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http://www.oeaw.ac.at/personalwesen/e-urh_FAQ/

e-Urheberrecht für die Praxis der Wissenschaft

Die Seite der Öst. Akademie der Wissenschaften (ÖAW) informiert - stockkonservativ - über das Urheberrecht, wobei man wissen sollte, dass die ÖAW alles andere als eine Vorkämpferin von Open Access ist (siehe die Kommerz-Online-Angebote ihres Verlags, wobei ich mich wirklich frage, wer privat 29 Euro im Jahr dafür berappen möchte, den überflüssigen "Anzeiger" online zu lesen). Verlagsverträge der ÖAW schliessen eine Onlinebereitstellung von Texten im Internet durch Wissenschaftler aus (siehe unter "Lizenzfragen") - die ÖAW muss daher als Open Access ablehende Institution angesehen werden. Diese Distanz spiegelt sich überdeutlich im FAQ-Text, wenn beispielsweise geraten wird, von einer E-Publikation abzusehen, um sich keinen Ärger mit dem Verlag einzuhandeln.

Wer allgemeinverständlich Nicht-Spezialisten über das Urheberrecht informieren will, von dem darf erwartet werden, dass er sich hinreichend kundig macht. Das ist hier nicht der Fall: Ich denke, dass in einem Entwicklungs- oder Schwellenland wie Indien kein seriöser Wissenschaftler auf die Idee käme, die Open Access Bewegung mit der Open Archives Initiative zu verwechseln (so unter "Lizenzfragen"). Die Open-Archive-Bewegung hat es zum Ziel, die wissenschaftliche Literatur unabhängig von Verlagsinteressen allen verfügbar zu machen und zu halten. (Link im Original so vorhanden)

Also zum Mitschreiben: Die "Open Access Bewegung" verfolgt das genannte Ziel, während die OAI die Interoperationalität von Archiven (kostenfreien und kostenpflichtigen!) durch einen gemeinsamen Standard sichern möchte. Oder mit den Worten von Peter Subers Guide: Open Archives Initiative A protocol for collecting metadata about data files residing in separate archives. The idea behind OAI is to separate data providers (e.g. preprint and postprint archives) from data services (e.g. search engines). [...] The standards are "open" in the sense that they permit interoperability across a variety of archive types, not in the sense that they require data providers to put their content into the public domain or provide access to it without charge.

Siehe auch:
http://de.wikipedia.org/wiki/Open_Archives_Initiative

Auch sonst wird man nicht davon ausgehen können, dass die Autoren in jeder Hinsicht kompetent (oder wissenschaftlich redlich) informieren. So ist es ganz und gar nicht anzunehmen, dass wissenschaftliche Grosszitate aus Internetquellen nach österreichischem Recht unzulässig sein sollen, nur weil der österreichische Gesetzgeber nach wie vor von einem "Erscheinen" ausgeht. Hier wird ohne Belege eine bestimmte - nutzerfeindliche - Rechtsauffassung apodiktisch ad usum delphini verkündet.

Es spricht für sich, dass mit keiner Silbe auf den autorenfreundlichen § 36 öst. UrhG eingegangen wird, den man auch für die Frage der Zurverfügungstellung (in Netzen) heranziehen kann, auch wenn dort nur von Vervielfältigung und Verbreitung die Rede ist:

"§ 36. (1) Wird ein Werk als Beitrag zu einer periodischen Sammlung (Zeitung, Zeitschrift, Jahrbuch, Almanach u. dgl.) angenommen, so bleibt der Urheber berechtigt, das Werk anderweit zu vervielfältigen und zu verbreiten, wenn nichts anderes vereinbart und wenn auch nicht aus den Umständen zu entnehmen ist, daß der Herausgeber oder Verleger der Sammlung das Recht, das Werk darin zu vervielfältigen und zu verbreiten, als ausschließliches Recht in dem Sinn erwerben soll, daß das Werk sonst nicht vervielfältigt oder verbreitet werden
darf.
(2) Ein solches ausschließliches Recht erlischt bei Beiträgen zu
einer Zeitung sogleich nach dem Erscheinen des Beitrages in der
Zeitung. Bie Beiträgen zu anderen periodisch erscheinenden
Sammlungen sowie bei Beiträgen, die zu einer nicht periodisch
erscheinenden Sammlung angenommen werden und für deren Überlassung dem Urheber kein Anspruch auf ein Entgelt zusteht, erlischt ein solches ausschließliches Recht, wenn seit dem Ablauf des Kalenderjahrs, in dem der Beitrag in der Sammlung erschienen ist, ein Jahr verstrichen ist."

Die Ausführungen hinsichtlich der Einbeziehung einer Editorial Policy in den Vertrag sind abzulehnen. Niemand hindert einen Verleger, klipp und klar auf Verlagsbedingungen hinzuweisen.

Zum deutschen Recht siehe:
http://archiv.twoday.net/stories/133885/

Das deutsche Projekt REMUS hat ein ganz anderes Format als diese einseitigen FAQ. Tu infelix Austria ...
mnent meinte am 2004/07/07 15:05:
Replik der Verfasser der FAQ e-Urheberrecht
Die vorstehende, polemische und teils unsachliche Kritik von Klaus Graf darf nicht unkommentiert bleiben. Wir, die Verfasser der FAQ e-Urheberrecht, haben eine ausführliche Replik verfasst, die unter folgender URL abrufbar ist: http://www.oeaw.ac.at/personalwesen/e-urh_FAQ/GrafReplik.pdf.
M. Nentwich & L. Reis
 
KlausGraf antwortete am 2004/07/07 18:47:
Danke für die Replik
Grundsätzlich ist es im Interesse von Open Access zu begrüssen, dass die Autoren die Möglichkeit genutzt haben, ihren Standpunkt zu verdeutlichen. Dass sie dies in polemischer Form getan haben, wobei sie auf unfaire Unterstellungen und wohlfeile Seitenhiebe auf mich als Nicht-Jurist nicht ganz verzichten wollten, mag auf sich beruhen.

Positiv ist festzuhalten: die ÖAW ist allem Anschein nach nicht der konservative monolitische Körper, als der sie sich dem Aussenstehenden darstellt. Es gibt auch hier Überlegungen und Debatten zum Open Access.

Meiner Überzeugung nach ist das Risiko, dass Wissenschaftler durch eine unbefugte Internetpublikation eigener Werke gravierenden Ärger mit ihrem Verleger bekommen, in Deutschland eher gering. Wie das bei der ÖAW, die Verlag und Arbeitgeber in einem ist, aussieht, möchte ich nicht beurteilen. Es kann natürlich sein, dass die ÖAW als Arbeitgeber arbeitsrechtlichen Druck ausübt. In der Replik wird konstatiert, ich hätte die Ironie hinsichtlich der Verlagsverträge des ÖAW-Verlags nicht begriffen. Das ist richtig, und ich denke, die meisten deutschen Leser hätten hier auch keine Ironie spüren können.

Angesichts der unter Wissenschaftlern verbreiteten Ängstlichkeit in Sachen Urheberrecht stehen mir Juristen näher, die sich trauen, Spielräume zu benennen. Auch im Internet ist nicht alles erlaubt, aber ich bleibe bei meiner Kritik, dass die FAQ-Verfasser übervorsichtig urheberrechtliche Hürden dargestellt und teilweise auch konstruiert haben. 
 

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