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Der folgende bislang unveröffentlichte archivrechtliche Beitrag entstand Ende 1989 und wird hier - abgesehen von einem gekennzeichneten Hinweis zu einer Gesetzesänderung - unverändert vorgelegt. Die Argumentation sehe ich nach wie vor in keiner Hinsicht als widerlegt an.

Zur Sache siehe auch die weiterführenden jüngeren Stellungnahmen 1994-2003 von mir
http://www.histsem.uni-freiburg.de/mertens/graf/kultjur.htm


Dr. Klaus Graf 21. November 1989

Ist die Reproduktion einer veröffentlichten Reproduktion urheberrechtlich nicht geschützten Archivguts durch einen Dritten ohne Zustimmung des Archivs zulässig?

In seinem Beitrag "Zur Geschichte, Struktur und Nutzung der photographischen Überlieferungen des Bundesarchivs"(Der Archivar 36, 1983, Sp. 365-380) ist Thomas Trumpp auch kurz auf das Problem eingegangen, daß "in Veröffentlichungen auch Reproduktionen direkt aus Bildbänden (!) erscheinen, deren
Ausgangsmaterialien im Bundesarchiv lagern"(Sp. 374). Dies könne man im Einzelfall aus praktischen Gründen nicht verhindern. Das Bundesarchiv belasse es auch bei der Reproduktion aus einem Bildband bei einem einzelnen energischen Schreiben mit der Aufforderung, die Benutzungs- und Entgeltordnung
des Bundesarchivs vorbehaltlos anzuerkennen, sonst würde ein künftiger Benutzungsantrag abschlägig beschieden. Die Entgeltpflicht wird nicht vom Urheberrecht, sondern vom Eigentumsrecht abgeleitet (Sp. 375).

Diese Argumentation läßt sich auch auf andere Archivaliengattungen anwenden. Folgender Fall sei zugrundegelegt:

Der Archivbenutzer B erhält von dem Archiv A die Reproduktion eines Archivales, das nicht oder nicht mehr den Schutzbestimmungen des Urheberrechtes unterliegt. B läßt durch den Verlag C, bei dem sein Buch erscheint, A.s Genehmigung zur Reproduktion des Archivales in dem Buch erwirken. A
erteilt gegen Zahlung einer Gebühr gemäß seiner Gebührenordnung die Reproduktionsgenehmigung mit der Auflage, das Archiv und die Signatur des Archivales anzugeben, sowie unaufgefordert nach Erscheinen ein Belegexemplar an A abzuliefern. B und C kommen ihren Verpflichtungen nach. Der Verlag D reproduziert die Wiedergabe des Archivales aus B.s Buch, ohne die Zustimmung
von A, B oder C einzuholen.

Zu fragen ist: Gibt es eine rechtliche Handhabe gegen D vorzugehen, bzw. ganz allgemein: Welche Rechtsgrundlage gibt es für die Praxis der Archive, auch die indirekte Benutzung von Archivgut durch Dritte als der eigenen Benutzungsordnung unterliegend zu betrachten? Diese weitere Dimension des Problems sei an einem Beispiel erläutert: Eine Person benutzt ohne Zustimmung des Archivs Mikrofilme von Archivgut, die sie rechtmäßig von einem Dritten erworben hat. Kann das Archiv gegen ihn vorgehen oder darf es sich nur an den Benutzer halten, der die Mikrofilme vereinbarungswidrig weitergegeben hat? Selbstverständlich läßt sich die Fragestellung ohne weiteres auch auf Bibliotheksgut oder anderes Sammlungsgut anwenden.

Zu prüfen ist zunächst die Frage, ob als Rechtsgrund nicht doch das
Urheberrecht in Betracht kommt, da es denkbar ist, daß gemäß § 72 UrhG das Urheberrecht an der Reproduktion als einem einfachen Lichtbild (Schutzfrist: 25 Jahre [Korrektur 2006: nunmehr 50 Jahre]) dem Archiv A als Arbeitgeber des Fotografen ("Lichtbildner") zukommt. Zu begründen ist daher zunächst folgende These:

Reproduktionen von Archivgut kommt regelmäßig kein Lichtbildschutz gemäß § 72 UrhG zu.

Anderer Aufassung ist Reinhard Heydenreuter: "Archivalienaufnahmen durch Fotostellen der staatlichen oder kommunalen Archive sind 25 Jahre geschützt [...], soweit es sich nicht um bloße Fotokopien handelt."(Der Archivar 35,
1982, Sp. 262). Der Urheberrechtler Wilhelm Nordemann hat ein den Lichtbildschutz für fotografisch hergestellte Vervielfältigungen bejahendes Urteil des OLG Köln vom 19.7.1985 mit guten Gründen kritisiert (GRUR 1987, S. 15-18) und abschließend festgestellt:

"Reproduktionen und Duplikate, die mittels Lichtbild hergestellt
werden, lassen zwar Produkte entstehen, die objektiv dem Lichtbildbegriff des § 72 UrhG entsprechen. Sie sind jedoch keine
Lichtbilder im Sinne des Gesetzes, weil ihnen das Merkmal der
individuellen Gestaltung, das den Gesetzgeber zur rechtlichen
Gleichstellung einfacher Lichtbilder veranlaßt hat, notwendigerweise abgeht; Originaltreue und individuelle Gestaltung schließen einander aus. Jede andere Beurteilung würde in zahlreichen Fällen
zu einer vom Gesetzgeber nicht gewollten Verlängerung der
Schutzfrist und zu einem vom Gesetzgeber nicht gewollten Urheberschutz für mittels Lichtbilder hergestellte Vervielfältigungen
führen, die keine Bearbeitungsqualität aufweisen."(S. 18)

Dem ist kaum etwas hinzuzufügen; verwiesen sei immerhin darauf, daß auch der maßgebliche Kommentar des UrhG von Schricker aus dem Jahr 1987 (Schricker/Gerstenberg § 72 Rdnr. 5) originalgetreue mechanisch hergestellte Ablichtungen einer Reproduktionsvorlage wie Fotokopien, Mikrokopien oder Faksimile-Wiedergaben als Vervielfältigungen betrachtet, die kein eigenes Leistungsschutzrecht des Kopisten entstehen lassen.

Um einen Sonderschutz der Reproduktion aufgrund des Urheberrechtes auf jeden Fall auszuschließen, sei in dem zugrundgelegten Beispiel angenommen, daß es sich bei der von C reproduzierten, von A abgegebenen Reproduktion um eine
saubere Fotokopie handelt. Vorauszusetzen ist auch, daß die von A abgegebene Reproduktion keinen urheberrechtlich geschützten Gegenstand darstellt. Das reproduzierte Archivale könnte z.B. das Lichtbild eines zeitgenössischen Kunstwerks sein. Die Veröffentlichung kann in diesem Fall der Zustimmung des
Urhebers des dargestellten Kunstwerks bedürfen.

Nebenbei sei angemerkt, daß die Reproduktion eines Bildes aus einem Bildband auch dann statthaft sein kann, wenn das Archiv die urheberrechtlichen Nutzungsrechte des Bildes besitzt und seine Zustimmung nicht eingeholt wurde. Das Bild ist ja erschienen und kann somit als Ganzes "in ein selbständiges
wissenschaftliches Werk zur Erläuterung des Inhalts" - so die Formulierung § 51 UrhG über das sogenannte wissenschaftliche "Großzitat" - aufgenommen werden. Es kann - so der genannte Kommentar von Schricker (Schricker/Schricker
§ 51 Rdnr. 45) - unter Umständen bei einem Bildzitat sogar das ganze Bild zum Gegenstand des sogenannten Kleinzitates außerhalb des wissenschaftlichen Bereichs gemacht werden. Als zulässig gilt dies etwa im Bereich der Presseberichterstattung zum Zweck der kritischen Auseinandersetzung mit dem Bild.

Um zu dem konstruierten Fall zurückzukehren, wird man einen Anspruch von A an B oder C verneinen müssen. Beide sind den Bedingungen nachgekommen, die A gestellt hat. Anders verhält es sich, wenn B die Reproduktion unbefugt weitergegeben hätte. Das Archiv würde dann mit einem Verwaltungsakt B von der
weiteren Archivbenutzung ausschließen, wogegen B vor dem zuständigen Verwaltungsgericht Klage erheben könnte, und A würde vor einem ordentlichen Gericht Klage wegen der Verletzung der vertraglichen Vereinbarung gegen B bzw. C erheben - das Angebot, Reproduktionen von Archivgut anfertigen zu lassen, hat - ebenso wie die Genehmigung der Vermarktung topographischer Landeskarten - privatrechtliches Gepräge, wie der Bundesgerichtshof festgestellt hat (GRUR 1988, S. 33). Da die Archivbenutzung auch durch Abgabe von Reproduktionen
gewährt werden kann, scheint die Archivbenutzung eine Doppelnatur Verwaltungsakt/Realakt zu haben - doch das mögen Juristen ausdiskutieren.

Archivbenutzung wird auf Antrag gewährt - D hat einen solchen jedoch nicht gestellt und somit kann kein öffentlich-rechtliches Archivbenutzungsverhältnis zustandegekommen sein. Der Ausschluß von D von der weiteren Benutzung, auch wenn er nur angedroht wurde, kann sich somit nicht auf einen Verstoß gegen die
Benutzungsordnung berufen. Die einschlägige Archivgesetzgebung scheint somit als Rechtsgrund auszuscheiden. Anderenfalls müßte man annehmen, daß die Archivgesetzgebung einen Sonderschutz im Bereich des Immaterialgüterrechts schaffen würde. Im Bundesarchivgesetz müßte man dann eine Formulierung wie
folgt erwarten: Wer Archivgut veröffentlicht, vervielfältigt oder zitiert, unterliegt der Benutzungsordnung des Archivs, in dem sich das Archivgut befindet. Dies hätte natürlich absurde Konsequenzen: Jeder der eine Edition von Archivgut oder Archivgut aus zweiter Hand zitiert, würde zum Archivbenutzer.

Es soll an dieser Stelle nicht verschwiegen werden, daß die bisher vorliegenden Archivgesetze auch keinen Rechtsgrund für die mancherorts übliche archivische Praxis abgeben, die Veröffentlichung (Edition) von - urheberrechtlich nicht geschütztem - Archivgut von der Zustimmung des Archivs abhängig zu machen. Auch dies würde einen Sonderschutz von Archivgut in Analogie zum Urheberrecht bedeuten, von dem der Bundesgesetzgeber nichts weiß.

Das von Trumpp erwogene Eigentumsrecht des Archivs scheint die entscheidende Rechtsgrundlage für den Anspruch von A gegen D abzugeben. A ist ja durch die Übernahme der Reproduktion aus dem Buch von B durch D der Gewinn entgangen, den das Archiv erzielt hätte, wenn D das Archivale ordnungsgemäß zu den
Bedingungen von A benutzt hätte. Als Eigentümer des Archivales hat der öffentlich-rechtliche Träger von A die umfassende Sachherrschaft über das Archivale, zu der auch das Recht gehört, die Sache nach Belieben wirtschaftlich zu verwerten. Durch den entgangenen Gewinn ist ein Schaden entstanden: A hätte
also einen Schadensersatzanspruch und einen Unterlassungsanspruch gegen D. Rechtsgrundlage sind die sachenrechtlichen Paragraphen 903 und 1004 BGB.

Hat der Archiveigentümer somit aufgrund seiner Sachherrschaft das Recht, die Reproduktion eines Archivales ohne seine Zustimmung durch einen Dritten D, der in keinem Benutzungsverhältnis - sei es öffentlich-rechtlicher, sei es vertraglicher Art - zu dem Archiv A steht, untersagen zu lassen? Die Chancen, daß A bei einem Rechtsstreit gegen D gewinnt, stehen seit dem März 1989
schlecht.

Die Reproduktion einer berechtigterweise veröffentlichten Reproduktion urheberrechtlich nicht geschützten Archivguts durch einen Dritten ohne Zustimmung des Archivs unterliegt nicht der Sachherrschaft des Archiveigentümers und ist daher zulässig.
Diese These betrifft allerdings lediglich die sachenrechtlichen Ansprüche. Abwehransprüche aus dem Persönlichkeitsrecht sind in dem konstruierten Fall auszuschließen, auf das Problem des Wettbewerbsrechts wird noch einzugehen sein.

Die These ergibt sich m.E. zwingend aus einem Grundsatzurteil des Bundesgerichtshofs vom 9.3.1989 (Archiv für Presserecht 1989 S. 660), der die Frage zu entscheiden hatte, ob das ungenehmigte Fotografieren eines fremden Hauses zulässig ist, wenn die Fotografie von einer allgemein zugänglichen Stelle aus
angefertigt wird. Es handelte sich um ein Rieddach-Haus, das die Titelseite eines Werbeprospekts schmückte.

Die Rechtslage war zuvor unklar: zum Teil vertraten Gerichte die Auffassung, das Fotografieren eines Hauses von außerhalb des Grundstücks sei keine Eigentumsstörung (LG Oldenburg: AfP 1988 S. 168), es gab jedoch auch die gegenteilige Ansicht (so Alfred Gerauer, Der Unterlassungsanspruch des Eigentümers bei gewerblichem Fotografieren, GRUR 1988 S. 627-674). Der BGH
hatte in seiner Entscheidung "Schloß Tegel" von 1975 die Frage offengelassen (GRUR 1975 S. 500), jedoch die Möglichkeit angesprochen, daß die Sozialbindung des Eigentums bei allgemeinem Interesse, das abgebildete Bauwerk kennenzulernen, im Ausnahmefall auch einen Zugangsanspruch begründen könnte (vgl. auch OLG München AfP 1988 S. 45).

Der BGH hat jetzt die Eigentumsstörung durch Fotografieren eindeutig verneint. Da die Begründung grundsätzlich auf das Problem der Abgrenzung des Sachenrechts vom Immaterialgüterrecht - vor allem vom Urheberrecht - eingeht, ist
das Urteil unmittelbar einschlägig für den hier zur Rede stehenden Sachverhalt. Das Gericht stellt fest: "Der Fotografiervorgang hat keinerlei Auswirkungen auf die Nutzung der Sache selbst. Er hindert den Eigentümer nicht daran, mit der Sache nach Belieben zu verfahren und stört ihn auch nicht in seinem Besitz"(S. 661). Noch grundsätzlicher: "Die äußere, wertfreie Sachgestaltung, die nicht nur durch den Anblick des körperlichen Gegenstands, sondern auch durch sein Abbild vermittelt wird, wird vom Eigentumsrecht nicht
erfaßt". Dem Eigentümer verbleibe ja die Möglichkeit, andere vom Zugang bzw. Anblick auszuschließen. Abwehransprüche aus dem Persönlichkeitsrecht, dem Recht am ausgeübten Gewerbebetrieb und dem Wettbewerbsrecht seien zwar möglich, wurden im konkreten Fall aber verneint.

Das entscheidende Argument ist in der vom BGH vorgenommenen Abgrenzung des Immaterialgüterrechts bzw. des Urheberrechts vom Sachenrecht zu sehen. Wäre das abgebildete Bauwerk urheberrechtlich geschützt gewesen, d.h. wäre es als
individuelle geistige Schöpfung seines Urhebers schutzfähig gewesen und wäre die Schutzfrist (70 Jahre nach dem Tod des Urhebers) nicht abgelaufen gewesen, so hätte der Nutzungsberechtigte die Verbreitung von Abbildungen nach den Vorschriften des UrhG verhindern können. Der Gesetzgeber hat die Konstruktion
des Veröffentlichungs-, Verbreitungs- und Vervielfältigungsrechtes jedoch auf das Urheberrecht beschränkt. Es kann daher keinen sachenrechtlich begründeten Anspruch auf die Unterlassung der Veröffentlichung oder Verbreitung von Reproduktionen von Archivgut geben. Das Archiv kann somit den Zugang zu den Archivalien, d.h. den Anblick als Wahrnehmung der äußeren Sachgestaltung, von
Bedingungen abhängig machen (die sich im öffentlich-rechtlichen Bereich aus der gesetzlichen Grundlage der Archivbenutzung und der Benutzungsordnung ergeben, soweit diese mit den gesetzlichen Grundlagen vereinbar ist). Das Archiv kann ferner vertraglich Nutzungsbeschränkungen mit dem Benutzer vereinbaren (unter dem gleichen Vorbehalt), z.B. keine ungenehmigte Veröffentlichung in einem Buch. Sobald es jedoch eine Reproduktionsgenehmigung
erteilt, d.h. die Veröffentlichung des Archivales zuläßt, kann es die weitere Verbreitung und Vervielfältigung nicht mehr unterbinden.

Dies ist eindeutig eine Parallele zum urheberrechtlichen Erschöpfungsgrundsatz § 17 Abs. 2 UrhG, der das Verbreitungsrecht des Urhebers an einem Werkstück für erschöpft ansieht, wenn das Werkstück mit seiner Zustimmung im Wege der
Veräußerung in Verkehr gebracht wurde. Mit der Veräußerung hat der Urheber die Möglichkeit, für seine geistige Leistung eine angemessene Entlohnung zu erhalten. Analog ist davon auszugehen, daß das Archiv durch die C auferlegte Reproduktionsgebühr die Möglichkeit hat, alle weiteren rechtmäßigen Vervielfältigungen (z.B. für weitere Auflagen) auf der Grundlage der abgegebenen Reproduktion einmalig abgelten zu lassen.

Da angenommen wurde, daß es sich um gemeinfreies, urheberrechtlich nicht geschütztes Archivgut handelt, kann C gegen D aufgrund des UrhG keine Ansprüche erheben. Eine wettbewerbsrechtliche Klage aufgrund der Generalklausel des § 1 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) hätte bei
der Entnahme einer einzelnen Abbildung wohl kaum Chancen. Bei der Frage, ob etwa der Reprint eines gemeinfreien Werkes gegen § 1 UWG verstößt, kommt es nach höchstrichterlicher Ansicht auf die Umstände des Einzelfalls an (BGH "Reprint" GRUR 1969 S. 186). Auch der Nachdruck eines amtlichen Werkes wie
z.B. von Formularen verstößt nicht immer gegen die guten Sitten (BGH "Formulare" GRUR 1972 S. 127).

Eine Klage des Bundesarchivs gegen D aufgrund § 1 UWG würde ein "Wettbewerbsverhältnis" zwischen dem Bundesarchiv und D voraussetzen. Daß in Anbetracht der Konkurrenz kommerzieller Bildagenturen das Bundesarchiv bei der Ansetzung
der Reproduktionsgebühr "kaufmännische Gesichtspunkte" berücksichtigt hat, gibt Trumpp explizit zu (Sp. 373). Eine Klage wäre m.E. wenig aussichtsreich, da das Bundesarchiv ja nicht mit eigener Hand das Archivale geschaffen hat,
die sittenwidrige Ausnutzung fremder Arbeit sich also nur auf die Tätigkeit der Fotowerkstatt beziehen könnte. Da es zur Frage der Archive als Teilnehmer am wirtschaftlichen Wettbewerb m.W. weder einschlägige Literatur noch Gerichtsentscheidungen gibt, braucht die Frage nach der Anwendung des UWG hier nicht weiter erörtert zu werden. Ein genereller Sonderschutz von Archivgut
außerhalb des Urheberrechts kann aus dem UWG jedenfalls mit Sicherheit nicht hergeleitet werden.

Für die Zitierung, Veröffentlichung, Vervielfältigung und Verbreitung von Archivgut ist somit einzig und allein die rechtliche Ausgestaltung des Archivbenutzungsverhältnisses auf gesetzlicher Grundlage sowie als Schutz des "geistigen Eigentums" das Urheberrecht zuständig.

Für urheberrechtlich nicht geschütztes, d.h. gemeinfreies Archivgut gibt es in der jetzigen Rechtsordnung der Bundesrepublik Deutschland keinen Sonderschutz, der die Verwertung durch Veröffentlichung oder Vervielfältigung außerhalb eines Benutzerverhältnisses von der Zustimmung des Archivs abhängig
macht.

Abschließend kann nur summarisch darauf hingewiesen werden, daß auch liebgewordene archivische Praktiken einer gesetzlichen Grundlage bedürfen. Wer die Weitergabe von Reproduktionen von Archivgut durch die Benutzungsordnung unterbinden will, muß sich darüber klar sein, daß es zahlreiche Möglichkeiten
gibt, wie solche Reproduktionen rechtmäßig in andere Hände übergehen können. Zu den neuen Eigentümern besteht jedoch kein Benutzungsverhältnis und auch kein Rückforderungsanspruch, da der Benutzer die Reproduktionen ja bezahlt
hat. Darf der rechtmäßige neue Eigentümer, z.B. der Erbe, die Reproduktionen veröffentlichen? Da sie gemeinfrei sind, stünde dem von Seiten des UrhG nichts im Wege. (Vorausgesetzt wird, daß die Reproduktionen von Archivgut stammen, das keiner archivischen Sperrfrist mehr unterliegt.)

Bindet das Benutzungsverhältnis des Erblassers auch die Erben? Für eine öffentlich-rechtliche Konstruktion des Benutzungsverhältnisses, das sowohl sachenrechtlich die Weitergabe des vom Benutzer erworbenen Eigentums an den Reproduktionen als auch in Analogie zum Urheberrecht die Veröffentlichung bzw. Vervielfältigung der Reproduktionen betrifft, gibt es in den vorliegenden
Archivgesetzen keinen Anhaltspunkt. Doch sind dies schwierige Auslegungsfragen, die von Juristen entschieden werden müssen. Vielleicht ist es aber hilfreich einen Seitenblick auf die Praxis öffentlicher Bibliotheken zu werfen: von einem analog konstruierten Benutzungsverhältnis mit ähnlichen Restriktionen für den Benutzer ist dort nichts bekannt, und manche der quälenden Fragen, die Archivaren und Juristen im Zuge der zunehmenden "Verrechtlichung" des Archivwesens den Schlaf rauben, stellen sich dort schon deshalb
nicht, weil die Bibliotheken weit früher als die Archive ihren Status als wohlbehütetes Staatsgeheimnis, als "Arcanum", verloren haben.
KlausGraf meinte am 2006/08/03 18:14:
Genehmigungsvorbehalt bei der Edition von Archivgut?
http://archiv.twoday.net/stories/2478861/ 
 

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