellungsplattform geschalteten Website zum Abruf bereitgehalten, die typischerweise nur von solchen Nutzern zur Kenntnis genommen wird, die sich selbst aktiv informieren (vgl. Senatsurteil vom 8. Mai 2012 - VI ZR 217/08, aaO Rn. 43, mwN; BVerfG AfP 2000, 445, 448; NJW 2003, 2818, 2819; NJW 2008, 1298 Rn. 20). Ausweislich der Feststellungen des Landgerichts, auf die das Berufungsgericht Bezug genommen hat, ist sie nur noch auf den für Altmeldungen vorgesehenen Seiten des Internetauftritts der Beklagten zugänglich und als Altmeldung erkennbar.

Demgegenüber besteht ein gewichtiges Interesse der Öffentlichkeit an der Möglichkeit, sich durch eine aktive Suche nach der Meldung über die darin dargestellten Vorgänge und Zusammenhänge zu informieren; dieses Informationsinteresse erstreckt sich auch auf das gemäß § 153a StPO eingestellte Strafverfahren gegen den Kläger. Der Streitfall ist maßgeblich dadurch gekennzeichnet, dass das Informationsinteresse der Öffentlichkeit nicht allein durch die dem Kläger vorgeworfene Straftat, sondern durch den Zusammenhang, in dem sein Verhalten steht, und durch das Zusammenwirken verschiedener - unter aa) im Einzelnen aufgezeigter - Umstände begründet wird, die für die öffentliche Meinungsbildung in einer demokratischen Gesellschaft bis heute von wesentlicher Bedeutung sind. Die Meldung setzt sich kritisch mit der Reaktion des in herausgehobener Funktion für die Gazprom Germania GmbH tätigen Klägers auf die Aufdeckung seiner Stasi-Vergangenheit auseinander; sie leistet einen Beitrag zur Aufarbeitung des Überwachungssystems der Staatssicherheit und damit zu einer die Öffentlichkeit besonders berührenden Frage (vgl. BVerfG, 28 AfP 2000, 445, 448). Die Aufarbeitung des Überwachungssystems der Staatssicherheit ist noch nicht abgeschlossen. Hinzu kommt, dass die Gazprom Germania GmbH und ihre russische Mutter aufgrund ihrer zunehmenden Bedeutung für die Energieversorgung in Deutschland nach wie vor im Blickpunkt der Öffentlichkeit stehen."

Kritik am Urteil, die ich nicht teile:
http://www.cmshs-bloggt.de/technology-media-telecoms-tmt/pranger-2-0-bgh-schreibt-rechtsprechung-zu-online-archiven-fort/
Schmunzelkunst (Gast) meinte am 2013/02/12 17:35:
Banknoten kopieren, ja bitte!
Zu Schricker/Katzenberger (§ 5 UrhG): "... Dem amtlichen Interesse geradezu zuwider liefe eine Anwendung des Abs. 2 auf Banknoten, Münzen, Postwertzeichen (Briefmarken), Wappen ...".

Wenn Briefmarken und Banknoten kopiert werden dürften, würde ich gerne davon Gebrauch machen. Wahrscheinlich will man das nicht zulassen ;-). Auch ich glaube, dass das Thema in dem Kommentar nicht gut behandelt wird. Das Urheberrechtsgesetz unterscheidet nicht zwischen Vervielfältigungen mit dem Ziel, möglichst identische Kopien herzustellen, und Vervielfältigigungen zwecks Abbildung in Broschüren. Immerhin wird in dem Kommentar bei den Banknoten auf eine Duldung von Abbildungen zu Werbe- und anderen Zwecken durch die Deutsche Bundesbank hingewiesen. Es ist sicher ein himmelweiter Unterschied, ob eine Banknote kopiert - d. h. gefälscht - oder nur in einer Zeitschrift oder auf einer Webseite abgebildet wird. Die Formulierung "... geradezu zuwider ..." gibt in dieser Schärfe nur einen Sinn, wenn auf das Fälschungsverbot angespielt wird. Es scheint aber auch unabhängig hiervon die herrschende Meinung zu sein, dass Banknoten, Münzen, Postwertzeichen und Wappen der öffentlichen Gebietskörperschaften nicht unter die amtlichen Werke des Par 5 UrhG fallen. Hier noch ein Zitat zu den Briefmarken aus der Zeit vor dem Loriot-Urteil aus dem Kommentar Dreier/Schulze:
"Das LG München hat Briefmarken als amtliche Werke angesehen (GRUR 1987, 436 - Briefmarke; v. Ungern-Sternberg GRUR 1988, 766, 768; die Literatur steht dem jedoch überwiegend ablehnend gegenüber, da Briefmarken nicht zur allgemeinen Kenntnisnahme veröffentlicht, sondern zum Gebrauch herausgegeben werden; Wandtke/Bullinger/Marquardt Par 5 Rdnr. 19; Fromm/Nordemann Par 5 Rdnr. 4; Schricker GRUR 1991 , 645, 652 f.; v. Albrecht S. 91)". Daran ist nicht mehr zu rütteln.

MfG
Johannes 
 

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