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Zu http://archiv.twoday.net/stories/283692/ kann aufgrund der freundlichen Genehmigung des Autors der Volltext wiedergegeben werden. (KG)

Ein Bild sagt mehr als tausend Worte...?

Bildreproduktion und Bildredaktion im Verlag:
Probleme, Chancen, Ziele

Von (c) Ludger Claßen

Seit etwa zwei Jahren verzeichnet der deutsche Buchmarkt Umsatzrückgänge. Nach unseren Erfahrungen ist der Bereich der regionalen Literatur davon kaum betroffen. Regional- oder Lokalgeschichte, historische Bildbände oder regionale Reiseführer erfreuen sich weiter einer ungebrochenen Nachfrage. Der Klartext Verlag beispielsweise hat durch den Ausbau seiner entsprechenden Programmsegmente die Zahl der verkauften Bücher mit regionaler Ausrichtung deutlich steigern können.
Auch für Archive sind die Chancen für erfolgreiche Publikationen in diesem Marktumfeld nach wie vor groß, zumal die Fortschritte im grafischen Bereich die Rahmenbedingungen weiter verbessert haben. Die technische Revolution im Bereich der Druckvorstufe hat in den letzten 10 Jahren die Wiedergabe von Bildern in Zeitschriften und Büchern erheblich vereinfacht. Die digitale Integration von Bildern in Satz und Umbruch ist technisch mittlerweile ausgereift und preiswerter als alte Reproduktionsverfahren. Die neue Technik erlaubt eine medienneutrale Speicherung und Wiedergabe von Bildquellen und damit eine mehrfache Nutzung von Reproduktionen. Die Marktchancen für regionale Titel erhöhen sich durch eine attraktive Illustration erheblich.
Insbesondere für regionalgeschichtliche und lokalgeschichtliche Publikationen eröffnen sich so neue Möglichkeiten, ein interessiertes Publikum mit illustrierten Publikationen zu erreichen. Aus Sicht der Verlage ist die Zusammenarbeit mit Archiven im Hinblick auf die Verwertung von Bildquellen allerdings oft verbesserungsfähig. Dies betrifft die Nutzung und Verwertung der Archivbestände und auch die Qualifizierung der Archivmitarbeiter, um die Möglichkeiten der medienneutrale Datenaufbereitung und -speicherung besser nutzen zu können.
Rechtlich und kaufmännisch sind die deutschen Archive für Verlage keine verlässlichen Partner. Genauer: Viele mir bekannten Nutzungsordnungen von Archiven sind nicht konform mit dem deutschen Urheberrecht. In den Nutzungsordnungen wird die Verwertung von Bildquellen eingeschränkt oder es finden sich gar Behauptungen, das Archiv habe Urheberrechte an Bildquellen. „Das Urheberrecht verbleibt auf jeden Fall beim Stadtarchiv.“ (Nutzungsordnung Stadtarchiv Chemnitz, § 6). Dies ist bei gemeinfreien Werken ebenso unsinnig wie etwa die Nutzungsordnung des Stadtarchivs Nürnberg grundgesetzlich problematisch ist. „Jegliche Nutzung fotografischer Aufnahmen zur Wiedergabe in Druckwerken und anderen Medien ist genehmigungs-(...)pflichtig.“ (Nutzungsordnung Stadtarchiv Nürnberg). Das Grundgesetz garantiert den Bürgern in Artikel 5 die Informations- und Meinungsfreiheit - archivalische Schutzklauseln kennt das GG nicht.
Laut Gesetz endet der Schutz des Urheberrechts bei künstlerischen und wissenschaftlichen Werken 70 Jahre nach Tod des Urhebers, bei nichtkünstlerische Fotografien bzw. Lichtbildern 50 Jahre nach Entstehung. Es gibt einschlägige Urteile des Bundesgerichtshofes, in denen eindeutig festgestellt wird, dass fotografische Reproduktionen von zweidimensionalen Vorlagen ebenfalls keinem Urheberrechtsschutz unterliegen.
Natürlich ist die Anfertigung von Reproduktionen mit Gebühren verbunden. „Aber das verlangte Entgelt darf nicht prohibitiv sein, sondern muß sich praktisch als Aufwendungsersatz darstellen, weil ein darüber hinausgehendes Entgelt eine Behinderung der Informationsfreiheit darstellen würde.“ (Hildebert Kirchner, zit. nach Graf, 1999) Demnach dürften viele Nutzungsordnungen auch gegen den Artikel 5 GG verstoßen.
Der Historiker Klaus Graf tritt seit Jahren vehement für eine öffentliche Diskussion ein mit dem Ziel, die gängige Praxis der Archive und Museen im Bereich der Bildquellenvermarktung kritisch im Hinblick auf deren Selbstverständnis und kulturpolitischen Auftrag zu hinterfragen. Die juristischen Details und auch eine kulturpolitische Diskussion sind jedoch nicht mein Thema. Auch die steuerpolitische Frage, ob die aus Steuermitteln finanzierten Archive ihren Geldgebern (sprich = Steuerbürgern) ein zweites Mal in die Tasche greifen sollten, spare ich aus. Aus Sicht der Verlage wäre es aber auf jeden Fall wünschenswert - wenn nicht gar dringend erforderlich, dass die Archive ihre Nutzungsordnungen in Übereinstimmung mit den gesetzlichen Rahmenbedingungen formulierten.

Aus pragmatischen Gründen scheut ein Verlag die juristische Auseinandersetzung zahlt in der Regel brav die ungerechtfertigterweise geforderten und ungerechtfertigterweise als „Verwertungsgebühren“ oder „Urheberrechtsgebühren“ bezeichneten Sätze. Mit welchen Forderungen werden die Verlage konfrontiert? Eine Stichprobe ergab folgenden beispielhaften Befund für Buchpublikationen (ohne Reproduktionskosten):

Zwickau
Auflage bis 5.000 Ex.
Bestände nach 1900 5,-
Bestände bis 1900 7,50
Postkarten/Fotos 10,-
Karten, Pläne, usw. 15,-

Chemnitz
Auflage bis 5.000 Ex.
Bestände nach 1900 7,50
Bestände bis 1900 10,50
Originalpostkarten 13,-
Originalfotos 15,50
Karten, Pläne, usw. 18,-

Mainz
Auflage bis
1.000 Ex. 2,50
5.000 Ex. 10,20

Deutsches Museum
Auflage bis
300 Ex. 0,-
500 Ex. 6,-
1.000 Ex. 13,-
3.000 Ex. 23,-
5.000 Ex. 38,-

Nürnberg
Auflage bis
1.000 Ex. 10,-
5.000 Ex. 30,-

Braunschweig
Auflage bis
500 Ex. 15,-
1.000 Ex. 30,-
2.500 Ex. 46,-
5.000 Ex. 61,-


Die Reihe mit Beispielen ließe sich beliebig fortsetzen und belegt an erster Stelle: Die festgesetzten Gebühren sind nicht nur rechtlich, sondern auch in der jeweiligen Höhe völlig willkürlich. Entsprechende Gebührensätze der VG Bild-Kunst oder der Mittelstandsvereinigung Foto-Marketing für urheberrechtlich geschützte Werke können nicht als Orientierung herangezogen, weil es sich in den Archiven oft um gemeinfreie Werke handelt.

1) Bei gemeinfreien Bildern sollten die Archive sich den Rechtsnormen entsprechend verhalten, keine Lizenzgebühren verlangen und lediglich Selbstkosten für die Reproduktion berech-nen.

Nun werden Sie einwenden, ein Verlag verdiene doch Geld mit dem Verkauf von Büchern und da sei es gerechtfertigt, wenn die Verlage auch für die Nutzung von Bildquellen zahlten. Ich will an dieser Stelle außer Acht lassen, dass viele regionale und wissenschaftliche Publikationen nur mit Zuschüssen überhaupt realisierbar sind. Zahlt ein Verlag in solchen Fällen Lizenzgebühren für Bilder an öffentliche Archive, handelt es sich oft um eine Umverteilung öffentlicher Gelder, was aus unserer Sicht widersinnig ist.
Betrachtet man lediglich rein über den Verkauf und ohne Zuschuß finanzierte Bücher, so gibt es wirtschaftlich wenig Spielraum für die Verlage, hohe Lizenzgebühren zu erwirtschaften. Ein Blick in die Kalkulation der Verlage soll dies beispielhaft illustrieren:

In 10,- EUR Ladenpreis sind enthalten (Näherungswerte/Mittelwerte):
- 0,65 EUR Mehrwertsteuer
- 4,40 EUR Handelsrabatt
- 0,30 EUR Buchhandelsvertreter
- 0,45 EUR Auslieferung
- 4,20 EUR Verlagsanteil incl. Druck und Herstellung

Branchenüblich ist ein Autorenhonorar von 5% bis 10% des Nettoladenpreis. Nehmen wir in einer Beispielrechnung den höchsten Satz, also 0,96 EUR je verkauftem Exemplar. Die Durchschnittsauflage aller in der Bundesrepublik erscheinenden Titel liegt unter 1.000 Exemplaren. Demnach würde der Verlag 960,- EUR Honorar für ein durchschnittliches Buch mit einem Verkaufspreis von 10,- EUR erwirtschaften. Mit 32 Bildern aus dem Stadtarchiv Braunschweig wäre der Honoraranteil ausgeschöpft und die Verfasserin oder Verfasser gingen leer aus.

2) Archive sollten die engen finanziellen Spielräume der Verlage bedenken. Die Archive können ihre „Schätze“ nur dann vermarkten und in Büchern öffentlich breit zugänglich machen, wenn dies zu fairen Sätzen geschieht.

Bei Vorarbeiten im Archiv und bei der Redaktion von Publikationen können durch Berücksichtigung der technischen Abläufe beim Druck oft erhebliche Beträge einspart werden. Mittlerweile speichern viele Archive die vorhandenen Bildquellen in eigener Regie bereits digital ab. Dabei sollten die Archive sich technisch beraten lassen. Die Digitalisierung geschieht oft unzureichend, so dass für eine Publikation Bilder zu hohen Kosten erneut gescannt und digital aufbereitet werden müssen, wie ich in 2003 bei der Beschaffung eines Bildes aus dem Archiv Preußischer Kulturbesitz erfahren musste. Wünschenswert wäre aus Sicht der Verlage eine medienneutrale Bildreproduktion, aus der die Bilddaten für unterschiedlichste Nutzungen von der Internetpräsenz bis zum Druck zur Verfügung stehen.
Dabei ist es wichtig, die Bildquellen zunächst mit hoher Qualität einzuscannen, weil sich die Datenmenge für verschiedene Verwendungszusammenhänge zwar vermindern, aber aus zu geringen Datenbeständen keine hochwertigen Bilddaten mehr erzeugen lassen.
Ratsam wäre es, Daten im maximalen Wiedergabeformat mit einer Dichte von 300 dpi einzuscannen. Legt man das Format DIN A4 als größtes Wiedergabeformat für die Buchproduktion zugrunde, sollten Bilder also in einer Breite von 21 Zentimetern digitalisiert werden. Diese Daten lassen sich für verschiedenste Publikationen verwenden und bieten eine ausreichende Qualität für den Offsetdruck.
Weiter lassen sich erhebliche Kosten sparen, wenn Farbabbildungen im Umbruch möglichst optimiert auf die Druckformen des Buches verteilt werden. Konzentriert man die Farbabbildungen beim Umbruch bzw. redaktionell auf einer Seite eines Druckbogens, wirkt dies wie eine durchgehend farbige Illustration, verursacht aber geringere Kosten. Bei einem 16-seitigen Druckbogen verteilen sich die Buchseiten wie folgt auf dem Bogen:

Vorderseite Rückseite
1 2
4 3
5 6
8 7
9 10
12 11
13 14
16 15

3) Archive sollten sich bzw. ihre Mitarbeiter im Bereich der medienneutralen Datenaufbereitung und -speicherung sowie in der Drucktechnik so weit qualifizieren, dass Konzeption und Realisierung von Publikationen für die Partner Archiv und Verlag wirtschaftlich und publizistisch erfolgreich zu realisieren sind.
 

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