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In der FAZ vom 13.11.2006 S. 18 macht eine pensionierte Archivarin auf die Kompetenz der Archive aufmerksam.


Zu "Stuttgart nimmt Aktenfund ernst" (F.A.Z. vom 3. November): Als Archivar im Ruhestand fragt man sich: Warum haben mehrere juristische Gutachter zur Feststellung der Rechte des ehemals regierenden Hauses Baden und des Landes Baden-Württemberg an Karlsruher Bibliotheks- und Museumsgut von hohem kulturellen Rang intensiv staatliche Archive benutzt, die Landesregierung beziehungsweise das Wissenschaftsministerium jedoch offenbar nicht? Über dem Bestreben, im Zuge der allgemeinen Verwaltungsreform ein "Landesarchiv Baden-Württemberg" heranzuzaubern und unter diesem gemeinsamen Hut sowohl die Stuttgarter Landesarchivdirektion als auch die traditionellen Zentralarchive Württembergs und Badens, die jüngeren Regionalarchive für die einzelnen Regierungsbezirke und weitere staatliche Archive zu versammeln, hatte man in Stuttgart wohl den Wert der Archive für den Staat aus den Augen verloren. Sie haben ja nicht nur die Aufgabe, Geschichtsbewußtsein zu vermitteln oder Jubiläen und Gedenktage des Landes mit Archivalienausstellungen zu schmücken. Ihre Kernaufgabe ist Sicherung und Bereithaltung derjenigen Urkunden und Akten, aus denen Regierungen und Behörden auf Dauer die für sie maßgeblichen Rechtsverhältnisse ersehen können und müssen.

Im Rahmen der Benutzungsordnung haben Archive staatlichen Stellen Akteneinsicht zu gewähren oder ihnen auf dem Wege der Amtshilfe Auskünfte zu erteilen, was bis zur Erstellung von Gutachten gehen kann. Aufgrund ständigen Umgangs mit dem Archivgut haben Archivare solide Akten- und Beständekenntnis, von der - soweit ihre Beratungskompetenz in Anspruch genommen wird - auch Forscher für ihre Spezialgebiete profitieren. Hat "Stuttgart" Archive und Archivare nicht rechtzeitig ernst genug genommen? Man mag kaum glauben, daß die Hauptaufgabe der Archive etwa im Wissenschaftsministerium, wo zwar die einst mit dem Archivwesen befaßte Abteilung zusammenschrumpfte zu einem dem Bibliothekswesen assoziierten Referat, übersehen wurde. Jedenfalls ist wohl im Vorfeld parteiinterner Überlegungen und der Kabinettsberatungen etwas gründlich schiefgegangen. Ergebnis: eine an sich vermeidbare Blamage für die Markgrafen von Baden und die Landesregierung, die in Gefahr ist, staatliches Eigentum ein zweites Mal zu erwerben. Peinlich der Eindruck, daß an eminent wichtigen staatlichen Institutionen eisern gespart wird (falls man sie nicht noch fleddert), gegenüber Privatpersonen aber die Großzügigkeit ungebremst scheint.

Ich fand bisher unerwähnt, daß Schloß Salem wohl besser zu halten gewesen wäre, hätte sich nicht der Eigentümer seinerzeit mit dem Internat überworfen, so daß es teilweise in Neubauten umzog. Das schmälerte Einnahmen, und auf die Spendenfreudigkeit dieser Schülergeneration und ihrer Verwandten wird kaum zu hoffen sein. Daran trifft das Land kein Verschulden. Wie wird das Ganze nun ausgehen? Bereits 1919 soll es, wie jüngst in Zeitungen zu lesen war, Beamtennachlässigkeit und nicht der politische Wille der badischen Regierung gewesen sein, bei der Vermögensauseinandersetzung mit dem Haus Baden manches unklar zu lassen. Beamte sind bekanntlich bewährte Blitzableiter . . . Oder wird politische Verantwortung für den Eklat übernommen, der dem öffentlichen Ansehen des Landes abträglich ist?

Eva Gießler, Oberarchivrätin i. R.,
Gundelfingen
 

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