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Vom "Offenbarungseid einer Regierung, die ihr Kulturbekenntnis anlässlich repräsentativer Geschichtsausstellungen heroldmäßig zu verkünden pflegt" sprach der Redakteur der Eßlinger Zeitung, Thomas Krazeisen angesichts der Pläne der Landesregierung, wertvolle Handschriften der Badischen Landesbibliothek zu verkaufen. Die "anrüchigen Hand- und Spanndienste zur Befriedigung wenig edler Feudalinteressen" zeugten von bemerkenswerter Ignoranz gegenüber der eigenen kulturellen Identität, bewahrten doch die in Jahrhunderten gewachsenen und nun zu verscherbelnden Bestände eine unerschöpfliche Fülle an Zeugnissen des abendländischen Selbst- und Weltverständnisses" (Kommentar in der Eßlinger Zeitung vom 29.09.2006).

GrünenbergKonrad von Grünenberg

Unter dem Titel

Die Reise nach Jerusalem.
Geistliche Zierden, weltliche Begierden: Die Badische Landesbibliothek in Karlsruhe stellt prachtvolle Streitobjekte aus
(Eßlinger Zeitung vom 4.11.2006)

berichtet Thomas Krazeisen über die Karlsruher Sonderausstellung nun in einem großen Artikel im Kulturteil der Eßlinger Zeitung.

"Von seiner Wallfahrt hat der Großbürgersohn [Konrad von Grünenberg] nicht nur den Rittertitel, sondern auch Eindrücke mit nach Hause gebracht, die er in einem großartig illuminierten Reisetagebuch festhielt. Seine Reise dauerte von April bis November 1486, das Werk wurde wenige Monate später fertiggestellt. Es dokumentiert nicht nur erstaunliche topographische Kenntnisse des Konstanzer Patriziers, sondern auch sein Interesse an militärischen Dingen: In der Badischen Landesbibliothek ist derzeit ein Exemplar zu bewundern, welches die detailfreudige Darstellung eines unter türkischer Flagge segelnden Kriegsschiffes zeigt. Die Handschrift im ehemaligen Musiklesesaal der Karlsruher Bibliothek ist eine von insgesamt elf hochkarätigen Exponaten, entstanden zwischen dem 10. und dem 18. Jahrhundert. Es sind allesamt prachtvolle Streitobjekte, die anlässlich des seit Wochen andauernden Konflikts um den möglichen Verkauf wertvoller badischer Handschriften von deren Hütern kurzfristig aus den Tresoren geholt wurden, um sie für wenige Wochen der Öffentlichkeit zu präsentieren." (...)

"(...) Unberührt vom hässlichen Gezänk ruhen die Preziosen unter Panzerglas und erstrahlen bei wenigen Lux in der ganzen Würde ihres Alters und ihrer einzigartigen Qualität. Allen voran das Homiliarium von der Reichenau, eine grandiose Pergamenthandschrift, die nicht nur Predigten zum kirchlichen Jahreskreis, sondern auch zahlreiche Zierinitialen enthält: ein Fest für die Sinne aus einem ottonischen Skriptorium, bei dem Gold, Silber, Purpur und Lapislazuli geradezu verschwenderisch zelebriert werden. (...)"

"Neben diesen Glanzstücken hochmittelalterlicher Buchkunst in einer von Männern dominierten Ständegesellschaft berücken in der Sonderausstellung Zeugnisse weiblicher Spiritualität. Etwa die Wonnentaler Codices, von denen in der Schau ein Graduale mit Messegesängen und ein Antiphonarium mit Gesängen des Chorgebets für den Breisgauer Zisterzienserinnenkonvent zu sehen sind. Diese Codices zählen zu den am schönsten illuminierten liturgischen Handschriften des 14. Jahrhunderts überhaupt. Hier wird großes Heiligenkino in Farbe gezeigt: Wir sehen die Geschichte der hübschen und heiligen Agnes, die sich mit Christus vermählt; wie sie vom Engel die Märtyrerkrone gereicht bekommt, während vom Teufel ein frustrierter Freier nach hinten gerissen wird. Die Geschichte der heiligen Klara, abgefasst in Straßburg 1490 bis 1492, ist ein Meisterwerk oberrheinischer Nonnenmalerei. Ebenfalls aus Straßburg stammt die großartige Marienserie aus dem so genannten Prozessionale des Dominikanerinnenkonvents St. Agnes. Vor tiefrotem Bildgrund wird der "gute Tod" der Gottesmutter im Rahmen eines Sterbe- und Begräbnisrituals illustriert. (...)"

"(...) Neben dem Stundenbuch des frommen Markgrafen Christoph I. von Baden, das zum ältesten Bestand der badischen Handschriftensammlung zählt, zeigt uns das jüngste Exponate der Ausstellung aus dem ersten Drittel des 18. Jahrhunderts einen Landesherrn als leidenschaftlichen Tulpenzüchter. Markgraf Karl Wilhelm, den es angeblich schon im Morgengrauen in die Botanik zog, konnte sich am Ende seines Lebens im selbsterschaffenen Paradies an mehr als 5000 Tulpensorten vergnügen. Das war auch für den Hochadel ein sündhaft teueres Vergnügen, doch das badische Markgrafenhaus stand einst noch auf solidem finanziellem Fundament.


Bis 25. November. Öffnungszeiten: montags bis freitags von 10 bis 16 Uhr, donnerstags bis 19 Uhr, samstags bis 12 Uhr."
BCK meinte am 2006/12/25 01:49:
St. Klara schnöde feilgeboten
Aus der Blogszene:

Heilige Streifzüge / herbstlich
Teil II: Klarsicht, Kapital & Kauderwelsch

(...) 2. Verhökert: St. Klara schnöde feilgeboten
Und außerdem: Die Rolle der Taube im Coaching



Da sitzt sie, völlig dem Schreiben hingegeben, auf ihrem schiefen Stuhl. Und ich wundre mich, dass sie nicht herunterrutscht. Gehalten von einer Taube, die über ihr schwebt, scheint sie in ihrer Selbstversunkenheit nur ihrer roten Tinte zu folgen, geistig geführt.

Das sehe ich auf der linken einer Doppelseite aus dem St. Klara-Buch, einer nieder-alemannischen Pergamenthandschrift im Format 15,5 mal 11 Zentimeter, um 1490 bis 1492 (Cod. Thennenbach 4) nach einem Foto der Badischen Landesbibliothek Karlsruhe.

Die Angaben sind wichtig, weil das kostbare Stück zum Verkauf ansteht mitsamt einer dazugehörigen Bibliothek, noch in öffentlicher Hand. Ohne das schnöde Feilbieten in der FAZ hätte ich das schöne Bild wohl nie zu Gesicht bekommen - und es doch sehr vermisst.

(Frankfurter Allgemeine Zeitung, Frankfurt, Anfang Oktober 2006) (...)

Quelle: Coaching-Blogger - Das Weblog von Birgitt E. Morrien, 2006/11/03

 
 

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